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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Zwergspecht. Wendehals.
Zeit in kleinen Gesellschaften, welche ziemlich weit umherstreifen. Er hat, wie der Prinz sagt,
vollkommen die Lebensart anderer Spechte und kriecht an den Stämmen umher, um Kerbthiere und
ihre Larven zu suchen. Burmeister dagegen versichert, daß seine Lebensweise ganz die der Gold-
hähnchen sei. Beide Beobachter bestätigen somit die Angaben Azara's, welcher sagt, daß der Vogel
an den Baumstämmen klettere und zuweilen von einem Zweig zum andern hüpfe. Schomburgk
fand ihn regelmäßig unter den Herden verschiedener Vögel, welche zeitweilig im Walde umherstreichen,
traf ihn aber auch in Gärten und Pflanzungen nicht selten an. Jn einem Garten sah er täglich ein
Pärchen in ein Astloch aus- und einschlüpfen, er scheint aber das Nest nicht selbst untersucht zu haben.
Von einer verwandten Art, welche in Peru lebt, wissen wir durch Tschudi, daß sie vier Junge
erzieht. Dies ist Alles, was ich meinestheils über die Lebensweise der niedlichen Vögel gefunden habe.



Die Wendehälse (Jynges), welche als die tiefststehenden aller Spechtvögel anzusehen sind, gehören
ausschließlich der alten Welt an. Sie sind gewissermaßen als Bindeglieder zwischen den Spechten
und den Kukuken oder Bartvögeln anzusehen. Jhr Leib ist gestreckt, der Hals lang, der Kopf
ziemlich klein, der Flügel kurz und stumpf, in ihm die dritte Schwinge die längste, der Schwanz mittel-
lang, breit und weichfedrig, der Schnabel kurz, gerade, vollkommen kegelförmig, spitz, seitlich nur
wenig zusammengedrückt, der Fuß ziemlich stark, vier- und paarzehig, das Gefieder locker und
weich. Der innere Bau ähnelt nach den Untersuchungen von Nitzsch dem der Spechte, obgleich er
sein Eigenthümliches hat. Die sehr ausstreckbare Zunge ist sadenförmig, an der Spitze aber nicht mit
Widerhaken besetzt.

Unser Wende-, Winde-, Dreh- oder Natterhals, Drehvogel, Halsdreher, Hals-
winder, Nacken-, Natter-
oder Otterwindel, Natterwendel, Natterzange u. s. w.
(Jynx torquilla) ist auf der Oberseite lichtaschgrau, fein dunkler gewellt und gepunktet, auf der Unter-
seite weiß, sparsam mit dunkeln, dreieckigen Flecken gezeichnet; die Kehle und der Unterhals sind auf
gelbem Grunde quer gewellt; ein schwärzlicher Längsstreifen zieht sich vom Scheitel bis zum Unter-
rücken herab; die übrige Zeichnung des Oberkörpers besteht aus schwärzlichen, rost- und hellbraunen
Flecken; die Schwingen sind rothbraun und schwarzbraun gebändert; die Schwanzfedern sind fein
schwarz gesprenkelt und zeigen fünf schmale Bogenbänder. Das Auge ist gelbbraun, Schnabel und
Beine sind grüngelb. Bei den Jungen ist die Färbung blässer, die Zeichnung gröber und das Auge
graubraun. Die Länge beträgt 7, die Breite 11, die Fittiglänge 3 1/3 , die Schwanzlänge 21/2 Zoll.

