Schwingen und der Schwanz, die Gurgel, der Hals und die Brust schwarz, ein Augenbrauenstreifen, ein Flügelflecken, die äußeren Schwanzfedern und der Bauch weiß, die Handschwingen dunkelgrau, weiß gerandet. Jm Winter sind Kinn, Brust und die Gegend unter dem Auge weiß, und nur noch ein kleiner schwarzer Brustflecken ist sichtbar; der Oberkopf und der Nacken sind grau; das Auge ist braun, der Schnabel und der Fuß sind schwarz. Die Länge beträgt 71/2 bis 8, die Fittiglänge 3 5/6 , die Schwanzlänge 43/4 Zoll.
Der Dobin kommt in ganz Süd- und Mittelindien vor, findet sich auch auf Ceylon, fehlt aber in den nördlichen Gebirgen. Jm Süden der Halbinsel ist er nicht besonders häufig, dagegen gemein in Dekan und Mittelindien. Hier erscheint er mit Beginn des Oktober und verweilt bis zu März oder April. Er ist ein menschenfreundlicher Vogel, welcher sich in unmittelbarer Nähe der Häuser, Ställe und in Gärten zu schaffen macht oder da, wo er sich sicher fühlt, selbst in das Jnnere der Häuser kommt und hier durch Fliegenfang nützliche Dienste leistet. Ueber Tags hält er sich einzeln, gegen Abend vereinigt er sich mit andern, und man sieht dann an Flüssen oder Teichen kleine Trupps. Wo und wie er brütet, ist zur Zeit noch unbekannt.
Zu unserer Bachstelze gesellt sich hier und da in den Nilgegenden eine verwandte Art (Motacilla Lichtensteinii), welche wir Felsenstelze nennen wollen, weil sie nur da sich aufhält, wo Felszüge den Strom durchziehen. Sie ist einfach, aber doch schön gefärbt. Die ganze Oberseite, die Hals- seiten und die Brust sind kohlschwarz, mit schwach sammtigem Glanze, ein Augenbrauenstreif, ein Kehlfeld, ein großer Fleck auf den Flügeldecken, die äußern Federn des sehr langen Schwanzes und die Unterseite aber weiß. Das Auge ist braun, der Schnabel und die Füße sind schwarz.
Jn ihrem Betragen unterscheidet sich die Felsenstelze kaum von ihrer deutschen Verwandten. Das Merkwürdige in ihrer Lebensweise ist ihre Vorliebe für Felsblöcke oder Steine, welche vom Wasser umrauscht werden. Da, wo der Strom sich zu beiden Seiten fruchtbares Land erschaffen hat, findet man sie nie; aber schon an den sogenannten "Bergen der Kette" unterhalb des ersten Katarakts ist sie eine regelmäßige Erscheinung und in dem felsigen Nubien überall gemein. Sie liebt die Granit- und Syenitmassen, durch welche sich der Nil mühsam Bahn gebrochen, sodaß man mit Sicherheit darauf rechnen kann, da, wo man derartige Felsblöcke im Nil sieht, auch sie zu finden. Es über- raschte mich deshalb auch nicht im Geringsten, ihr, nachdem ich sie lange vermißt, oben bei Rosseres zu begegnen. Drei oder vier Flußinseln mitten im Strome bestanden aus dem erwähnten Gestein, und auf ihm fehlte sie natürlich nicht.
Soviek ich mich erinnere, habe ich die Felsenstelze immer nur paarweise gefunden und beobachtet, daß sich jedes Paar ein bestimmtes Gebiet erwirbt und hartnäckig gegen andere derselben Art vertheidigt. Auch mit ihrer nördlichen Verwandten, welche den Winter bei ihr zubringt, lebt sie nicht in Frieden; jene aber überläßt ihr, wie es scheint, gern die öden Steinmassen und hält sich dagegen mehr seitab vom Flusse auf, und so leben beide Arten doch neben einander. Hinsichtlich des Betragens will ich bemerken, daß die Felsenstelze zierlicher in ihren Bewegungen und Wesen ist und mehr an unsere Gebirgsstelze, als an ihre nordische Verwandte erinnert. Das Nest habe ich wiederholt gefunden und zwar regelmäßig in geeigneten Höhlungen der Wände jener Felseninseln.
