nicht ganz dieser Ansicht; aber auch sie müssen zugestehen, daß die meisten Arten der Familie ganz Vorzügliches und in gewisser Hinsicht wirklich Unübertreffliches leisten. Jedenfalls sind die Spott- drosseln so ausgezeichnete Geschöpfe, daß sie unserm Buche nicht fehlen dürfen.
Die Familie ist nicht besonders reich, aber auch nicht gerade arm an Arten. Diese stimmen, so weit es sich um die äußere Gestalt handelt, im wesentlichen mit einander überein, unterscheiden sich aber doch mehr als die Drosseln, und deshalb ist die Gesammtheit mit Recht in mehrere Sippen zer- fällt worden. Man hat versucht, afrikanische und indische Vögel mit den Spottdrosseln in ein und derselben Familie zu vereinigen; die Lebensweise der einen und der andern ist aber so wesentlich ver- schieden, daß eine derartige Vornahme Bedenken erregen muß. Wir werden uns keines Fehlers schuldig machen, wenn wir die Spottdrosseln, welche als bezeichnende Vögel Amerikas betrachtet werden können, gesondert aufführen.
Die von ihnen gebildete Familie ist ziemlich gleichmäßig vertheilt, obschon der reiche Süden wie gewöhnlich mehr Arten beherbergt, als der Norden. Aufenthalt und Lebensweise stimmen keineswegs überein; denn während die einen in ihrem Betragen den Drosseln ähneln, erinnern andere an die Rohr- sänger, und einzelne auch wohl an die Grasmücken. Der Wald ist nicht der eigentliche Wohnsitz der Spott- drosseln; sie bevorzugen vielmehr offene Gegenden mit einzelnem Gesträuch oder die Ufer der Gewässer. Einige leben im Gebüsch, andere im Schilfe, diese nahe den Wohnungen der Menschen, jene in den wenig besuchten Einöden oder an der Küste des Meeres. Die südländischen sind Standvögel, die im Norden wohnenden treten alljährlich regelmäßig eine Wanderung an, welche sie aber nur in den Süden der Vereinigten Staaten oder bis nach Mittelamerika führt. Dasselbe wird für die in den gemäßigten Zonen Südamerikas lebenden gelten, sie wandern unzweifelhaft vom Süden her nach Norden, dem Gleicher zu.
Orbigny hebt die Verschiedenheit des Betragens der Drosseln und Spottdrosseln mit folgenden Worten hervor: "Sie, die letztgenannten, sind im Gegensatz zu den scheuen, schattenliebenden und ver- stecklustigen Drosseln vertrauliche Vögel, welche in unmittelbarer Nähe des Menschen wohnen, sich frei auf die Firste seiner Wohnung oder auf die sie umgebenden Gebüsche setzen und thun, als ob sie gesehen, bemerkt sein wollten, weil sie sich nicht blos stets hervorragende Punkte zu ihren Sitzplätzen wählen, sondern auch ihre klangreiche Stimme beständig vernehmen lassen, gleichsam in der Absicht, mit ihr zu prahlen vor allem Volk. Die Drosseln singen, so zu sagen, nur in der Zeit ihrer Liebe, die Spottdrosseln zu jeder Zeit des Jahres." Daß diese Vögel auch im übrigen sich wesentlich unter- scheiden von den Sitten der Drosseln, wird das Nachfolgende lehren.
Das berühmteste Mitglied der Familie ist die Spottdrossel ohne jede Nebenbezeichnung (Mimus polyglottus), ein Vogel von 91/2 Zoll Länge und 131/2 Zoll Breite. Das Gefieder ist auf der Ober- seite dunkelgrau, auf der Stirn und an den Kopfseiten braun überflogen; die Unterseite ist bräunlich- weiß; die Schwingen und Flügelfedern sind braunschwarz, erstere an der Wurzel weiß gefleckt; die mittelsten Steuerfedern sind rußschwarz, die seitlichen weiß an der Jnnenfahne, die äußersten reinweiß. Das Auge ist blaßgelb, der Schnabel bräunlichschwarz, der Fuß dunkelbraun. Das Weibchen unter- scheidet sich durch düstere und bräunlichere Färbung; seine seitlichen Schwanzfedern sind dunkler und das Weiß ist weniger rein. Jn der Größe kommt es dem Männchen beinahe gleich.