Der Wendehals kommt auf der halben Erde vor; heimatsberechtigt aber ist er nur im Norden,
d. h. in Mitteleuropa und in Mittelasien. Jn Deutschland findet er sich einzeln allerorten, wenn
auch nicht gerade im Hochgebirge oder im düstern Hochwalde. Nach Norden hin reicht er bis zum
mittleren Skandinavien; nach Osten hin dehnt sich sein Wohngebiet bis zu den Amurländern aus.
Schon in Südeuropa ist er selten: in Spanien z. B. kommt er nach meinen Beobachtungen im Tief-
lande als Brutvogel nicht mehr vor, und ebenso scheint es in Griechenland zu sein. Gelegentlich
seines Zuges sieht man ihn in ganz Egypten, Nubien und im Ost-Sudahn: hier endlich scheint er für
den Winter Herberge zu nehmen. Dasselbe gilt nach Jerdon für Jndien: Hier ist der Wendehals
in allen Theilen, welche man durchforscht hat, beobachtet worden, aber ebenfalls hauptsächlich oder, wie
ich glaube, ausschließlich im Winter. Lindermayer's Angabe, "überwintert in Griechenland und
wird in den Monaten Oktober bis März nicht selten in den Olivenwäldern beobachtet", scheint mir
der Berichtigung zu bedürfen; es wäre höchst auffallend, wenn der so wanderlustige Vogel aus-
nahmsweise in einem so nördlich gelegenen Lande die kalte Jahreszeit zubringen sollte.

Zwergſpecht. Wendehals.
Zeit in kleinen Geſellſchaften, welche ziemlich weit umherſtreifen. Er hat, wie der Prinz ſagt,
vollkommen die Lebensart anderer Spechte und kriecht an den Stämmen umher, um Kerbthiere und
ihre Larven zu ſuchen. Burmeiſter dagegen verſichert, daß ſeine Lebensweiſe ganz die der Gold-
hähnchen ſei. Beide Beobachter beſtätigen ſomit die Angaben Azara’s, welcher ſagt, daß der Vogel
an den Baumſtämmen klettere und zuweilen von einem Zweig zum andern hüpfe. Schomburgk
fand ihn regelmäßig unter den Herden verſchiedener Vögel, welche zeitweilig im Walde umherſtreichen,
traf ihn aber auch in Gärten und Pflanzungen nicht ſelten an. Jn einem Garten ſah er täglich ein
Pärchen in ein Aſtloch aus- und einſchlüpfen, er ſcheint aber das Neſt nicht ſelbſt unterſucht zu haben.
Von einer verwandten Art, welche in Peru lebt, wiſſen wir durch Tſchudi, daß ſie vier Junge
erzieht. Dies iſt Alles, was ich meinestheils über die Lebensweiſe der niedlichen Vögel gefunden habe.



Die Wendehälſe (Jynges), welche als die tiefſtſtehenden aller Spechtvögel anzuſehen ſind, gehören
ausſchließlich der alten Welt an. Sie ſind gewiſſermaßen als Bindeglieder zwiſchen den Spechten
und den Kukuken oder Bartvögeln anzuſehen. Jhr Leib iſt geſtreckt, der Hals lang, der Kopf
ziemlich klein, der Flügel kurz und ſtumpf, in ihm die dritte Schwinge die längſte, der Schwanz mittel-
lang, breit und weichfedrig, der Schnabel kurz, gerade, vollkommen kegelförmig, ſpitz, ſeitlich nur
wenig zuſammengedrückt, der Fuß ziemlich ſtark, vier- und paarzehig, das Gefieder locker und
weich. Der innere Bau ähnelt nach den Unterſuchungen von Nitzſch dem der Spechte, obgleich er
ſein Eigenthümliches hat. Die ſehr ausſtreckbare Zunge iſt ſadenförmig, an der Spitze aber nicht mit
Widerhaken beſetzt.

