hüpft unaufhörlich von einem Zweige zum andern und verhält sich nur dann eine kurze Zeit ruhig, wenn es ein Kerbthier fängt. Es trägt seinen Leib meist wagerecht, die Füße angezogen und die Federn locker anliegend. Zuweilen hängt es sich unten an die Zweige an, aber doch weit seltener, als die Meisen. Sein Flug ist leicht, geräuschlos und flatternd, letzteres besonders, wenn es, wie der Laubsänger thut, im Fluge ein Kerbthier von der äußersten Spitze eines Zweiges wegnimmt. Auffallend ist der Trieb zur Geselligkeit. Die Brutzeit ausgenommen, findet man selten ein safranköpfiges Gold- hähnchen allein; gewöhnlich ist es in Gesellschaft Seinesgleichen und anderer Vögel. Mein Vater hat diese niedlichen Thierchen besonders unter den Hauben- und Tannenmeisen, weniger oft in Gesellschaft von Baumläufern und Kleibern, Sumpf-, Blau- und Kohlmeisen gesehen.
Der Lockton klingt schwach "si si", auch "zit" und wird von beiden Geschlechtern im Sitzen ausgestoßen. Der Gesang ist nicht übel. Er fängt mit "si si" an, wechselt aber dann hauptsächlich in zwei Tönen von ungleicher Höhe ab und hat einen ordentlichen Schluß. Man hört ihn von den Alten im Frühjahre und im Sommer, von den Jungen im August, September und Oktober, auch selbst von denen, welche mitten in der Mauser stehen. An warmen Wintertagen singen diese Vögelchen herrlich. Ein eignes Betragen zeigen sie oft im Herbste, von Anfang Septembers bis Ende Novem- bers. Es beginnt nämlich eins von ihnen "si si" zu schreien, dreht sich herum und flattert mit den Flügeln. Auf dieses Geschrei kommen mehrere herbei, betragen sich ebenso und jagen einander herum, sodaß zwei bis sechs ein außergewöhnliches Spiel treiben. Sie sträuben dabei die Kopffedern ebenso, als bei der Paarung, bei welcher das Männchen sein Weibchen so lange verfolgt, bis es sich seinem Willen fügt. Streben zwei Männchen nach einem Weibchen, dann setzt es heftige Kämpfe... Das feuerköpfige Goldhähnchen ist viel gewandter und unruhiger, als sein Verwandter und in allen seinen Bewegungen rascher, auch ungeselliger. Während man den Sippenverwandten, die Brutzeit aus- genommen, immer in Gesellschaft und in Flügen sieht, ist dieses einsam oder paarweise. Jm Herbst sieht man öfters zwei Stück zusammen, welche immer ein Pärchen sind. Schießt man eins davon, dann geberdet sich das andere sehr kläglich, schreit unaufhörlich und kann sich lange Zeit nicht zum Weiterfliegen entschließen. Auch der Lockton unseres Vogels ist ganz anders, als der seines Sippenver- wandten: denn das "Si si si" ist viel stärker und wird anders betont, sodaß man beide Arten sogar am Lockton unterscheiden kann, obgleich man nicht im Stande ist, die Verschiedenheit so anzugeben, daß auch ein Unkundiger sie richtig auffassen würde. Viel leichter ist Dies beim Gesang. Beim safranköpfigen Goldhähnchen wechseln in der Mitte des Gesangs zwei Töne mit einander ab, und am Ende hört man, wie schon oben bemerkt, einen ordentlichen Schluß. Beim feuerköpfigen aber geht das "Si" in einem Tone fort und hat keinen Schluß, sodaß der ganze Gesang weit kürzer, einfacher und Nichts als ein schnell nach einander herausgestoßenes "Si si si" ist. Zuweilen hört man von dem Männchen auch einige Töne, welche an den Gesang der Haubenmeise erinnern. Jm Frühjahr und Hochsommer singt dieses Goldhähnchen oft, selbst auf dem Zuge, im Herbste aber, und auch darin weicht es vom gewöhnlichen ab, äußerst selten. Der Gesang der beiden verwandten Arten ist so verschieden, daß man bei stillem Wetter den einer jeden Art auf weithin unterscheiden kann.
