sehr beschränkten Raumes. Die Fluggewandtheit und der weite Rachen sind zu solcher Jagd uner- läßlich: es gilt, den höchst verschiedenartigen Flug des Kerbthiers in jeder Hinsicht zu überbieten und es mit möglichster Sicherheit und ohne Zeitverlust in den Magen zu befördern. Letzteres geschieht ohne jeglichen Aufenthalt: das gefangene Kerbthier wird verschluckt, ohne vorher getödtet und zerlegt worden zu sein.
Der Bedarf an Nahrung steht im Verhältniß zu der bei Erbeutung derselben aufgewendeten Kraft. Alle Sperrvögel sind gefräßig, die schnellsten unter ihnen am gefräßigsten. Sie fressen, so lange sie jagen, sie jagen, so lange sie etwas Genießbares zu finden glauben. Demungeachtet werden nur wenige von ihnen fett; die große Menge scheint stets hungrig zu sein. Jm Nothfalle können sie aber auch tage- oder wochenlang hungern.
Brutgeschäft und Vermehrung unserer Vögel sind sehr verschieden. Das Nest kann eine kaum merkliche Vertiefung im Boden oder ein Kunstbau eigenthümlicher Art sein; es kann im Junern einer vorgefundenen oder selbstgegrabenen Höhle erbaut oder in der Riefe eines breiten Blattes ange- leimt werden. Die Anzahl der Eier, welche nach Gestalt und Zeichnung sehr verschieden sind, schwankt zwischen zwei und sechs. Jn der Regel scheint nur das Weibchen zu brüten; es wird dabei jedoch vom Männchen unterstützt, indem dieses ihm ab und zu Nahrung bringt. An der Aufzucht der Jungen betheiligen sich beide Eltern. Jn guten Jahren brüten manche Arten zweimal; die Mehrzahl aber erzeugt im Jahre nur eine einzige Brut.
Auch die Sperrvögel haben von Schmarotzern und Feinden zu leiden; die Anzahl der letzteren ist jedoch verhältnißmäßig gering. Gewandtheit und Schnelligkeit sind immer ausgezeichnete Schutzmittel kleiner und wehrloser Thiere; sie helfen auch den Sperrvögeln über so manche Gefahren hinweg. Viele von ihnen sind sich ihrer Sicherheit so bewußt, daß sie sich ein Vergnügen daraus machen, Raub- thiere zu ärgern und andere bedrohte Geschöpfe vor ihnen zu warnen. Doch ist auch die schnellste Schwalbe dem gewandtesten Falken nicht schnell genug und blutet gar oft in seiner Klaue. Wiesel und Ratten thun den Sperrvögeln ebenfalls manches Leid an, und Schmarotzer plagen einige oft ent- setzlich. Der Mensch gesellt sich nur ausnahmsweise zu den Feinden unserer Vögel. Die bekann- testen Arten haben sich durch ihr liebenswürdiges, zuthunliches Wesen seine Freundschaft erkauft und sich eine gewisse Hochachtung erworben, welche sie als unantastbar erscheinen läßt. Das Volk sieht in ihnen heilige Vögel, und das Volk hat Recht. Heilig sind und sollen uns sein alle Geschöpfe, welche uns nur Nutzen bringen, niemals Schaden zufügen können.
Als die edelsten Sperrvögel betrachten wir die Schwalben (Hirundines). Sie sind klein, zierlich gestaltet, breitbrüstig, kurzhälsig und plattköpfig. Der Schnabel ist kurz, platt, an der Wurzel viel breiter, als an der Spitze, daher fast dreieckig, mit der Spitze des Oberschnabels etwas über- gekrümmt; die Nachenöffnung ist bis gegen die Augen hin gespalten. Der Fuß ist kurz und schwach; die Zehen, von deuen drei nach vorn sich richten, sind ebenfalls schwach und zart, ihre Nägel dünn. Der Flügel ist lang, schmal und zugespitzt; sein Hand- und Armtheil tragen je neun Schwungfedern, unter denen die erste alle übrigen überragt, nicht aber gänzlich fehlt, wie einzelne Forscher behauptet haben. Der Schwanz besteht aus zwölf Federn, deren äußerste die längsten sind und die mittleren oft sehr beträchtlich überragen. Das Gefieder besteht zumeist aus kurzen Federn, welche sich wenig abnutzen und immer glatt anliegen; die oft metallischglänzenden Farben pflegen große Felder zu bilden. Beide Geschlechter sind hinsichtlich der Färbung wenig verschieden; die Jungen hingegen tragen kurze Zeit ein von dem ihrer Eltern abweichendes Kleid.
