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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Tiriba. Karolinaperikitt.

Die Tiriba ist in vielen Gegenden an der Ostküste Brasiliens sehr häufig, obgleich nicht so
gemein, als andere Arten ihrer Sippe.

Ueber das Leben der Perikitten können wir, Dank der ausgezeichneten Beobachtung des Prin-
zen von Wied,
ein ziemlich ausführliches Bild geben: Ueberall beleben diese Vögel in Menge die
Waldungen und namentlich diejenigen, welche von den Menschen noch wenig behelligt wurden; doch
umschwärmen sie an der Seeküste die menschlichen Wohnungen ziemlich nahe. Sie halten sich außer
der Paarzeit stets in ziemlich starken Flügen zusammen, welche aufgeschreckt mit lauter Stimme pfeil-
schnell durch die hohen Baumkronen dahineilen und dann gemeinschaftlich auf einen Baum einfallen.
Noch ist der Tag kaum angebrochen, so hört man schon ihr lautes durchdringendes, aber etwas schnar-
rendes Geschrei. Unter lebhaftem Ruf fallen sie in die Gebüsche ein, sind still, sobald sie sitzen, jedoch
nicht ruhig; denn in den Baumkronen klettern sie sehr behend und geschickt auf und nieder, wobei der
Schnabel viel von ihnen beansprucht und der lange Schwanz sorgfältig vor der Berührung an
den Zweigen behütet wird. Bei ihrer grünen Farbe ist es oft schwer für den Jäger, sie aufzufinden;
wenn sie Gefahr vermuthen, halten sie sich unbeweglich und sind ganz still. Erst wenn sie wieder auf-
fliegen, erheben sie laut und schnell wiederholt ihre Stimme. Sie tragen wesentlich zur Belebung der
Waldungen bei, namentlich in den sogenannten einsamen Waldungen, wo ihre Stimme oft die einzige
ist, welche man vernimmt. Wo Pflanzungen in der Nähe des Waldes sind, verursachen sie Schaden
wie alle übrigen Papageien; sie sind aber dem Mais weniger gefährlich, als dem Reis. Nach der Brut-
zeit erscheinen sie häufiger als sonst am Rande der Waldungen und zwar mit ihren Jungen, welche
sie, obgleich dieselben schon vollkommen ausgewachsen sind, noch aus dem Kropfe füttern.

Das Nest wird in den Höhlungen alter Bäume erbaut und enthält zwei bis drei weiße Eier.
Die Jungen wachsen ziemlich unbehelligt von den Menschen auf, weil man in Brasilien allgemein der
Ansicht ist, daß die Perikitten ungelehrig sind, niemals sprechen lernen und auch in der Gefangenschaft
nicht leicht ausdauern. Nur wenige Arten werden mit günstigeren Augen angesehen und häufig zahm
gehalten, hauptsächlich ihres sanften Wesens halber. Einzelne Arten gehören nach Schomburgk zu
den Lieblingen der Jndianer, daher man denn auch gewöhnlich ganze Flüge von Gezähmten in den
Niederlassungen findet. Die Brasilianer setzen sie gewöhnlich auf einen Stock, welchen sie an der
äußern Seite ihrer Wohnung anbringen, indem sie das eine Ende desselben in der Lettenwand ein-
stecken. Des Fleisches wegen werden die Perikitten nicht verfolgt; als Wild sind sie zu klein. Der
Naturforscher, welcher andere Rücksichten zu befolgen hat, erlegt sie ohne sonderliche Mühe und oft
viele von ihnen auf einen Schuß.

Nach Europa kommen mehrere Perikitten recht häufig, und hier finden auch sie ihre Liebhaber,
obwohl diese schwerlich verkennen werden, daß die Brasilianer mit ihren Anschauungen über diese
Thiere vollkommen Recht haben.

