leicht und sanft, und er schwimmt öfters eine Strecke ohne Bewegung der Flügel durch die Luft dahin, wie ein Raubvogel. Hat er aber weit zu fliegen, so setzt er öfters ab und beschreibt so viele, sehr flache Bogenlinien. Seine gewöhnliche Stimme klingt "kjäck, kjäck oder schäck", seine Lockstimme "kwiä -- kwi-ell -- kwiell und perletsch -- hrolletsch, auch scharreck, scharreck."
"Von seiner bewunderungswürdigen Gelehrsamkeit, vermöge welcher er den Gesang vieler kleiner Singvögel ganz ohne Anstoß nachsingen soll, habe ich mich nie ganz überzeugen können, ohnerachtet er sich in meiner Gegend so häufig aufhält und ich ihn im Sommer täglich beobachten kann. Jch habe ihn die Lockstimme des Grünlings, des Sperlings, der Schwalben, des Stieglitzes und mehrerer andern kleinen Vögel und mitunter auch Strophen aus ihren Gesängen unter einander mengen, darunter dann auch seine Locktöne öfters mit einmischen und auf diese Art einen nicht unangenehmen Gesang hervorbringen hören; allein ein langes Lied irgend eines kleinen Sängers, im ordentlichen Zusammenhange, hörte ich nie von ihm. Jmmer waren Töne und kurze Strophen aus eigenen Mitteln mit eingewebt, und wenn er auch auf Augenblicke täuschte, so schwand der Wahn bald durch diese Einmischungen. Strophen aus dem Gesange der Feldlerchen hört man oft von ihm; auch ahmt er den Wachtelschlag leise, aber ziemlich tänschend nach. Die fremden Töne ahmt er sogleich, als er sie hört, nach und ist übrigens ein sehr fleißiger Sänger. Daß er den Gesang der Nachtigall auch nachsinge, habe ich noch nicht gehört, obgleich in meinem eigenen Wäldchen Nachtigallen und graue Würger in Menge neben einander wohnen."
Das Nest legt der schwarzstirnige Würger in dichtem Gezweig seiner Lieblingsbäume an, gewöhnlich in ziemlicher Höhe. Es ist groß, wie alle Würgernester, aus trockenen Wurzeln, Queggen, Reisern, Heu und Stroh aufgebaut und inwendig mit Wolle, Haaren und Federn weich ausgefüttert. Ende Mai's findet man in ihm sechs bis sieben auf grünlichweißem Grunde mit bräunlichen und violettgrauen Flecken und Punkten gezeichnete Eier, welche von beiden Gatten wechselweise innerhalb funfzehn Tagen ausgebrütet werden. Die Jungen erhalten nur Kerbthiere zur Nahrung. "Wenn sich eine Krähe, Elster oder ein Raubvogel ihrem Neste oder auch nur einem gewissen Bezirke um dasselbe nähert", sagt Naumann, "so verfolgen ihn beide Gatten beherzt, zwicken und schreien auf ihn los, bis er sich entfernt hat. Nähert sich ein Mensch dem Neste, so schlagen sie mit dem Schwanze beständig auf und nieder und schreien dazu ängstlich "kjäck, kjäck, kjäck", und nicht selten fliegen Dem, welcher die Jungen aus dem Neste nehmen will, die Alten, besonders die Weibchen, keine Gefahr scheuend, ins Gesicht. -- Die Jungen wachsen zwar schnell heran, werden aber, nachdem sie bereits ausgeflogen, lange noch von den Eltern gefüttert. Sie sitzen oft alle auf einem Zweige, dicht neben einander und empfangen ihr Futter unter vielem Schreien; durch ihr klägliches "Giäh, giäck, gäkgäckgäck" verrathen sie ihren Aufenthalt sehr bald. Jn jedem Gehecke ist eins der Jungen besonders klein und schwächlich. Da sie sehr viel fressen, so haben die Alten mit dem Fangen und Herbeischleppen der Nahrungsmittel ihre volle Arbeit und sind dann außerordentlich geschäftig. Bei trüber oder regniger Witterung, wo sich wenige Kerfe sehen lassen, fangen sie dann auch manchmal junge Vögel und füttern die Jungen damit."