Der innere Bau des Schwalbenleibes stimmt im Allgemeinen mit dem Bau der Sänger überein. Eigenthümlich aber sind allen Schwalben der sehr kurze Oberarm, welcher nur die Länge des Mittel- handknochens hat, und die am Seitenrande merklich eingezogenen Gaumenbeine. Blos die Hiruschale
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Allgemeines.
ſehr beſchränkten Raumes. Die Fluggewandtheit und der weite Rachen ſind zu ſolcher Jagd uner- läßlich: es gilt, den höchſt verſchiedenartigen Flug des Kerbthiers in jeder Hinſicht zu überbieten und es mit möglichſter Sicherheit und ohne Zeitverluſt in den Magen zu befördern. Letzteres geſchieht ohne jeglichen Aufenthalt: das gefangene Kerbthier wird verſchluckt, ohne vorher getödtet und zerlegt worden zu ſein.
Der Bedarf an Nahrung ſteht im Verhältniß zu der bei Erbeutung derſelben aufgewendeten Kraft. Alle Sperrvögel ſind gefräßig, die ſchnellſten unter ihnen am gefräßigſten. Sie freſſen, ſo lange ſie jagen, ſie jagen, ſo lange ſie etwas Genießbares zu finden glauben. Demungeachtet werden nur wenige von ihnen fett; die große Menge ſcheint ſtets hungrig zu ſein. Jm Nothfalle können ſie aber auch tage- oder wochenlang hungern.
Brutgeſchäft und Vermehrung unſerer Vögel ſind ſehr verſchieden. Das Neſt kann eine kaum merkliche Vertiefung im Boden oder ein Kunſtbau eigenthümlicher Art ſein; es kann im Junern einer vorgefundenen oder ſelbſtgegrabenen Höhle erbaut oder in der Riefe eines breiten Blattes ange- leimt werden. Die Anzahl der Eier, welche nach Geſtalt und Zeichnung ſehr verſchieden ſind, ſchwankt zwiſchen zwei und ſechs. Jn der Regel ſcheint nur das Weibchen zu brüten; es wird dabei jedoch vom Männchen unterſtützt, indem dieſes ihm ab und zu Nahrung bringt. An der Aufzucht der Jungen betheiligen ſich beide Eltern. Jn guten Jahren brüten manche Arten zweimal; die Mehrzahl aber erzeugt im Jahre nur eine einzige Brut.
Auch die Sperrvögel haben von Schmarotzern und Feinden zu leiden; die Anzahl der letzteren iſt jedoch verhältnißmäßig gering. Gewandtheit und Schnelligkeit ſind immer ausgezeichnete Schutzmittel kleiner und wehrloſer Thiere; ſie helfen auch den Sperrvögeln über ſo manche Gefahren hinweg. Viele von ihnen ſind ſich ihrer Sicherheit ſo bewußt, daß ſie ſich ein Vergnügen daraus machen, Raub- thiere zu ärgern und andere bedrohte Geſchöpfe vor ihnen zu warnen. Doch iſt auch die ſchnellſte Schwalbe dem gewandteſten Falken nicht ſchnell genug und blutet gar oft in ſeiner Klaue. Wieſel und Ratten thun den Sperrvögeln ebenfalls manches Leid an, und Schmarotzer plagen einige oft ent- ſetzlich. Der Menſch geſellt ſich nur ausnahmsweiſe zu den Feinden unſerer Vögel. Die bekann- teſten Arten haben ſich durch ihr liebenswürdiges, zuthunliches Weſen ſeine Freundſchaft erkauft und ſich eine gewiſſe Hochachtung erworben, welche ſie als unantaſtbar erſcheinen läßt. Das Volk ſieht in ihnen heilige Vögel, und das Volk hat Recht. Heilig ſind und ſollen uns ſein alle Geſchöpfe, welche uns nur Nutzen bringen, niemals Schaden zufügen können.