Wirklich anmuthig benimmt sich das feuerköpfige Goldhähnchen bei der Paarung. Das Männchen sträubt die Kopffedern, sodaß eine prächtig schimmernde Krone aus ihnen wird. Mit so gesträubten Federn, unter beständigem Geschrei, mit etwas vom Körper und Schwanze abstehenden Flügeln und in den sonderbarsten Stellungen umhüpft es sein Weibchen, welches ein ähnliches Betragen annimmt, und neckt es so lange, bis die Begattung geschieht.
Verschiedene Kerbthiere und deren Larven, aber auch feine Sämereien bilden die Nahrung der Goldhähnchen. Jm Sommer fressen sie kleine Käferchen und Räupchen, im Winter fast ausschließlich Kerbthiereier und Larven. Sie lesen gewöhnlich von den Zweigen ab, zwischen den Radeln oder dem Laub hervor, erhalten sich vor einer erspäheten Beute oft flatternd und jagen einer fliegenden wohl auch auf ein Stück hin nach.
Safran- und feuerköpfiges Goldhähnchen.
hüpft unaufhörlich von einem Zweige zum andern und verhält ſich nur dann eine kurze Zeit ruhig, wenn es ein Kerbthier fängt. Es trägt ſeinen Leib meiſt wagerecht, die Füße angezogen und die Federn locker anliegend. Zuweilen hängt es ſich unten an die Zweige an, aber doch weit ſeltener, als die Meiſen. Sein Flug iſt leicht, geräuſchlos und flatternd, letzteres beſonders, wenn es, wie der Laubſänger thut, im Fluge ein Kerbthier von der äußerſten Spitze eines Zweiges wegnimmt. Auffallend iſt der Trieb zur Geſelligkeit. Die Brutzeit ausgenommen, findet man ſelten ein ſafranköpfiges Gold- hähnchen allein; gewöhnlich iſt es in Geſellſchaft Seinesgleichen und anderer Vögel. Mein Vater hat dieſe niedlichen Thierchen beſonders unter den Hauben- und Tannenmeiſen, weniger oft in Geſellſchaft von Baumläufern und Kleibern, Sumpf-, Blau- und Kohlmeiſen geſehen.
Der Lockton klingt ſchwach „ſi ſi‟, auch „zit‟ und wird von beiden Geſchlechtern im Sitzen ausgeſtoßen. Der Geſang iſt nicht übel. Er fängt mit „ſi ſi‟ an, wechſelt aber dann hauptſächlich in zwei Tönen von ungleicher Höhe ab und hat einen ordentlichen Schluß. Man hört ihn von den Alten im Frühjahre und im Sommer, von den Jungen im Auguſt, September und Oktober, auch ſelbſt von denen, welche mitten in der Mauſer ſtehen. An warmen Wintertagen ſingen dieſe Vögelchen herrlich. Ein eignes Betragen zeigen ſie oft im Herbſte, von Anfang Septembers bis Ende Novem- bers. Es beginnt nämlich eins von ihnen „ſi ſi‟ zu ſchreien, dreht ſich herum und flattert mit den Flügeln. Auf dieſes Geſchrei kommen mehrere herbei, betragen ſich ebenſo und jagen einander herum, ſodaß zwei bis ſechs ein außergewöhnliches Spiel treiben. Sie ſträuben dabei die Kopffedern ebenſo, als bei der Paarung, bei welcher das Männchen ſein Weibchen ſo lange verfolgt, bis es ſich ſeinem Willen fügt. Streben zwei Männchen nach einem Weibchen, dann ſetzt es heftige Kämpfe… Das feuerköpfige Goldhähnchen iſt viel gewandter und unruhiger, als ſein Verwandter und in allen ſeinen Bewegungen raſcher, auch ungeſelliger. Während man den Sippenverwandten, die Brutzeit aus- genommen, immer in Geſellſchaft und in Flügen ſieht, iſt dieſes einſam oder paarweiſe. Jm Herbſt ſieht man