eigenthümlichen Gesang, welcher nach meinem Urtheil durch die Silben "Gukguk girre girre gukguk", nach Hartmann's Ansicht aber durch "Tiur tiur" ausgesprochen werden kann. Beider Stimmen verschmelzen in der sonderbarsten Weise mit einander, sodaß ein wahrer Tonunfug entsteht, ein Gesang, so verworren und dunkel, daß man die einzelnen Laute nicht unterscheiden kann, "ein Schnurren", wie Hartmann mit vollem Rechte sagt. "Jedenfalls", meint dieser Forscher, "ist der Gesang des Perlvogels einer der sonderbarsten und bezeichnendsten Naturlaute, welche man in dieser Gegend ver- nimmt." Aber der Gesang unterhält gerade deshalb und vielleicht auch noch aus dem Grunde, weil er mit so viel Herzensfreude vorgetragen wird, daß man die Gefühle des Vogels nothwendig theilen muß. Uebrigens liebt dieser es durchaus nicht, von wißbegierigen Menschen weißer Färbung belauscht zu werden; wenigstens pflegt er augenblicklich still zu schweigen, sobald sich ein Europäer seinem Standorte nähert, verläßt auch diesen gewöhnlich zur rechten Zeit, sodaß es nicht eben leicht ist, sein Treiben in genügender Nähe zu beobachten.
Jm übrigen lebt der Perlvogel nach Art anderer seiner Familie. Er bewegt sich langsam in den Baumkronen hin und her, liest dort Kerfe auf, geht Früchte an und sucht sich Sämereien zusammen. Er klettert schlecht, fliegt bald schwirrend, bald schwebend, nicht gern weit, liebt über- haupt die Ruhe und hält an dem einmal gewählten Standorte mit großer Zähigkeit fest, dehnt aber die Grenzen seines Gebiets weiter aus, als andere Bartvögel jener Gegend es zu thun pflegen.
Ueber das Nest sind wir durch Heuglin unterrichtet worden. "Jn einem zum Ain-Saba führenden Regenbett", sagt er, "fand ich am 26. September das Nest dieses Vogels in einer senk- rechten Erdwand. Es war ungefähr acht bis neun Fuß unter der Thalsohle angebracht. Ein kreis- rundes, 21/2 Zoll im Durchmesser haltendes Loch führte mit wenig Neigung nach aufwärts etwa zwei Zoll tief in die Wand in einen größeren, rundlicheren, nach unten zulaufenden Raum, der von dem zu ihm führenden Gange noch durch eine Art kleiner Wand geschieden war. Jm Jnnern lag ein frisches Ei, ohne alle Unterlage auf etwas aufgelockerter Erde. Es ist im Verhältniß zum Vogel mittelgroß, eigestaltig, an beiden Enden ziemlich stumpf, reinweiß, rosenroth durchscheinend, außer- ordentlich feinschalig und glänzend. Am 8. Oktober entdeckte ich an einem ähnlichen Orte ein Nest mit vier bebrüteten Eiern. Das Nest war dem oben beschriebenen ganz gleich; nur war das Bett für die Eier mit Malvensamen gefüllt. Ob der Perlvogel seine Nisthöhle selbst gräbt, vermag ich nicht zu sagen."
Als Vertreter der asiatischen Arten habe ich den Goldbartvogel (Xantholaema indica) erwählt, weil wir über seine Lebensweise einigermaßen unterrichtet sind. Die Sippe, welche er ver- tritt, kennzeichnet sich durch kurzen, seitlich ausgebauchten Schnabel, ziemlich spitze Flügel, in denen die dritte, vierte und fünfte Schwinge die längsten sind, und einen kurzen, fast gerade abgeschnittenen Schwanz. Das Gefieder ist grün auf der Oberseite, gilblich- oder grünlichweiß auf der untern; die Federn des Rückens und die Flügeldeckfedern sind gelblich gesäumt, die der Brust grünlich längs gestreift, die Stirn und ein Kehlflecken glänzend scharlachroth, letzterer nach unten goldgelb gesäumt; ein Band um den Hinterkopf und um die Brust, sowie ein Bartstreifen sind schwarz. Nicht selten trifft man gelbe Ausartungen, welche früher als eigene Art angesehen wurden. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß korallenroth. Die Länge beträgt 61/2, die Breite 11, die Fittiglänge 31/4, die Schwanzlänge 11/2 Zoll.