Noch zierlicher und anmuthiger, als die gewöhnliche Bachstelze, ist ihre im Gebirg lebende Ver- wandte, die Gebirgs-, Wald-, Winter-, Frühlings-, Wasser- oder gelbe Stelze, der Sticherling oder Jrlin (Calobates sulphurea). Man hat sie zur Vertreterin einer besonderen Sippe erhoben, weil ihr Flügel verhältnißmäßig kürzer, ihr Schwanz aber länger und ihr Schnabel etwas feiner ist, als bei der Bachstelze, und die Geschlechter in der Färbung verschieden sind. Beim
Die Fänger. Singvögel. Stelzen.
Schwingen und der Schwanz, die Gurgel, der Hals und die Bruſt ſchwarz, ein Augenbrauenſtreifen, ein Flügelflecken, die äußeren Schwanzfedern und der Bauch weiß, die Handſchwingen dunkelgrau, weiß gerandet. Jm Winter ſind Kinn, Bruſt und die Gegend unter dem Auge weiß, und nur noch ein kleiner ſchwarzer Bruſtflecken iſt ſichtbar; der Oberkopf und der Nacken ſind grau; das Auge iſt braun, der Schnabel und der Fuß ſind ſchwarz. Die Länge beträgt 7½ bis 8, die Fittiglänge 3⅚, die Schwanzlänge 4¾ Zoll.
Der Dobin kommt in ganz Süd- und Mittelindien vor, findet ſich auch auf Ceylon, fehlt aber in den nördlichen Gebirgen. Jm Süden der Halbinſel iſt er nicht beſonders häufig, dagegen gemein in Dekan und Mittelindien. Hier erſcheint er mit Beginn des Oktober und verweilt bis zu März oder April. Er iſt ein menſchenfreundlicher Vogel, welcher ſich in unmittelbarer Nähe der Häuſer, Ställe und in Gärten zu ſchaffen macht oder da, wo er ſich ſicher fühlt, ſelbſt in das Jnnere der Häuſer kommt und hier durch Fliegenfang nützliche Dienſte leiſtet. Ueber Tags hält er ſich einzeln, gegen Abend vereinigt er ſich mit andern, und man ſieht dann an Flüſſen oder Teichen kleine Trupps. Wo und wie er brütet, iſt zur Zeit noch unbekannt.
Zu unſerer Bachſtelze geſellt ſich hier und da in den Nilgegenden eine verwandte Art (Motacilla Lichtensteinii), welche wir Felſenſtelze nennen wollen, weil ſie nur da ſich aufhält, wo Felszüge den Strom durchziehen. Sie iſt einfach, aber doch ſchön gefärbt. Die ganze Oberſeite, die Hals- ſeiten und die Bruſt ſind kohlſchwarz, mit ſchwach ſammtigem Glanze, ein Augenbrauenſtreif, ein Kehlfeld, ein großer Fleck auf den Flügeldecken, die äußern Federn des ſehr langen Schwanzes und die Unterſeite aber weiß. Das Auge iſt braun, der Schnabel und die Füße ſind ſchwarz.