Die Vereinigten Staaten sind das Vaterland der Spottdrossel; sie ist aber im Süden häufiger, als im Norden. Vonhieraus wandert sie im Herbst regelmäßig in niedere Breiten; schon in Louisiana aber verweilt sie jahraus, jahrein, wenn auch nicht an demselben Orte, so doch in derselben Gegend. Sie bewohnt Buschwerk aller Art, den lichten Wald wie die Pflanzungen und Gärten, brütet ungescheut in der Nähe des Menschen, dessen Schutz sie genießt und hält sich namentlich
Spottdroſſel.
nicht ganz dieſer Anſicht; aber auch ſie müſſen zugeſtehen, daß die meiſten Arten der Familie ganz Vorzügliches und in gewiſſer Hinſicht wirklich Unübertreffliches leiſten. Jedenfalls ſind die Spott- droſſeln ſo ausgezeichnete Geſchöpfe, daß ſie unſerm Buche nicht fehlen dürfen.
Die Familie iſt nicht beſonders reich, aber auch nicht gerade arm an Arten. Dieſe ſtimmen, ſo weit es ſich um die äußere Geſtalt handelt, im weſentlichen mit einander überein, unterſcheiden ſich aber doch mehr als die Droſſeln, und deshalb iſt die Geſammtheit mit Recht in mehrere Sippen zer- fällt worden. Man hat verſucht, afrikaniſche und indiſche Vögel mit den Spottdroſſeln in ein und derſelben Familie zu vereinigen; die Lebensweiſe der einen und der andern iſt aber ſo weſentlich ver- ſchieden, daß eine derartige Vornahme Bedenken erregen muß. Wir werden uns keines Fehlers ſchuldig machen, wenn wir die Spottdroſſeln, welche als bezeichnende Vögel Amerikas betrachtet werden können, geſondert aufführen.
Die von ihnen gebildete Familie iſt ziemlich gleichmäßig vertheilt, obſchon der reiche Süden wie gewöhnlich mehr Arten beherbergt, als der Norden. Aufenthalt und Lebensweiſe ſtimmen keineswegs überein; denn während die einen in ihrem Betragen den Droſſeln ähneln, erinnern andere an die Rohr- ſänger, und einzelne auch wohl an die Grasmücken. Der Wald iſt nicht der eigentliche Wohnſitz der Spott- droſſeln; ſie bevorzugen vielmehr offene Gegenden mit einzelnem Geſträuch oder die Ufer der Gewäſſer. Einige leben im Gebüſch, andere im Schilfe, dieſe nahe den Wohnungen der Menſchen, jene in den wenig beſuchten Einöden oder an der Küſte des Meeres. Die ſüdländiſchen ſind Standvögel, die im Norden wohnenden treten alljährlich regelmäßig eine Wanderung an, welche ſie aber nur in den Süden der Vereinigten Staaten oder bis nach Mittelamerika führt. Daſſelbe wird für die in den gemäßigten Zonen Südamerikas lebenden gelten, ſie wandern unzweifelhaft vom Süden her nach Norden, dem Gleicher zu.
