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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Allgemeines über die Flossentaucher.
allen Einzelheiten und schildert den überraschenden Eindruck, welchen die Bewegung der auf einen
engen Raum zusammengedrängten Tausende auf den Beschauer macht. An schönen Abenden erheben
sie, wenn die Abenddämmerung eintritt, ihre Stimme und schreien dann unaufhörlich, eine wahrhaft
fürchterliche Musik hervorbringend, welche in gewisser Entfernung Aehnlichkeit mit dem verworrenen
Getöne einer zahlreichen Volksmasse hat. Vom Wasser aus bilden sie während der Brutzeit gerade
Wege durch das Gras, welche von allen Steinen und Pflanzentheilen gereinigt und so glatt und nett
ausgetreten werden, daß man sie für Menschenwerk hält. Solche Wege führen, nach Abott's
Beobachtung, auf den Falklandsinseln hier und da meilenweit in das Land.

Einzelne Arten graben sich zur Aufnahme ihrer Eier tiefe Höhlen. Hierzu wählen sie sich
einen ebenen Platz, unterwühlen ihn nun in lauter Vierecke, weil die Linien ihrer Fußsteige sich so
viel als immer möglich rechtwinkelig durchschneiden. Jedes Viereck dient als Niststelle und wird
ausgehöhlt. Das Nest besteht aus einem backofenförmigen Loche von zwei bis drei Fuß Tiefe. Der
Eingang ist ziemlich weit, aber sehr niedrig, die Höhle im Jnneren mit dem benachbarten unter-
irdischen Gange verbunden, so daß sie sich also in der Tiefe gegenseitig Besuche abstatten können.
Besondere Wege führen um den Brutplatz herum und sind so eben und glatt wie die Seitenwege und
Straßen in unseren Städten. Jedes Paar, welches sich sein Loch und alle, welche einen und
denselben Brutplatz bewohnen, bilden eine Familie und gehorchen der gesellschaftlichen Ordnung. Das
Männchen sitzt neben dem brütenden Weibchen und schlüpft, wenn dieses das Nest verläßt, selbst
hinein, um fortzubrüten, sodaß das Ei niemals von beiden Gatten zugleich verlassen wird. Dies
aber scheint auch nöthig zu sein, weil die Flossentaucher sich gegenseitig um die Eier bestehlen. Größere
Arten treiben ihre Bemutterungssucht so weit, daß sie den Schwächeren die Eier mit Gewalt weg-
nehmen. Es kann geschehen, daß man Junge von allen Arten in einem und demselben Neste findet.
Die Eier ähneln denen unserer Gänse und sind auf grünlichem Grunde braun gefleckt. Alle Pinguine
brüten mit großer Hingebung und verlassen das Nest nicht, wenn ein Mensch sich nähert, sondern
wenden unter den sonderbarsten und lächerlichsten Bewegungen den Kopf von der einen Seite zur
anderen, um den Feind abzutreiben, bedienen sich aber auch ihres Schnabels, wenn Dies Nichts helfen
will. Beim Brüten nehmen die Weibchen das Ei, nach Bennett's Versicherung, zwischen die sich
fast berührenden und mit der Bauchhaut verwachsenen Oberschenkel und klemmen es hier so fest ein,
daß sie, erschreckt, es oft ziemlich weit mit sich fortschleppen. Die Männchen gehen währenddem
beständig ab und zu, d. h. nach dem Meere und wieder zurück, um für das Weibchen und später für
die Familie die nöthige Nahrung herbeizuschaffen, widmen sich dieser Aufgabe auch mit so viel Eifer
und Erfolg, daß sie Gattin und Kind förmlich mästen. Einzelne Arten brüten in seichten Mulden
auf dem Boden und dicht neben einander: Abott z. B. fand einen Brutplatz, welcher bei höchstens
fünfhundert Ellen Länge nur funfzig Ellen Breite einnahm; auf ihm aber lagen die Eier so dicht, daß
es unmöglich war, dazwischen zu gehen, ohne einzelne zu zerbrechen. "Jch habe mich", fügt er hinzu,
"gewundert, daß die Vögel, wenn sie aufgeschreckt werden, ihr Nest wieder finden, aber Dies ist der
Fall; denn sie gehen gerade nach ihrem Eie zu und bringen es mit größter Sorgfalt wieder zwischen
ihre Füße, gerade unter den Brutflecken." Auf einzelnen Nistplätzen brüten Scharben mitten unter
den Flossentauchern und stehlen ihnen auch wohl die wenigen Neststoffe weg, welche sie sich zusammen
geschleppt haben; auf anderen Jnseln mischen sich Sturmtaucher unter sie und leben anscheinend in
Frieden mit ihnen; auch mit Seerobben halten sie gute Freundschaft. Ob alle Arten unter Umständen
sich Nisthöhlen graben oder ob Dies nur einzelne thun, scheint mir zur Zeit noch nicht genügend auf-
geklärt zu sein.