Jn ihrem Betragen unterſcheidet ſich die Felſenſtelze kaum von ihrer deutſchen Verwandten. Das Merkwürdige in ihrer Lebensweiſe iſt ihre Vorliebe für Felsblöcke oder Steine, welche vom Waſſer umrauſcht werden. Da, wo der Strom ſich zu beiden Seiten fruchtbares Land erſchaffen hat, findet man ſie nie; aber ſchon an den ſogenannten „Bergen der Kette‟ unterhalb des erſten Katarakts iſt ſie eine regelmäßige Erſcheinung und in dem felſigen Nubien überall gemein. Sie liebt die Granit- und Syenitmaſſen, durch welche ſich der Nil mühſam Bahn gebrochen, ſodaß man mit Sicherheit darauf rechnen kann, da, wo man derartige Felsblöcke im Nil ſieht, auch ſie zu finden. Es über- raſchte mich deshalb auch nicht im Geringſten, ihr, nachdem ich ſie lange vermißt, oben bei Roſſeres zu begegnen. Drei oder vier Flußinſeln mitten im Strome beſtanden aus dem erwähnten Geſtein, und auf ihm fehlte ſie natürlich nicht.
Soviek ich mich erinnere, habe ich die Felſenſtelze immer nur paarweiſe gefunden und beobachtet, daß ſich jedes Paar ein beſtimmtes Gebiet erwirbt und hartnäckig gegen andere derſelben Art vertheidigt. Auch mit ihrer nördlichen Verwandten, welche den Winter bei ihr zubringt, lebt ſie nicht in Frieden; jene aber überläßt ihr, wie es ſcheint, gern die öden Steinmaſſen und hält ſich dagegen mehr ſeitab vom Fluſſe auf, und ſo leben beide Arten doch neben einander. Hinſichtlich des Betragens will ich bemerken, daß die Felſenſtelze zierlicher in ihren Bewegungen und Weſen iſt und mehr an unſere Gebirgsſtelze, als an ihre nordiſche Verwandte erinnert. Das Neſt habe ich wiederholt gefunden und zwar regelmäßig in geeigneten Höhlungen der Wände jener Felſeninſeln.
Noch zierlicher und anmuthiger, als die gewöhnliche Bachſtelze, iſt ihre im Gebirg lebende Ver- wandte, die Gebirgs-, Wald-, Winter-, Frühlings-, Waſſer- oder gelbe Stelze, der Sticherling oder Jrlin (Calobates sulphurea). Man hat ſie zur Vertreterin einer beſonderen Sippe erhoben, weil ihr Flügel verhältnißmäßig kürzer, ihr Schwanz aber länger und ihr Schnabel etwas feiner iſt, als bei der Bachſtelze, und die Geſchlechter in der Färbung verſchieden ſind. Beim
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[902/0950]
Die Fänger. Singvögel. Stelzen.
Schwingen und der Schwanz, die Gurgel, der Hals und die Bruſt ſchwarz, ein Augenbrauenſtreifen,
ein Flügelflecken, die äußeren Schwanzfedern und der Bauch weiß, die Handſchwingen dunkelgrau,
weiß gerandet. Jm Winter ſind Kinn, Bruſt und die Gegend unter dem Auge weiß, und nur noch
ein kleiner ſchwarzer Bruſtflecken iſt ſichtbar; der Oberkopf und der Nacken ſind grau; das Auge iſt
braun, der Schnabel und der Fuß ſind ſchwarz. Die Länge beträgt 7½ bis 8, die Fittiglänge 3⅚,
die Schwanzlänge 4¾ Zoll.
Der Dobin kommt in ganz Süd- und Mittelindien vor, findet ſich auch auf Ceylon, fehlt aber
in den nördlichen Gebirgen. Jm Süden der Halbinſel iſt er nicht beſonders häufig, dagegen gemein
in Dekan und Mittelindien. Hier erſcheint er mit Beginn des Oktober und verweilt bis zu März
oder April. Er iſt ein menſchenfreundlicher Vogel, welcher ſich in unmittelbarer Nähe der Häuſer,
Ställe und in Gärten zu ſchaffen macht oder da, wo er ſich ſicher fühlt, ſelbſt in das Jnnere
der Häuſer kommt und hier durch Fliegenfang nützliche Dienſte leiſtet. Ueber Tags hält er ſich
einzeln, gegen Abend vereinigt er ſich mit andern, und man ſieht dann an Flüſſen oder Teichen kleine
Trupps. Wo und wie er brütet, iſt zur Zeit noch unbekannt.
