Anzahl; in Südasien oder in Jndien und Südchina werden sie kaum minder reichhaltig vertreten. Jn Afrika hausen zwar nicht so viele Arten, wie in Asien, die einzelnen Arten treten aber in überraschend großer Anzahl auf, und deshalb begegnet man den Mitgliedern der Ordnung allüberall, selbst noch tief im Jnnern der Wüste. Jn den Waldungen der Steppe sieht man hier und da, so zu sagen, jeden Baum von ihnen besetzt; in den Urwäldern ist das Rucksen, Girren, Heulen und sonstige Lautgeben der Tauben eine so gewöhnliche Musik, daß sie alle übrigen Vogelstimmen beinahe übertönt; ein einziger Brunnen, eine Wasserlache in der Steppe oder Wüste wird zum Sammel- platze oder wenigstens zum Stelldichein für Hunderttausende dieser flüchtigen und verhältnißmäßig wenig begehrlichen Vögel. Amerika und zumal der Süden dieses Erdtheils beherbergt über ein Dritttheil aller bis jetzt bekannten Girrvögel. "Jn den endlosen Urwäldern von Brasilien", sagt der Prinz, "leben viele Taubenarten. Jhr sanfter Ruf erfreut den von der Hitze des Tages ermat- teten Jäger, der am Fuße eines alten Waldstammes auf weichem Mose am klar herabrauschenden Waldbache sich ausruht, während Vanille und andere Wohlgerüche ihn erquicken." Jn Mittel- amerika sind sie noch häufiger als in Brasilien, da Jnseln ihnen am besten zuzusagen scheinen.
Hinsichtlich des Aufenthaltes wird bald bemerklich, daß sich die verschiedenen Arten in ihre Welt getheilt haben. Während die einen ausschließlich Baumvögel sind und höchstens, um zu trinken, zum Boden herabkommen, verbringen hier andere ihr ganzes Leben oder erheben sich doch höchstens auf kurze Zeit zu niederen Baumzweigen, und während diese den dunklen Wald bevölkern, siedeln sich andere im lichten Gebüsch der Steppe an. Wieder andere hausen nur auf Felsen, nur in niederem dichten Gebüsch, nur auf kleinen Jnseln etc.
Alle im Norden lebenden Arten sind Wander-, die im Süden wohnenden Strich- oder Stand- vögel. Diese leben höchstens in kleinen Gesellschaften, gewöhnlich aber paarweise; die übrigen vereinigen sich nur während der Wanderzeit zu großen Flügen; andere bilden jahraus, jahrein zahlreiche Verbände, und gewisse Arten scharen sich zu Massen, welche, glaublicher Schätzung nach, alle unter Vögeln sonst üblichen Vereinigungen weit überbieten: man spricht von Flügen, welche aus Billionen Tauben ein und derselben Art gebildet werden. Die Reisen der wandernden Girrvögel werden übrigens selten weit ausgedehnt; unsere europäischen Arten z. B. ziehen höchstens bis Nord- afrika hinüber, bleiben aber meistens schon in Südeuropa.
Jhre Nahrung entnehmen unsere Vögel fast ausschließlich dem Pflanzenreiche. Jm Kropfe einzelner Arten hat man kleine Gehäusschnecken, Würmer und Raupen gefunden; auch weiß man, daß sie ihre eigenen Läuse fressen: der Futtertheil, welchen das Thierreich ihnen liefert, ist aber stets sehr gering. Sämereien und Wurzelknollen der verschiedensten Art bilden das Futter der Mehrheit; die Angehörigen gewisser Familien oder Unterfamilien nähren sich von Beeren und Wald- früchten. Das Futter wird einfach aufgelesen oder abgepflückt, seltner durch Zerkleinerung der Schoten oder anderweitige Anstrengung gewonnen und noch seltner mit den Füßen ausgescharrt, eher noch mit dem Schnabel ausgegraben; ebensowenig werden die gefundenen Nährstoffe vor dem Verschlingen zerstückelt. Viele Arten lieben salzhaltige Erde und erscheinen daher regelmäßig an Stellen, welche solche enthalten, nach Snell's Beobachtungen hauptsächlich während der Zeit, in welcher sie Junge haben. Diejenigen Arten, welche harte Körner genießen, nehmen zur Beförderung der Verdauung kleine Quarzstückchen und andere harte Körper, die Weibchen, wenn sie legen wollen, auch Kalk zu sich. Sie bedürfen viel Wasser, weil dieses nicht blos zum Löschen des Durstes, sondern auch zum Aufquellen der harten Körner dienen muß.
