die Brutzeit des Vogels kennen, vielmehr allgemein behaupten, daß er nicht in Guyana brüte, sondern erst nach seinen Brutzeit im Lande erscheine." Auch der Prinz hat das Nest des Schmidts nicht finden, noch von seinen brasilianischen Jägern Nachricht über dasselbe erhalten können. Er vermuthet aber, daß es in den Zweigen eines dicht belaubten Baumes steht und kunstlos gebaut ist.
Ebenso wenig wissen die Reisenden irgend Etwas über das Gefangenleben zu berichten, und es scheint also, daß noch Niemand daran gedacht habe, den wunderbaren Sänger im Käfig zu halten. Der Fang mag freilich auch seine großen Schwierigkeiten haben. Hält es ja doch nach der überein- stimmenden Versicherung aller Beobachter schon ungemein schwer, den vorsichtigen Vogel aus seiner sicheren Höhe herabzuschießen.
Eine zweite Zunft umfaßt die Drosselvögel (Turdidae). Die hierher zu zählenden Sing- vögel gehören zu den größeren Mitgliedern der Ordnung. Der Leib ist kräftig gebaut, der Hals kurz, der Kopf groß; der Schnabel ist gerade, seitlich etwas zusammengedrückt, mit seichtem Einschnitt vor der Spitze des Oberschnabels, welcher sich nicht über den unteren herabbiegt; der Fuß ist hochläufig, mit mittelgroßen Zehen und deutlich gekrümmten Nägeln; die Laufbekeidung wird durch große Schienen gebildet; der Flügel ist mittellang; unter seinen zehn Handschwingen ist die dritte die längste; der Schwanz ist verschieden gebildet, zuweilen sehr kurz und wenig gerundet, manchmal auch lang und seitlich abgestuft, gewöhnlich aber mittellang und mehr oder weniger gerade abgeschnitten. Das Gefieder ist reichhaltig; die einzelnen Federn sind verhältnißmäßig groß und weich. Düstere Farben sind vorherrschend, lebhafte, sogar glänzende jedoch nicht ausgeschlossen.
Als die edelste Gruppe der Drosselvögel, welche wir Familie nennen wollen, dürfen die Erd- sänger (Humicolae) angesehen werden. Sie zählen zu den kleineren Arten der Zunft; sie sind verhält- nißmäßig schlank gebaut; ihr Flügel ist ziemlich kurz, der Schwanz selten mehr als mittellang, der Fuß hochläufig, der Schnabel pfriemenförmig, das Gefieder in der Regel glattfederig und düsterfarbig, hinsichtlich der Geschlechter wenig oder auch auffallend verschieden. Als ein bezeichnendes Merkmal der Gruppe darf vielleicht noch das große ausdrucksvolle Auge angesehen werden.
Die Erdsänger sind auf die alte Welt beschränkt, kommen aber in allen drei Theilen derselben vor. Sie bevorzugen Buschwaldungen und unter ihnen solche, welche reich an Wasser sind, herbergen daher vorzüglich in unseren Augehölzen und steigen nur ausnahmsweise zu größeren Höhen empor. Alle bei uns lebenden Arten sind Zugvögel, welche kurz vor oder mit Beginn des Frühlings bei uns erscheinen, uns im Herbst wieder verlassen und in Afrika oder theilweise schon im Süden Europas den Winter verbringen.