Zu den Perikitten gehört auch der einzige Papagei, welcher in Nordamerika vorkommt und des-
wegen nach einem Theil seiner Heimat der Karolinaperikitt genannt wurde (Conurus carolinen-
sis
). Seine Länge beträgt 12 bis 13 Zoll, die Breite 20 bis 21 Zoll, die Länge des Schwanzes
gegen 6 Zoll und die Länge des Fittigs vom Bug bis zur Spitze 7 Zoll. Hauptfärbung ist ein angeneh-
mes Grün, welches wie gewöhnlich auf dem Rücken dunkler, auf der Unterseite gelblicher ist; Stirn
und Wangen sind röthlich orange, und dieselbe Farbe zeigt sich auch auf dem Hinterkopfe, den Schul-
tern und Schwingen, während der Nacken rein goldgelb ist. Die großen Flügeldeckfedern sind oliven-
grün mit gelblicher Spitze, die Handschwingen tief purpurschwarz und die mittelsten Schwanzfedern in
der Nähe des Schaftes blau. Der weibliche Vogel ist blässer gefärbt, und der junge bis auf den oran-
genen Vorderkopf fast einfarbig grün.

Der Karolinenperikitt kommt in Nordamerika bis zum 42. Grad nördl. Breite vor und scheint
das dort oft recht rauhe Wetter wohl zu vertragen. Wilson versichert, daß er höchlich überrascht
gewesen sei, in einem Schneesturm des Februar einen Flug dieser Vögel laut schreiend längs der Ufer des

Tiriba. Karolinaperikitt.

Die Tiriba iſt in vielen Gegenden an der Oſtküſte Braſiliens ſehr häufig, obgleich nicht ſo
gemein, als andere Arten ihrer Sippe.

Ueber das Leben der Perikitten können wir, Dank der ausgezeichneten Beobachtung des Prin-
zen von Wied,
ein ziemlich ausführliches Bild geben: Ueberall beleben dieſe Vögel in Menge die
Waldungen und namentlich diejenigen, welche von den Menſchen noch wenig behelligt wurden; doch
umſchwärmen ſie an der Seeküſte die menſchlichen Wohnungen ziemlich nahe. Sie halten ſich außer
der Paarzeit ſtets in ziemlich ſtarken Flügen zuſammen, welche aufgeſchreckt mit lauter Stimme pfeil-
ſchnell durch die hohen Baumkronen dahineilen und dann gemeinſchaftlich auf einen Baum einfallen.
Noch iſt der Tag kaum angebrochen, ſo hört man ſchon ihr lautes durchdringendes, aber etwas ſchnar-
rendes Geſchrei. Unter lebhaftem Ruf fallen ſie in die Gebüſche ein, ſind ſtill, ſobald ſie ſitzen, jedoch
nicht ruhig; denn in den Baumkronen klettern ſie ſehr behend und geſchickt auf und nieder, wobei der
Schnabel viel von ihnen beanſprucht und der lange Schwanz ſorgfältig vor der Berührung an
den Zweigen behütet wird. Bei ihrer grünen Farbe iſt es oft ſchwer für den Jäger, ſie aufzufinden;
wenn ſie Gefahr vermuthen, halten ſie ſich unbeweglich und ſind ganz ſtill. Erſt wenn ſie wieder auf-
fliegen, erheben ſie laut und ſchnell wiederholt ihre Stimme. Sie tragen weſentlich zur Belebung der
Waldungen bei, namentlich in den ſogenannten einſamen Waldungen, wo ihre Stimme oft die einzige
iſt, welche man vernimmt. Wo Pflanzungen in der Nähe des Waldes ſind, verurſachen ſie Schaden
wie alle übrigen Papageien; ſie ſind aber dem Mais weniger gefährlich, als dem Reis. Nach der Brut-
zeit erſcheinen ſie häufiger als ſonſt am Rande der Waldungen und zwar mit ihren Jungen, welche
ſie, obgleich dieſelben ſchon vollkommen ausgewachſen ſind, noch aus dem Kropfe füttern.