Die Jungen kommen in einem wolligen, grauen Dunenkleide zur Welt und erhalten so viel
Nahrung, daß sie bald heranwachsen. Fitzroi beschreibt das Azungsgeschäft wie folgt: Die alten
Vögel stellen sich auf eine kleine Erhöhung, bringen ein lautes Geräusch hervor, ein Mittelding
zwischen Brüllen und Quaken, heben den Kopf in die Luft, als ob sie der ganzen Flossentaucherei eine
Rede aus dem Stegreife halten wollten, und das Junge steht dicht dabei, aber ein klein wenig

Allgemeines über die Floſſentaucher.
allen Einzelheiten und ſchildert den überraſchenden Eindruck, welchen die Bewegung der auf einen
engen Raum zuſammengedrängten Tauſende auf den Beſchauer macht. An ſchönen Abenden erheben
ſie, wenn die Abenddämmerung eintritt, ihre Stimme und ſchreien dann unaufhörlich, eine wahrhaft
fürchterliche Muſik hervorbringend, welche in gewiſſer Entfernung Aehnlichkeit mit dem verworrenen
Getöne einer zahlreichen Volksmaſſe hat. Vom Waſſer aus bilden ſie während der Brutzeit gerade
Wege durch das Gras, welche von allen Steinen und Pflanzentheilen gereinigt und ſo glatt und nett
ausgetreten werden, daß man ſie für Menſchenwerk hält. Solche Wege führen, nach Abott’s
Beobachtung, auf den Falklandsinſeln hier und da meilenweit in das Land.

Einzelne Arten graben ſich zur Aufnahme ihrer Eier tiefe Höhlen. Hierzu wählen ſie ſich
einen ebenen Platz, unterwühlen ihn nun in lauter Vierecke, weil die Linien ihrer Fußſteige ſich ſo
viel als immer möglich rechtwinkelig durchſchneiden. Jedes Viereck dient als Niſtſtelle und wird
ausgehöhlt. Das Neſt beſteht aus einem backofenförmigen Loche von zwei bis drei Fuß Tiefe. Der
Eingang iſt ziemlich weit, aber ſehr niedrig, die Höhle im Jnneren mit dem benachbarten unter-
irdiſchen Gange verbunden, ſo daß ſie ſich alſo in der Tiefe gegenſeitig Beſuche abſtatten können.
Beſondere Wege führen um den Brutplatz herum und ſind ſo eben und glatt wie die Seitenwege und
Straßen in unſeren Städten. Jedes Paar, welches ſich ſein Loch und alle, welche einen und
denſelben Brutplatz bewohnen, bilden eine Familie und gehorchen der geſellſchaftlichen Ordnung. Das
Männchen ſitzt neben dem brütenden Weibchen und ſchlüpft, wenn dieſes das Neſt verläßt, ſelbſt
hinein, um fortzubrüten, ſodaß das Ei niemals von beiden Gatten zugleich verlaſſen wird. Dies
aber ſcheint auch nöthig zu ſein, weil die Floſſentaucher ſich gegenſeitig um die Eier beſtehlen. Größere
Arten treiben ihre Bemutterungsſucht ſo weit, daß ſie den Schwächeren die Eier mit Gewalt weg-
nehmen. Es kann geſchehen, daß man Junge von allen Arten in einem und demſelben Neſte findet.