Sie sind sehr hochbegabte Geschöpfe. Jhr Flug ist gut, ihr Lauf, welcher aus weiten, rasch auf einander folgenden Sprüngen besteht, sogar ausgezeichnet; im Gezweig der Bäume bewegen sich wenigstens die meisten mit ziemlichem Geschick, auf dem Boden zeigen einzelne beinah die Fertigkeit gewisser Laufvögel. Unter den Sinnen steht unzweifelhaft das Gesicht oben an, wie schon das große Auge bekundet; das Gehör ist vorzüglich, das Gefühl gut, der Geschmack ziemlich, der Geruch mindestens einigermaßen entwickelt. Die rein geistigen Fähigkeiten entsprechen dem großen, schön gewölbten Kopfe. Alle Erdsänger sind kluge, aufgeweckte, muntere oder lebhafte, ja leidenschaftliche Vögel. Würdige Heiterkeit, bedachtsame Keckheit, harmloser Muthwille sind Grundzüge ihres Wesens. Dem Freunde gegenüber vertrauensvoll, zeigen sie sich vorsichtig und scheu, sobald sie böse Absicht merken; andern Vögeln gegenüber friedfertig, streiten sie sich gern und hartnäckig mit gleichartigen, von denen sie in irgend welcher Weise beeinträchtigt zu werden glauben. Großgeistig bekunden sie sich stets: sie können unter Umständen dem bitter gehaßten Gegner zum treuesten Helfer werden. Stolz und Ehr- gefühl besitzen sie im hohen Grade: sie sind sich ihres Werthes bewußt und machen ihn geltend.
Die Fänger. Singvögel. Erdſänger.
die Brutzeit des Vogels kennen, vielmehr allgemein behaupten, daß er nicht in Guyana brüte, ſondern erſt nach ſeinen Brutzeit im Lande erſcheine.‟ Auch der Prinz hat das Neſt des Schmidts nicht finden, noch von ſeinen braſilianiſchen Jägern Nachricht über daſſelbe erhalten können. Er vermuthet aber, daß es in den Zweigen eines dicht belaubten Baumes ſteht und kunſtlos gebaut iſt.
Ebenſo wenig wiſſen die Reiſenden irgend Etwas über das Gefangenleben zu berichten, und es ſcheint alſo, daß noch Niemand daran gedacht habe, den wunderbaren Sänger im Käfig zu halten. Der Fang mag freilich auch ſeine großen Schwierigkeiten haben. Hält es ja doch nach der überein- ſtimmenden Verſicherung aller Beobachter ſchon ungemein ſchwer, den vorſichtigen Vogel aus ſeiner ſicheren Höhe herabzuſchießen.
Eine zweite Zunft umfaßt die Droſſelvögel (Turdidae). Die hierher zu zählenden Sing- vögel gehören zu den größeren Mitgliedern der Ordnung. Der Leib iſt kräftig gebaut, der Hals kurz, der Kopf groß; der Schnabel iſt gerade, ſeitlich etwas zuſammengedrückt, mit ſeichtem Einſchnitt vor der Spitze des Oberſchnabels, welcher ſich nicht über den unteren herabbiegt; der Fuß iſt hochläufig, mit mittelgroßen Zehen und deutlich gekrümmten Nägeln; die Laufbekeidung wird durch große Schienen gebildet; der Flügel iſt mittellang; unter ſeinen zehn Handſchwingen iſt die dritte die längſte; der Schwanz iſt verſchieden gebildet, zuweilen ſehr kurz und wenig gerundet, manchmal auch lang und ſeitlich abgeſtuft, gewöhnlich aber mittellang und mehr oder weniger gerade abgeſchnitten. Das Gefieder iſt reichhaltig; die einzelnen Federn ſind verhältnißmäßig groß und weich. Düſtere Farben ſind vorherrſchend, lebhafte, ſogar glänzende jedoch nicht ausgeſchloſſen.
Als die edelſte Gruppe der Droſſelvögel, welche wir Familie nennen wollen, dürfen die Erd- ſänger (Humicolae) angeſehen werden. Sie zählen zu den kleineren Arten der Zunft; ſie ſind verhält- nißmäßig ſchlank gebaut; ihr Flügel iſt ziemlich kurz, der Schwanz ſelten mehr als mittellang, der Fuß hochläufig, der Schnabel pfriemenförmig, das Gefieder in der Regel glattfederig und düſterfarbig, hinſichtlich der Geſchlechter wenig oder auch auffallend verſchieden. Als ein bezeichnendes Merkmal der Gruppe darf vielleicht noch das große ausdrucksvolle Auge angeſehen werden.