Das Neſt wird in den Höhlungen alter Bäume erbaut und enthält zwei bis drei weiße Eier.
Die Jungen wachſen ziemlich unbehelligt von den Menſchen auf, weil man in Braſilien allgemein der
Anſicht iſt, daß die Perikitten ungelehrig ſind, niemals ſprechen lernen und auch in der Gefangenſchaft
nicht leicht ausdauern. Nur wenige Arten werden mit günſtigeren Augen angeſehen und häufig zahm
gehalten, hauptſächlich ihres ſanften Weſens halber. Einzelne Arten gehören nach Schomburgk zu
den Lieblingen der Jndianer, daher man denn auch gewöhnlich ganze Flüge von Gezähmten in den
Niederlaſſungen findet. Die Braſilianer ſetzen ſie gewöhnlich auf einen Stock, welchen ſie an der
äußern Seite ihrer Wohnung anbringen, indem ſie das eine Ende deſſelben in der Lettenwand ein-
ſtecken. Des Fleiſches wegen werden die Perikitten nicht verfolgt; als Wild ſind ſie zu klein. Der
Naturforſcher, welcher andere Rückſichten zu befolgen hat, erlegt ſie ohne ſonderliche Mühe und oft
viele von ihnen auf einen Schuß.

Nach Europa kommen mehrere Perikitten recht häufig, und hier finden auch ſie ihre Liebhaber,
obwohl dieſe ſchwerlich verkennen werden, daß die Braſilianer mit ihren Anſchauungen über dieſe
Thiere vollkommen Recht haben.

Zu den Perikitten gehört auch der einzige Papagei, welcher in Nordamerika vorkommt und des-
wegen nach einem Theil ſeiner Heimat der Karolinaperikitt genannt wurde (Conurus carolinen-
sis
). Seine Länge beträgt 12 bis 13 Zoll, die Breite 20 bis 21 Zoll, die Länge des Schwanzes
gegen 6 Zoll und die Länge des Fittigs vom Bug bis zur Spitze 7 Zoll. Hauptfärbung iſt ein angeneh-
mes Grün, welches wie gewöhnlich auf dem Rücken dunkler, auf der Unterſeite gelblicher iſt; Stirn
und Wangen ſind röthlich orange, und dieſelbe Farbe zeigt ſich auch auf dem Hinterkopfe, den Schul-
tern und Schwingen, während der Nacken rein goldgelb iſt. Die großen Flügeldeckfedern ſind oliven-
grün mit gelblicher Spitze, die Handſchwingen tief purpurſchwarz und die mittelſten Schwanzfedern in
der Nähe des Schaftes blau. Der weibliche Vogel iſt bläſſer gefärbt, und der junge bis auf den oran-
genen Vorderkopf faſt einfarbig grün.

Der Karolinenperikitt kommt in Nordamerika bis zum 42. Grad nördl. Breite vor und ſcheint
das dort oft recht rauhe Wetter wohl zu vertragen. Wilſon verſichert, daß er höchlich überraſcht
geweſen ſei, in einem Schneeſturm des Februar einen Flug dieſer Vögel laut ſchreiend längs der Ufer des