Der Goldbartvogel verbreitet sich, laut Jerdon, über ganz Jndien, Ceylon und die malayischen Jnseln, fehlt aber im Himalaya und im Punjab. Er ist häufig überall, wo es Bäume gibt, bewohnt die hochstämmigen Waldestheile, Haine, Spaziergänge und Gärten, ist durchaus nicht scheu und kommt unmittelbar bis zu den Häusern heran, läßt sich sogar nicht selten auf diesen selbst nieder. Einige Naturforscher glauben beobachtet zu haben, daß er wie ein Specht an den Bäumen umher-
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Perlvogel Goldbartvogel.
eigenthümlichen Geſang, welcher nach meinem Urtheil durch die Silben „Gukguk girre girre gukguk“, nach Hartmann’s Anſicht aber durch „Tiur tiur“ ausgeſprochen werden kann. Beider Stimmen verſchmelzen in der ſonderbarſten Weiſe mit einander, ſodaß ein wahrer Tonunfug entſteht, ein Geſang, ſo verworren und dunkel, daß man die einzelnen Laute nicht unterſcheiden kann, „ein Schnurren“, wie Hartmann mit vollem Rechte ſagt. „Jedenfalls“, meint dieſer Forſcher, „iſt der Geſang des Perlvogels einer der ſonderbarſten und bezeichnendſten Naturlaute, welche man in dieſer Gegend ver- nimmt.“ Aber der Geſang unterhält gerade deshalb und vielleicht auch noch aus dem Grunde, weil er mit ſo viel Herzensfreude vorgetragen wird, daß man die Gefühle des Vogels nothwendig theilen muß. Uebrigens liebt dieſer es durchaus nicht, von wißbegierigen Menſchen weißer Färbung belauſcht zu werden; wenigſtens pflegt er augenblicklich ſtill zu ſchweigen, ſobald ſich ein Europäer ſeinem Standorte nähert, verläßt auch dieſen gewöhnlich zur rechten Zeit, ſodaß es nicht eben leicht iſt, ſein Treiben in genügender Nähe zu beobachten.
Jm übrigen lebt der Perlvogel nach Art anderer ſeiner Familie. Er bewegt ſich langſam in den Baumkronen hin und her, lieſt dort Kerfe auf, geht Früchte an und ſucht ſich Sämereien zuſammen. Er klettert ſchlecht, fliegt bald ſchwirrend, bald ſchwebend, nicht gern weit, liebt über- haupt die Ruhe und hält an dem einmal gewählten Standorte mit großer Zähigkeit feſt, dehnt aber die Grenzen ſeines Gebiets weiter aus, als andere Bartvögel jener Gegend es zu thun pflegen.
