Felsen entlang hin und her, schwenkt ungemein schnell um alle Ecken herum und in alle Klüfte hinein, setzt sich aber sehr selten. Zuweilen entfernt sie sich von den Felsen, aber nie weit davon und selten, meist nur, wenn die Jungen erst flügge geworden sind, senkt sie sich etwas abwärts, fliegt dann um die Wipfel der Tannen, die sich hier und da am Fuße der Felsen befinden und äzt die gierig nach- fliegenden Jungen. Sie ist viel stiller und weniger lebhaft als die neben ihr wohnende Hausschwalbe. Zuweilen spielt sie auf Felsenvorsprüngen sitzend, indem zwei gegen einander die Flügel lebhaft bewegen und dann sehr schnell unter dem Rufe "Dwi, dwi, dwi" auf einander stürzen, dann aber plötzlich und mit manchfaltigen Schwenkungen davon fliegen. Die Lockstimme ist oft tief und heiser "Drü, drü, drü".
Die Nester der Felsenschwalbe sieht man da, wo sie vorkommt, an Felsenwänden hängen, oft gar nicht hoch über dem Fuße der Wand, immer aber an Stellen, wo vorspringende Steine sie von oben her schützen. Sie ähneln am meisten denen unserer Rauchschwalbe; denn sie sind oben offen. Homeyer behauptet freilich das Gegentheil und vergleicht die Nester mit denen der Mehlschwalbe; er mag sich aber, da er die Nester nicht untersuchen konnte, geirrt und sie mit denen der Mehlschwalbe selbst verwechselt haben. An manchen Orten sieht man mehrere dieser Nester zusammen, jedoch nie- mals so dicht, wie bei den Mehlschwalben, wie denn auch eine Ansiedlung der Felsenschwalbe nicht entfernt dieselbe Nesterzahl enthält, wie die Siedlung der Mehlschwalbe. Genaueres vermag ich nicht zu sagen, weil ich niemals eine Brutansiedlung gefunden habe, welche eine Untersuchung der Nester zugelassen hätte. Auch andere Beobachter scheinen nicht glücklicher gewesen zu sein. Doch wissen wir, daß das Gelege aus drei bis fünf Eiern besteht, welche auf weißem Grunde röthlich getüpfelt sind. Nester der egyptischen Felsenschwalbe habe ich oft untersucht, und zwar häufiger noch in alten, unbewohnten Gebäuden, als an Felswänden. Sie waren oben stets offen. Die drei bis fünf Eier entsprachen der eben gegebenen Beschreibung. Schon Ende Mais beobachteten wir an einer Felswand des Monserrat junge Felsenschwalben, wie es schien solche, welche erst vor wenig Tagen das Nest verlassen hatten; denn sie wurden von den Alten noch gefüttert. Dies geschieht, wie schon Schinz beobachtete, im Fluge, indem Junge und Alte gegen einander anfliegen und beide sich dann flatternd auf ein und derselben Stelle erhalten, bis ersteres das ihm zugereichte Kerbthier glücklich gepackt hat.
Ueber die Feinde der Felsenschwalbe weiß ich nichts Gewisses anzugeben. Auch sie wird wahr- scheinlich von dem kleinen, gewandten Edelfalken zu leiden haben. Der Mensch verfolgt sie, soviel mir bekannt, nirgends.
Viel genauer ist uns das Leben der Ufer-, Erd-, Sand- oder Wasserschwalbe (Cotyle riparia) bekannt. Sie ist schon den Alten aufgefallen und ihre Thätigkeit in eigenthümlicher Weise erklärt worden. "Jn der Mündung des Nils bei Heraklia in Egypten", sagt Plinius, "bauen die Schwalben Nest an Nest, und setzen dadurch den Ueberschwemmungen des Stromes einen undurchdring- lichen Wall entgegen von fast einem Stadium Länge, welchen Menschenhand kaum zu Stande bringen würde. Jn eben diesem Egypten liegt neben der Stadt Koptos eine dem Jsis geheiligte Jnsel, welche von den Schwalben mit vieler Mühe befestigt wird, damit der Nil sie nicht benage. Mit Beginn des Frühlings befestigen sie die Stirnseite der Jnsel durch Spreu und Stroh und üben ihre Arbeit drei Tage und Nächte hinter einander mit solcher Emsigkeit, daß viele an Erschöpfung sterben. Jedes Jahr steht dieselbe Arbeit ihnen aufs neue bevor." Es ist leicht einzusehen, daß der Nestbau der Uferschwalbe die Ursache dieser Sage gewesen ist.