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[63/0079] Tiriba. Karolinaperikitt. Die Tiriba iſt in vielen Gegenden an der Oſtküſte Braſiliens ſehr häufig, obgleich nicht ſo gemein, als andere Arten ihrer Sippe. Ueber das Leben der Perikitten können wir, Dank der ausgezeichneten Beobachtung des Prin- zen von Wied, ein ziemlich ausführliches Bild geben: Ueberall beleben dieſe Vögel in Menge die Waldungen und namentlich diejenigen, welche von den Menſchen noch wenig behelligt wurden; doch umſchwärmen ſie an der Seeküſte die menſchlichen Wohnungen ziemlich nahe. Sie halten ſich außer der Paarzeit ſtets in ziemlich ſtarken Flügen zuſammen, welche aufgeſchreckt mit lauter Stimme pfeil- ſchnell durch die hohen Baumkronen dahineilen und dann gemeinſchaftlich auf einen Baum einfallen. Noch iſt der Tag kaum angebrochen, ſo hört man ſchon ihr lautes durchdringendes, aber etwas ſchnar- rendes Geſchrei. Unter lebhaftem Ruf fallen ſie in die Gebüſche ein, ſind ſtill, ſobald ſie ſitzen, jedoch nicht ruhig; denn in den Baumkronen klettern ſie ſehr behend und geſchickt auf und nieder, wobei der Schnabel viel von ihnen beanſprucht und der lange Schwanz ſorgfältig vor der Berührung an den Zweigen behütet wird. Bei ihrer grünen Farbe iſt es oft ſchwer für den Jäger, ſie aufzufinden; wenn ſie Gefahr vermuthen, halten ſie ſich unbeweglich und ſind ganz ſtill. Erſt wenn ſie wieder auf- fliegen, erheben ſie laut und ſchnell wiederholt ihre Stimme. Sie tragen weſentlich zur Belebung der Waldungen bei, namentlich in den ſogenannten einſamen Waldungen, wo ihre Stimme oft die einzige iſt, welche man vernimmt. Wo Pflanzungen in der Nähe des Waldes ſind, verurſachen ſie Schaden wie alle übrigen Papageien; ſie ſind aber dem Mais weniger gefährlich, als dem Reis. Nach der Brut- zeit erſcheinen ſie häufiger als ſonſt am Rande der Waldungen und zwar mit ihren Jungen, welche ſie, obgleich dieſelben ſchon vollkommen ausgewachſen ſind, noch aus dem Kropfe füttern. Das Neſt wird in den Höhlungen alter Bäume erbaut und enthält zwei bis drei weiße Eier. Die Jungen wachſen ziemlich unbehelligt von den Menſchen auf, weil man in Braſilien allgemein der Anſicht iſt, daß die Perikitten ungelehrig ſind, niemals ſprechen lernen und auch in der Gefangenſchaft nicht leicht ausdauern. Nur wenige Arten werden mit günſtigeren Augen angeſehen und häufig zahm gehalten, hauptſächlich ihres ſanften Weſens halber. Einzelne Arten gehören nach Schomburgk zu den Lieblingen der Jndianer, daher man denn auch gewöhnlich ganze Flüge von Gezähmten in den Niederlaſſungen findet. Die Braſilianer ſetzen ſie gewöhnlich auf einen Stock, welchen ſie an der äußern Seite ihrer Wohnung anbringen, indem ſie das eine Ende deſſelben in der Lettenwand ein- ſtecken. Des Fleiſches wegen werden die Perikitten nicht verfolgt; als Wild ſind ſie zu klein. Der Naturforſcher, welcher andere Rückſichten zu befolgen hat, erlegt ſie ohne ſonderliche Mühe und oft viele von ihnen auf einen Schuß. Nach Europa kommen mehrere Perikitten recht häufig, und hier finden auch ſie ihre Liebhaber, obwohl dieſe ſchwerlich verkennen werden, daß die Braſilianer mit ihren Anſchauungen über dieſe Thiere vollkommen Recht haben. Zu den Perikitten gehört auch der einzige Papagei, welcher in Nordamerika vorkommt und des- wegen nach einem Theil ſeiner Heimat der Karolinaperikitt genannt wurde (Conurus carolinen- sis). Seine Länge beträgt 12 bis 13 Zoll, die Breite 20 bis 21 Zoll, die Länge des Schwanzes gegen 6 Zoll und die Länge des Fittigs vom Bug bis zur Spitze 7 Zoll. Hauptfärbung iſt ein angeneh- mes Grün, welches wie gewöhnlich auf dem Rücken dunkler, auf der Unterſeite gelblicher iſt; Stirn und Wangen ſind röthlich orange, und dieſelbe Farbe zeigt ſich auch auf dem Hinterkopfe, den Schul- tern und Schwingen, während der Nacken rein goldgelb iſt. Die großen Flügeldeckfedern ſind oliven- grün mit gelblicher Spitze, die Handſchwingen tief purpurſchwarz und die mittelſten Schwanzfedern in der Nähe des Schaftes blau. Der weibliche Vogel iſt bläſſer gefärbt, und der junge bis auf den oran- genen Vorderkopf faſt einfarbig grün. Der Karolinenperikitt kommt in Nordamerika bis zum 42. Grad nördl. Breite vor und ſcheint das dort oft recht rauhe Wetter wohl zu vertragen. Wilſon verſichert, daß er höchlich überraſcht geweſen ſei, in einem Schneeſturm des Februar einen Flug dieſer Vögel laut ſchreiend längs der Ufer des

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/79>, abgerufen am 27.11.2024.