So viel bis jetzt bekannt, brüten alle Girrvögel mehr als einmal im Jahre. Das Nest wird verschieden angelegt: im Gezweig der Bäume und Gebüsche, hoch und niedrig über dem Boden, in Felshöhlen und Baumlöchern, auf dicken Aesten oder Stammstrunken, selten auf dem flachen Boden. Es ist ein erbärmlicher Bau aus wenigen dürren Reisern, welche locker und liederlich über einander geschichtet werden und oft so lose aufliegen, daß man nicht begreift, wie das Ganze Wind und Wetter widerstehen kann. Zwei weiße Eier bilden das Gelege; einzelne Arten legen vielleicht nur ein
Die Läufer. Girrvögel. Fruchttauben.
Anzahl; in Südaſien oder in Jndien und Südchina werden ſie kaum minder reichhaltig vertreten. Jn Afrika hauſen zwar nicht ſo viele Arten, wie in Aſien, die einzelnen Arten treten aber in überraſchend großer Anzahl auf, und deshalb begegnet man den Mitgliedern der Ordnung allüberall, ſelbſt noch tief im Jnnern der Wüſte. Jn den Waldungen der Steppe ſieht man hier und da, ſo zu ſagen, jeden Baum von ihnen beſetzt; in den Urwäldern iſt das Ruckſen, Girren, Heulen und ſonſtige Lautgeben der Tauben eine ſo gewöhnliche Muſik, daß ſie alle übrigen Vogelſtimmen beinahe übertönt; ein einziger Brunnen, eine Waſſerlache in der Steppe oder Wüſte wird zum Sammel- platze oder wenigſtens zum Stelldichein für Hunderttauſende dieſer flüchtigen und verhältnißmäßig wenig begehrlichen Vögel. Amerika und zumal der Süden dieſes Erdtheils beherbergt über ein Dritttheil aller bis jetzt bekannten Girrvögel. „Jn den endloſen Urwäldern von Braſilien“, ſagt der Prinz, „leben viele Taubenarten. Jhr ſanfter Ruf erfreut den von der Hitze des Tages ermat- teten Jäger, der am Fuße eines alten Waldſtammes auf weichem Moſe am klar herabrauſchenden Waldbache ſich ausruht, während Vanille und andere Wohlgerüche ihn erquicken.“ Jn Mittel- amerika ſind ſie noch häufiger als in Braſilien, da Jnſeln ihnen am beſten zuzuſagen ſcheinen.
Hinſichtlich des Aufenthaltes wird bald bemerklich, daß ſich die verſchiedenen Arten in ihre Welt getheilt haben. Während die einen ausſchließlich Baumvögel ſind und höchſtens, um zu trinken, zum Boden herabkommen, verbringen hier andere ihr ganzes Leben oder erheben ſich doch höchſtens auf kurze Zeit zu niederen Baumzweigen, und während dieſe den dunklen Wald bevölkern, ſiedeln ſich andere im lichten Gebüſch der Steppe an. Wieder andere hauſen nur auf Felſen, nur in niederem dichten Gebüſch, nur auf kleinen Jnſeln ꝛc.
Alle im Norden lebenden Arten ſind Wander-, die im Süden wohnenden Strich- oder Stand- vögel. Dieſe leben höchſtens in kleinen Geſellſchaften, gewöhnlich aber paarweiſe; die übrigen vereinigen ſich nur während der Wanderzeit zu großen Flügen; andere bilden jahraus, jahrein zahlreiche Verbände, und gewiſſe Arten ſcharen ſich zu Maſſen, welche, glaublicher Schätzung nach, alle unter Vögeln ſonſt üblichen Vereinigungen weit überbieten: man ſpricht von Flügen, welche aus Billionen Tauben ein und derſelben Art gebildet werden. Die Reiſen der wandernden Girrvögel werden übrigens ſelten weit ausgedehnt; unſere europäiſchen Arten z. B. ziehen höchſtens bis Nord- afrika hinüber, bleiben aber meiſtens ſchon in Südeuropa.
