fing auch die Schwalbe an zu brüten, und beide Mütter in Hoffnung thaten es in frommer Eintracht. Wenn das Schwalbenmännchen sein Weibchen besuchte und ihm schöne Geschichten von dem blauen Himmel und den fetten Mücken erzählte, wandte es seine Rede auch zuweilen zur Nachbarin. Diese brachte aus, und nun duldete ihrerseits die Schwalbe die Berührung des Futter herzutragenden Röth- lingsmännchens. Als die Jungen groß gepflegt waren, wählte das Rothschwänzchen den gegenüber- liegenden Wagenschuppen für ein neues Nest. Und siehe! die Schwalben folgten später nach, besserten ein altes Nest aus, und beide Pärchen hielten auch hier die gute Nachbarschaft."
Jn geschickt gestellten Fallen läßt sich der Hausrothschwanz leicht berücken; für die Gefangenschaft eignet er sich aber nicht. Er ist wild und ungestüm im Käfig und läßt sich schwer an ein passen- des Ersatzfutter gewöhnen. Jst er einmal zahm geworden, so erfreut er eben auch nur durch seine Munterkeit; diese allein aber kann ihm die Gunst des Liebhabers von Stubenvögeln nicht erwerben. Er ist eine niedliche Erscheinung, so lange er frei sich bewegt --, für das Zimmer taugt er nicht.
Der zweite Rothschwanz (Ruticilla phoenicura), welcher in Deutschland vorkommt, wird zum Unterschiede Garten-, Baum- oder Waldrothschwanz, Röthling oder Röthlein genannt
[Abbildung]
Der Gartenrothschwanz (Ruticilla phoenicura).
und verdient seinen Namen; denn er lebt fast nur auf Bäumen, im Walde ebensowohl wie im Garten. Das alte Männchen ist ein sehr schöner Vogel. Die Stirn, die Kopfseiten und die Kehle sind schwarz; die übrige Oberseite ist aschgrau; die Brust, die Seiten und der Schwanz sind hochrostroth, der Vorder- kopf und die Mitte der Unterseite weiß. Das Weibchen ist oben tiefgrau, unten grau; die dunklere Kehlfärbung ist zuweilen bei ihm angedeutet. Beim Jungen ist der Oberkörper grau; rostgelb und braun gefleckt, und die grauen Federn der Unterseite sind rostgelb gerandet. Das Auge ist braun, Schnabel und Füße sind schwarz. Die Länge beträgt 51/2, die Breite 9, die Fittiglänge 3, die Schwanzlänge 21/4 Zoll.
Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
fing auch die Schwalbe an zu brüten, und beide Mütter in Hoffnung thaten es in frommer Eintracht. Wenn das Schwalbenmännchen ſein Weibchen beſuchte und ihm ſchöne Geſchichten von dem blauen Himmel und den fetten Mücken erzählte, wandte es ſeine Rede auch zuweilen zur Nachbarin. Dieſe brachte aus, und nun duldete ihrerſeits die Schwalbe die Berührung des Futter herzutragenden Röth- lingsmännchens. Als die Jungen groß gepflegt waren, wählte das Rothſchwänzchen den gegenüber- liegenden Wagenſchuppen für ein neues Neſt. Und ſiehe! die Schwalben folgten ſpäter nach, beſſerten ein altes Neſt aus, und beide Pärchen hielten auch hier die gute Nachbarſchaft.‟
Jn geſchickt geſtellten Fallen läßt ſich der Hausrothſchwanz leicht berücken; für die Gefangenſchaft eignet er ſich aber nicht. Er iſt wild und ungeſtüm im Käfig und läßt ſich ſchwer an ein paſſen- des Erſatzfutter gewöhnen. Jſt er einmal zahm geworden, ſo erfreut er eben auch nur durch ſeine Munterkeit; dieſe allein aber kann ihm die Gunſt des Liebhabers von Stubenvögeln nicht erwerben. Er iſt eine niedliche Erſcheinung, ſo lange er frei ſich bewegt —, für das Zimmer taugt er nicht.
