Kugeln, und Alles so lange auffangen, bis es zum Schlucken bequem kommt. Die übrigen Beobachter haben diese Art, zu fressen, nicht gesehen. Schomburgk sagt ausdrücklich, daß er es weder von Freilebenden noch von den Gefangenen bemerkt habe. "Sein Futter vom Boden aufzunehmen, macht dem sonderbar gestalteten Vogel allerdings einige Schwierigkeit; hat er dasselbe aber einmal erfaßt, dann hebt er den Schnabel senkrecht in die Höhe und verschluckt es, ohne es vorher empor- gehoben zu haben." Aber Schomburgk fügt auch hinzu, daß der Vogel eine bewunderungswürdige Geschicklichkeit besitze, die ihm zugeworfene Nahrung aufzufangen, und Dies läßt mich glauben, daß der alte, gewissenhafte Azara doch richtig beobachtet hat. Humboldt freilich sagt Dasselbe, wie Schomburgk, oder richtiger, Schomburgk sagt Dasselbe, wie Humboldt. "Wenn er trinken will", fügt dieser große Forscher noch hinzu, "geberdet sich der Vogel ganz seltsam. Die Mönche behaupten, er mache das Zeichen des Kreuzes über dem Wasser, und diese Ansicht ist zum Volks- glauben geworden, sodaß die Kreolen dem Tukan den sonderbaren Namen "Dios te de", Gott vergelte es dir, beigelegt haben." Durch Castelnau erfahren wir, wie das Trinken vor sich geht. Der Tukan streckt nämlich die äußerste Spitze seines großen Schnabels in das Wasser, füllt den- selben, indem er die Luft kräftig an sich zieht und dreht alsdann den Schnabel unter stoßweißen Bewegungen um.
Ueber die Fortpflanzung fehlen noch eingehende Berichte. Die Tukans nisten in Baumlöchern und legen zwei weiße Eier. Jhre Jungen erhalten bald das schöne Gefieder der Eltern, ihr Schnabel aber erst im zweiten bis dritten Jahre die ihm eigenthümlichen, schönen Farben. Hierauf beschränkt sich die Kunde über diesen wichtigen Lebensabschnitt der Vögel.
Allen Pfefferfressern wird in Brasilien eifrig nachgestellt, ebensowohl ihres Fleisches und ihrer schönen Federn halber, als in der Absicht, die sonderbaren Gesellen sich zu Hausgenossen zu erwerben. "Wir erlegten", bemerkt der Prinz, "oft viele von ihnen an einem Tage, und ihr krähenartiges Fleisch wurde dann gegessen." Burmeister hingegen versichert, daß das Fleisch ein sehr angenehmes Gericht liefere, welches, mit Reis gekocht, einer guten Taubenbrühe ähnlich und ganz schmackhaft sei. Schomburgk bezeichnet das Fleisch einfach als eßbar. Bates sagt, daß alle Bewohner Egas, einer Ortschaft am Amazonenstrome, der Jagd des Tukans eifrig obliegen, wenn dieser, zu größeren Flügen vereinigt, in den benachbarten Waldungen erscheint. Sie sind dann, wie bemerkt, wenig scheu und fallen auch dem ungeschickten Schützen leicht zur Beute. "Jedermann in Ega, welcher um diese Zeit irgendwelches Gewehr, oder auch nur ein Blasrohr auftreiben kann, geht damit in den Wald hinaus und erlegt sich zur Verbesserung seiner Mittagstafel einige dieser Vögel, sodaß in den Monaten Juni und Juli ganz Ega fast nur von Tukans lebt. Wochenlang hat jede Familie täglich einen gedämpften oder gebratenen Pfefferfresser auf dem Tische. Sie sind um diese Zeit ungemein fett, und ihr Fleisch ist dann außerordentlich zart und schmackhaft."
