Leichtigkeit Töne und Strophen aus anderer Vögel Gesängen und mischen sie mit vielem Geschick ihrem eigenen Liede ein.
Alle im Norden der Erde lebenden Arten der Familie sind Zugvögel, welche in den ersten Früh- lingsmonaten bei uns eintreffen und bis zum Herbst bei uns verweilen. Schon in Südeuropa aber wohnen einige, welche höchstens streichen, nicht eigentlich wandern. Jn warmen Gegenden Afrikas und Asiens bleiben fast alle jahraus jahrein an ein und derselben Stelle. Dies wird erklärlich, wenn man bedenkt, daß die Schmätzer vorzüglich Kerbthiere verzehren, welche sie vom Boden auflesen oder im Fluge fangen und nur nebenbei und blos zuweilen Beeren oder Früchte zu sich nehmen. Da nun, wo der Winter mit einiger Strenge auftritt, entzieht er ihnen selbstverständlich die Nahrung und zwingt sie zum Wandern, während in südlicheren Gegenden das ganze Jahr ihnen so ziemlich Dasselbe bietet. Bald nach Ankunft in der Heimat oder nach Eintritt des Frühlings der betreffenden Länder schrei- ten die Paare zur Fortpflanzung. Das Männchen wirbt jetzt unter lebhaften und eigenthüm- lichen Bewegungen um die Gunst des Weibchens, mit welchem es später das Nest gemeinschaftlich errichtet, sowie es auch an dem Brutgeschäft und der Aufzucht der Kinder willig theilnimmt. Das Nest steht in Felsenspalten und Steinritzen, ausnahmsweise auch in hohlen Bäumen oder im Gebälk von Gebäuden, regelmäßig wohl verborgen. Es ist kein Kunstbau, sondern im Gegentheil unordentlich zusammengeschichtet und nur im Jnnern wohl ausgebaut. Das Gelege enthält vier bis sechs, meist einfarbige, gewöhnlich blaßblaue Eier.
Einige, jedoch auffallend wenige Schmätzer sind ihres vortrefflichen Gesanges wegen beliebte Stubenvögel. Sie halten bei geeigneter Pflege, obwohl sie nicht ganz anspruchslos sind, jahrelang im Käfig aus, werden sehr zahm, befreunden sich innig mit dem Menschen und erfreuen also in dop- pelter Hinsicht. Andere dagegen sind viel zu ungestüm und freiheitslustig, als daß sie sich ohne besondere Mühe zähmen ließen. Jenen wird eifrig nachgestellt, und nicht blos der Liebhaber ihres eigentlichen Vaterlands halber, sondern zu Gunsten der Thierfreunde überhaupt; denn gerade mit ihnen wird ein ebenso lebhafter und ausgedehnter Handel getrieben, wie mit anderen guten Singvögeln, welche wir haben. Sonst stellt man den Mitgliedern unserer Familie verhältnißmäßig wenig nach; sogar die mordlustigen Spanier können sich freundlicheren Gefühlen gegen diese Vögel nicht ver- schließen. Die natürlichen Feinde der Schmätzer sind die gewöhnlichen, welche auch anderem kleinen Geflügel nachstellen; im Ganzen aber haben die vorsichtigen und behenden Thiere verhältnißmäßig wenig vom Raubzeug zu leiden.
Die Rothschwänze (Ruticilla) sind bisher regelmäßig zu den Erdsängern gezählt worden, obgleich sie mit diesen meiner Ansicht nach weit weniger Aehnlichkeit haben, als mit andern Schmätzern. Jhr Leben und Betragen ähnelt diesen, nicht jenen, ja selbst ihre Tracht stimmt unverkennbar mit der vieler Schmätzer so auffallend überein, daß mir schon hierdurch ein Fingerzeig gegeben zu sein scheint.