Die Uferschwalbe gehört zu den kleinsten Arten ihrer Familie. Jhre Länge beträgt höchstens 5 Zoll, ihre Breite ungefähr 11 Zoll; der Fittig mißt 4 Zoll, der Schwanz etwa 2 Zoll. Das Gefieder ist sehr einfarbig, oben aschgraubraun, auf der Unterseite weiß, in der Brustgegend durch einen aschgraubraunen Ring gezeichnet. Beide Geschlechter gleichen sich; die Jungen sind etwas dunkler gefärbt.
Felſen- und Uferſchwalbe.
Felſen entlang hin und her, ſchwenkt ungemein ſchnell um alle Ecken herum und in alle Klüfte hinein, ſetzt ſich aber ſehr ſelten. Zuweilen entfernt ſie ſich von den Felſen, aber nie weit davon und ſelten, meiſt nur, wenn die Jungen erſt flügge geworden ſind, ſenkt ſie ſich etwas abwärts, fliegt dann um die Wipfel der Tannen, die ſich hier und da am Fuße der Felſen befinden und äzt die gierig nach- fliegenden Jungen. Sie iſt viel ſtiller und weniger lebhaft als die neben ihr wohnende Hausſchwalbe. Zuweilen ſpielt ſie auf Felſenvorſprüngen ſitzend, indem zwei gegen einander die Flügel lebhaft bewegen und dann ſehr ſchnell unter dem Rufe „Dwi, dwi, dwi‟ auf einander ſtürzen, dann aber plötzlich und mit manchfaltigen Schwenkungen davon fliegen. Die Lockſtimme iſt oft tief und heiſer „Drü, drü, drü‟.
Die Neſter der Felſenſchwalbe ſieht man da, wo ſie vorkommt, an Felſenwänden hängen, oft gar nicht hoch über dem Fuße der Wand, immer aber an Stellen, wo vorſpringende Steine ſie von oben her ſchützen. Sie ähneln am meiſten denen unſerer Rauchſchwalbe; denn ſie ſind oben offen. Homeyer behauptet freilich das Gegentheil und vergleicht die Neſter mit denen der Mehlſchwalbe; er mag ſich aber, da er die Neſter nicht unterſuchen konnte, geirrt und ſie mit denen der Mehlſchwalbe ſelbſt verwechſelt haben. An manchen Orten ſieht man mehrere dieſer Neſter zuſammen, jedoch nie- mals ſo dicht, wie bei den Mehlſchwalben, wie denn auch eine Anſiedlung der Felſenſchwalbe nicht entfernt dieſelbe Neſterzahl enthält, wie die Siedlung der Mehlſchwalbe. Genaueres vermag ich nicht zu ſagen, weil ich niemals eine Brutanſiedlung gefunden habe, welche eine Unterſuchung der Neſter zugelaſſen hätte. Auch andere Beobachter ſcheinen nicht glücklicher geweſen zu ſein. Doch wiſſen wir, daß das Gelege aus drei bis fünf Eiern beſteht, welche auf weißem Grunde röthlich getüpfelt ſind. Neſter der egyptiſchen Felſenſchwalbe habe ich oft unterſucht, und zwar häufiger noch in alten, unbewohnten Gebäuden, als an Felswänden. Sie waren oben ſtets offen. Die drei bis fünf Eier entſprachen der eben gegebenen Beſchreibung. Schon Ende Mais beobachteten wir an einer Felswand des Monſerrat junge Felſenſchwalben, wie es ſchien ſolche, welche erſt vor wenig Tagen das Neſt verlaſſen hatten; denn ſie wurden von den Alten noch gefüttert. Dies geſchieht, wie ſchon Schinz beobachtete, im Fluge, indem Junge und Alte gegen einander anfliegen und beide ſich dann flatternd auf ein und derſelben Stelle erhalten, bis erſteres das ihm zugereichte Kerbthier glücklich gepackt hat.