öfters zwei Stück zuſammen, welche immer ein Pärchen ſind. Schießt man eins davon, dann geberdet ſich das andere ſehr kläglich, ſchreit unaufhörlich und kann ſich lange Zeit nicht zum Weiterfliegen entſchließen. Auch der Lockton unſeres Vogels iſt ganz anders, als der ſeines Sippenver- wandten: denn das „Si ſi ſi‟ iſt viel ſtärker und wird anders betont, ſodaß man beide Arten ſogar am Lockton unterſcheiden kann, obgleich man nicht im Stande iſt, die Verſchiedenheit ſo anzugeben, daß auch ein Unkundiger ſie richtig auffaſſen würde. Viel leichter iſt Dies beim Geſang. Beim ſafranköpfigen Goldhähnchen wechſeln in der Mitte des Geſangs zwei Töne mit einander ab, und am Ende hört man, wie ſchon oben bemerkt, einen ordentlichen Schluß. Beim feuerköpfigen aber geht das „Si‟ in einem Tone fort und hat keinen Schluß, ſodaß der ganze Geſang weit kürzer, einfacher und Nichts als ein ſchnell nach einander herausgeſtoßenes „Si ſi ſi‟ iſt. Zuweilen hört man von dem Männchen auch einige Töne, welche an den Geſang der Haubenmeiſe erinnern. Jm Frühjahr und Hochſommer ſingt dieſes Goldhähnchen oft, ſelbſt auf dem Zuge, im Herbſte aber, und auch darin weicht es vom gewöhnlichen ab, äußerſt ſelten. Der Geſang der beiden verwandten Arten iſt ſo verſchieden, daß man bei ſtillem Wetter den einer jeden Art auf weithin unterſcheiden kann.
Wirklich anmuthig benimmt ſich das feuerköpfige Goldhähnchen bei der Paarung. Das Männchen ſträubt die Kopffedern, ſodaß eine prächtig ſchimmernde Krone aus ihnen wird. Mit ſo geſträubten Federn, unter beſtändigem Geſchrei, mit etwas vom Körper und Schwanze abſtehenden Flügeln und in den ſonderbarſten Stellungen umhüpft es ſein Weibchen, welches ein ähnliches Betragen annimmt, und neckt es ſo lange, bis die Begattung geſchieht.
Verſchiedene Kerbthiere und deren Larven, aber auch feine Sämereien bilden die Nahrung der Goldhähnchen. Jm Sommer freſſen ſie kleine Käferchen und Räupchen, im Winter faſt ausſchließlich Kerbthiereier und Larven. Sie leſen gewöhnlich von den Zweigen ab, zwiſchen den Radeln oder dem Laub hervor, erhalten ſich vor einer erſpäheten Beute oft flatternd und jagen einer fliegenden wohl auch auf ein Stück hin nach.
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[921/0969]
Safran- und feuerköpfiges Goldhähnchen.
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es ein Kerbthier fängt. Es trägt ſeinen Leib meiſt wagerecht, die Füße angezogen und die Federn locker
anliegend. Zuweilen hängt es ſich unten an die Zweige an, aber doch weit ſeltener, als die Meiſen.
Sein Flug iſt leicht, geräuſchlos und flatternd, letzteres beſonders, wenn es, wie der Laubſänger
thut, im Fluge ein Kerbthier von der äußerſten Spitze eines Zweiges wegnimmt. Auffallend iſt der
Trieb zur Geſelligkeit. Die Brutzeit ausgenommen, findet man ſelten ein ſafranköpfiges Gold-
hähnchen allein; gewöhnlich iſt es in Geſellſchaft Seinesgleichen und anderer Vögel. Mein Vater
hat dieſe niedlichen Thierchen beſonders unter den Hauben- und Tannenmeiſen, weniger oft in
Geſellſchaft von Baumläufern und Kleibern, Sumpf-, Blau- und Kohlmeiſen geſehen.
