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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Toko. Kirima. Tukana.
zu zähmendes Thier. Sein langer Schnabel dient ihm als Vertheidigungswasse. Er macht sich zum
Herrn im Hause, stiehlt, was er erreichen kann, badet sich oft und fischt gern am Ufer des Stromes.
Der Tukan, welchen wir gekauft, war sehr jung, dennoch neckte er während der ganzen Fahrt mit
sichtbarer Lust die trübseligen, zornmüthigen Nachtaffen." Schomburgk erzählt eine hübsche
Geschichte. "Besonderes Vergnügen machten mir unter den vielen zahmen Thieren, die ich in Watu-
Ticaba fand, ein Pfefferfresser, der sich zum unbeschränkten Herrscher nicht allein des gesammten
Geflügels, sondern selbst der größeren Vierfüßler emporgeschwungen hatte, und unter dessen eifernem
Scepter sich Groß und Klein willig beugte. Wollte sich Streit unter den zahmen Trompetenvögeln,
Hokos, Jakus und anderen Hühnern entspinnen, ohne Zögern eilte Alles aus einander, sowie sich der
kräftige Tyrann nur sehen ließ; war er in der Hitze des Zankes nicht bemerkt worden, einige schmerz-
hafte Bisse mit seinem unförmlichen Schnabel belehrten die Erhitzten, daß ihr Herrscher keinen Streit
unter seinem Volke dulde; warfen wir Brot oder Knochen unter den dichten Haufen, keiner der zwei-
und vierfüßigen Unterthanen wagte auch nur das kleinste Stück aufzuheben, bevor sich jener nicht so
viel ausgesucht, als er für nöthig hielt. Ja, seine Herrschsucht und Tyrannei ging so weit, daß er
alles Völkerrecht aus den Augen setzte und jeden fremden Hund, welcher vielleicht mit den aus der
Nachbarschaft herbeieilenden Jndianern herankam, unbarmherzig fühlen ließ, was in seinem Reiche
Rechtens sei, indem er diesen biß und im ganzen Dorfe umherjagte. Die gequälten Unterthanen
sollten noch am Tage meiner Abreise von diesem Tukan befreit werden. Ein großer Hund, welcher
am Morgen mit seinem Herrn angekommen und zu mehreren hingeworfenen Knochen ebenso viel
Recht, wie der hab- und herrschsüchtige Pfefferfresser zu haben glaubte, setzte sich ruhig in Besitz
derselben, ohne erst abzuwarten, ob sie dem in der Nähe sitzenden Vogel gefällig sein könnten. Kaum
war Dies aber von letzterem bemerkt worden, als er auch zornig auf den Frechen sprang und den
Hund einigemal in den Kopf biß. Der Gezüchtigte fing an zu knurren, der Vogel ließ sich dadurch
nicht abschrecken und hackte ohne Erbarmen mit seinem ungeschickten Schnabel auf den Frevler, bis
dieser sich plötzlich herumwandte, nach dem erzürnten Vogel schnappte und ihm so in den Kopf biß,
daß er nach kurzer Zeit starb. Das Thier dauerte uns ungemein, da es wirklich mehr als lächerlich
aussah, wenn es sich selbst vor dem größten Hunde nicht fürchtete, oder einen anderen kleineren
ungehorsamen Unterthan nachdrücklich zur Ruhe verwies. Zu dieser letzteren Klasse gehörte namentlich
ein Nasenbär."

Bates weiß von einem anderen zu berichten. Als er eines Tages im Walde umherging, sah
er einen Pfefferfresser auf einem niederen Baumzweige sitzen und hatte wenig Mühe, ihn mit der
Hand wegzunehmen. Der Vogel war entkräftet und halb verhungert, erholte sich aber bei guter
Nahrung rasch wieder und wurde eines der unterhaltendsten Geschöpfe, welches man sich vorstellen
kann. Sein Verständniß glich dem der Papageien. Gegen allen Gebrauch wurde ihm erlaubt,
sich frei im Hause zu bewegen. Eine gehörige Zurechtweisung genügte, ihn vom Arbeitstische
fern zu halten. Er aß Alles, was sein Gebieter genoß: Fleisch, Schildkröten, Fische, Farinha,
Früchte etc. und war ein regelmäßiger Theilnehmer an den Mahlzeiten. Seine Freßlust war außer-
ordentlich, seine Verdanungsfähigkeit erstaunlich. Er kannte die Eßstunden genau, und es wurde
nach einigen Wochen schwer, ihn aus dem Eßzimmer zu entfernen. Man sperrte ihn in den von
einem hohen Zaune umgebenen Hof ein; er aber überkletterte die Trennungswand, hüpfte in der
Nähe des Eßzimmers auf und nieder und erschien mit der ersten Schüssel auf dem Tische
an ihm. Später gefiel er sich, in der Straße vor dem Hause spazieren zu gehen. Eines Tags
ward er gestohlen, und Bates betrachtete ihn natürlich als verloren. Zwei Tage später erschien
er jedoch nach alter Gewohnheit im Eßzimmer: er war seinem unrechtmäßigen Besitzer glücklich
entwischt.