Habicht und Sperber stellen den alten schwarzstirnigen Würgern nach, Raben, Krähen und Elstern zerstören trotz des Muthes, welchen die Alten an den Tag legen, die Brut. Der Mensch, welcher diesen Würger kennen gelernt hat, verfolgt ihn nicht oder fängt ihn höchstens für den Gebauer und zwar in derselben Weise, wie ich schon weiter oben mitgetheilt habe. Die Gefangenen erfreuen ihren Besitzer durch ihre Schönheit und ihre Nachahmungsgabe; aber auch sie müssen immer allein in einem Käfig gehalten werden, weil sie andere Vögel früher oder später umbringen, ihrer so hoch gerühmten Harmlosigkeit ungeachtet.
Die Fänger. Singvögel. Würger.
leicht und ſanft, und er ſchwimmt öfters eine Strecke ohne Bewegung der Flügel durch die Luft dahin, wie ein Raubvogel. Hat er aber weit zu fliegen, ſo ſetzt er öfters ab und beſchreibt ſo viele, ſehr flache Bogenlinien. Seine gewöhnliche Stimme klingt „kjäck, kjäck oder ſchäck‟, ſeine Lockſtimme „kwiä — kwi-ell — kwiell und perletſch — hrolletſch, auch ſcharreck, ſcharreck.‟
„Von ſeiner bewunderungswürdigen Gelehrſamkeit, vermöge welcher er den Geſang vieler kleiner Singvögel ganz ohne Anſtoß nachſingen ſoll, habe ich mich nie ganz überzeugen können, ohnerachtet er ſich in meiner Gegend ſo häufig aufhält und ich ihn im Sommer täglich beobachten kann. Jch habe ihn die Lockſtimme des Grünlings, des Sperlings, der Schwalben, des Stieglitzes und mehrerer andern kleinen Vögel und mitunter auch Strophen aus ihren Geſängen unter einander mengen, darunter dann auch ſeine Locktöne öfters mit einmiſchen und auf dieſe Art einen nicht unangenehmen Geſang hervorbringen hören; allein ein langes Lied irgend eines kleinen Sängers, im ordentlichen Zuſammenhange, hörte ich nie von ihm. Jmmer waren Töne und kurze Strophen aus eigenen Mitteln mit eingewebt, und wenn er auch auf Augenblicke täuſchte, ſo ſchwand der Wahn bald durch dieſe Einmiſchungen. Strophen aus dem Geſange der Feldlerchen hört man oft von ihm; auch ahmt er den Wachtelſchlag leiſe, aber ziemlich tänſchend nach. Die fremden Töne ahmt er ſogleich, als er ſie hört, nach und iſt übrigens ein ſehr fleißiger Sänger. Daß er den Geſang der Nachtigall auch nachſinge, habe ich noch nicht gehört, obgleich in meinem eigenen Wäldchen Nachtigallen und graue Würger in Menge neben einander wohnen.‟
Das Neſt legt der ſchwarzſtirnige Würger in dichtem Gezweig ſeiner Lieblingsbäume an, gewöhnlich in ziemlicher Höhe. Es iſt groß, wie alle Würgerneſter, aus trockenen Wurzeln, Queggen, Reiſern, Heu und Stroh aufgebaut und inwendig mit Wolle, Haaren und Federn weich ausgefüttert. Ende Mai’s findet man in ihm ſechs bis ſieben auf grünlichweißem Grunde mit bräunlichen und violettgrauen Flecken und Punkten gezeichnete Eier, welche von beiden Gatten wechſelweiſe innerhalb funfzehn Tagen ausgebrütet werden. Die Jungen erhalten nur Kerbthiere zur Nahrung. „Wenn ſich eine Krähe, Elſter oder ein Raubvogel ihrem Neſte oder auch nur einem gewiſſen Bezirke um daſſelbe nähert‟, ſagt Naumann, „ſo verfolgen ihn