deutlich ausgeschnittenen, seltener abgerundeten Schwanz, mit kräftigen, hochläufigen und starkzehigen Beinen und einem ungefähr kopflangen, starken, geraden, mehr oder minder kegelförmigen, zuweilen bauchig aufgeblähten, an der Spitze halig herabgebogenen, seicht gekerbten Schnabel, dessen Grund von Borsten umgeben ist. Jn dem vollen, weichen Gefieder sind Grau auf der Oberseite, Gelb oder Weiß auf der Unterseite die vorherrschenden Farben.
Die Königswürger sind über Süd- und Nordamerika verbreitet und treten in der südlichen Hälfte des Erdtheils sehr zahlreich auf. Sie gehören zu denjenigen Vögeln, welche Jedermann beachten und kennen lernen muß; denn sie zeichnen sich ebensowohl durch ihr Betragen, wie durch ihre Stimme aus und machen sich ungescheut in unmittelbarer Nähe des Menschen zu schaffen. Jhre Lebensweise und ihr Betragen mag uns das Nachfolgende kennen lehren.
Wilson, Audubon, der Prinz von Wied und andere Forscher haben uns so ausführliche Mittheilungen über eine der berühmtesten Arten dieser Familie gemacht, daß wir uns einer genaueren
[Abbildung]
Der Königsvogel oder Tyrann (Tyrannus intrepidus).
Lebenskenntniß derselben rühmen dürfen. Der "Königsvogel" oder Tyrann (Tyrannus intre- pidus) ist 8 Zoll lang und 14 Zoll breit. Das weiche und glänzende Gefieder, welches sich auf dem Kopfe zu einer Haube verlängert, ist auf der Oberseite dunkelblaugrau, auf den Kopfseiten am dunkel- sten, während die schmalen Haubenfedern prachtvoll feuerfarbig und gelb gerandet sind; die Unter- seite ist graulichweiß, auf der Brust aschgrau überflogen, an Hals und Kehle reinweiß; die Schwingen und Steuerfedern sind bräunlichschwarz, letztere dunkler gegen das Ende hin und wie die Flügeldeck- federn an der Spitze weiß. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß graulichblau. Beim Weibchen sind alle Farben unscheinbarer und düsterer.
Der Königsvogel, erzählt Audubon, ist einer von den anziehendsten Sommergästen der Ver- einigten Staaten. Er erscheint in Louisiana ungefähr um die Mitte des März. Viele verweilen hier bis zur Mitte des Septembers; aber die größere Anzahl zieht sich allgemach nordwärts und verbreitet sich über jeden Theil des Reichs. Die ersten Tage nach seiner Ankunft scheint der Vogel ermüdet und
Tyrann.
deutlich ausgeſchnittenen, ſeltener abgerundeten Schwanz, mit kräftigen, hochläufigen und ſtarkzehigen Beinen und einem ungefähr kopflangen, ſtarken, geraden, mehr oder minder kegelförmigen, zuweilen bauchig aufgeblähten, an der Spitze halig herabgebogenen, ſeicht gekerbten Schnabel, deſſen Grund von Borſten umgeben iſt. Jn dem vollen, weichen Gefieder ſind Grau auf der Oberſeite, Gelb oder Weiß auf der Unterſeite die vorherrſchenden Farben.
Die Königswürger ſind über Süd- und Nordamerika verbreitet und treten in der ſüdlichen Hälfte des Erdtheils ſehr zahlreich auf. Sie gehören zu denjenigen Vögeln, welche Jedermann beachten und kennen lernen muß; denn ſie zeichnen ſich ebenſowohl durch ihr Betragen, wie durch ihre Stimme aus und machen ſich ungeſcheut in unmittelbarer Nähe des Menſchen zu ſchaffen. Jhre Lebensweiſe und ihr Betragen mag uns das Nachfolgende kennen lehren.