Ein anderer Gefangener, welchen Broderip und Vigors besaßen, erhielt fast ausschließlich
Pflanzenstoffe und nur zuweilen Eier, welche unter das gewöhnliche Futter, Brot, Reis, Kartoffeln etc.
gemischt wurden. Früchte liebte er sehr, und wenn ihm ein Stück Apfel, Orange, oder etwas

Toko. Kirima. Tukana.
zu zähmendes Thier. Sein langer Schnabel dient ihm als Vertheidigungswaſſe. Er macht ſich zum
Herrn im Hauſe, ſtiehlt, was er erreichen kann, badet ſich oft und fiſcht gern am Ufer des Stromes.
Der Tukan, welchen wir gekauft, war ſehr jung, dennoch neckte er während der ganzen Fahrt mit
ſichtbarer Luſt die trübſeligen, zornmüthigen Nachtaffen.“ Schomburgk erzählt eine hübſche
Geſchichte. „Beſonderes Vergnügen machten mir unter den vielen zahmen Thieren, die ich in Watu-
Ticaba fand, ein Pfefferfreſſer, der ſich zum unbeſchränkten Herrſcher nicht allein des geſammten
Geflügels, ſondern ſelbſt der größeren Vierfüßler emporgeſchwungen hatte, und unter deſſen eifernem
Scepter ſich Groß und Klein willig beugte. Wollte ſich Streit unter den zahmen Trompetenvögeln,
Hokos, Jakus und anderen Hühnern entſpinnen, ohne Zögern eilte Alles aus einander, ſowie ſich der
kräftige Tyrann nur ſehen ließ; war er in der Hitze des Zankes nicht bemerkt worden, einige ſchmerz-
hafte Biſſe mit ſeinem unförmlichen Schnabel belehrten die Erhitzten, daß ihr Herrſcher keinen Streit
unter ſeinem Volke dulde; warfen wir Brot oder Knochen unter den dichten Haufen, keiner der zwei-
und vierfüßigen Unterthanen wagte auch nur das kleinſte Stück aufzuheben, bevor ſich jener nicht ſo
viel ausgeſucht, als er für nöthig hielt. Ja, ſeine Herrſchſucht und Tyrannei ging ſo weit, daß er
alles Völkerrecht aus den Augen ſetzte und jeden fremden Hund, welcher vielleicht mit den aus der
Nachbarſchaft herbeieilenden Jndianern herankam, unbarmherzig fühlen ließ, was in ſeinem Reiche
Rechtens ſei, indem er dieſen biß und im ganzen Dorfe umherjagte. Die gequälten Unterthanen
ſollten noch am Tage meiner Abreiſe von dieſem Tukan befreit werden. Ein großer Hund, welcher
am Morgen mit ſeinem Herrn angekommen und zu mehreren hingeworfenen Knochen ebenſo viel
Recht, wie der hab- und herrſchſüchtige Pfefferfreſſer zu haben glaubte, ſetzte ſich ruhig in Beſitz
derſelben, ohne erſt abzuwarten, ob ſie dem in der Nähe ſitzenden Vogel gefällig ſein könnten. Kaum
war Dies aber von letzterem bemerkt worden, als er auch zornig auf den Frechen ſprang und den
Hund einigemal in den Kopf biß. Der Gezüchtigte fing an zu knurren, der Vogel ließ ſich dadurch
nicht abſchrecken und hackte ohne Erbarmen mit ſeinem ungeſchickten Schnabel auf den Frevler, bis
dieſer ſich plötzlich herumwandte, nach dem erzürnten Vogel ſchnappte und ihm ſo in den Kopf biß,
daß er nach kurzer Zeit ſtarb. Das Thier dauerte uns ungemein, da es wirklich mehr als lächerlich
ausſah, wenn es ſich ſelbſt vor dem größten Hunde nicht fürchtete, oder einen anderen kleineren
ungehorſamen Unterthan nachdrücklich zur Ruhe verwies. Zu dieſer letzteren Klaſſe gehörte namentlich
ein Naſenbär.“