Jhre Nahrung entnehmen unſere Vögel faſt ausſchließlich dem Pflanzenreiche. Jm Kropfe einzelner Arten hat man kleine Gehäusſchnecken, Würmer und Raupen gefunden; auch weiß man, daß ſie ihre eigenen Läuſe freſſen: der Futtertheil, welchen das Thierreich ihnen liefert, iſt aber ſtets ſehr gering. Sämereien und Wurzelknollen der verſchiedenſten Art bilden das Futter der Mehrheit; die Angehörigen gewiſſer Familien oder Unterfamilien nähren ſich von Beeren und Wald- früchten. Das Futter wird einfach aufgeleſen oder abgepflückt, ſeltner durch Zerkleinerung der Schoten oder anderweitige Anſtrengung gewonnen und noch ſeltner mit den Füßen ausgeſcharrt, eher noch mit dem Schnabel ausgegraben; ebenſowenig werden die gefundenen Nährſtoffe vor dem Verſchlingen zerſtückelt. Viele Arten lieben ſalzhaltige Erde und erſcheinen daher regelmäßig an Stellen, welche ſolche enthalten, nach Snell’s Beobachtungen hauptſächlich während der Zeit, in welcher ſie Junge haben. Diejenigen Arten, welche harte Körner genießen, nehmen zur Beförderung der Verdauung kleine Quarzſtückchen und andere harte Körper, die Weibchen, wenn ſie legen wollen, auch Kalk zu ſich. Sie bedürfen viel Waſſer, weil dieſes nicht blos zum Löſchen des Durſtes, ſondern auch zum Aufquellen der harten Körner dienen muß.
So viel bis jetzt bekannt, brüten alle Girrvögel mehr als einmal im Jahre. Das Neſt wird verſchieden angelegt: im Gezweig der Bäume und Gebüſche, hoch und niedrig über dem Boden, in Felshöhlen und Baumlöchern, auf dicken Aeſten oder Stammſtrunken, ſelten auf dem flachen Boden. Es iſt ein erbärmlicher Bau aus wenigen dürren Reiſern, welche locker und liederlich über einander geſchichtet werden und oft ſo loſe aufliegen, daß man nicht begreift, wie das Ganze Wind und Wetter widerſtehen kann. Zwei weiße Eier bilden das Gelege; einzelne Arten legen vielleicht nur ein
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[258/0280]
Die Läufer. Girrvögel. Fruchttauben.
Anzahl; in Südaſien oder in Jndien und Südchina werden ſie kaum minder reichhaltig vertreten.
Jn Afrika hauſen zwar nicht ſo viele Arten, wie in Aſien, die einzelnen Arten treten aber in
überraſchend großer Anzahl auf, und deshalb begegnet man den Mitgliedern der Ordnung allüberall,
ſelbſt noch tief im Jnnern der Wüſte. Jn den Waldungen der Steppe ſieht man hier und da, ſo zu
ſagen, jeden Baum von ihnen beſetzt; in den Urwäldern iſt das Ruckſen, Girren, Heulen und
ſonſtige Lautgeben der Tauben eine ſo gewöhnliche Muſik, daß ſie alle übrigen Vogelſtimmen beinahe
übertönt; ein einziger Brunnen, eine Waſſerlache in der Steppe oder Wüſte wird zum Sammel-
platze oder wenigſtens zum Stelldichein für Hunderttauſende dieſer flüchtigen und verhältnißmäßig
wenig begehrlichen Vögel. Amerika und zumal der Süden dieſes Erdtheils beherbergt über ein
Dritttheil aller bis jetzt bekannten Girrvögel. „Jn den endloſen Urwäldern von Braſilien“, ſagt
der Prinz, „leben viele Taubenarten. Jhr ſanfter Ruf erfreut den von der Hitze des Tages ermat-
teten Jäger, der am Fuße eines alten Waldſtammes auf weichem Moſe am klar herabrauſchenden
Waldbache ſich ausruht, während Vanille und andere Wohlgerüche ihn erquicken.“ Jn Mittel-
amerika ſind ſie noch häufiger als in Braſilien, da Jnſeln ihnen am beſten zuzuſagen ſcheinen.