Unſer Wende-, Winde-, Dreh- oder Natterhals, Drehvogel, Halsdreher, Hals-
winder, Nacken-, Natter-
oder Otterwindel, Natterwendel, Natterzange u. ſ. w.
(Jynx torquilla) iſt auf der Oberſeite lichtaſchgrau, fein dunkler gewellt und gepunktet, auf der Unter-
ſeite weiß, ſparſam mit dunkeln, dreieckigen Flecken gezeichnet; die Kehle und der Unterhals ſind auf
gelbem Grunde quer gewellt; ein ſchwärzlicher Längsſtreifen zieht ſich vom Scheitel bis zum Unter-
rücken herab; die übrige Zeichnung des Oberkörpers beſteht aus ſchwärzlichen, roſt- und hellbraunen
Flecken; die Schwingen ſind rothbraun und ſchwarzbraun gebändert; die Schwanzfedern ſind fein
ſchwarz geſprenkelt und zeigen fünf ſchmale Bogenbänder. Das Auge iſt gelbbraun, Schnabel und
Beine ſind grüngelb. Bei den Jungen iſt die Färbung bläſſer, die Zeichnung gröber und das Auge
graubraun. Die Länge beträgt 7, die Breite 11, die Fittiglänge 3⅓, die Schwanzlänge 2½ Zoll.

Der Wendehals kommt auf der halben Erde vor; heimatsberechtigt aber iſt er nur im Norden,
d. h. in Mitteleuropa und in Mittelaſien. Jn Deutſchland findet er ſich einzeln allerorten, wenn
auch nicht gerade im Hochgebirge oder im düſtern Hochwalde. Nach Norden hin reicht er bis zum
mittleren Skandinavien; nach Oſten hin dehnt ſich ſein Wohngebiet bis zu den Amurländern aus.
Schon in Südeuropa iſt er ſelten: in Spanien z. B. kommt er nach meinen Beobachtungen im Tief-
lande als Brutvogel nicht mehr vor, und ebenſo ſcheint es in Griechenland zu ſein. Gelegentlich
ſeines Zuges ſieht man ihn in ganz Egypten, Nubien und im Oſt-Sudahn: hier endlich ſcheint er für
den Winter Herberge zu nehmen. Daſſelbe gilt nach Jerdon für Jndien: Hier iſt der Wendehals
in allen Theilen, welche man durchforſcht hat, beobachtet worden, aber ebenfalls hauptſächlich oder, wie
ich glaube, ausſchließlich im Winter. Lindermayer’s Angabe, „überwintert in Griechenland und
wird in den Monaten Oktober bis März nicht ſelten in den Olivenwäldern beobachtet“, ſcheint mir
der Berichtigung zu bedürfen; es wäre höchſt auffallend, wenn der ſo wanderluſtige Vogel aus-
nahmsweiſe in einem ſo nördlich gelegenen Lande die kalte Jahreszeit zubringen ſollte.

