Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.Wiesen- und Baumpieper. Zeit in der Gefangenschaft. "Als er frei in der Stube war", sagte er, "setzte er sich gern hoch undschlief oben neben dem Ofen. Er flog im ganzen Zimmer umher und wurde bald zahm. Jch gab ihm einen Lerchenkäfig mit Sitzstangen und sehr gutes Nachtigallenfutter. Er machte sich allerliebst, stand oft ganz schlank, mit glatt anliegenden Federn und lang gestrecktem Halse und sah in dieser Stellung sehr schön aus. Sein Gesang war vortrefflich; er ließ ihn jedoch nicht allzu oft hören, am liebsten dann, wenn er von Niemand gesehen wurde. Das Lied erinnerte an das des Baum- piepers, war aber viel reicher." Die Töne waren voller, runder, sanfter und angenehmer, die längeren Strophen wurden öfter wiederholt. "Dies verleiht", schließt mein Vater, "dem Gesange eine Länge und Anmuth, welche bei wenigen verwandten Gesängen gefunden wird und den Vogel dem Liebhaber gar sehr empfiehlt." Der nächste Verwandte des Wiesenpiepers ist der Baum-, Holz-, Garten-, Busch-, [Abbildung]
Der Baumpieper (Anthus arboreus). oder Spitzlerche (Anthus arboreus). Er ähnelt dem Wiesenpieper sehr und ist deshalb oft mitihm verwechselt worden; doch ist er stets etwas größer, sein Schnabel stärker, der Lauf kräftiger und der Nagel der Jnnenzehe kürzer und gekrümmter. Man hat ihn wegen dieser Merkmale zum Ver- treter einer besonderen Sippe (Pipastes) erhoben, dieselbe scheint mir jedoch nicht hinlänglich begründet zu sein. Die Oberseite ist auf gelbbraungrauem oder schmuzigölgrünen Grunde streifenartig dunkler in die Länge gefleckt; der Unterrücken und Bürzel sind fast einfarbig; ein Augenstreifen, die Gurgel, der Kropf, die Brustseiten, die Schenkel und Unterschwanzdeckfedern sind bleichrostgelb; Kropf, Oberbrust und Seiten sind schwarz in die Länge gefleckt. Die Flügelstreifen und die Säume der Schulterfedern sind lichter, als beim Wiesenpieper. Das Auge ist braun, der Schnabel hornschwarz, der Fuß röthlichhornfarben. Die Länge beträgt 61/2, die Breite 10, die Fittiglänge 31/4, die Schwanzlänge 21/2 Zoll. Das Weibchen ist bedeutend kleiner. Wieſen- und Baumpieper. Zeit in der Gefangenſchaft. „Als er frei in der Stube war‟, ſagte er, „ſetzte er ſich gern hoch undſchlief oben neben dem Ofen. Er flog im ganzen Zimmer umher und wurde bald zahm. Jch gab ihm einen Lerchenkäfig mit Sitzſtangen und ſehr gutes Nachtigallenfutter. Er machte ſich allerliebſt, ſtand oft ganz ſchlank, mit glatt anliegenden Federn und lang geſtrecktem Halſe und ſah in dieſer Stellung ſehr ſchön aus. Sein Geſang war vortrefflich; er ließ ihn jedoch nicht allzu oft hören, am liebſten dann, wenn er von Niemand geſehen wurde. Das Lied erinnerte an das des Baum- piepers, war aber viel reicher.‟ Die Töne waren voller, runder, ſanfter und angenehmer, die längeren Strophen wurden öfter wiederholt. „Dies verleiht‟, ſchließt mein Vater, „dem Geſange eine Länge und Anmuth, welche bei wenigen verwandten Geſängen gefunden wird und den Vogel dem Liebhaber gar ſehr empfiehlt.‟ Der nächſte Verwandte des Wieſenpiepers iſt der Baum-, Holz-, Garten-, Buſch-, [Abbildung]