beide Gatten beherzt, zwicken und ſchreien auf ihn los, bis er ſich entfernt hat. Nähert ſich ein Menſch dem Neſte, ſo ſchlagen ſie mit dem Schwanze beſtändig auf und nieder und ſchreien dazu ängſtlich „kjäck, kjäck, kjäck‟, und nicht ſelten fliegen Dem, welcher die Jungen aus dem Neſte nehmen will, die Alten, beſonders die Weibchen, keine Gefahr ſcheuend, ins Geſicht. — Die Jungen wachſen zwar ſchnell heran, werden aber, nachdem ſie bereits ausgeflogen, lange noch von den Eltern gefüttert. Sie ſitzen oft alle auf einem Zweige, dicht neben einander und empfangen ihr Futter unter vielem Schreien; durch ihr klägliches „Giäh, giäck, gäkgäckgäck‟ verrathen ſie ihren Aufenthalt ſehr bald. Jn jedem Gehecke iſt eins der Jungen beſonders klein und ſchwächlich. Da ſie ſehr viel freſſen, ſo haben die Alten mit dem Fangen und Herbeiſchleppen der Nahrungsmittel ihre volle Arbeit und ſind dann außerordentlich geſchäftig. Bei trüber oder regniger Witterung, wo ſich wenige Kerfe ſehen laſſen, fangen ſie dann auch manchmal junge Vögel und füttern die Jungen damit.‟
Habicht und Sperber ſtellen den alten ſchwarzſtirnigen Würgern nach, Raben, Krähen und Elſtern zerſtören trotz des Muthes, welchen die Alten an den Tag legen, die Brut. Der Menſch, welcher dieſen Würger kennen gelernt hat, verfolgt ihn nicht oder fängt ihn höchſtens für den Gebauer und zwar in derſelben Weiſe, wie ich ſchon weiter oben mitgetheilt habe. Die Gefangenen erfreuen ihren Beſitzer durch ihre Schönheit und ihre Nachahmungsgabe; aber auch ſie müſſen immer allein in einem Käfig gehalten werden, weil ſie andere Vögel früher oder ſpäter umbringen, ihrer ſo hoch gerühmten Harmloſigkeit ungeachtet.
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Die Fänger. Singvögel. Würger.
leicht und ſanft, und er ſchwimmt öfters eine Strecke ohne Bewegung der Flügel durch die Luft dahin,
wie ein Raubvogel. Hat er aber weit zu fliegen, ſo ſetzt er öfters ab und beſchreibt ſo viele, ſehr
flache Bogenlinien. Seine gewöhnliche Stimme klingt „kjäck, kjäck oder ſchäck‟, ſeine Lockſtimme
„kwiä — kwi-ell — kwiell und perletſch — hrolletſch, auch ſcharreck, ſcharreck.‟
„Von ſeiner bewunderungswürdigen Gelehrſamkeit, vermöge welcher er den Geſang vieler kleiner
Singvögel ganz ohne Anſtoß nachſingen ſoll, habe ich mich nie ganz überzeugen können, ohnerachtet er ſich
in meiner Gegend ſo häufig aufhält und ich ihn im Sommer täglich beobachten kann. Jch habe ihn die
Lockſtimme des Grünlings, des Sperlings, der Schwalben, des Stieglitzes und mehrerer andern kleinen
Vögel und mitunter auch Strophen aus ihren Geſängen unter einander mengen, darunter dann auch ſeine
Locktöne öfters mit einmiſchen und auf dieſe Art einen nicht unangenehmen Geſang hervorbringen
hören; allein ein langes Lied irgend eines kleinen Sängers, im ordentlichen Zuſammenhange, hörte
ich nie von ihm. Jmmer waren Töne und kurze Strophen aus eigenen Mitteln mit eingewebt, und
wenn er auch auf Augenblicke täuſchte, ſo ſchwand der Wahn bald durch dieſe Einmiſchungen.