Als die edelſten Sperrvögel betrachten wir die Schwalben (Hirundines). Sie ſind klein, zierlich geſtaltet, breitbrüſtig, kurzhälſig und plattköpfig. Der Schnabel iſt kurz, platt, an der Wurzel viel breiter, als an der Spitze, daher faſt dreieckig, mit der Spitze des Oberſchnabels etwas über- gekrümmt; die Nachenöffnung iſt bis gegen die Augen hin geſpalten. Der Fuß iſt kurz und ſchwach; die Zehen, von deuen drei nach vorn ſich richten, ſind ebenfalls ſchwach und zart, ihre Nägel dünn. Der Flügel iſt lang, ſchmal und zugeſpitzt; ſein Hand- und Armtheil tragen je neun Schwungfedern, unter denen die erſte alle übrigen überragt, nicht aber gänzlich fehlt, wie einzelne Forſcher behauptet haben. Der Schwanz beſteht aus zwölf Federn, deren äußerſte die längſten ſind und die mittleren oft ſehr beträchtlich überragen. Das Gefieder beſteht zumeiſt aus kurzen Federn, welche ſich wenig abnutzen und immer glatt anliegen; die oft metalliſchglänzenden Farben pflegen große Felder zu bilden. Beide Geſchlechter ſind hinſichtlich der Färbung wenig verſchieden; die Jungen hingegen tragen kurze Zeit ein von dem ihrer Eltern abweichendes Kleid.
Der innere Bau des Schwalbenleibes ſtimmt im Allgemeinen mit dem Bau der Sänger überein. Eigenthümlich aber ſind allen Schwalben der ſehr kurze Oberarm, welcher nur die Länge des Mittel- handknochens hat, und die am Seitenrande merklich eingezogenen Gaumenbeine. Blos die Hiruſchale
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Allgemeines.
ſehr beſchränkten Raumes. Die Fluggewandtheit und der weite Rachen ſind zu ſolcher Jagd uner-
läßlich: es gilt, den höchſt verſchiedenartigen Flug des Kerbthiers in jeder Hinſicht zu überbieten und
es mit möglichſter Sicherheit und ohne Zeitverluſt in den Magen zu befördern. Letzteres geſchieht
ohne jeglichen Aufenthalt: das gefangene Kerbthier wird verſchluckt, ohne vorher getödtet und zerlegt
worden zu ſein.
Der Bedarf an Nahrung ſteht im Verhältniß zu der bei Erbeutung derſelben aufgewendeten
Kraft. Alle Sperrvögel ſind gefräßig, die ſchnellſten unter ihnen am gefräßigſten. Sie freſſen, ſo
lange ſie jagen, ſie jagen, ſo lange ſie etwas Genießbares zu finden glauben. Demungeachtet werden
nur wenige von ihnen fett; die große Menge ſcheint ſtets hungrig zu ſein. Jm Nothfalle können ſie
aber auch tage- oder wochenlang hungern.