Ueber die Verwendung der Schmuckfedern gibt Schomburgk ausführliche Nachricht. Er beschreibt ein Zusammentreffen mit den Maiongkongs und sagt: "Jhr geschmackvollster Federschmuck bestand größtentheils in dicken Kopfbinden aus den rothen und gelben Federn, welche die Pfeffer- fresser unmittelbar über der Schwanzwurzel haben. Da nun nicht allein die Maiongkongs, sondern auch die Guinaus, Uaupes und Pauixanas sowohl ihre Kopfbedeckung, als auch förmliche Mäntel aus diesen Federn verfertigen, so werden die beiden Arten der Pfefferfresser (denen insbesondere nach- gestellt wird) bald ausgerottet sein. Diesem Untergang ihrer Kleiderlieferer beugen die Wilden jedoch auf eine höchst scharfsinnige Weise dadurch vor, daß sie die Vögel zu diesem Zweck mit ganz kleinen und mit äußerst schwachem Gift bestrichenen Pfeilen schießen. Die Wunde, die ein solcher Pfeil verursacht, ist zu unbedeutend, um tödtlich zu werden, während das schwache Gift den Ver- wundeten nur betäubt. Der Vogel fällt herab, die gewünschten Federn werden herausgezogen, und nach kurzer Zeit erhebt er sich wieder, um vielleicht wiederholt geschossen und beraubt zu werden."
Jung aufgezogene Tukans gehören zu den anziehendsten Gefangenen. "Jn Lebensweise und geistiger Anlage", sagt Humboldt, "gleicht dieser Vogel dem Naben. Er ist ein muthiges, leicht
Die Späher. Leichtſchnäbler. Pfefferfreſſer.
Kugeln, und Alles ſo lange auffangen, bis es zum Schlucken bequem kommt. Die übrigen Beobachter haben dieſe Art, zu freſſen, nicht geſehen. Schomburgk ſagt ausdrücklich, daß er es weder von Freilebenden noch von den Gefangenen bemerkt habe. „Sein Futter vom Boden aufzunehmen, macht dem ſonderbar geſtalteten Vogel allerdings einige Schwierigkeit; hat er daſſelbe aber einmal erfaßt, dann hebt er den Schnabel ſenkrecht in die Höhe und verſchluckt es, ohne es vorher empor- gehoben zu haben.“ Aber Schomburgk fügt auch hinzu, daß der Vogel eine bewunderungswürdige Geſchicklichkeit beſitze, die ihm zugeworfene Nahrung aufzufangen, und Dies läßt mich glauben, daß der alte, gewiſſenhafte Azara doch richtig beobachtet hat. Humboldt freilich ſagt Daſſelbe, wie Schomburgk, oder richtiger, Schomburgk ſagt Daſſelbe, wie Humboldt. „Wenn er trinken will“, fügt dieſer große Forſcher noch hinzu, „geberdet ſich der Vogel ganz ſeltſam. Die Mönche behaupten, er mache das Zeichen des Kreuzes über dem Waſſer, und dieſe Anſicht iſt zum Volks- glauben geworden, ſodaß die Kreolen dem Tukan den ſonderbaren Namen „Dios te de“, Gott vergelte es dir, beigelegt haben.“ Durch Caſtelnau erfahren wir, wie das Trinken vor ſich geht. Der Tukan ſtreckt nämlich die äußerſte Spitze ſeines großen Schnabels in das Waſſer, füllt den- ſelben, indem er die Luft kräftig an ſich zieht und dreht alsdann den Schnabel unter ſtoßweißen Bewegungen um.
Ueber die Fortpflanzung fehlen noch eingehende Berichte. Die Tukans niſten in Baumlöchern und legen zwei weiße Eier. Jhre Jungen erhalten bald das ſchöne Gefieder der Eltern, ihr Schnabel aber erſt im zweiten bis dritten Jahre die ihm eigenthümlichen, ſchönen Farben. Hierauf beſchränkt ſich die Kunde über dieſen wichtigen Lebensabſchnitt der Vögel.