Die Erdſänger ſind auf die alte Welt beſchränkt, kommen aber in allen drei Theilen derſelben vor. Sie bevorzugen Buſchwaldungen und unter ihnen ſolche, welche reich an Waſſer ſind, herbergen daher vorzüglich in unſeren Augehölzen und ſteigen nur ausnahmsweiſe zu größeren Höhen empor. Alle bei uns lebenden Arten ſind Zugvögel, welche kurz vor oder mit Beginn des Frühlings bei uns erſcheinen, uns im Herbſt wieder verlaſſen und in Afrika oder theilweiſe ſchon im Süden Europas den Winter verbringen.
Sie ſind ſehr hochbegabte Geſchöpfe. Jhr Flug iſt gut, ihr Lauf, welcher aus weiten, raſch auf einander folgenden Sprüngen beſteht, ſogar ausgezeichnet; im Gezweig der Bäume bewegen ſich wenigſtens die meiſten mit ziemlichem Geſchick, auf dem Boden zeigen einzelne beinah die Fertigkeit gewiſſer Laufvögel. Unter den Sinnen ſteht unzweifelhaft das Geſicht oben an, wie ſchon das große Auge bekundet; das Gehör iſt vorzüglich, das Gefühl gut, der Geſchmack ziemlich, der Geruch mindeſtens einigermaßen entwickelt. Die rein geiſtigen Fähigkeiten entſprechen dem großen, ſchön gewölbten Kopfe. Alle Erdſänger ſind kluge, aufgeweckte, muntere oder lebhafte, ja leidenſchaftliche Vögel. Würdige Heiterkeit, bedachtſame Keckheit, harmloſer Muthwille ſind Grundzüge ihres Weſens. Dem Freunde gegenüber vertrauensvoll, zeigen ſie ſich vorſichtig und ſcheu, ſobald ſie böſe Abſicht merken; andern Vögeln gegenüber friedfertig, ſtreiten ſie ſich gern und hartnäckig mit gleichartigen, von denen ſie in irgend welcher Weiſe beeinträchtigt zu werden glauben. Großgeiſtig bekunden ſie ſich ſtets: ſie können unter Umſtänden dem bitter gehaßten Gegner zum treueſten Helfer werden. Stolz und Ehr- gefühl beſitzen ſie im hohen Grade: ſie ſind ſich ihres Werthes bewußt und machen ihn geltend.
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Die Fänger. Singvögel. Erdſänger.
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erſt nach ſeinen Brutzeit im Lande erſcheine.‟ Auch der Prinz hat das Neſt des Schmidts nicht
finden, noch von ſeinen braſilianiſchen Jägern Nachricht über daſſelbe erhalten können. Er vermuthet
aber, daß es in den Zweigen eines dicht belaubten Baumes ſteht und kunſtlos gebaut iſt.
Ebenſo wenig wiſſen die Reiſenden irgend Etwas über das Gefangenleben zu berichten, und es
ſcheint alſo, daß noch Niemand daran gedacht habe, den wunderbaren Sänger im Käfig zu halten.
Der Fang mag freilich auch ſeine großen Schwierigkeiten haben. Hält es ja doch nach der überein-
ſtimmenden Verſicherung aller Beobachter ſchon ungemein ſchwer, den vorſichtigen Vogel aus ſeiner
ſicheren Höhe herabzuſchießen.