Die Rothschwänze oder Röthlinge kennzeichnen sich durch schlanken Leib, pfriemenförmigen, an der Spitze des Oberschnabels mit einem kleinen Häkchen versehenen, vor ihr jedoch nicht eingekerbten Schnabel, durch schlanke, hochläufige, schwächliche Füße, ziemlich lange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste ist, einen mittellangen, fast gerade abgeschnittenen Schwanz und durch ein lockeres, je nach Geschlecht und Alter verschiedenfarbiges Gefieder. Sie bewohnen die alte Welt und sind namentlich in Asien durch eine ziemliche Anzahl von Arten vertreten. Fast alle Arten haben sehr viel Uebereinstimmendes, ebensowohl in der Färbung, wie in ihren Sitten und Gewohnheiten.
Unser Hausrothschwanz oder Hausröthling, welcher auch Stadt-, Stein- und Som- merrothschwanz, Rothsterz, Rothzagel, Rottele, Wistling, Hüting, Schwarzbrüst- chen etc. genannt wird (Ruticilla atra oder Ruticilla titys), ist schwarz, auf dem Kopfe, dem Rücken
Allgemeines. Hausrothſchwanz.
Leichtigkeit Töne und Strophen aus anderer Vögel Geſängen und miſchen ſie mit vielem Geſchick ihrem eigenen Liede ein.
Alle im Norden der Erde lebenden Arten der Familie ſind Zugvögel, welche in den erſten Früh- lingsmonaten bei uns eintreffen und bis zum Herbſt bei uns verweilen. Schon in Südeuropa aber wohnen einige, welche höchſtens ſtreichen, nicht eigentlich wandern. Jn warmen Gegenden Afrikas und Aſiens bleiben faſt alle jahraus jahrein an ein und derſelben Stelle. Dies wird erklärlich, wenn man bedenkt, daß die Schmätzer vorzüglich Kerbthiere verzehren, welche ſie vom Boden aufleſen oder im Fluge fangen und nur nebenbei und blos zuweilen Beeren oder Früchte zu ſich nehmen. Da nun, wo der Winter mit einiger Strenge auftritt, entzieht er ihnen ſelbſtverſtändlich die Nahrung und zwingt ſie zum Wandern, während in ſüdlicheren Gegenden das ganze Jahr ihnen ſo ziemlich Daſſelbe bietet. Bald nach Ankunft in der Heimat oder nach Eintritt des Frühlings der betreffenden Länder ſchrei- ten die Paare zur Fortpflanzung. Das Männchen wirbt jetzt unter lebhaften und eigenthüm- lichen Bewegungen um die Gunſt des Weibchens, mit welchem es ſpäter das Neſt gemeinſchaftlich errichtet, ſowie es auch an dem Brutgeſchäft und der Aufzucht der Kinder willig theilnimmt. Das Neſt ſteht in Felſenſpalten und Steinritzen, ausnahmsweiſe auch in hohlen Bäumen oder im Gebälk von Gebäuden, regelmäßig wohl verborgen. Es iſt kein Kunſtbau, ſondern im Gegentheil unordentlich zuſammengeſchichtet und nur im Jnnern wohl ausgebaut. Das Gelege enthält vier bis ſechs, meiſt einfarbige, gewöhnlich blaßblaue Eier.
Einige, jedoch auffallend wenige Schmätzer ſind ihres vortrefflichen Geſanges wegen beliebte Stubenvögel. Sie halten bei geeigneter Pflege, obwohl ſie nicht ganz anſpruchslos ſind, jahrelang im Käfig aus, werden ſehr zahm, befreunden ſich innig mit dem Menſchen und erfreuen alſo in dop- pelter Hinſicht. Andere dagegen ſind viel zu ungeſtüm und freiheitsluſtig, als daß ſie ſich ohne beſondere Mühe zähmen ließen. Jenen wird eifrig nachgeſtellt, und nicht blos der Liebhaber ihres eigentlichen Vaterlands halber, ſondern zu Gunſten der Thierfreunde überhaupt; denn gerade mit ihnen wird ein ebenſo lebhafter und ausgedehnter Handel getrieben, wie mit anderen guten Singvögeln, welche wir haben. Sonſt ſtellt man den Mitgliedern unſerer Familie verhältnißmäßig wenig nach; ſogar die mordluſtigen Spanier können ſich freundlicheren Gefühlen gegen dieſe Vögel nicht ver- ſchließen. Die natürlichen Feinde der Schmätzer ſind die gewöhnlichen, welche auch anderem kleinen Geflügel nachſtellen; im Ganzen aber haben die vorſichtigen und behenden Thiere verhältnißmäßig wenig vom Raubzeug zu leiden.