Allen Pfefferfreſſern wird in Braſilien eifrig nachgeſtellt, ebenſowohl ihres Fleiſches und ihrer ſchönen Federn halber, als in der Abſicht, die ſonderbaren Geſellen ſich zu Hausgenoſſen zu erwerben. „Wir erlegten“, bemerkt der Prinz, „oft viele von ihnen an einem Tage, und ihr krähenartiges Fleiſch wurde dann gegeſſen.“ Burmeiſter hingegen verſichert, daß das Fleiſch ein ſehr angenehmes Gericht liefere, welches, mit Reis gekocht, einer guten Taubenbrühe ähnlich und ganz ſchmackhaft ſei. Schomburgk bezeichnet das Fleiſch einfach als eßbar. Bates ſagt, daß alle Bewohner Egas, einer Ortſchaft am Amazonenſtrome, der Jagd des Tukans eifrig obliegen, wenn dieſer, zu größeren Flügen vereinigt, in den benachbarten Waldungen erſcheint. Sie ſind dann, wie bemerkt, wenig ſcheu und fallen auch dem ungeſchickten Schützen leicht zur Beute. „Jedermann in Ega, welcher um dieſe Zeit irgendwelches Gewehr, oder auch nur ein Blasrohr auftreiben kann, geht damit in den Wald hinaus und erlegt ſich zur Verbeſſerung ſeiner Mittagstafel einige dieſer Vögel, ſodaß in den Monaten Juni und Juli ganz Ega faſt nur von Tukans lebt. Wochenlang hat jede Familie täglich einen gedämpften oder gebratenen Pfefferfreſſer auf dem Tiſche. Sie ſind um dieſe Zeit ungemein fett, und ihr Fleiſch iſt dann außerordentlich zart und ſchmackhaft.“
Ueber die Verwendung der Schmuckfedern gibt Schomburgk ausführliche Nachricht. Er beſchreibt ein Zuſammentreffen mit den Maiongkongs und ſagt: „Jhr geſchmackvollſter Federſchmuck beſtand größtentheils in dicken Kopfbinden aus den rothen und gelben Federn, welche die Pfeffer- freſſer unmittelbar über der Schwanzwurzel haben. Da nun nicht allein die Maiongkongs, ſondern auch die Guinaus, Uaupes und Pauixanas ſowohl ihre Kopfbedeckung, als auch förmliche Mäntel aus dieſen Federn verfertigen, ſo werden die beiden Arten der Pfefferfreſſer (denen insbeſondere nach- geſtellt wird) bald ausgerottet ſein. Dieſem Untergang ihrer Kleiderlieferer beugen die Wilden jedoch auf eine höchſt ſcharfſinnige Weiſe dadurch vor, daß ſie die Vögel zu dieſem Zweck mit ganz kleinen und mit äußerſt ſchwachem Gift beſtrichenen Pfeilen ſchießen. Die Wunde, die ein ſolcher Pfeil verurſacht, iſt zu unbedeutend, um tödtlich zu werden, während das ſchwache Gift den Ver- wundeten nur betäubt. Der Vogel fällt herab, die gewünſchten Federn werden herausgezogen, und nach kurzer Zeit erhebt er ſich wieder, um vielleicht wiederholt geſchoſſen und beraubt zu werden.“
Jung aufgezogene Tukans gehören zu den anziehendſten Gefangenen. „Jn Lebensweiſe und geiſtiger Anlage“, ſagt Humboldt, „gleicht dieſer Vogel dem Naben. Er iſt ein muthiges, leicht
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Die Späher. Leichtſchnäbler. Pfefferfreſſer.
Kugeln, und Alles ſo lange auffangen, bis es zum Schlucken bequem kommt. Die übrigen Beobachter
haben dieſe Art, zu freſſen, nicht geſehen. Schomburgk ſagt ausdrücklich, daß er es weder von
Freilebenden noch von den Gefangenen bemerkt habe. „Sein Futter vom Boden aufzunehmen,
macht dem ſonderbar geſtalteten Vogel allerdings einige Schwierigkeit; hat er daſſelbe aber einmal
erfaßt, dann hebt er den Schnabel ſenkrecht in die Höhe und verſchluckt es, ohne es vorher empor-
gehoben zu haben.“ Aber Schomburgk fügt auch hinzu, daß der Vogel eine bewunderungswürdige
Geſchicklichkeit beſitze, die ihm zugeworfene Nahrung aufzufangen, und Dies läßt mich glauben, daß
der alte, gewiſſenhafte Azara doch richtig beobachtet hat. Humboldt freilich ſagt Daſſelbe, wie
Schomburgk, oder richtiger, Schomburgk ſagt Daſſelbe, wie Humboldt. „Wenn er trinken
will“, fügt dieſer große Forſcher noch hinzu, „geberdet ſich der Vogel ganz ſeltſam. Die Mönche
behaupten, er mache das Zeichen des Kreuzes über dem Waſſer, und dieſe Anſicht iſt zum Volks-
glauben geworden, ſodaß die Kreolen dem Tukan den ſonderbaren Namen „Dios te de“, Gott
vergelte es dir, beigelegt haben.“ Durch Caſtelnau erfahren wir, wie das Trinken vor ſich geht.