Ueber die Feinde der Felſenſchwalbe weiß ich nichts Gewiſſes anzugeben. Auch ſie wird wahr- ſcheinlich von dem kleinen, gewandten Edelfalken zu leiden haben. Der Menſch verfolgt ſie, ſoviel mir bekannt, nirgends.
Viel genauer iſt uns das Leben der Ufer-, Erd-, Sand- oder Waſſerſchwalbe (Cotyle riparia) bekannt. Sie iſt ſchon den Alten aufgefallen und ihre Thätigkeit in eigenthümlicher Weiſe erklärt worden. „Jn der Mündung des Nils bei Heraklia in Egypten‟, ſagt Plinius, „bauen die Schwalben Neſt an Neſt, und ſetzen dadurch den Ueberſchwemmungen des Stromes einen undurchdring- lichen Wall entgegen von faſt einem Stadium Länge, welchen Menſchenhand kaum zu Stande bringen würde. Jn eben dieſem Egypten liegt neben der Stadt Koptos eine dem Jſis geheiligte Jnſel, welche von den Schwalben mit vieler Mühe befeſtigt wird, damit der Nil ſie nicht benage. Mit Beginn des Frühlings befeſtigen ſie die Stirnſeite der Jnſel durch Spreu und Stroh und üben ihre Arbeit drei Tage und Nächte hinter einander mit ſolcher Emſigkeit, daß viele an Erſchöpfung ſterben. Jedes Jahr ſteht dieſelbe Arbeit ihnen aufs neue bevor.‟ Es iſt leicht einzuſehen, daß der Neſtbau der Uferſchwalbe die Urſache dieſer Sage geweſen iſt.
Die Uferſchwalbe gehört zu den kleinſten Arten ihrer Familie. Jhre Länge beträgt höchſtens 5 Zoll, ihre Breite ungefähr 11 Zoll; der Fittig mißt 4 Zoll, der Schwanz etwa 2 Zoll. Das Gefieder iſt ſehr einfarbig, oben aſchgraubraun, auf der Unterſeite weiß, in der Bruſtgegend durch einen aſchgraubraunen Ring gezeichnet. Beide Geſchlechter gleichen ſich; die Jungen ſind etwas dunkler gefärbt.
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[639/0675]
Felſen- und Uferſchwalbe.
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meiſt nur, wenn die Jungen erſt flügge geworden ſind, ſenkt ſie ſich etwas abwärts, fliegt dann um
die Wipfel der Tannen, die ſich hier und da am Fuße der Felſen befinden und äzt die gierig nach-
fliegenden Jungen. Sie iſt viel ſtiller und weniger lebhaft als die neben ihr wohnende Hausſchwalbe.
Zuweilen ſpielt ſie auf Felſenvorſprüngen ſitzend, indem zwei gegen einander die Flügel lebhaft
bewegen und dann ſehr ſchnell unter dem Rufe „Dwi, dwi, dwi‟ auf einander ſtürzen, dann aber
plötzlich und mit manchfaltigen Schwenkungen davon fliegen. Die Lockſtimme iſt oft tief und heiſer
„Drü, drü, drü‟.
Die Neſter der Felſenſchwalbe ſieht man da, wo ſie vorkommt, an Felſenwänden hängen, oft gar
nicht hoch über dem Fuße der Wand, immer aber an Stellen, wo vorſpringende Steine ſie von oben
her ſchützen. Sie ähneln am meiſten denen unſerer Rauchſchwalbe; denn ſie ſind oben offen.