Orbigny hebt die Verſchiedenheit des Betragens der Droſſeln und Spottdroſſeln mit folgenden Worten hervor: „Sie, die letztgenannten, ſind im Gegenſatz zu den ſcheuen, ſchattenliebenden und ver- ſteckluſtigen Droſſeln vertrauliche Vögel, welche in unmittelbarer Nähe des Menſchen wohnen, ſich frei auf die Firſte ſeiner Wohnung oder auf die ſie umgebenden Gebüſche ſetzen und thun, als ob ſie geſehen, bemerkt ſein wollten, weil ſie ſich nicht blos ſtets hervorragende Punkte zu ihren Sitzplätzen wählen, ſondern auch ihre klangreiche Stimme beſtändig vernehmen laſſen, gleichſam in der Abſicht, mit ihr zu prahlen vor allem Volk. Die Droſſeln ſingen, ſo zu ſagen, nur in der Zeit ihrer Liebe, die Spottdroſſeln zu jeder Zeit des Jahres.‟ Daß dieſe Vögel auch im übrigen ſich weſentlich unter- ſcheiden von den Sitten der Droſſeln, wird das Nachfolgende lehren.
Das berühmteſte Mitglied der Familie iſt die Spottdroſſel ohne jede Nebenbezeichnung (Mimus polyglottus), ein Vogel von 9½ Zoll Länge und 13½ Zoll Breite. Das Gefieder iſt auf der Ober- ſeite dunkelgrau, auf der Stirn und an den Kopfſeiten braun überflogen; die Unterſeite iſt bräunlich- weiß; die Schwingen und Flügelfedern ſind braunſchwarz, erſtere an der Wurzel weiß gefleckt; die mittelſten Steuerfedern ſind rußſchwarz, die ſeitlichen weiß an der Jnnenfahne, die äußerſten reinweiß. Das Auge iſt blaßgelb, der Schnabel bräunlichſchwarz, der Fuß dunkelbraun. Das Weibchen unter- ſcheidet ſich durch düſtere und bräunlichere Färbung; ſeine ſeitlichen Schwanzfedern ſind dunkler und das Weiß iſt weniger rein. Jn der Größe kommt es dem Männchen beinahe gleich.
Die Vereinigten Staaten ſind das Vaterland der Spottdroſſel; ſie iſt aber im Süden häufiger, als im Norden. Vonhieraus wandert ſie im Herbſt regelmäßig in niedere Breiten; ſchon in Louiſiana aber verweilt ſie jahraus, jahrein, wenn auch nicht an demſelben Orte, ſo doch in derſelben Gegend. Sie bewohnt Buſchwerk aller Art, den lichten Wald wie die Pflanzungen und Gärten, brütet ungeſcheut in der Nähe des Menſchen, deſſen Schutz ſie genießt und hält ſich namentlich
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[807/0853]
Spottdroſſel.
nicht ganz dieſer Anſicht; aber auch ſie müſſen zugeſtehen, daß die meiſten Arten der Familie ganz
Vorzügliches und in gewiſſer Hinſicht wirklich Unübertreffliches leiſten. Jedenfalls ſind die Spott-
droſſeln ſo ausgezeichnete Geſchöpfe, daß ſie unſerm Buche nicht fehlen dürfen.
Die Familie iſt nicht beſonders reich, aber auch nicht gerade arm an Arten. Dieſe ſtimmen, ſo
weit es ſich um die äußere Geſtalt handelt, im weſentlichen mit einander überein, unterſcheiden ſich
aber doch mehr als die Droſſeln, und deshalb iſt die Geſammtheit mit Recht in mehrere Sippen zer-
fällt worden. Man hat verſucht, afrikaniſche und indiſche Vögel mit den Spottdroſſeln in ein und
derſelben Familie zu vereinigen; die Lebensweiſe der einen und der andern iſt aber ſo weſentlich ver-
ſchieden, daß eine derartige Vornahme Bedenken erregen muß. Wir werden uns keines Fehlers
ſchuldig machen, wenn wir die Spottdroſſeln, welche als bezeichnende Vögel Amerikas betrachtet
werden können, geſondert aufführen.