Der Baumpieper (Anthus arboreus). oder Spitzlerche (Anthus arboreus). Er ähnelt dem Wieſenpieper ſehr und iſt deshalb oft mitihm verwechſelt worden; doch iſt er ſtets etwas größer, ſein Schnabel ſtärker, der Lauf kräftiger und der Nagel der Jnnenzehe kürzer und gekrümmter. Man hat ihn wegen dieſer Merkmale zum Ver- treter einer beſonderen Sippe (Pipastes) erhoben, dieſelbe ſcheint mir jedoch nicht hinlänglich begründet zu ſein. Die Oberſeite iſt auf gelbbraungrauem oder ſchmuzigölgrünen Grunde ſtreifenartig dunkler in die Länge gefleckt; der Unterrücken und Bürzel ſind faſt einfarbig; ein Augenſtreifen, die Gurgel, der Kropf, die Bruſtſeiten, die Schenkel und Unterſchwanzdeckfedern ſind bleichroſtgelb; Kropf, Oberbruſt und Seiten ſind ſchwarz in die Länge gefleckt. Die Flügelſtreifen und die Säume der Schulterfedern ſind lichter, als beim Wieſenpieper. Das Auge iſt braun, der Schnabel hornſchwarz, der Fuß röthlichhornfarben. Die Länge beträgt 6½, die Breite 10, die Fittiglänge 3¼, die Schwanzlänge 2½ Zoll. Das Weibchen iſt bedeutend kleiner. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0939" n="891"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Wieſen- und Baumpieper.</hi></fw><lb/> Zeit in der Gefangenſchaft. „Als er frei in der Stube war‟, ſagte er, „ſetzte er ſich gern hoch und<lb/> ſchlief oben neben dem Ofen. Er flog im ganzen Zimmer umher und wurde bald zahm. Jch gab<lb/> ihm einen Lerchenkäfig mit Sitzſtangen und ſehr gutes Nachtigallenfutter. Er machte ſich allerliebſt,<lb/> ſtand oft ganz ſchlank, mit glatt anliegenden Federn und lang geſtrecktem Halſe und ſah in dieſer<lb/> Stellung ſehr ſchön aus. Sein Geſang war vortrefflich; er ließ ihn jedoch nicht allzu oft hören, am<lb/> liebſten dann, wenn er von Niemand geſehen wurde. Das Lied erinnerte an das des Baum-<lb/> piepers, war aber viel reicher.‟ Die Töne waren voller, runder, ſanfter und angenehmer, die<lb/> längeren Strophen wurden öfter wiederholt. „Dies verleiht‟, ſchließt mein Vater, „dem Geſange<lb/> eine Länge und Anmuth, welche bei wenigen verwandten Geſängen gefunden wird und den Vogel<lb/> dem Liebhaber gar ſehr empfiehlt.‟</p><lb/> <p>Der nächſte Verwandte des Wieſenpiepers iſt der <hi rendition="#g">Baum-, Holz-, Garten-, Buſch-,<lb/> Weiden-</hi> oder <hi rendition="#g">Waldpieper,</hi> der <hi rendition="#g">Leim-, Kraut-, Stoppel-</hi> oder <hi rendition="#g">Schmalvogel,</hi> die <hi rendition="#g">Spieß-</hi><lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Baumpieper</hi> (<hi rendition="#aq">Anthus arboreus</hi>).</hi></head></figure><lb/> oder <hi rendition="#g">Spitzlerche</hi> (<hi rendition="#aq">Anthus arboreus</hi>). Er ähnelt dem Wieſenpieper ſehr und iſt deshalb oft mit<lb/> ihm verwechſelt worden; doch iſt er ſtets etwas größer, ſein Schnabel ſtärker, der Lauf kräftiger und<lb/> der Nagel der Jnnenzehe kürzer und gekrümmter. Man hat ihn wegen dieſer Merkmale zum Ver-<lb/> treter einer beſonderen Sippe (<hi rendition="#aq">Pipastes</hi>) erhoben, dieſelbe ſcheint mir jedoch nicht hinlänglich begründet<lb/> zu ſein. Die Oberſeite iſt auf gelbbraungrauem oder ſchmuzigölgrünen Grunde ſtreifenartig dunkler<lb/> in die Länge gefleckt; der Unterrücken und Bürzel ſind faſt einfarbig; ein Augenſtreifen, die<lb/> Gurgel, der Kropf, die Bruſtſeiten, die Schenkel und Unterſchwanzdeckfedern ſind bleichroſtgelb; Kropf,<lb/> Oberbruſt und Seiten ſind ſchwarz in die Länge gefleckt. Die Flügelſtreifen und die Säume der<lb/> Schulterfedern ſind lichter, als beim Wieſenpieper. Das Auge iſt braun, der Schnabel hornſchwarz,<lb/> der Fuß röthlichhornfarben. Die Länge beträgt 6½, die Breite 10<formula notation="TeX">\fric{2}{13}</formula>, die Fittiglänge 3¼, die<lb/> Schwanzlänge 2½ Zoll. Das Weibchen iſt bedeutend kleiner.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [891/0939]
Wieſen- und Baumpieper.