Zu unſerer Bachſtelze geſellt ſich hier und da in den Nilgegenden eine verwandte Art (Motacilla
Lichtensteinii), welche wir Felſenſtelze nennen wollen, weil ſie nur da ſich aufhält, wo Felszüge
den Strom durchziehen. Sie iſt einfach, aber doch ſchön gefärbt. Die ganze Oberſeite, die Hals-
ſeiten und die Bruſt ſind kohlſchwarz, mit ſchwach ſammtigem Glanze, ein Augenbrauenſtreif, ein
Kehlfeld, ein großer Fleck auf den Flügeldecken, die äußern Federn des ſehr langen Schwanzes und
die Unterſeite aber weiß. Das Auge iſt braun, der Schnabel und die Füße ſind ſchwarz.
Jn ihrem Betragen unterſcheidet ſich die Felſenſtelze kaum von ihrer deutſchen Verwandten.
Das Merkwürdige in ihrer Lebensweiſe iſt ihre Vorliebe für Felsblöcke oder Steine, welche vom
Waſſer umrauſcht werden. Da, wo der Strom ſich zu beiden Seiten fruchtbares Land erſchaffen hat, findet
man ſie nie; aber ſchon an den ſogenannten „Bergen der Kette‟ unterhalb des erſten Katarakts iſt ſie
eine regelmäßige Erſcheinung und in dem felſigen Nubien überall gemein. Sie liebt die Granit-
und Syenitmaſſen, durch welche ſich der Nil mühſam Bahn gebrochen, ſodaß man mit Sicherheit
darauf rechnen kann, da, wo man derartige Felsblöcke im Nil ſieht, auch ſie zu finden. Es über-
raſchte mich deshalb auch nicht im Geringſten, ihr, nachdem ich ſie lange vermißt, oben bei Roſſeres
zu begegnen. Drei oder vier Flußinſeln mitten im Strome beſtanden aus dem erwähnten Geſtein,
und auf ihm fehlte ſie natürlich nicht.
Soviek ich mich erinnere, habe ich die Felſenſtelze immer nur paarweiſe gefunden und beobachtet,
daß ſich jedes Paar ein beſtimmtes Gebiet erwirbt und hartnäckig gegen andere derſelben Art
vertheidigt. Auch mit ihrer nördlichen Verwandten, welche den Winter bei ihr zubringt, lebt ſie
nicht in Frieden; jene aber überläßt ihr, wie es ſcheint, gern die öden Steinmaſſen und hält ſich
dagegen mehr ſeitab vom Fluſſe auf, und ſo leben beide Arten doch neben einander. Hinſichtlich des
Betragens will ich bemerken, daß die Felſenſtelze zierlicher in ihren Bewegungen und Weſen iſt und
mehr an unſere Gebirgsſtelze, als an ihre nordiſche Verwandte erinnert. Das Neſt habe ich
wiederholt gefunden und zwar regelmäßig in geeigneten Höhlungen der Wände jener Felſeninſeln.
Noch zierlicher und anmuthiger, als die gewöhnliche Bachſtelze, iſt ihre im Gebirg lebende Ver-
wandte, die Gebirgs-, Wald-, Winter-, Frühlings-, Waſſer- oder gelbe Stelze, der
Sticherling oder Jrlin (Calobates sulphurea). Man hat ſie zur Vertreterin einer beſonderen
Sippe erhoben, weil ihr Flügel verhältnißmäßig kürzer, ihr Schwanz aber länger und ihr Schnabel
etwas feiner iſt, als bei der Bachſtelze, und die Geſchlechter in der Färbung verſchieden ſind. Beim
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 902. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/950>, abgerufen am 22.11.2024.
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