Brutgeſchäft und Vermehrung unſerer Vögel ſind ſehr verſchieden. Das Neſt kann eine kaum
merkliche Vertiefung im Boden oder ein Kunſtbau eigenthümlicher Art ſein; es kann im Junern
einer vorgefundenen oder ſelbſtgegrabenen Höhle erbaut oder in der Riefe eines breiten Blattes ange-
leimt werden. Die Anzahl der Eier, welche nach Geſtalt und Zeichnung ſehr verſchieden ſind,
ſchwankt zwiſchen zwei und ſechs. Jn der Regel ſcheint nur das Weibchen zu brüten; es wird dabei
jedoch vom Männchen unterſtützt, indem dieſes ihm ab und zu Nahrung bringt. An der Aufzucht
der Jungen betheiligen ſich beide Eltern. Jn guten Jahren brüten manche Arten zweimal; die
Mehrzahl aber erzeugt im Jahre nur eine einzige Brut.
Auch die Sperrvögel haben von Schmarotzern und Feinden zu leiden; die Anzahl der letzteren iſt
jedoch verhältnißmäßig gering. Gewandtheit und Schnelligkeit ſind immer ausgezeichnete Schutzmittel
kleiner und wehrloſer Thiere; ſie helfen auch den Sperrvögeln über ſo manche Gefahren hinweg.
Viele von ihnen ſind ſich ihrer Sicherheit ſo bewußt, daß ſie ſich ein Vergnügen daraus machen, Raub-
thiere zu ärgern und andere bedrohte Geſchöpfe vor ihnen zu warnen. Doch iſt auch die ſchnellſte
Schwalbe dem gewandteſten Falken nicht ſchnell genug und blutet gar oft in ſeiner Klaue. Wieſel und
Ratten thun den Sperrvögeln ebenfalls manches Leid an, und Schmarotzer plagen einige oft ent-
ſetzlich. Der Menſch geſellt ſich nur ausnahmsweiſe zu den Feinden unſerer Vögel. Die bekann-
teſten Arten haben ſich durch ihr liebenswürdiges, zuthunliches Weſen ſeine Freundſchaft erkauft und
ſich eine gewiſſe Hochachtung erworben, welche ſie als unantaſtbar erſcheinen läßt. Das Volk ſieht in
ihnen heilige Vögel, und das Volk hat Recht. Heilig ſind und ſollen uns ſein alle Geſchöpfe, welche
uns nur Nutzen bringen, niemals Schaden zufügen können.
Als die edelſten Sperrvögel betrachten wir die Schwalben (Hirundines). Sie ſind klein,
zierlich geſtaltet, breitbrüſtig, kurzhälſig und plattköpfig. Der Schnabel iſt kurz, platt, an der Wurzel
viel breiter, als an der Spitze, daher faſt dreieckig, mit der Spitze des Oberſchnabels etwas über-
gekrümmt; die Nachenöffnung iſt bis gegen die Augen hin geſpalten. Der Fuß iſt kurz und ſchwach;
die Zehen, von deuen drei nach vorn ſich richten, ſind ebenfalls ſchwach und zart, ihre Nägel dünn.
Der Flügel iſt lang, ſchmal und zugeſpitzt; ſein Hand- und Armtheil tragen je neun Schwungfedern,
unter denen die erſte alle übrigen überragt, nicht aber gänzlich fehlt, wie einzelne Forſcher behauptet
haben. Der Schwanz beſteht aus zwölf Federn, deren äußerſte die längſten ſind und die mittleren
oft ſehr beträchtlich überragen. Das Gefieder beſteht zumeiſt aus kurzen Federn, welche ſich wenig
abnutzen und immer glatt anliegen; die oft metalliſchglänzenden Farben pflegen große Felder zu
bilden. Beide Geſchlechter ſind hinſichtlich der Färbung wenig verſchieden; die Jungen hingegen
tragen kurze Zeit ein von dem ihrer Eltern abweichendes Kleid.
Der innere Bau des Schwalbenleibes ſtimmt im Allgemeinen mit dem Bau der Sänger überein.
Eigenthümlich aber ſind allen Schwalben der ſehr kurze Oberarm, welcher nur die Länge des Mittel-
handknochens hat, und die am Seitenrande merklich eingezogenen Gaumenbeine. Blos die Hiruſchale
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/663>, abgerufen am 22.11.2024.
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