Wilſon, Audubon, der Prinz von Wied und andere Forſcher haben uns ſo ausführliche Mittheilungen über eine der berühmteſten Arten dieſer Familie gemacht, daß wir uns einer genaueren
[Abbildung]
Der Königsvogel oder Tyrann (Tyrannus intrepidus).
Lebenskenntniß derſelben rühmen dürfen. Der „Königsvogel‟ oder Tyrann (Tyrannus intre- pidus) iſt 8 Zoll lang und 14 Zoll breit. Das weiche und glänzende Gefieder, welches ſich auf dem Kopfe zu einer Haube verlängert, iſt auf der Oberſeite dunkelblaugrau, auf den Kopfſeiten am dunkel- ſten, während die ſchmalen Haubenfedern prachtvoll feuerfarbig und gelb gerandet ſind; die Unter- ſeite iſt graulichweiß, auf der Bruſt aſchgrau überflogen, an Hals und Kehle reinweiß; die Schwingen und Steuerfedern ſind bräunlichſchwarz, letztere dunkler gegen das Ende hin und wie die Flügeldeck- federn an der Spitze weiß. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß graulichblau. Beim Weibchen ſind alle Farben unſcheinbarer und düſterer.
Der Königsvogel, erzählt Audubon, iſt einer von den anziehendſten Sommergäſten der Ver- einigten Staaten. Er erſcheint in Louiſiana ungefähr um die Mitte des März. Viele verweilen hier bis zur Mitte des Septembers; aber die größere Anzahl zieht ſich allgemach nordwärts und verbreitet ſich über jeden Theil des Reichs. Die erſten Tage nach ſeiner Ankunft ſcheint der Vogel ermüdet und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0761"n="719"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Tyrann.</hi></fw><lb/>
deutlich ausgeſchnittenen, ſeltener abgerundeten Schwanz, mit kräftigen, hochläufigen und ſtarkzehigen<lb/>
Beinen und einem ungefähr kopflangen, ſtarken, geraden, mehr oder minder kegelförmigen, zuweilen<lb/>
bauchig aufgeblähten, an der Spitze halig herabgebogenen, ſeicht gekerbten Schnabel, deſſen Grund<lb/>
von Borſten umgeben iſt. Jn dem vollen, weichen Gefieder ſind Grau auf der Oberſeite, Gelb oder<lb/>
Weiß auf der Unterſeite die vorherrſchenden Farben.</p><lb/><p>Die Königswürger ſind über Süd- und Nordamerika verbreitet und treten in der ſüdlichen<lb/>
Hälfte des Erdtheils ſehr zahlreich auf. Sie gehören zu denjenigen Vögeln, welche Jedermann<lb/>
beachten und kennen lernen muß; denn ſie zeichnen ſich ebenſowohl durch ihr Betragen, wie durch ihre<lb/>
Stimme aus und machen ſich ungeſcheut in unmittelbarer Nähe des Menſchen zu ſchaffen. Jhre<lb/>
Lebensweiſe und ihr Betragen mag uns das Nachfolgende kennen lehren.</p><lb/><p><hirendition="#g">Wilſon, Audubon,</hi> der <hirendition="#g">Prinz von Wied</hi> und andere Forſcher haben uns ſo ausführliche<lb/>
Mittheilungen über eine der berühmteſten Arten dieſer Familie gemacht, daß wir uns einer genaueren<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Der Königsvogel oder Tyrann</hi> (<hirendition="#aq">Tyrannus intrepidus</hi>).</hi></head></figure><lb/>
Lebenskenntniß derſelben rühmen dürfen. Der „<hirendition="#g">Königsvogel</hi>‟ oder <hirendition="#g">Tyrann</hi> (<hirendition="#aq">Tyrannus intre-<lb/>
pidus</hi>) iſt 8 Zoll lang und 14 Zoll breit. Das weiche und glänzende Gefieder, welches ſich auf dem<lb/>
Kopfe zu einer Haube verlängert, iſt auf der Oberſeite dunkelblaugrau, auf den Kopfſeiten am dunkel-<lb/>ſten, während die ſchmalen Haubenfedern prachtvoll feuerfarbig und gelb gerandet ſind; die Unter-<lb/>ſeite iſt graulichweiß, auf der Bruſt aſchgrau überflogen, an Hals und Kehle reinweiß; die Schwingen<lb/>
und Steuerfedern ſind bräunlichſchwarz, letztere dunkler gegen das Ende hin und wie die Flügeldeck-<lb/>
federn an der Spitze weiß. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß graulichblau.<lb/>
Beim Weibchen ſind alle Farben unſcheinbarer und düſterer.</p><lb/><p>Der Königsvogel, erzählt <hirendition="#g">Audubon,</hi> iſt einer von den anziehendſten Sommergäſten der Ver-<lb/>
einigten Staaten. Er erſcheint in Louiſiana ungefähr um die Mitte des März. Viele verweilen hier<lb/>
bis zur Mitte des Septembers; aber die größere Anzahl zieht ſich allgemach nordwärts und verbreitet<lb/>ſich über jeden Theil des Reichs. Die erſten Tage nach ſeiner Ankunft ſcheint der Vogel ermüdet und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[719/0761]
Tyrann.