Ueber das Neſt ſind wir durch Heuglin unterrichtet worden. „Jn einem zum Ain-Saba führenden Regenbett“, ſagt er, „fand ich am 26. September das Neſt dieſes Vogels in einer ſenk- rechten Erdwand. Es war ungefähr acht bis neun Fuß unter der Thalſohle angebracht. Ein kreis- rundes, 2½ Zoll im Durchmeſſer haltendes Loch führte mit wenig Neigung nach aufwärts etwa zwei Zoll tief in die Wand in einen größeren, rundlicheren, nach unten zulaufenden Raum, der von dem zu ihm führenden Gange noch durch eine Art kleiner Wand geſchieden war. Jm Jnnern lag ein friſches Ei, ohne alle Unterlage auf etwas aufgelockerter Erde. Es iſt im Verhältniß zum Vogel mittelgroß, eigeſtaltig, an beiden Enden ziemlich ſtumpf, reinweiß, roſenroth durchſcheinend, außer- ordentlich feinſchalig und glänzend. Am 8. Oktober entdeckte ich an einem ähnlichen Orte ein Neſt mit vier bebrüteten Eiern. Das Neſt war dem oben beſchriebenen ganz gleich; nur war das Bett für die Eier mit Malvenſamen gefüllt. Ob der Perlvogel ſeine Niſthöhle ſelbſt gräbt, vermag ich nicht zu ſagen.“
Als Vertreter der aſiatiſchen Arten habe ich den Goldbartvogel (Xantholaema indica) erwählt, weil wir über ſeine Lebensweiſe einigermaßen unterrichtet ſind. Die Sippe, welche er ver- tritt, kennzeichnet ſich durch kurzen, ſeitlich ausgebauchten Schnabel, ziemlich ſpitze Flügel, in denen die dritte, vierte und fünfte Schwinge die längſten ſind, und einen kurzen, faſt gerade abgeſchnittenen Schwanz. Das Gefieder iſt grün auf der Oberſeite, gilblich- oder grünlichweiß auf der untern; die Federn des Rückens und die Flügeldeckfedern ſind gelblich geſäumt, die der Bruſt grünlich längs geſtreift, die Stirn und ein Kehlflecken glänzend ſcharlachroth, letzterer nach unten goldgelb geſäumt; ein Band um den Hinterkopf und um die Bruſt, ſowie ein Bartſtreifen ſind ſchwarz. Nicht ſelten trifft man gelbe Ausartungen, welche früher als eigene Art angeſehen wurden. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß korallenroth. Die Länge beträgt 6½, die Breite 11, die Fittiglänge 3¼, die Schwanzlänge 1½ Zoll.
Der Goldbartvogel verbreitet ſich, laut Jerdon, über ganz Jndien, Ceylon und die malayiſchen Jnſeln, fehlt aber im Himalaya und im Punjab. Er iſt häufig überall, wo es Bäume gibt, bewohnt die hochſtämmigen Waldestheile, Haine, Spaziergänge und Gärten, iſt durchaus nicht ſcheu und kommt unmittelbar bis zu den Häuſern heran, läßt ſich ſogar nicht ſelten auf dieſen ſelbſt nieder. Einige Naturforſcher glauben beobachtet zu haben, daß er wie ein Specht an den Bäumen umher-
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Perlvogel Goldbartvogel.
eigenthümlichen Geſang, welcher nach meinem Urtheil durch die Silben „Gukguk girre girre gukguk“,
nach Hartmann’s Anſicht aber durch „Tiur tiur“ ausgeſprochen werden kann. Beider Stimmen
verſchmelzen in der ſonderbarſten Weiſe mit einander, ſodaß ein wahrer Tonunfug entſteht, ein Geſang,
ſo verworren und dunkel, daß man die einzelnen Laute nicht unterſcheiden kann, „ein Schnurren“,
wie Hartmann mit vollem Rechte ſagt. „Jedenfalls“, meint dieſer Forſcher, „iſt der Geſang des
Perlvogels einer der ſonderbarſten und bezeichnendſten Naturlaute, welche man in dieſer Gegend ver-
nimmt.“ Aber der Geſang unterhält gerade deshalb und vielleicht auch noch aus dem Grunde, weil
er mit ſo viel Herzensfreude vorgetragen wird, daß man die Gefühle des Vogels nothwendig theilen
muß. Uebrigens liebt dieſer es durchaus nicht, von wißbegierigen Menſchen weißer Färbung
belauſcht zu werden; wenigſtens pflegt er augenblicklich ſtill zu ſchweigen, ſobald ſich ein Europäer
ſeinem Standorte nähert, verläßt auch dieſen gewöhnlich zur rechten Zeit, ſodaß es nicht eben leicht
iſt, ſein Treiben in genügender Nähe zu beobachten.