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[89/0103] Zwergſpecht. Wendehals. Zeit in kleinen Geſellſchaften, welche ziemlich weit umherſtreifen. Er hat, wie der Prinz ſagt, vollkommen die Lebensart anderer Spechte und kriecht an den Stämmen umher, um Kerbthiere und ihre Larven zu ſuchen. Burmeiſter dagegen verſichert, daß ſeine Lebensweiſe ganz die der Gold- hähnchen ſei. Beide Beobachter beſtätigen ſomit die Angaben Azara’s, welcher ſagt, daß der Vogel an den Baumſtämmen klettere und zuweilen von einem Zweig zum andern hüpfe. Schomburgk fand ihn regelmäßig unter den Herden verſchiedener Vögel, welche zeitweilig im Walde umherſtreichen, traf ihn aber auch in Gärten und Pflanzungen nicht ſelten an. Jn einem Garten ſah er täglich ein Pärchen in ein Aſtloch aus- und einſchlüpfen, er ſcheint aber das Neſt nicht ſelbſt unterſucht zu haben. Von einer verwandten Art, welche in Peru lebt, wiſſen wir durch Tſchudi, daß ſie vier Junge erzieht. Dies iſt Alles, was ich meinestheils über die Lebensweiſe der niedlichen Vögel gefunden habe. Die Wendehälſe (Jynges), welche als die tiefſtſtehenden aller Spechtvögel anzuſehen ſind, gehören ausſchließlich der alten Welt an. Sie ſind gewiſſermaßen als Bindeglieder zwiſchen den Spechten und den Kukuken oder Bartvögeln anzuſehen. Jhr Leib iſt geſtreckt, der Hals lang, der Kopf ziemlich klein, der Flügel kurz und ſtumpf, in ihm die dritte Schwinge die längſte, der Schwanz mittel- lang, breit und weichfedrig, der Schnabel kurz, gerade, vollkommen kegelförmig, ſpitz, ſeitlich nur wenig zuſammengedrückt, der Fuß ziemlich ſtark, vier- und paarzehig, das Gefieder locker und weich. Der innere Bau ähnelt nach den Unterſuchungen von Nitzſch dem der Spechte, obgleich er ſein Eigenthümliches hat. Die ſehr ausſtreckbare Zunge iſt ſadenförmig, an der Spitze aber nicht mit Widerhaken beſetzt. Unſer Wende-, Winde-, Dreh- oder Natterhals, Drehvogel, Halsdreher, Hals- winder, Nacken-, Natter- oder Otterwindel, Natterwendel, Natterzange u. ſ. w. (Jynx torquilla) iſt auf der Oberſeite lichtaſchgrau, fein dunkler gewellt und gepunktet, auf der Unter- ſeite weiß, ſparſam mit dunkeln, dreieckigen Flecken gezeichnet; die Kehle und der Unterhals ſind auf gelbem Grunde quer gewellt; ein ſchwärzlicher Längsſtreifen zieht ſich vom Scheitel bis zum Unter- rücken herab; die übrige Zeichnung des Oberkörpers beſteht aus ſchwärzlichen, roſt- und hellbraunen Flecken; die Schwingen ſind rothbraun und ſchwarzbraun gebändert; die Schwanzfedern ſind fein ſchwarz geſprenkelt und zeigen fünf ſchmale Bogenbänder. Das Auge iſt gelbbraun, Schnabel und Beine ſind grüngelb. Bei den Jungen iſt die Färbung bläſſer, die Zeichnung gröber und das Auge graubraun. Die Länge beträgt 7, die Breite 11, die Fittiglänge 3⅓, die Schwanzlänge 2½ Zoll. Der Wendehals kommt auf der halben Erde vor; heimatsberechtigt aber iſt er nur im Norden, d. h. in Mitteleuropa und in Mittelaſien. Jn Deutſchland findet er ſich einzeln allerorten, wenn auch nicht gerade im Hochgebirge oder im düſtern Hochwalde. Nach Norden hin reicht er bis zum mittleren Skandinavien; nach Oſten hin dehnt ſich ſein Wohngebiet bis zu den Amurländern aus. Schon in Südeuropa iſt er ſelten: in Spanien z. B. kommt er nach meinen Beobachtungen im Tief- lande als Brutvogel nicht mehr vor, und ebenſo ſcheint es in Griechenland zu ſein. Gelegentlich ſeines Zuges ſieht man ihn in ganz Egypten, Nubien und im Oſt-Sudahn: hier endlich ſcheint er für den Winter Herberge zu nehmen. Daſſelbe gilt nach Jerdon für Jndien: Hier iſt der Wendehals in allen Theilen, welche man durchforſcht hat, beobachtet worden, aber ebenfalls hauptſächlich oder, wie ich glaube, ausſchließlich im Winter. Lindermayer’s Angabe, „überwintert in Griechenland und wird in den Monaten Oktober bis März nicht ſelten in den Olivenwäldern beobachtet“, ſcheint mir der Berichtigung zu bedürfen; es wäre höchſt auffallend, wenn der ſo wanderluſtige Vogel aus- nahmsweiſe in einem ſo nördlich gelegenen Lande die kalte Jahreszeit zubringen ſollte.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/103>, abgerufen am 27.11.2024.