Hinſichtlich des Aufenthaltes wird bald bemerklich, daß ſich die verſchiedenen Arten in ihre
Welt getheilt haben. Während die einen ausſchließlich Baumvögel ſind und höchſtens, um zu
trinken, zum Boden herabkommen, verbringen hier andere ihr ganzes Leben oder erheben ſich doch
höchſtens auf kurze Zeit zu niederen Baumzweigen, und während dieſe den dunklen Wald bevölkern,
ſiedeln ſich andere im lichten Gebüſch der Steppe an. Wieder andere hauſen nur auf Felſen, nur in
niederem dichten Gebüſch, nur auf kleinen Jnſeln ꝛc.
Alle im Norden lebenden Arten ſind Wander-, die im Süden wohnenden Strich- oder Stand-
vögel. Dieſe leben höchſtens in kleinen Geſellſchaften, gewöhnlich aber paarweiſe; die übrigen
vereinigen ſich nur während der Wanderzeit zu großen Flügen; andere bilden jahraus, jahrein
zahlreiche Verbände, und gewiſſe Arten ſcharen ſich zu Maſſen, welche, glaublicher Schätzung nach,
alle unter Vögeln ſonſt üblichen Vereinigungen weit überbieten: man ſpricht von Flügen, welche aus
Billionen Tauben ein und derſelben Art gebildet werden. Die Reiſen der wandernden Girrvögel
werden übrigens ſelten weit ausgedehnt; unſere europäiſchen Arten z. B. ziehen höchſtens bis Nord-
afrika hinüber, bleiben aber meiſtens ſchon in Südeuropa.
Jhre Nahrung entnehmen unſere Vögel faſt ausſchließlich dem Pflanzenreiche. Jm Kropfe
einzelner Arten hat man kleine Gehäusſchnecken, Würmer und Raupen gefunden; auch weiß man,
daß ſie ihre eigenen Läuſe freſſen: der Futtertheil, welchen das Thierreich ihnen liefert, iſt aber
ſtets ſehr gering. Sämereien und Wurzelknollen der verſchiedenſten Art bilden das Futter der
Mehrheit; die Angehörigen gewiſſer Familien oder Unterfamilien nähren ſich von Beeren und Wald-
früchten. Das Futter wird einfach aufgeleſen oder abgepflückt, ſeltner durch Zerkleinerung der
Schoten oder anderweitige Anſtrengung gewonnen und noch ſeltner mit den Füßen ausgeſcharrt,
eher noch mit dem Schnabel ausgegraben; ebenſowenig werden die gefundenen Nährſtoffe vor dem
Verſchlingen zerſtückelt. Viele Arten lieben ſalzhaltige Erde und erſcheinen daher regelmäßig an
Stellen, welche ſolche enthalten, nach Snell’s Beobachtungen hauptſächlich während der Zeit, in
welcher ſie Junge haben. Diejenigen Arten, welche harte Körner genießen, nehmen zur Beförderung
der Verdauung kleine Quarzſtückchen und andere harte Körper, die Weibchen, wenn ſie legen wollen,
auch Kalk zu ſich. Sie bedürfen viel Waſſer, weil dieſes nicht blos zum Löſchen des Durſtes, ſondern
auch zum Aufquellen der harten Körner dienen muß.
So viel bis jetzt bekannt, brüten alle Girrvögel mehr als einmal im Jahre. Das Neſt wird
verſchieden angelegt: im Gezweig der Bäume und Gebüſche, hoch und niedrig über dem Boden, in
Felshöhlen und Baumlöchern, auf dicken Aeſten oder Stammſtrunken, ſelten auf dem flachen Boden.
Es iſt ein erbärmlicher Bau aus wenigen dürren Reiſern, welche locker und liederlich über einander
geſchichtet werden und oft ſo loſe aufliegen, daß man nicht begreift, wie das Ganze Wind und Wetter
widerſtehen kann. Zwei weiße Eier bilden das Gelege; einzelne Arten legen vielleicht nur ein
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/280>, abgerufen am 27.11.2024.
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