Die Eier ähneln denen unſerer Gänſe und ſind auf grünlichem Grunde braun gefleckt. Alle Pinguine
brüten mit großer Hingebung und verlaſſen das Neſt nicht, wenn ein Menſch ſich nähert, ſondern
wenden unter den ſonderbarſten und lächerlichſten Bewegungen den Kopf von der einen Seite zur
anderen, um den Feind abzutreiben, bedienen ſich aber auch ihres Schnabels, wenn Dies Nichts helfen
will. Beim Brüten nehmen die Weibchen das Ei, nach Bennett’s Verſicherung, zwiſchen die ſich
faſt berührenden und mit der Bauchhaut verwachſenen Oberſchenkel und klemmen es hier ſo feſt ein,
daß ſie, erſchreckt, es oft ziemlich weit mit ſich fortſchleppen. Die Männchen gehen währenddem
beſtändig ab und zu, d. h. nach dem Meere und wieder zurück, um für das Weibchen und ſpäter für
die Familie die nöthige Nahrung herbeizuſchaffen, widmen ſich dieſer Aufgabe auch mit ſo viel Eifer
und Erfolg, daß ſie Gattin und Kind förmlich mäſten. Einzelne Arten brüten in ſeichten Mulden
auf dem Boden und dicht neben einander: Abott z. B. fand einen Brutplatz, welcher bei höchſtens
fünfhundert Ellen Länge nur funfzig Ellen Breite einnahm; auf ihm aber lagen die Eier ſo dicht, daß
es unmöglich war, dazwiſchen zu gehen, ohne einzelne zu zerbrechen. „Jch habe mich“, fügt er hinzu,
„gewundert, daß die Vögel, wenn ſie aufgeſchreckt werden, ihr Neſt wieder finden, aber Dies iſt der
Fall; denn ſie gehen gerade nach ihrem Eie zu und bringen es mit größter Sorgfalt wieder zwiſchen
ihre Füße, gerade unter den Brutflecken.“ Auf einzelnen Niſtplätzen brüten Scharben mitten unter
den Floſſentauchern und ſtehlen ihnen auch wohl die wenigen Neſtſtoffe weg, welche ſie ſich zuſammen
geſchleppt haben; auf anderen Jnſeln miſchen ſich Sturmtaucher unter ſie und leben anſcheinend in
Frieden mit ihnen; auch mit Seerobben halten ſie gute Freundſchaft. Ob alle Arten unter Umſtänden
ſich Niſthöhlen graben oder ob Dies nur einzelne thun, ſcheint mir zur Zeit noch nicht genügend auf-
geklärt zu ſein.

Die Jungen kommen in einem wolligen, grauen Dunenkleide zur Welt und erhalten ſo viel
Nahrung, daß ſie bald heranwachſen. Fitzroi beſchreibt das Azungsgeſchäft wie folgt: Die alten
Vögel ſtellen ſich auf eine kleine Erhöhung, bringen ein lautes Geräuſch hervor, ein Mittelding
zwiſchen Brüllen und Quaken, heben den Kopf in die Luft, als ob ſie der ganzen Floſſentaucherei eine
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[971/1025] Allgemeines über die Floſſentaucher. allen Einzelheiten und ſchildert den überraſchenden Eindruck, welchen die Bewegung der auf einen engen Raum zuſammengedrängten Tauſende auf den Beſchauer macht. An ſchönen Abenden erheben ſie, wenn die Abenddämmerung eintritt, ihre Stimme und ſchreien dann unaufhörlich, eine wahrhaft fürchterliche Muſik hervorbringend, welche in gewiſſer Entfernung Aehnlichkeit mit dem verworrenen Getöne einer zahlreichen Volksmaſſe hat. Vom Waſſer aus bilden ſie während der Brutzeit gerade Wege durch das Gras, welche von allen Steinen und Pflanzentheilen gereinigt und ſo glatt und nett ausgetreten werden, daß man ſie für Menſchenwerk hält. Solche Wege führen, nach Abott’s Beobachtung, auf den Falklandsinſeln hier und da meilenweit in das Land. Einzelne Arten graben ſich zur Aufnahme ihrer Eier tiefe Höhlen. Hierzu wählen ſie ſich einen ebenen Platz, unterwühlen ihn nun in lauter Vierecke, weil die Linien ihrer Fußſteige ſich ſo viel als immer möglich rechtwinkelig durchſchneiden. Jedes Viereck dient als Niſtſtelle und wird ausgehöhlt. Das Neſt beſteht aus einem backofenförmigen Loche von zwei bis drei Fuß