Bates weiß von einem anderen zu berichten. Als er eines Tages im Walde umherging, ſah
er einen Pfefferfreſſer auf einem niederen Baumzweige ſitzen und hatte wenig Mühe, ihn mit der
Hand wegzunehmen. Der Vogel war entkräftet und halb verhungert, erholte ſich aber bei guter
Nahrung raſch wieder und wurde eines der unterhaltendſten Geſchöpfe, welches man ſich vorſtellen
kann. Sein Verſtändniß glich dem der Papageien. Gegen allen Gebrauch wurde ihm erlaubt,
ſich frei im Hauſe zu bewegen. Eine gehörige Zurechtweiſung genügte, ihn vom Arbeitstiſche
fern zu halten. Er aß Alles, was ſein Gebieter genoß: Fleiſch, Schildkröten, Fiſche, Farinha,
Früchte ꝛc. und war ein regelmäßiger Theilnehmer an den Mahlzeiten. Seine Freßluſt war außer-
ordentlich, ſeine Verdanungsfähigkeit erſtaunlich. Er kannte die Eßſtunden genau, und es wurde
nach einigen Wochen ſchwer, ihn aus dem Eßzimmer zu entfernen. Man ſperrte ihn in den von
einem hohen Zaune umgebenen Hof ein; er aber überkletterte die Trennungswand, hüpfte in der
Nähe des Eßzimmers auf und nieder und erſchien mit der erſten Schüſſel auf dem Tiſche
an ihm. Später gefiel er ſich, in der Straße vor dem Hauſe ſpazieren zu gehen. Eines Tags
ward er geſtohlen, und Bates betrachtete ihn natürlich als verloren. Zwei Tage ſpäter erſchien
er jedoch nach alter Gewohnheit im Eßzimmer: er war ſeinem unrechtmäßigen Beſitzer glücklich
entwiſcht.

Ein anderer Gefangener, welchen Broderip und Vigors beſaßen, erhielt faſt ausſchließlich
Pflanzenſtoffe und nur zuweilen Eier, welche unter das gewöhnliche Futter, Brot, Reis, Kartoffeln ꝛc.
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[237/0259] Toko. Kirima. Tukana. zu zähmendes Thier. Sein langer Schnabel dient ihm als Vertheidigungswaſſe. Er macht ſich zum Herrn im Hauſe, ſtiehlt, was er erreichen kann, badet ſich oft und fiſcht gern am Ufer des Stromes. Der Tukan, welchen wir gekauft, war ſehr jung, dennoch neckte er während der ganzen Fahrt mit ſichtbarer Luſt die trübſeligen, zornmüthigen Nachtaffen.“ Schomburgk erzählt eine hübſche Geſchichte. „Beſonderes Vergnügen machten mir unter den vielen zahmen Thieren, die ich in Watu- Ticaba fand, ein Pfefferfreſſer, der ſich zum unbeſchränkten Herrſcher nicht allein des geſammten Geflügels, ſondern ſelbſt der größeren Vierfüßler emporgeſchwungen hatte, und unter deſſen eifernem Scepter ſich Groß und Klein willig beugte. Wollte ſich Streit unter den zahmen Trompetenvögeln, Hokos, Jakus und anderen Hühnern entſpinnen, ohne Zögern eilte Alles aus einander, ſowie ſich der kräftige Tyrann nur ſehen ließ; war er in der Hitze des Zankes nicht bemerkt worden, einige ſchmerz- hafte Biſſe mit ſeinem unförmlichen Schnabel belehrten die Erhitzten, daß ihr Herrſcher keinen Streit unter ſeinem Volke dulde; warfen wir Brot oder Knochen unter den dichten Haufen, keiner der zwei- und vierfüßigen Unterthanen wagte auch nur das kleinſte Stück aufzuheben, bevor ſich jener nicht ſo viel ausgeſucht, als er für nöthig hielt. Ja, ſeine Herrſchſucht und Tyrannei ging ſo weit, daß er alles Völkerrecht aus den Augen ſetzte und jeden fremden