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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Sperrvögel. Schwalme.
als hinge derselbe einfach herab; gewöhnlich stützt er sich dazu noch auf die Handgelenke seiner beiden
Flügel. Beim Fortkriechen richtet er den Schwanz ein wenig auf, schiebt den Kopf vorwärts, und
sucht sich durch allerlei Schwenkungen und sonderbare schlangenhafte Bewegungen mit dem Kopfe und
Hals im Gleichgewicht zu erhalten. Fliegend und noch mehr bei Erregung stößt er eine heiser kräch-
zende, aber doch laute Stimme aus, welche so eigenthümlich und widerlich ist, daß sie auch in einer
freundlicheren Umgebung unangenehm oder grauenhaft wirken müßte. Die Nahrung besteht gewiß
aus Früchten, deren Körner jedoch nicht ausgespieen, sondern mit dem Koth ausgeschieden werden.
Um die Nester herum häufen die freßwüthigen Jungen nach und nach Schichten von Koth und Samen
an, welche bis 10 Zoll hoch werden können und allerdings wie die Wände eines Napfes erscheinen.
Aus Lehm oder ähnlichen Stoffen erbaut sich der Guacharo sein Nest nicht. Er legt seine weißen
birnförmigen Eier ohne jegliche Unterlage in Felsenritzen. Männchen und Weibchen brüten abwech-
selnd. Die Jungen sind Mißgestalten der traurigsten Art; sie vermögen sich auch nicht eher zu
bewegen, als bis ihr Gefieder sich vollkommen entwickelt hat. Jhre Gefräßigkeit ist ungeheuer groß:
sie fallen, wenn sie erregt werden, einander wüthend an, packen mit ihrem Schnabel Alles, was in
den Bereich desselben geräth, sogar ihre eigenen Füße oder Flügel, und lassen das einmal Ergriffene
nur höchst ungern wieder los. Groß versuchte einige von denen, welche er aus den Nestern nahm,
groß zu ziehen, war jedoch nicht im Stande, die geeignete Nahrung herbeizuschaffen, und verlor des-
halb seine Gefangenen nach wenigen Tagen wieder.



Die Schwalme oder Eulenschwalben (Podargi) weichen von den übrigen Sperrvögeln
nicht unwesentlich ab und sind deshalb neuerdings auch gänzlich von ihnen getrennt, ja sogar andern
Ordnungen zugewiesen worden. Cabanis hat sie mit d[e]n Raken und Rachenvögeln zu einer Familie
vereinigt, und es läßt sich allerdings nicht verkennen, daß sie namentlich mit den letzteren eine gewisse
Aehnlichkeit zeigen, so weit es sich um den Bau des Schnabels handelt; berücksichtigt man jedoch
sämmtliche Merkmale der Schwalme, so wird man sich wohl der allgemeinen Ansicht anschließen, und
sie in die Nähe der Nachtschatten stellen müssen. Mit diesen haben sie auch in der Lebensweise Man-
ches gemein.

Der Leib der Schwalme ist gestreckt, der Hals ist kurz, der Kopf breit und flach, der Flügel
aber verhältnißmäßig kurz und stumpf, der Schwanz verhältnißmäßig lang, der Fuß hoch und kräftig.
Der Schnabel hat nur insofern Aehnlichkeit mit dem der Nachtschwalben, als er sich sehr tief spaltet;
in jeder andern Hinsicht unterscheidet er sich auffallend genug. Er ist groß, platt, an der Wurzel sehr
breit, breiter als die Stirn, an der Spitze hakig gebogen und durchaus hornig; beide Kiefern sind
ungefähr gleich lang, glatt d. h. zahnlos, die Ränder der Kinnladen sind unbefiedert, die Mundöffnung
spaltet sich bis hinter die Augen; die Nasenlöcher liegen nicht auf der Mitte, sondern nahe der Wurzel,
theilweise unter den Stirnfedern verborgen. Die Läufe der Füße sind kurz, aber doch viel höher als
bei den Nachtschwalben; drei Zehen richten sich nach vorn, eine entschieden nach hinten; von eigent-
lichen Wendezehen ist nicht mehr zu reden. Das Gefieder ist weich und düsterfarbig, wie bei den
meisten Ziegenmelkern; die Federn am Schnabelgrund, und bei einigen Arten die der Ohrgegend sind
zu borstenartigen Gebilden umgewandelt.