Tiefe. Der Eingang iſt ziemlich weit, aber ſehr niedrig, die Höhle im Jnneren mit dem benachbarten unter- irdiſchen Gange verbunden, ſo daß ſie ſich alſo in der Tiefe gegenſeitig Beſuche abſtatten können. Beſondere Wege führen um den Brutplatz herum und ſind ſo eben und glatt wie die Seitenwege und Straßen in unſeren Städten. Jedes Paar, welches ſich ſein Loch und alle, welche einen und denſelben Brutplatz bewohnen, bilden eine Familie und gehorchen der geſellſchaftlichen Ordnung. Das Männchen ſitzt neben dem brütenden Weibchen und ſchlüpft, wenn dieſes das Neſt verläßt, ſelbſt hinein, um fortzubrüten, ſodaß das Ei niemals von beiden Gatten zugleich verlaſſen wird. Dies aber ſcheint auch nöthig zu ſein, weil die Floſſentaucher ſich gegenſeitig um die Eier beſtehlen. Größere Arten treiben ihre Bemutterungsſucht ſo weit, daß ſie den Schwächeren die Eier mit Gewalt weg- nehmen. Es kann geſchehen, daß man Junge von allen Arten in einem und demſelben Neſte findet. Die Eier ähneln denen unſerer Gänſe und ſind auf grünlichem Grunde braun gefleckt. Alle Pinguine brüten mit großer Hingebung und verlaſſen das Neſt nicht, wenn ein Menſch ſich nähert, ſondern wenden unter den ſonderbarſten und lächerlichſten Bewegungen den Kopf von der einen Seite zur anderen, um den Feind abzutreiben, bedienen ſich aber auch ihres Schnabels, wenn Dies Nichts helfen will. Beim Brüten nehmen die Weibchen das Ei, nach Bennett’s Verſicherung, zwiſchen die ſich faſt berührenden und mit der Bauchhaut verwachſenen Oberſchenkel und klemmen es hier ſo feſt ein, daß ſie, erſchreckt, es oft ziemlich weit mit ſich fortſchleppen. Die Männchen gehen währenddem beſtändig ab und zu, d. h. nach dem Meere und wieder zurück, um für das Weibchen und ſpäter für die Familie die nöthige Nahrung herbeizuſchaffen, widmen ſich dieſer Aufgabe auch mit ſo viel Eifer und Erfolg, daß ſie Gattin und Kind förmlich mäſten. Einzelne Arten brüten in ſeichten Mulden auf dem Boden und dicht neben einander: Abott z. B. fand einen Brutplatz, welcher bei höchſtens fünfhundert Ellen Länge nur funfzig Ellen Breite einnahm; auf ihm aber lagen die Eier ſo dicht, daß es unmöglich war, dazwiſchen zu gehen, ohne einzelne zu zerbrechen. „Jch habe mich“, fügt er hinzu, „gewundert, daß die Vögel, wenn ſie aufgeſchreckt werden, ihr Neſt wieder finden, aber Dies iſt der Fall; denn ſie gehen gerade nach ihrem Eie zu und bringen es mit größter Sorgfalt wieder zwiſchen ihre Füße, gerade unter den Brutflecken.“ Auf einzelnen Niſtplätzen brüten Scharben mitten unter den Floſſentauchern und ſtehlen ihnen auch wohl die wenigen Neſtſtoffe weg, welche ſie ſich zuſammen geſchleppt haben; auf anderen Jnſeln miſchen ſich Sturmtaucher unter ſie und leben anſcheinend in Frieden mit ihnen; auch mit Seerobben halten ſie gute Freundſchaft. Ob alle Arten unter Umſtänden ſich Niſthöhlen graben oder ob Dies nur einzelne thun, ſcheint mir zur Zeit noch nicht genügend auf- geklärt zu ſein. Die Jungen kommen in einem wolligen, grauen Dunenkleide zur Welt und erhalten ſo viel Nahrung, daß ſie bald heranwachſen. Fitzroi beſchreibt das Azungsgeſchäft wie folgt: Die alten Vögel ſtellen ſich auf eine kleine Erhöhung, bringen ein lautes Geräuſch hervor, ein Mittelding zwiſchen Brüllen und Quaken, heben den Kopf in die Luft, als ob ſie der ganzen Floſſentaucherei eine Rede aus dem Stegreife halten wollten, und das Junge ſteht dicht dabei, aber ein klein wenig

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 971. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/1025>, abgerufen am 22.11.2024.