Der Lockton klingt ſchwach „ſi ſi‟, auch „zit‟ und wird von beiden Geſchlechtern im Sitzen
ausgeſtoßen. Der Geſang iſt nicht übel. Er fängt mit „ſi ſi‟ an, wechſelt aber dann hauptſächlich
in zwei Tönen von ungleicher Höhe ab und hat einen ordentlichen Schluß. Man hört ihn von den
Alten im Frühjahre und im Sommer, von den Jungen im Auguſt, September und Oktober, auch ſelbſt
von denen, welche mitten in der Mauſer ſtehen. An warmen Wintertagen ſingen dieſe Vögelchen
herrlich. Ein eignes Betragen zeigen ſie oft im Herbſte, von Anfang Septembers bis Ende Novem-
bers. Es beginnt nämlich eins von ihnen „ſi ſi‟ zu ſchreien, dreht ſich herum und flattert mit den
Flügeln. Auf dieſes Geſchrei kommen mehrere herbei, betragen ſich ebenſo und jagen einander herum,
ſodaß zwei bis ſechs ein außergewöhnliches Spiel treiben. Sie ſträuben dabei die Kopffedern ebenſo,
als bei der Paarung, bei welcher das Männchen ſein Weibchen ſo lange verfolgt, bis es ſich ſeinem
Willen fügt. Streben zwei Männchen nach einem Weibchen, dann ſetzt es heftige Kämpfe… Das
feuerköpfige Goldhähnchen iſt viel gewandter und unruhiger, als ſein Verwandter und in allen ſeinen
Bewegungen raſcher, auch ungeſelliger. Während man den Sippenverwandten, die Brutzeit aus-
genommen, immer in Geſellſchaft und in Flügen ſieht, iſt dieſes einſam oder paarweiſe. Jm Herbſt
ſieht man öfters zwei Stück zuſammen, welche immer ein Pärchen ſind. Schießt man eins davon,
dann geberdet ſich das andere ſehr kläglich, ſchreit unaufhörlich und kann ſich lange Zeit nicht zum
Weiterfliegen entſchließen. Auch der Lockton unſeres Vogels iſt ganz anders, als der ſeines Sippenver-
wandten: denn das „Si ſi ſi‟ iſt viel ſtärker und wird anders betont, ſodaß man beide Arten ſogar am
Lockton unterſcheiden kann, obgleich man nicht im Stande iſt, die Verſchiedenheit ſo anzugeben, daß auch
ein Unkundiger ſie richtig auffaſſen würde. Viel leichter iſt Dies beim Geſang. Beim ſafranköpfigen
Goldhähnchen wechſeln in der Mitte des Geſangs zwei Töne mit einander ab, und am Ende hört man,
wie ſchon oben bemerkt, einen ordentlichen Schluß. Beim feuerköpfigen aber geht das „Si‟ in
einem Tone fort und hat keinen Schluß, ſodaß der ganze Geſang weit kürzer, einfacher und Nichts
als ein ſchnell nach einander herausgeſtoßenes „Si ſi ſi‟ iſt. Zuweilen hört man von dem Männchen
auch einige Töne, welche an den Geſang der Haubenmeiſe erinnern. Jm Frühjahr und Hochſommer
ſingt dieſes Goldhähnchen oft, ſelbſt auf dem Zuge, im Herbſte aber, und auch darin weicht es vom
gewöhnlichen ab, äußerſt ſelten. Der Geſang der beiden verwandten Arten iſt ſo verſchieden, daß
man bei ſtillem Wetter den einer jeden Art auf weithin unterſcheiden kann.
Wirklich anmuthig benimmt ſich das feuerköpfige Goldhähnchen bei der Paarung. Das
Männchen ſträubt die Kopffedern, ſodaß eine prächtig ſchimmernde Krone aus ihnen wird. Mit
ſo geſträubten Federn, unter beſtändigem Geſchrei, mit etwas vom Körper und Schwanze abſtehenden
Flügeln und in den ſonderbarſten Stellungen umhüpft es ſein Weibchen, welches ein ähnliches
Betragen annimmt, und neckt es ſo lange, bis die Begattung geſchieht.
Verſchiedene Kerbthiere und deren Larven, aber auch feine Sämereien bilden die Nahrung der
Goldhähnchen. Jm Sommer freſſen ſie kleine Käferchen und Räupchen, im Winter faſt ausſchließlich
Kerbthiereier und Larven. Sie leſen gewöhnlich von den Zweigen ab, zwiſchen den Radeln oder dem
Laub hervor, erhalten ſich vor einer erſpäheten Beute oft flatternd und jagen einer fliegenden wohl
auch auf ein Stück hin nach.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 921. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/969>, abgerufen am 22.11.2024.
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