Alle bis jetzt bekannten Arten der Schwalme leben in den Waldungen Südasiens und Neuhol-
lands, einige auf den betreffenden Festländern, andere auf den großen Eilanden jener Erdgegend.
Jhre Lebensweise ist noch wenig erforscht; so viel aber weiß man, daß sie von den Sitten und
Gewohnheiten der Nachtschwalben sehr wesentlich abweicht. Aber auch die einzelnen Arten der
Familie selbst unterscheiden sich in ihrem Treiben und Wesen, und so läßt sich zur Zeit etwas allgemein
Giltiges über die Gesammtheit kaum sagen.

Die Fänger. Sperrvögel. Schwalme.
als hinge derſelbe einfach herab; gewöhnlich ſtützt er ſich dazu noch auf die Handgelenke ſeiner beiden
Flügel. Beim Fortkriechen richtet er den Schwanz ein wenig auf, ſchiebt den Kopf vorwärts, und
ſucht ſich durch allerlei Schwenkungen und ſonderbare ſchlangenhafte Bewegungen mit dem Kopfe und
Hals im Gleichgewicht zu erhalten. Fliegend und noch mehr bei Erregung ſtößt er eine heiſer kräch-
zende, aber doch laute Stimme aus, welche ſo eigenthümlich und widerlich iſt, daß ſie auch in einer
freundlicheren Umgebung unangenehm oder grauenhaft wirken müßte. Die Nahrung beſteht gewiß
aus Früchten, deren Körner jedoch nicht ausgeſpieen, ſondern mit dem Koth ausgeſchieden werden.
Um die Neſter herum häufen die freßwüthigen Jungen nach und nach Schichten von Koth und Samen
an, welche bis 10 Zoll hoch werden können und allerdings wie die Wände eines Napfes erſcheinen.
Aus Lehm oder ähnlichen Stoffen erbaut ſich der Guacharo ſein Neſt nicht. Er legt ſeine weißen
birnförmigen Eier ohne jegliche Unterlage in Felſenritzen. Männchen und Weibchen brüten abwech-
ſelnd. Die Jungen ſind Mißgeſtalten der traurigſten Art; ſie vermögen ſich auch nicht eher zu
bewegen, als bis ihr Gefieder ſich vollkommen entwickelt hat. Jhre Gefräßigkeit iſt ungeheuer groß:
ſie fallen, wenn ſie erregt werden, einander wüthend an, packen mit ihrem Schnabel Alles, was in
den Bereich deſſelben geräth, ſogar ihre eigenen Füße oder Flügel, und laſſen das einmal Ergriffene
nur höchſt ungern wieder los. Groß verſuchte einige von denen, welche er aus den Neſtern nahm,
groß zu ziehen, war jedoch nicht im Stande, die geeignete Nahrung herbeizuſchaffen, und verlor des-
halb ſeine Gefangenen nach wenigen Tagen wieder.



Die Schwalme oder Eulenſchwalben (Podargi) weichen von den übrigen Sperrvögeln
nicht unweſentlich ab und ſind deshalb neuerdings auch gänzlich von ihnen getrennt, ja ſogar andern
Ordnungen zugewieſen worden. Cabanis hat ſie mit d[e]n Raken und Rachenvögeln zu einer Familie
vereinigt, und es läßt ſich allerdings nicht verkennen, daß ſie namentlich mit den letzteren eine gewiſſe
Aehnlichkeit zeigen, ſo weit es ſich um den Bau des Schnabels handelt; berückſichtigt man jedoch
ſämmtliche Merkmale der Schwalme, ſo wird man ſich wohl der allgemeinen Anſicht anſchließen, und
ſie in die Nähe der Nachtſchatten ſtellen müſſen. Mit dieſen haben ſie auch in der Lebensweiſe Man-
ches gemein.