Die von ihnen gebildete Familie iſt ziemlich gleichmäßig vertheilt, obſchon der reiche Süden wie
gewöhnlich mehr Arten beherbergt, als der Norden. Aufenthalt und Lebensweiſe ſtimmen keineswegs
überein; denn während die einen in ihrem Betragen den Droſſeln ähneln, erinnern andere an die Rohr-
ſänger, und einzelne auch wohl an die Grasmücken. Der Wald iſt nicht der eigentliche Wohnſitz der Spott-
droſſeln; ſie bevorzugen vielmehr offene Gegenden mit einzelnem Geſträuch oder die Ufer der Gewäſſer.
Einige leben im Gebüſch, andere im Schilfe, dieſe nahe den Wohnungen der Menſchen, jene in den
wenig beſuchten Einöden oder an der Küſte des Meeres. Die ſüdländiſchen ſind Standvögel, die im
Norden wohnenden treten alljährlich regelmäßig eine Wanderung an, welche ſie aber nur in den
Süden der Vereinigten Staaten oder bis nach Mittelamerika führt. Daſſelbe wird für die in den
gemäßigten Zonen Südamerikas lebenden gelten, ſie wandern unzweifelhaft vom Süden her nach
Norden, dem Gleicher zu.
Orbigny hebt die Verſchiedenheit des Betragens der Droſſeln und Spottdroſſeln mit folgenden
Worten hervor: „Sie, die letztgenannten, ſind im Gegenſatz zu den ſcheuen, ſchattenliebenden und ver-
ſteckluſtigen Droſſeln vertrauliche Vögel, welche in unmittelbarer Nähe des Menſchen wohnen, ſich
frei auf die Firſte ſeiner Wohnung oder auf die ſie umgebenden Gebüſche ſetzen und thun, als ob ſie
geſehen, bemerkt ſein wollten, weil ſie ſich nicht blos ſtets hervorragende Punkte zu ihren Sitzplätzen
wählen, ſondern auch ihre klangreiche Stimme beſtändig vernehmen laſſen, gleichſam in der Abſicht,
mit ihr zu prahlen vor allem Volk. Die Droſſeln ſingen, ſo zu ſagen, nur in der Zeit ihrer Liebe,
die Spottdroſſeln zu jeder Zeit des Jahres.‟ Daß dieſe Vögel auch im übrigen ſich weſentlich unter-
ſcheiden von den Sitten der Droſſeln, wird das Nachfolgende lehren.
Das berühmteſte Mitglied der Familie iſt die Spottdroſſel ohne jede Nebenbezeichnung (Mimus
polyglottus), ein Vogel von 9½ Zoll Länge und 13½ Zoll Breite. Das Gefieder iſt auf der Ober-
ſeite dunkelgrau, auf der Stirn und an den Kopfſeiten braun überflogen; die Unterſeite iſt bräunlich-
weiß; die Schwingen und Flügelfedern ſind braunſchwarz, erſtere an der Wurzel weiß gefleckt; die
mittelſten Steuerfedern ſind rußſchwarz, die ſeitlichen weiß an der Jnnenfahne, die äußerſten reinweiß.
Das Auge iſt blaßgelb, der Schnabel bräunlichſchwarz, der Fuß dunkelbraun. Das Weibchen unter-
ſcheidet ſich durch düſtere und bräunlichere Färbung; ſeine ſeitlichen Schwanzfedern ſind dunkler
und das Weiß iſt weniger rein. Jn der Größe kommt es dem Männchen beinahe gleich.
Die Vereinigten Staaten ſind das Vaterland der Spottdroſſel; ſie iſt aber im Süden häufiger,
als im Norden. Vonhieraus wandert ſie im Herbſt regelmäßig in niedere Breiten; ſchon in Louiſiana
aber verweilt ſie jahraus, jahrein, wenn auch nicht an demſelben Orte, ſo doch in derſelben
Gegend. Sie bewohnt Buſchwerk aller Art, den lichten Wald wie die Pflanzungen und Gärten,
brütet ungeſcheut in der Nähe des Menſchen, deſſen Schutz ſie genießt und hält ſich namentlich
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 807. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/853>, abgerufen am 22.11.2024.
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