Hund, welcher vielleicht mit den aus der Nachbarſchaft herbeieilenden Jndianern herankam, unbarmherzig fühlen ließ, was in ſeinem Reiche Rechtens ſei, indem er dieſen biß und im ganzen Dorfe umherjagte. Die gequälten Unterthanen ſollten noch am Tage meiner Abreiſe von dieſem Tukan befreit werden. Ein großer Hund, welcher am Morgen mit ſeinem Herrn angekommen und zu mehreren hingeworfenen Knochen ebenſo viel Recht, wie der hab- und herrſchſüchtige Pfefferfreſſer zu haben glaubte, ſetzte ſich ruhig in Beſitz derſelben, ohne erſt abzuwarten, ob ſie dem in der Nähe ſitzenden Vogel gefällig ſein könnten. Kaum war Dies aber von letzterem bemerkt worden, als er auch zornig auf den Frechen ſprang und den Hund einigemal in den Kopf biß. Der Gezüchtigte fing an zu knurren, der Vogel ließ ſich dadurch nicht abſchrecken und hackte ohne Erbarmen mit ſeinem ungeſchickten Schnabel auf den Frevler, bis dieſer ſich plötzlich herumwandte, nach dem erzürnten Vogel ſchnappte und ihm ſo in den Kopf biß, daß er nach kurzer Zeit ſtarb. Das Thier dauerte uns ungemein, da es wirklich mehr als lächerlich ausſah, wenn es ſich ſelbſt vor dem größten Hunde nicht fürchtete, oder einen anderen kleineren ungehorſamen Unterthan nachdrücklich zur Ruhe verwies. Zu dieſer letzteren Klaſſe gehörte namentlich ein Naſenbär.“ Bates weiß von einem anderen zu berichten. Als er eines Tages im Walde umherging, ſah er einen Pfefferfreſſer auf einem niederen Baumzweige ſitzen und hatte wenig Mühe, ihn mit der Hand wegzunehmen. Der Vogel war entkräftet und halb verhungert, erholte ſich aber bei guter Nahrung raſch wieder und wurde eines der unterhaltendſten Geſchöpfe, welches man ſich vorſtellen kann. Sein Verſtändniß glich dem der Papageien. Gegen allen Gebrauch wurde ihm erlaubt, ſich frei im Hauſe zu bewegen. Eine gehörige Zurechtweiſung genügte, ihn vom Arbeitstiſche fern zu halten. Er aß Alles, was ſein Gebieter genoß: Fleiſch, Schildkröten, Fiſche, Farinha, Früchte ꝛc. und war ein regelmäßiger Theilnehmer an den Mahlzeiten. Seine Freßluſt war außer- ordentlich, ſeine Verdanungsfähigkeit erſtaunlich. Er kannte die Eßſtunden genau, und es wurde nach einigen Wochen ſchwer, ihn aus dem Eßzimmer zu entfernen. Man ſperrte ihn in den von einem hohen Zaune umgebenen Hof ein; er aber überkletterte die Trennungswand, hüpfte in der Nähe des Eßzimmers auf und nieder und erſchien mit der erſten Schüſſel auf dem Tiſche an ihm. Später gefiel er ſich, in der Straße vor dem Hauſe ſpazieren zu gehen. Eines Tags ward er geſtohlen, und Bates betrachtete ihn natürlich als verloren. Zwei Tage ſpäter erſchien er jedoch nach alter Gewohnheit im Eßzimmer: er war ſeinem unrechtmäßigen Beſitzer glücklich entwiſcht. Ein anderer Gefangener, welchen Broderip und Vigors beſaßen, erhielt faſt ausſchließlich Pflanzenſtoffe und nur zuweilen Eier, welche unter das gewöhnliche Futter, Brot, Reis, Kartoffeln ꝛc. gemiſcht wurden. Früchte liebte er ſehr, und wenn ihm ein Stück Apfel, Orange, oder etwas

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/259>, abgerufen am 25.11.2024.