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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Feuerauge. Ameisenkönig. Tapacolo.

Einige andere Ameisenvögel verdienen besonders aus dem Grunde Beachtung, weil sie in
mancher Hinsicht Verwandtschaft mit dem australischen Leiervogel zeigen und damit beweisen, daß die
Stellung des letzteren unter den Singvögeln durchaus keine so ganz vereinzelte ist, als anzunehmen
man früher geneigt war. Cabanis bildet aus ihnen und den Leiervögeln eine eigene Familie, welche
er Rallenschlüpfer nennt; die Reisenden aber, welche an Ort und Stelle beobachteten, rechnen die
südamerikanischen Nallenschlüpfer zu den Ameisenvögeln, und ihnen wollen auch wir uns anschließen.
Das bezeichnendste Merkmal unserer Vögel sind der merkwürdig entwickelte Fuß. Der Leib ist
gestreckt, der Flügel ziemlich kurz, der Schwanz mittellang und abgerundet, der Schnabel nicht
besonders lang, aber stark, seitlich zusammengedrückt, der Fuß nur mittelhoch, starkläufig, lang-
und schwachzehig und noch besonders durch die sehr langen, seicht gebogenen, spornartigen Krallen
ausgezeichnet.

Eine der auffallendsten Arten ist der Tapacolo der Chilesen (Pteroptochus megapodius).
Das Gefieder ist auf der Oberseite bräunlicholivenfarben, auf dem Bürzel röthlich, weißlich gestreift,

[Abbildung] Der Tapacolo (Pteroptochus megapodius).
auf der Brust röthlichbraun, auf dem Bauche weißlich, dunkler in die Quere gestreift, an der Kehle,
den Halsseiten und über dem Auge weiß; die Steuerfedern sind braun, die Schwingen röthlich-
braun gesäumt.

Ueber die Lebensweise der Rallenschlüpfer wissen wir noch heutigen Tages sehr wenig. Kittlitz
entdeckte den Tapacolo in der Nähe von Valparaiso. Er nennt ihn mit Recht einen der bezeichnenden
Vögel des Landes. "So verborgen der merkwürdige Gesell sich gewöhnlich zu halten pflegt", sagt er,
"so muß doch an den mit einer eigenthümlichen Bambusenform überwucherten Abhängen sein Dasein
jedem Beobachter der Natur durch die einzelnen, in unregelmäßigen Zwischenräumen auf einander

Feuerauge. Ameiſenkönig. Tapacolo.

Einige andere Ameiſenvögel verdienen beſonders aus dem Grunde Beachtung, weil ſie in
mancher Hinſicht Verwandtſchaft mit dem auſtraliſchen Leiervogel zeigen und damit beweiſen, daß die
Stellung des letzteren unter den Singvögeln durchaus keine ſo ganz vereinzelte iſt, als anzunehmen
man früher geneigt war. Cabanis bildet aus ihnen und den Leiervögeln eine eigene Familie, welche
er Rallenſchlüpfer nennt; die Reiſenden aber, welche an Ort und Stelle beobachteten, rechnen die
ſüdamerikaniſchen Nallenſchlüpfer zu den Ameiſenvögeln, und ihnen wollen auch wir uns anſchließen.
Das bezeichnendſte Merkmal unſerer Vögel ſind der merkwürdig entwickelte Fuß. Der Leib iſt
geſtreckt, der Flügel ziemlich kurz, der Schwanz mittellang und abgerundet, der Schnabel nicht
beſonders lang, aber ſtark, ſeitlich zuſammengedrückt, der Fuß nur mittelhoch, ſtarkläufig, lang-
und ſchwachzehig und noch beſonders durch die ſehr langen, ſeicht gebogenen, ſpornartigen Krallen
ausgezeichnet.

Eine der auffallendſten Arten iſt der Tapacolo der Chileſen (Pteroptochus megapodius).
Das Gefieder iſt auf der Oberſeite bräunlicholivenfarben, auf dem Bürzel röthlich, weißlich geſtreift,

[Abbildung] Der Tapacolo (Pteroptochus megapodius).
auf der Bruſt röthlichbraun, auf dem Bauche weißlich, dunkler in die Quere geſtreift, an der Kehle,
den Halsſeiten und über dem Auge weiß; die Steuerfedern ſind braun, die Schwingen röthlich-
braun geſäumt.

Ueber die Lebensweiſe der Rallenſchlüpfer wiſſen wir noch heutigen Tages ſehr wenig. Kittlitz
entdeckte den Tapacolo in der Nähe von Valparaiſo. Er nennt ihn mit Recht einen der bezeichnenden
Vögel des Landes. „So verborgen der merkwürdige Geſell ſich gewöhnlich zu halten pflegt‟, ſagt er,
„ſo muß doch an den mit einer eigenthümlichen Bambuſenform überwucherten Abhängen ſein Daſein
jedem Beobachter der Natur durch die einzelnen, in unregelmäßigen Zwiſchenräumen auf einander

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[829/0875] Feuerauge. Ameiſenkönig. Tapacolo. Einige andere Ameiſenvögel verdienen beſonders aus dem Grunde Beachtung, weil ſie in mancher Hinſicht Verwandtſchaft mit dem auſtraliſchen Leiervogel zeigen und damit beweiſen, daß die Stellung des letzteren unter den Singvögeln durchaus keine ſo ganz vereinzelte iſt, als anzunehmen man früher geneigt war. Cabanis bildet aus ihnen und den Leiervögeln eine eigene Familie, welche er Rallenſchlüpfer nennt; die Reiſenden aber, welche an Ort und Stelle beobachteten, rechnen die ſüdamerikaniſchen Nallenſchlüpfer zu den Ameiſenvögeln, und ihnen wollen auch wir uns anſchließen. Das bezeichnendſte Merkmal unſerer Vögel ſind der merkwürdig entwickelte Fuß. Der Leib iſt geſtreckt, der Flügel ziemlich kurz, der Schwanz mittellang und abgerundet, der Schnabel nicht beſonders lang, aber ſtark, ſeitlich zuſammengedrückt, der Fuß nur mittelhoch, ſtarkläufig, lang- und ſchwachzehig und noch beſonders durch die ſehr langen, ſeicht gebogenen, ſpornartigen Krallen ausgezeichnet. Eine der auffallendſten Arten iſt der Tapacolo der Chileſen (Pteroptochus megapodius). Das Gefieder iſt auf der Oberſeite bräunlicholivenfarben, auf dem Bürzel röthlich, weißlich geſtreift, [Abbildung Der Tapacolo (Pteroptochus megapodius).] auf der Bruſt röthlichbraun, auf dem Bauche weißlich, dunkler in die Quere geſtreift, an der Kehle, den Halsſeiten und über dem Auge weiß; die Steuerfedern ſind braun, die Schwingen röthlich- braun geſäumt. Ueber die Lebensweiſe der Rallenſchlüpfer wiſſen wir noch heutigen Tages ſehr wenig. Kittlitz entdeckte den Tapacolo in der Nähe von Valparaiſo. Er nennt ihn mit Recht einen der bezeichnenden Vögel des Landes. „So verborgen der merkwürdige Geſell ſich gewöhnlich zu halten pflegt‟, ſagt er, „ſo muß doch an den mit einer eigenthümlichen Bambuſenform überwucherten Abhängen ſein Daſein jedem Beobachter der Natur durch die einzelnen, in unregelmäßigen Zwiſchenräumen auf einander

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 829. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/875>, abgerufen am 22.11.2024.