Der zweite Rothſchwanz (Ruticilla phoenicura), welcher in Deutſchland vorkommt, wird zum Unterſchiede Garten-, Baum- oder Waldrothſchwanz, Röthling oder Röthlein genannt
[Abbildung]
Der Gartenrothſchwanz (Ruticilla phoenicura).
und verdient ſeinen Namen; denn er lebt faſt nur auf Bäumen, im Walde ebenſowohl wie im Garten. Das alte Männchen iſt ein ſehr ſchöner Vogel. Die Stirn, die Kopfſeiten und die Kehle ſind ſchwarz; die übrige Oberſeite iſt aſchgrau; die Bruſt, die Seiten und der Schwanz ſind hochroſtroth, der Vorder- kopf und die Mitte der Unterſeite weiß. Das Weibchen iſt oben tiefgrau, unten grau; die dunklere Kehlfärbung iſt zuweilen bei ihm angedeutet. Beim Jungen iſt der Oberkörper grau; roſtgelb und braun gefleckt, und die grauen Federn der Unterſeite ſind roſtgelb gerandet. Das Auge iſt braun, Schnabel und Füße ſind ſchwarz. Die Länge beträgt 5½, die Breite 9, die Fittiglänge 3, die Schwanzlänge 2¼ Zoll.
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Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
fing auch die Schwalbe an zu brüten, und beide Mütter in Hoffnung thaten es in frommer Eintracht.
Wenn das Schwalbenmännchen ſein Weibchen beſuchte und ihm ſchöne Geſchichten von dem blauen
Himmel und den fetten Mücken erzählte, wandte es ſeine Rede auch zuweilen zur Nachbarin. Dieſe
brachte aus, und nun duldete ihrerſeits die Schwalbe die Berührung des Futter herzutragenden Röth-
lingsmännchens. Als die Jungen groß gepflegt waren, wählte das Rothſchwänzchen den gegenüber-
liegenden Wagenſchuppen für ein neues Neſt. Und ſiehe! die Schwalben folgten ſpäter nach, beſſerten
ein altes Neſt aus, und beide Pärchen hielten auch hier die gute Nachbarſchaft.‟
Jn geſchickt geſtellten Fallen läßt ſich der Hausrothſchwanz leicht berücken; für die Gefangenſchaft
eignet er ſich aber nicht. Er iſt wild und ungeſtüm im Käfig und läßt ſich ſchwer an ein paſſen-
des Erſatzfutter gewöhnen. Jſt er einmal zahm geworden, ſo erfreut er eben auch nur durch ſeine
Munterkeit; dieſe allein aber kann ihm die Gunſt des Liebhabers von Stubenvögeln nicht erwerben.
Er iſt eine niedliche Erſcheinung, ſo lange er frei ſich bewegt —, für das Zimmer taugt er nicht.
Der zweite Rothſchwanz (Ruticilla phoenicura), welcher in Deutſchland vorkommt, wird zum
Unterſchiede Garten-, Baum- oder Waldrothſchwanz, Röthling oder Röthlein genannt
[Abbildung Der Gartenrothſchwanz (Ruticilla phoenicura).]
und verdient ſeinen Namen; denn er lebt faſt nur auf Bäumen, im Walde ebenſowohl wie im Garten.
Das alte Männchen iſt ein ſehr ſchöner Vogel. Die Stirn, die Kopfſeiten und die Kehle ſind ſchwarz;
die übrige Oberſeite iſt aſchgrau; die Bruſt, die Seiten und der Schwanz ſind hochroſtroth, der Vorder-
kopf und die Mitte der Unterſeite weiß. Das Weibchen iſt oben tiefgrau, unten grau; die dunklere
Kehlfärbung iſt zuweilen bei ihm angedeutet. Beim Jungen iſt der Oberkörper grau; roſtgelb und
braun gefleckt, und die grauen Federn der Unterſeite ſind roſtgelb gerandet. Das Auge iſt braun,
Schnabel und Füße ſind ſchwarz. Die Länge beträgt 5½, die Breite 9, die Fittiglänge 3, die
Schwanzlänge 2¼ Zoll.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 778. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/822>, abgerufen am 22.11.2024.
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