deutlich ausgeſchnittenen, ſeltener abgerundeten Schwanz, mit kräftigen, hochläufigen und ſtarkzehigen
Beinen und einem ungefähr kopflangen, ſtarken, geraden, mehr oder minder kegelförmigen, zuweilen
bauchig aufgeblähten, an der Spitze halig herabgebogenen, ſeicht gekerbten Schnabel, deſſen Grund
von Borſten umgeben iſt. Jn dem vollen, weichen Gefieder ſind Grau auf der Oberſeite, Gelb oder
Weiß auf der Unterſeite die vorherrſchenden Farben.
Die Königswürger ſind über Süd- und Nordamerika verbreitet und treten in der ſüdlichen
Hälfte des Erdtheils ſehr zahlreich auf. Sie gehören zu denjenigen Vögeln, welche Jedermann
beachten und kennen lernen muß; denn ſie zeichnen ſich ebenſowohl durch ihr Betragen, wie durch ihre
Stimme aus und machen ſich ungeſcheut in unmittelbarer Nähe des Menſchen zu ſchaffen. Jhre
Lebensweiſe und ihr Betragen mag uns das Nachfolgende kennen lehren.
Wilſon, Audubon, der Prinz von Wied und andere Forſcher haben uns ſo ausführliche
Mittheilungen über eine der berühmteſten Arten dieſer Familie gemacht, daß wir uns einer genaueren
[Abbildung Der Königsvogel oder Tyrann (Tyrannus intrepidus).]
Lebenskenntniß derſelben rühmen dürfen. Der „Königsvogel‟ oder Tyrann (Tyrannus intre-
pidus) iſt 8 Zoll lang und 14 Zoll breit. Das weiche und glänzende Gefieder, welches ſich auf dem
Kopfe zu einer Haube verlängert, iſt auf der Oberſeite dunkelblaugrau, auf den Kopfſeiten am dunkel-
ſten, während die ſchmalen Haubenfedern prachtvoll feuerfarbig und gelb gerandet ſind; die Unter-
ſeite iſt graulichweiß, auf der Bruſt aſchgrau überflogen, an Hals und Kehle reinweiß; die Schwingen
und Steuerfedern ſind bräunlichſchwarz, letztere dunkler gegen das Ende hin und wie die Flügeldeck-
federn an der Spitze weiß. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß graulichblau.
Beim Weibchen ſind alle Farben unſcheinbarer und düſterer.
Der Königsvogel, erzählt Audubon, iſt einer von den anziehendſten Sommergäſten der Ver-
einigten Staaten. Er erſcheint in Louiſiana ungefähr um die Mitte des März. Viele verweilen hier
bis zur Mitte des Septembers; aber die größere Anzahl zieht ſich allgemach nordwärts und verbreitet
ſich über jeden Theil des Reichs. Die erſten Tage nach ſeiner Ankunft ſcheint der Vogel ermüdet und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/761>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.