Die Rothſchwänze (Ruticilla) ſind bisher regelmäßig zu den Erdſängern gezählt worden, obgleich ſie mit dieſen meiner Anſicht nach weit weniger Aehnlichkeit haben, als mit andern Schmätzern. Jhr Leben und Betragen ähnelt dieſen, nicht jenen, ja ſelbſt ihre Tracht ſtimmt unverkennbar mit der vieler Schmätzer ſo auffallend überein, daß mir ſchon hierdurch ein Fingerzeig gegeben zu ſein ſcheint.
Die Rothſchwänze oder Röthlinge kennzeichnen ſich durch ſchlanken Leib, pfriemenförmigen, an der Spitze des Oberſchnabels mit einem kleinen Häkchen verſehenen, vor ihr jedoch nicht eingekerbten Schnabel, durch ſchlanke, hochläufige, ſchwächliche Füße, ziemlich lange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte iſt, einen mittellangen, faſt gerade abgeſchnittenen Schwanz und durch ein lockeres, je nach Geſchlecht und Alter verſchiedenfarbiges Gefieder. Sie bewohnen die alte Welt und ſind namentlich in Aſien durch eine ziemliche Anzahl von Arten vertreten. Faſt alle Arten haben ſehr viel Uebereinſtimmendes, ebenſowohl in der Färbung, wie in ihren Sitten und Gewohnheiten.
Unſer Hausrothſchwanz oder Hausröthling, welcher auch Stadt-, Stein- und Som- merrothſchwanz, Rothſterz, Rothzagel, Rottele, Wiſtling, Hüting, Schwarzbrüſt- chen ꝛc. genannt wird (Ruticilla atra oder Ruticilla titys), iſt ſchwarz, auf dem Kopfe, dem Rücken
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Allgemeines. Hausrothſchwanz.
Leichtigkeit Töne und Strophen aus anderer Vögel Geſängen und miſchen ſie mit vielem Geſchick
ihrem eigenen Liede ein.
Alle im Norden der Erde lebenden Arten der Familie ſind Zugvögel, welche in den erſten Früh-
lingsmonaten bei uns eintreffen und bis zum Herbſt bei uns verweilen. Schon in Südeuropa aber
wohnen einige, welche höchſtens ſtreichen, nicht eigentlich wandern. Jn warmen Gegenden Afrikas
und Aſiens bleiben faſt alle jahraus jahrein an ein und derſelben Stelle. Dies wird erklärlich, wenn
man bedenkt, daß die Schmätzer vorzüglich Kerbthiere verzehren, welche ſie vom Boden aufleſen oder
im Fluge fangen und nur nebenbei und blos zuweilen Beeren oder Früchte zu ſich nehmen. Da nun,
wo der Winter mit einiger Strenge auftritt, entzieht er ihnen ſelbſtverſtändlich die Nahrung und zwingt
ſie zum Wandern, während in ſüdlicheren Gegenden das ganze Jahr ihnen ſo ziemlich Daſſelbe bietet.