Zeit in der Gefangenſchaft. „Als er frei in der Stube war‟, ſagte er, „ſetzte er ſich gern hoch und
ſchlief oben neben dem Ofen. Er flog im ganzen Zimmer umher und wurde bald zahm. Jch gab
ihm einen Lerchenkäfig mit Sitzſtangen und ſehr gutes Nachtigallenfutter. Er machte ſich allerliebſt,
ſtand oft ganz ſchlank, mit glatt anliegenden Federn und lang geſtrecktem Halſe und ſah in dieſer
Stellung ſehr ſchön aus. Sein Geſang war vortrefflich; er ließ ihn jedoch nicht allzu oft hören, am
liebſten dann, wenn er von Niemand geſehen wurde. Das Lied erinnerte an das des Baum-
piepers, war aber viel reicher.‟ Die Töne waren voller, runder, ſanfter und angenehmer, die
längeren Strophen wurden öfter wiederholt. „Dies verleiht‟, ſchließt mein Vater, „dem Geſange
eine Länge und Anmuth, welche bei wenigen verwandten Geſängen gefunden wird und den Vogel
dem Liebhaber gar ſehr empfiehlt.‟
Der nächſte Verwandte des Wieſenpiepers iſt der Baum-, Holz-, Garten-, Buſch-,
Weiden- oder Waldpieper, der Leim-, Kraut-, Stoppel- oder Schmalvogel, die Spieß-
[Abbildung Der Baumpieper (Anthus arboreus).]
oder Spitzlerche (Anthus arboreus). Er ähnelt dem Wieſenpieper ſehr und iſt deshalb oft mit
ihm verwechſelt worden; doch iſt er ſtets etwas größer, ſein Schnabel ſtärker, der Lauf kräftiger und
der Nagel der Jnnenzehe kürzer und gekrümmter. Man hat ihn wegen dieſer Merkmale zum Ver-
treter einer beſonderen Sippe (Pipastes) erhoben, dieſelbe ſcheint mir jedoch nicht hinlänglich begründet
zu ſein. Die Oberſeite iſt auf gelbbraungrauem oder ſchmuzigölgrünen Grunde ſtreifenartig dunkler
in die Länge gefleckt; der Unterrücken und Bürzel ſind faſt einfarbig; ein Augenſtreifen, die
Gurgel, der Kropf, die Bruſtſeiten, die Schenkel und Unterſchwanzdeckfedern ſind bleichroſtgelb; Kropf,
Oberbruſt und Seiten ſind ſchwarz in die Länge gefleckt. Die Flügelſtreifen und die Säume der
Schulterfedern ſind lichter, als beim Wieſenpieper. Das Auge iſt braun, der Schnabel hornſchwarz,
der Fuß röthlichhornfarben. Die Länge beträgt 6½, die Breite 10[FORMEL], die Fittiglänge 3¼, die
Schwanzlänge 2½ Zoll. Das Weibchen iſt bedeutend kleiner.
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