Der Tukan ſtreckt nämlich die äußerſte Spitze ſeines großen Schnabels in das Waſſer, füllt den-
ſelben, indem er die Luft kräftig an ſich zieht und dreht alsdann den Schnabel unter ſtoßweißen
Bewegungen um.
Ueber die Fortpflanzung fehlen noch eingehende Berichte. Die Tukans niſten in Baumlöchern
und legen zwei weiße Eier. Jhre Jungen erhalten bald das ſchöne Gefieder der Eltern, ihr
Schnabel aber erſt im zweiten bis dritten Jahre die ihm eigenthümlichen, ſchönen Farben. Hierauf
beſchränkt ſich die Kunde über dieſen wichtigen Lebensabſchnitt der Vögel.
Allen Pfefferfreſſern wird in Braſilien eifrig nachgeſtellt, ebenſowohl ihres Fleiſches und ihrer
ſchönen Federn halber, als in der Abſicht, die ſonderbaren Geſellen ſich zu Hausgenoſſen zu erwerben.
„Wir erlegten“, bemerkt der Prinz, „oft viele von ihnen an einem Tage, und ihr krähenartiges Fleiſch
wurde dann gegeſſen.“ Burmeiſter hingegen verſichert, daß das Fleiſch ein ſehr angenehmes
Gericht liefere, welches, mit Reis gekocht, einer guten Taubenbrühe ähnlich und ganz ſchmackhaft ſei.
Schomburgk bezeichnet das Fleiſch einfach als eßbar. Bates ſagt, daß alle Bewohner Egas,
einer Ortſchaft am Amazonenſtrome, der Jagd des Tukans eifrig obliegen, wenn dieſer, zu größeren
Flügen vereinigt, in den benachbarten Waldungen erſcheint. Sie ſind dann, wie bemerkt, wenig
ſcheu und fallen auch dem ungeſchickten Schützen leicht zur Beute. „Jedermann in Ega, welcher um
dieſe Zeit irgendwelches Gewehr, oder auch nur ein Blasrohr auftreiben kann, geht damit in den
Wald hinaus und erlegt ſich zur Verbeſſerung ſeiner Mittagstafel einige dieſer Vögel, ſodaß in den
Monaten Juni und Juli ganz Ega faſt nur von Tukans lebt. Wochenlang hat jede Familie täglich
einen gedämpften oder gebratenen Pfefferfreſſer auf dem Tiſche. Sie ſind um dieſe Zeit ungemein
fett, und ihr Fleiſch iſt dann außerordentlich zart und ſchmackhaft.“
Ueber die Verwendung der Schmuckfedern gibt Schomburgk ausführliche Nachricht. Er
beſchreibt ein Zuſammentreffen mit den Maiongkongs und ſagt: „Jhr geſchmackvollſter Federſchmuck
beſtand größtentheils in dicken Kopfbinden aus den rothen und gelben Federn, welche die Pfeffer-
freſſer unmittelbar über der Schwanzwurzel haben. Da nun nicht allein die Maiongkongs, ſondern
auch die Guinaus, Uaupes und Pauixanas ſowohl ihre Kopfbedeckung, als auch förmliche Mäntel aus
dieſen Federn verfertigen, ſo werden die beiden Arten der Pfefferfreſſer (denen insbeſondere nach-
geſtellt wird) bald ausgerottet ſein. Dieſem Untergang ihrer Kleiderlieferer beugen die Wilden
jedoch auf eine höchſt ſcharfſinnige Weiſe dadurch vor, daß ſie die Vögel zu dieſem Zweck mit ganz
kleinen und mit äußerſt ſchwachem Gift beſtrichenen Pfeilen ſchießen. Die Wunde, die ein ſolcher
Pfeil verurſacht, iſt zu unbedeutend, um tödtlich zu werden, während das ſchwache Gift den Ver-
wundeten nur betäubt. Der Vogel fällt herab, die gewünſchten Federn werden herausgezogen, und
nach kurzer Zeit erhebt er ſich wieder, um vielleicht wiederholt geſchoſſen und beraubt zu werden.“
Jung aufgezogene Tukans gehören zu den anziehendſten Gefangenen. „Jn Lebensweiſe und
geiſtiger Anlage“, ſagt Humboldt, „gleicht dieſer Vogel dem Naben. Er iſt ein muthiges, leicht
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/258>, abgerufen am 25.11.2024.
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