Strophen aus dem Geſange der Feldlerchen hört man oft von ihm; auch ahmt er den Wachtelſchlag
leiſe, aber ziemlich tänſchend nach. Die fremden Töne ahmt er ſogleich, als er ſie hört, nach und iſt
übrigens ein ſehr fleißiger Sänger. Daß er den Geſang der Nachtigall auch nachſinge, habe ich noch
nicht gehört, obgleich in meinem eigenen Wäldchen Nachtigallen und graue Würger in Menge neben
einander wohnen.‟
Das Neſt legt der ſchwarzſtirnige Würger in dichtem Gezweig ſeiner Lieblingsbäume an,
gewöhnlich in ziemlicher Höhe. Es iſt groß, wie alle Würgerneſter, aus trockenen Wurzeln, Queggen,
Reiſern, Heu und Stroh aufgebaut und inwendig mit Wolle, Haaren und Federn weich ausgefüttert.
Ende Mai’s findet man in ihm ſechs bis ſieben auf grünlichweißem Grunde mit bräunlichen und
violettgrauen Flecken und Punkten gezeichnete Eier, welche von beiden Gatten wechſelweiſe innerhalb
funfzehn Tagen ausgebrütet werden. Die Jungen erhalten nur Kerbthiere zur Nahrung. „Wenn
ſich eine Krähe, Elſter oder ein Raubvogel ihrem Neſte oder auch nur einem gewiſſen Bezirke um
daſſelbe nähert‟, ſagt Naumann, „ſo verfolgen ihn beide Gatten beherzt, zwicken und ſchreien auf ihn
los, bis er ſich entfernt hat. Nähert ſich ein Menſch dem Neſte, ſo ſchlagen ſie mit dem Schwanze
beſtändig auf und nieder und ſchreien dazu ängſtlich „kjäck, kjäck, kjäck‟, und nicht ſelten fliegen Dem,
welcher die Jungen aus dem Neſte nehmen will, die Alten, beſonders die Weibchen, keine Gefahr
ſcheuend, ins Geſicht. — Die Jungen wachſen zwar ſchnell heran, werden aber, nachdem ſie bereits
ausgeflogen, lange noch von den Eltern gefüttert. Sie ſitzen oft alle auf einem Zweige, dicht
neben einander und empfangen ihr Futter unter vielem Schreien; durch ihr klägliches „Giäh, giäck,
gäkgäckgäck‟ verrathen ſie ihren Aufenthalt ſehr bald. Jn jedem Gehecke iſt eins der Jungen
beſonders klein und ſchwächlich. Da ſie ſehr viel freſſen, ſo haben die Alten mit dem Fangen und
Herbeiſchleppen der Nahrungsmittel ihre volle Arbeit und ſind dann außerordentlich geſchäftig. Bei
trüber oder regniger Witterung, wo ſich wenige Kerfe ſehen laſſen, fangen ſie dann auch manchmal
junge Vögel und füttern die Jungen damit.‟
Habicht und Sperber ſtellen den alten ſchwarzſtirnigen Würgern nach, Raben, Krähen und
Elſtern zerſtören trotz des Muthes, welchen die Alten an den Tag legen, die Brut. Der Menſch,
welcher dieſen Würger kennen gelernt hat, verfolgt ihn nicht oder fängt ihn höchſtens für den Gebauer
und zwar in derſelben Weiſe, wie ich ſchon weiter oben mitgetheilt habe. Die Gefangenen erfreuen
ihren Beſitzer durch ihre Schönheit und ihre Nachahmungsgabe; aber auch ſie müſſen immer allein in
einem Käfig gehalten werden, weil ſie andere Vögel früher oder ſpäter umbringen, ihrer ſo hoch
gerühmten Harmloſigkeit ungeachtet.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/738>, abgerufen am 22.11.2024.
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