Bald nach Ankunft in der Heimat oder nach Eintritt des Frühlings der betreffenden Länder ſchrei-
ten die Paare zur Fortpflanzung. Das Männchen wirbt jetzt unter lebhaften und eigenthüm-
lichen Bewegungen um die Gunſt des Weibchens, mit welchem es ſpäter das Neſt gemeinſchaftlich
errichtet, ſowie es auch an dem Brutgeſchäft und der Aufzucht der Kinder willig theilnimmt. Das
Neſt ſteht in Felſenſpalten und Steinritzen, ausnahmsweiſe auch in hohlen Bäumen oder im Gebälk
von Gebäuden, regelmäßig wohl verborgen. Es iſt kein Kunſtbau, ſondern im Gegentheil unordentlich
zuſammengeſchichtet und nur im Jnnern wohl ausgebaut. Das Gelege enthält vier bis ſechs, meiſt
einfarbige, gewöhnlich blaßblaue Eier.
Einige, jedoch auffallend wenige Schmätzer ſind ihres vortrefflichen Geſanges wegen beliebte
Stubenvögel. Sie halten bei geeigneter Pflege, obwohl ſie nicht ganz anſpruchslos ſind, jahrelang
im Käfig aus, werden ſehr zahm, befreunden ſich innig mit dem Menſchen und erfreuen alſo in dop-
pelter Hinſicht. Andere dagegen ſind viel zu ungeſtüm und freiheitsluſtig, als daß ſie ſich ohne
beſondere Mühe zähmen ließen. Jenen wird eifrig nachgeſtellt, und nicht blos der Liebhaber ihres
eigentlichen Vaterlands halber, ſondern zu Gunſten der Thierfreunde überhaupt; denn gerade mit
ihnen wird ein ebenſo lebhafter und ausgedehnter Handel getrieben, wie mit anderen guten Singvögeln,
welche wir haben. Sonſt ſtellt man den Mitgliedern unſerer Familie verhältnißmäßig wenig nach;
ſogar die mordluſtigen Spanier können ſich freundlicheren Gefühlen gegen dieſe Vögel nicht ver-
ſchließen. Die natürlichen Feinde der Schmätzer ſind die gewöhnlichen, welche auch anderem kleinen
Geflügel nachſtellen; im Ganzen aber haben die vorſichtigen und behenden Thiere verhältnißmäßig
wenig vom Raubzeug zu leiden.
Die Rothſchwänze (Ruticilla) ſind bisher regelmäßig zu den Erdſängern gezählt worden,
obgleich ſie mit dieſen meiner Anſicht nach weit weniger Aehnlichkeit haben, als mit andern Schmätzern.
Jhr Leben und Betragen ähnelt dieſen, nicht jenen, ja ſelbſt ihre Tracht ſtimmt unverkennbar mit der
vieler Schmätzer ſo auffallend überein, daß mir ſchon hierdurch ein Fingerzeig gegeben zu ſein ſcheint.
Die Rothſchwänze oder Röthlinge kennzeichnen ſich durch ſchlanken Leib, pfriemenförmigen, an
der Spitze des Oberſchnabels mit einem kleinen Häkchen verſehenen, vor ihr jedoch nicht eingekerbten
Schnabel, durch ſchlanke, hochläufige, ſchwächliche Füße, ziemlich lange Flügel, in denen die dritte
Schwinge die längſte iſt, einen mittellangen, faſt gerade abgeſchnittenen Schwanz und durch ein
lockeres, je nach Geſchlecht und Alter verſchiedenfarbiges Gefieder. Sie bewohnen die alte Welt und
ſind namentlich in Aſien durch eine ziemliche Anzahl von Arten vertreten. Faſt alle Arten haben
ſehr viel Uebereinſtimmendes, ebenſowohl in der Färbung, wie in ihren Sitten und Gewohnheiten.
Unſer Hausrothſchwanz oder Hausröthling, welcher auch Stadt-, Stein- und Som-
merrothſchwanz, Rothſterz, Rothzagel, Rottele, Wiſtling, Hüting, Schwarzbrüſt-
chen ꝛc. genannt wird (Ruticilla atra oder Ruticilla titys), iſt ſchwarz, auf dem Kopfe, dem Rücken
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 775. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/819>, abgerufen am 25.11.2024.
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