Jm übrigen lebt der Perlvogel nach Art anderer ſeiner Familie. Er bewegt ſich langſam in
den Baumkronen hin und her, lieſt dort Kerfe auf, geht Früchte an und ſucht ſich Sämereien
zuſammen. Er klettert ſchlecht, fliegt bald ſchwirrend, bald ſchwebend, nicht gern weit, liebt über-
haupt die Ruhe und hält an dem einmal gewählten Standorte mit großer Zähigkeit feſt, dehnt aber
die Grenzen ſeines Gebiets weiter aus, als andere Bartvögel jener Gegend es zu thun pflegen.
Ueber das Neſt ſind wir durch Heuglin unterrichtet worden. „Jn einem zum Ain-Saba
führenden Regenbett“, ſagt er, „fand ich am 26. September das Neſt dieſes Vogels in einer ſenk-
rechten Erdwand. Es war ungefähr acht bis neun Fuß unter der Thalſohle angebracht. Ein kreis-
rundes, 2½ Zoll im Durchmeſſer haltendes Loch führte mit wenig Neigung nach aufwärts etwa zwei
Zoll tief in die Wand in einen größeren, rundlicheren, nach unten zulaufenden Raum, der von dem
zu ihm führenden Gange noch durch eine Art kleiner Wand geſchieden war. Jm Jnnern lag ein
friſches Ei, ohne alle Unterlage auf etwas aufgelockerter Erde. Es iſt im Verhältniß zum Vogel
mittelgroß, eigeſtaltig, an beiden Enden ziemlich ſtumpf, reinweiß, roſenroth durchſcheinend, außer-
ordentlich feinſchalig und glänzend. Am 8. Oktober entdeckte ich an einem ähnlichen Orte ein Neſt
mit vier bebrüteten Eiern. Das Neſt war dem oben beſchriebenen ganz gleich; nur war das Bett für
die Eier mit Malvenſamen gefüllt. Ob der Perlvogel ſeine Niſthöhle ſelbſt gräbt, vermag ich nicht
zu ſagen.“
Als Vertreter der aſiatiſchen Arten habe ich den Goldbartvogel (Xantholaema indica)
erwählt, weil wir über ſeine Lebensweiſe einigermaßen unterrichtet ſind. Die Sippe, welche er ver-
tritt, kennzeichnet ſich durch kurzen, ſeitlich ausgebauchten Schnabel, ziemlich ſpitze Flügel, in denen
die dritte, vierte und fünfte Schwinge die längſten ſind, und einen kurzen, faſt gerade abgeſchnittenen
Schwanz. Das Gefieder iſt grün auf der Oberſeite, gilblich- oder grünlichweiß auf der untern;
die Federn des Rückens und die Flügeldeckfedern ſind gelblich geſäumt, die der Bruſt grünlich längs
geſtreift, die Stirn und ein Kehlflecken glänzend ſcharlachroth, letzterer nach unten goldgelb geſäumt;
ein Band um den Hinterkopf und um die Bruſt, ſowie ein Bartſtreifen ſind ſchwarz. Nicht ſelten
trifft man gelbe Ausartungen, welche früher als eigene Art angeſehen wurden. Das Auge iſt
dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß korallenroth. Die Länge beträgt 6½, die Breite 11,
die Fittiglänge 3¼, die Schwanzlänge 1½ Zoll.
Der Goldbartvogel verbreitet ſich, laut Jerdon, über ganz Jndien, Ceylon und die malayiſchen
Jnſeln, fehlt aber im Himalaya und im Punjab. Er iſt häufig überall, wo es Bäume gibt, bewohnt
die hochſtämmigen Waldestheile, Haine, Spaziergänge und Gärten, iſt durchaus nicht ſcheu und
kommt unmittelbar bis zu den Häuſern heran, läßt ſich ſogar nicht ſelten auf dieſen ſelbſt nieder.
Einige Naturforſcher glauben beobachtet zu haben, daß er wie ein Specht an den Bäumen umher-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/249>, abgerufen am 24.11.2024.
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