Eine zweite Zunft umfaßt die Droſſelvögel (Turdidae). Die hierher zu zählenden Sing-
vögel gehören zu den größeren Mitgliedern der Ordnung. Der Leib iſt kräftig gebaut, der Hals kurz,
der Kopf groß; der Schnabel iſt gerade, ſeitlich etwas zuſammengedrückt, mit ſeichtem Einſchnitt vor
der Spitze des Oberſchnabels, welcher ſich nicht über den unteren herabbiegt; der Fuß iſt hochläufig,
mit mittelgroßen Zehen und deutlich gekrümmten Nägeln; die Laufbekeidung wird durch große
Schienen gebildet; der Flügel iſt mittellang; unter ſeinen zehn Handſchwingen iſt die dritte die längſte;
der Schwanz iſt verſchieden gebildet, zuweilen ſehr kurz und wenig gerundet, manchmal auch lang
und ſeitlich abgeſtuft, gewöhnlich aber mittellang und mehr oder weniger gerade abgeſchnitten. Das
Gefieder iſt reichhaltig; die einzelnen Federn ſind verhältnißmäßig groß und weich. Düſtere Farben
ſind vorherrſchend, lebhafte, ſogar glänzende jedoch nicht ausgeſchloſſen.
Als die edelſte Gruppe der Droſſelvögel, welche wir Familie nennen wollen, dürfen die Erd-
ſänger (Humicolae) angeſehen werden. Sie zählen zu den kleineren Arten der Zunft; ſie ſind verhält-
nißmäßig ſchlank gebaut; ihr Flügel iſt ziemlich kurz, der Schwanz ſelten mehr als mittellang, der
Fuß hochläufig, der Schnabel pfriemenförmig, das Gefieder in der Regel glattfederig und düſterfarbig,
hinſichtlich der Geſchlechter wenig oder auch auffallend verſchieden. Als ein bezeichnendes Merkmal
der Gruppe darf vielleicht noch das große ausdrucksvolle Auge angeſehen werden.
Die Erdſänger ſind auf die alte Welt beſchränkt, kommen aber in allen drei Theilen derſelben
vor. Sie bevorzugen Buſchwaldungen und unter ihnen ſolche, welche reich an Waſſer ſind, herbergen
daher vorzüglich in unſeren Augehölzen und ſteigen nur ausnahmsweiſe zu größeren Höhen empor.
Alle bei uns lebenden Arten ſind Zugvögel, welche kurz vor oder mit Beginn des Frühlings bei
uns erſcheinen, uns im Herbſt wieder verlaſſen und in Afrika oder theilweiſe ſchon im Süden
Europas den Winter verbringen.
Sie ſind ſehr hochbegabte Geſchöpfe. Jhr Flug iſt gut, ihr Lauf, welcher aus weiten, raſch auf
einander folgenden Sprüngen beſteht, ſogar ausgezeichnet; im Gezweig der Bäume bewegen ſich wenigſtens
die meiſten mit ziemlichem Geſchick, auf dem Boden zeigen einzelne beinah die Fertigkeit gewiſſer
Laufvögel. Unter den Sinnen ſteht unzweifelhaft das Geſicht oben an, wie ſchon das große Auge
bekundet; das Gehör iſt vorzüglich, das Gefühl gut, der Geſchmack ziemlich, der Geruch mindeſtens
einigermaßen entwickelt. Die rein geiſtigen Fähigkeiten entſprechen dem großen, ſchön gewölbten
Kopfe. Alle Erdſänger ſind kluge, aufgeweckte, muntere oder lebhafte, ja leidenſchaftliche Vögel.
Würdige Heiterkeit, bedachtſame Keckheit, harmloſer Muthwille ſind Grundzüge ihres Weſens. Dem
Freunde gegenüber vertrauensvoll, zeigen ſie ſich vorſichtig und ſcheu, ſobald ſie böſe Abſicht merken;
andern Vögeln gegenüber friedfertig, ſtreiten ſie ſich gern und hartnäckig mit gleichartigen, von denen
ſie in irgend welcher Weiſe beeinträchtigt zu werden glauben. Großgeiſtig bekunden ſie ſich ſtets: ſie
können unter Umſtänden dem bitter gehaßten Gegner zum treueſten Helfer werden. Stolz und Ehr-
gefühl beſitzen ſie im hohen Grade: ſie ſind ſich ihres Werthes bewußt und machen ihn geltend.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/800>, abgerufen am 25.11.2024.
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