Der Leib der Schwalme iſt geſtreckt, der Hals iſt kurz, der Kopf breit und flach, der Flügel
aber verhältnißmäßig kurz und ſtumpf, der Schwanz verhältnißmäßig lang, der Fuß hoch und kräftig.
Der Schnabel hat nur inſofern Aehnlichkeit mit dem der Nachtſchwalben, als er ſich ſehr tief ſpaltet;
in jeder andern Hinſicht unterſcheidet er ſich auffallend genug. Er iſt groß, platt, an der Wurzel ſehr
breit, breiter als die Stirn, an der Spitze hakig gebogen und durchaus hornig; beide Kiefern ſind
ungefähr gleich lang, glatt d. h. zahnlos, die Ränder der Kinnladen ſind unbefiedert, die Mundöffnung
ſpaltet ſich bis hinter die Augen; die Naſenlöcher liegen nicht auf der Mitte, ſondern nahe der Wurzel,
theilweiſe unter den Stirnfedern verborgen. Die Läufe der Füße ſind kurz, aber doch viel höher als
bei den Nachtſchwalben; drei Zehen richten ſich nach vorn, eine entſchieden nach hinten; von eigent-
lichen Wendezehen iſt nicht mehr zu reden. Das Gefieder iſt weich und düſterfarbig, wie bei den
meiſten Ziegenmelkern; die Federn am Schnabelgrund, und bei einigen Arten die der Ohrgegend ſind
zu borſtenartigen Gebilden umgewandelt.

Alle bis jetzt bekannten Arten der Schwalme leben in den Waldungen Südaſiens und Neuhol-
lands, einige auf den betreffenden Feſtländern, andere auf den großen Eilanden jener Erdgegend.
Jhre Lebensweiſe iſt noch wenig erforſcht; ſo viel aber weiß man, daß ſie von den Sitten und
Gewohnheiten der Nachtſchwalben ſehr weſentlich abweicht. Aber auch die einzelnen Arten der
Familie ſelbſt unterſcheiden ſich in ihrem Treiben und Weſen, und ſo läßt ſich zur Zeit etwas allgemein
Giltiges über die Geſammtheit kaum ſagen.