Homeyer behauptet freilich das Gegentheil und vergleicht die Neſter mit denen der Mehlſchwalbe;
er mag ſich aber, da er die Neſter nicht unterſuchen konnte, geirrt und ſie mit denen der Mehlſchwalbe
ſelbſt verwechſelt haben. An manchen Orten ſieht man mehrere dieſer Neſter zuſammen, jedoch nie-
mals ſo dicht, wie bei den Mehlſchwalben, wie denn auch eine Anſiedlung der Felſenſchwalbe nicht
entfernt dieſelbe Neſterzahl enthält, wie die Siedlung der Mehlſchwalbe. Genaueres vermag ich nicht
zu ſagen, weil ich niemals eine Brutanſiedlung gefunden habe, welche eine Unterſuchung der Neſter
zugelaſſen hätte. Auch andere Beobachter ſcheinen nicht glücklicher geweſen zu ſein. Doch wiſſen
wir, daß das Gelege aus drei bis fünf Eiern beſteht, welche auf weißem Grunde röthlich getüpfelt
ſind. Neſter der egyptiſchen Felſenſchwalbe habe ich oft unterſucht, und zwar häufiger noch in alten,
unbewohnten Gebäuden, als an Felswänden. Sie waren oben ſtets offen. Die drei bis fünf Eier
entſprachen der eben gegebenen Beſchreibung. Schon Ende Mais beobachteten wir an einer Felswand
des Monſerrat junge Felſenſchwalben, wie es ſchien ſolche, welche erſt vor wenig Tagen das Neſt
verlaſſen hatten; denn ſie wurden von den Alten noch gefüttert. Dies geſchieht, wie ſchon Schinz
beobachtete, im Fluge, indem Junge und Alte gegen einander anfliegen und beide ſich dann flatternd
auf ein und derſelben Stelle erhalten, bis erſteres das ihm zugereichte Kerbthier glücklich gepackt hat.
Ueber die Feinde der Felſenſchwalbe weiß ich nichts Gewiſſes anzugeben. Auch ſie wird wahr-
ſcheinlich von dem kleinen, gewandten Edelfalken zu leiden haben. Der Menſch verfolgt ſie, ſoviel
mir bekannt, nirgends.
Viel genauer iſt uns das Leben der Ufer-, Erd-, Sand- oder Waſſerſchwalbe (Cotyle
riparia) bekannt. Sie iſt ſchon den Alten aufgefallen und ihre Thätigkeit in eigenthümlicher Weiſe
erklärt worden. „Jn der Mündung des Nils bei Heraklia in Egypten‟, ſagt Plinius, „bauen die
Schwalben Neſt an Neſt, und ſetzen dadurch den Ueberſchwemmungen des Stromes einen undurchdring-
lichen Wall entgegen von faſt einem Stadium Länge, welchen Menſchenhand kaum zu Stande
bringen würde. Jn eben dieſem Egypten liegt neben der Stadt Koptos eine dem Jſis geheiligte
Jnſel, welche von den Schwalben mit vieler Mühe befeſtigt wird, damit der Nil ſie nicht benage.
Mit Beginn des Frühlings befeſtigen ſie die Stirnſeite der Jnſel durch Spreu und Stroh und üben
ihre Arbeit drei Tage und Nächte hinter einander mit ſolcher Emſigkeit, daß viele an Erſchöpfung
ſterben. Jedes Jahr ſteht dieſelbe Arbeit ihnen aufs neue bevor.‟ Es iſt leicht einzuſehen, daß
der Neſtbau der Uferſchwalbe die Urſache dieſer Sage geweſen iſt.
Die Uferſchwalbe gehört zu den kleinſten Arten ihrer Familie. Jhre Länge beträgt höchſtens
5 Zoll, ihre Breite ungefähr 11 Zoll; der Fittig mißt 4 Zoll, der Schwanz etwa 2 Zoll. Das
Gefieder iſt ſehr einfarbig, oben aſchgraubraun, auf der Unterſeite weiß, in der Bruſtgegend durch
einen aſchgraubraunen Ring gezeichnet. Beide Geſchlechter gleichen ſich; die Jungen ſind etwas
dunkler gefärbt.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/675>, abgerufen am 25.11.2024.
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