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[682/0720] Die Fänger. Sperrvögel. Schwalme. als hinge derſelbe einfach herab; gewöhnlich ſtützt er ſich dazu noch auf die Handgelenke ſeiner beiden Flügel. Beim Fortkriechen richtet er den Schwanz ein wenig auf, ſchiebt den Kopf vorwärts, und ſucht ſich durch allerlei Schwenkungen und ſonderbare ſchlangenhafte Bewegungen mit dem Kopfe und Hals im Gleichgewicht zu erhalten. Fliegend und noch mehr bei Erregung ſtößt er eine heiſer kräch- zende, aber doch laute Stimme aus, welche ſo eigenthümlich und widerlich iſt, daß ſie auch in einer freundlicheren Umgebung unangenehm oder grauenhaft wirken müßte. Die Nahrung beſteht gewiß aus Früchten, deren Körner jedoch nicht ausgeſpieen, ſondern mit dem Koth ausgeſchieden werden. Um die Neſter herum häufen die freßwüthigen Jungen nach und nach Schichten von Koth und Samen an, welche bis 10 Zoll hoch werden können und allerdings wie die Wände eines Napfes erſcheinen. Aus Lehm oder ähnlichen Stoffen erbaut ſich der Guacharo ſein Neſt nicht. Er legt ſeine weißen birnförmigen Eier ohne jegliche Unterlage in Felſenritzen. Männchen und Weibchen brüten abwech- ſelnd. Die Jungen ſind Mißgeſtalten der traurigſten Art; ſie vermögen ſich auch nicht eher zu bewegen, als bis ihr Gefieder ſich vollkommen entwickelt hat. Jhre Gefräßigkeit iſt ungeheuer groß: ſie fallen, wenn ſie erregt werden, einander wüthend an, packen mit ihrem Schnabel Alles, was in den Bereich deſſelben geräth, ſogar ihre eigenen Füße oder Flügel, und laſſen das einmal Ergriffene nur höchſt ungern wieder los. Groß verſuchte einige von denen, welche er aus den Neſtern nahm, groß zu ziehen, war jedoch nicht im Stande, die geeignete Nahrung herbeizuſchaffen, und verlor des- halb ſeine Gefangenen nach wenigen Tagen wieder. Die Schwalme oder Eulenſchwalben (Podargi) weichen von den übrigen Sperrvögeln nicht unweſentlich ab und ſind deshalb neuerdings auch gänzlich von ihnen getrennt, ja ſogar andern Ordnungen zugewieſen worden. Cabanis hat ſie mit den Raken und Rachenvögeln zu einer Familie vereinigt, und es läßt ſich allerdings nicht verkennen, daß ſie namentlich mit den letzteren eine gewiſſe Aehnlichkeit zeigen, ſo weit es ſich um den Bau des Schnabels handelt; berückſichtigt man jedoch ſämmtliche Merkmale der Schwalme, ſo wird man ſich wohl der allgemeinen Anſicht anſchließen, und ſie in die Nähe der Nachtſchatten ſtellen müſſen. Mit dieſen haben ſie auch in der Lebensweiſe Man- ches gemein. Der Leib der Schwalme iſt geſtreckt, der Hals iſt kurz, der Kopf breit und flach, der Flügel aber verhältnißmäßig kurz und ſtumpf, der Schwanz verhältnißmäßig lang, der Fuß hoch und kräftig. Der Schnabel hat nur inſofern Aehnlichkeit mit dem der Nachtſchwalben, als er ſich ſehr tief ſpaltet; in jeder andern Hinſicht unterſcheidet er ſich auffallend genug. Er iſt groß, platt, an der Wurzel ſehr breit, breiter als die Stirn, an der Spitze hakig gebogen und durchaus hornig; beide Kiefern ſind ungefähr gleich lang, glatt d. h. zahnlos, die Ränder der Kinnladen ſind unbefiedert, die Mundöffnung ſpaltet ſich bis hinter die Augen; die Naſenlöcher liegen nicht auf der Mitte, ſondern nahe der Wurzel, theilweiſe unter den Stirnfedern verborgen. Die Läufe der Füße ſind kurz, aber doch viel höher als bei den Nachtſchwalben; drei Zehen richten ſich nach vorn, eine entſchieden nach hinten; von eigent- lichen Wendezehen iſt nicht mehr zu reden. Das Gefieder iſt weich und düſterfarbig, wie bei den meiſten Ziegenmelkern; die Federn am Schnabelgrund, und bei einigen Arten die der Ohrgegend ſind zu borſtenartigen Gebilden umgewandelt. Alle bis jetzt bekannten Arten der Schwalme leben in den Waldungen Südaſiens und Neuhol- lands, einige auf den betreffenden Feſtländern, andere auf den großen Eilanden jener Erdgegend. Jhre Lebensweiſe iſt noch wenig erforſcht; ſo viel aber weiß man, daß ſie von den Sitten und Gewohnheiten der Nachtſchwalben ſehr weſentlich abweicht. Aber auch die einzelnen Arten der Familie ſelbſt unterſcheiden ſich in ihrem Treiben und Weſen, und ſo läßt ſich zur Zeit etwas allgemein Giltiges über die Geſammtheit kaum ſagen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 682. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/720>, abgerufen am 22.11.2024.