Tageulen zurück, und nur ein besonderes Wohlwollen läßt uns in einzelnen liebenswerthe Geschöpfe sehen. Die großen Arten kommen uns als beschränkte Wesen vor; doch sehen wir sie vielleicht mit mißgünstigerem Auge an, als sie es verdienen. Jhr auffallendes Betragen, ihre große Wuth verleiten leicht zu Schlüssen, welche möglicherweise der Wahrheit nicht entsprechen. Nahrung und Fort- pflanzung, Nutzen und Schaden und andere Lebenszüge der Ohreulen wird das Nachstehende uns kennen lehren.
Als die vollendetste Ohreule darf der vielbekannte, durch mancherlei Sagen verherrlichte "König der Nacht", unser Uhu, Schuhu, Buhu, Buhuo, Auf, Gauf und wie man ihn sonst noch nennt (Bubo maximus) angesehen werden. Er ist die größte aller Eulen. Seine Länge beträgt über 2 Fuß, die Breite über 5 Fuß; der Fittig mißt 16 Zoll, der Schwanz etwas über 10 Zoll. Das sehr reiche und dichte Gefieder ist auf der Oberseite dunkelrostgelb und schwarz geflammt, auf der Unterseite rostgelb, schwarz in die Länge gestreift. Die Federohren sind schwarz, auf der innern Seite gelb eingefaßt; die Kehle ist licht; die Schwung- und Schwanzfedern sind mit braunen und gelblichen, dunkler gewässerten Punkten abwechselnd gezeichnet. Eigentlich wechseln im Gefieder nur zwei Farben mit einander ab, ein mehr oder weniger lebhaftes Röthlichgrau und Schwarz. Jede Feder ist schwarz geschäftet und ebenso in die Quere gestreift, gewellt und zugespitzt. Auf der obern Seite treten die dunkleren Spitzen besonders hervor, auf der Unterseite und zwar hauptsächlich auf der Brust die Schaftstriche, am Bauche hingegen machen sich wieder die Querstreifen geltend. Der Schnabel ist dunkelblaugrau, die nackten Fußschilder sind lichtblaugrau, das Auge ist prachtvoll goldgelb, am äußern Rande röthlich. Männchen und Weibchen unterscheiden sich nur durch die Größe. Die Jungen pflegen gilblicher zu sein. Jn Nordasien, aber auch in Spanien trägt der Uhu ein lichteres Federkleid. Aus China haben wir einen lebenden Auf erhalten, welcher etwas kleiner und dunkler als der bei uns vorkommende ist. Aehnliche Abweichungen mögen auch sonst noch vorkommen; sie können uns aber schwerlich berechtigen, die betreffenden Vögel als besondere Arten anzusprechen.
Zur Zeit ist es noch nicht hinlänglich festgestellt, wie weit der Uhu sich eigentlich verbreitet. Jn Europa scheint er an geeigneten Orten nirgends zu fehlen; in Asien verbreitet er sich wenigstens über die ganze Nordhälfte des Erdtheils, und auch in den Atlasländern kommt er vor. Jn Nordostafrika vertritt ihn eine ähnliche Art, der kurzöhrige Uhu (Bubo ascalaphus), im Jnnern des Erdtheils der ihm an Größe gleichkommende milchweiße Schuhu (Bubo-Nyctaetos-lacteus) und dessen ihm sehr ähnlicher Verwandter Bubo cinerascens, im Norden Amerikas der kleine virginische Uhu (Bubo virginianus) u. s. w. Jn ihrem Leben und Treiben, in Wesen und Betragen ähneln sich alle diese großen Eulen mehr oder minder, sodaß es gewiß für uns genügend ist, wenn wir uns auf ein Lebensbild der deutschen Art beschränken.
Der Uhu bevorzugt gebirgige Gegenden, aus dem ganz einfachen Grunde, weil sie ihm die besten Schlupfwinkel gewähren. Jn den Ebenen findet er sich fast ausschließlich da, wo es große Wal- dungen gibt. Wälder mit steilen Felswänden sagen ihm besonders zu, und manche günstige Oertlichkeit wird seit Menschengedenken von Uhus bewohnt. Es kann vorkommen, daß ein Paar ausgerottet wurde und man in dem betreffenden Gebiet jahrelang keinen Uhu bemerkte; dann plötzlich hat sich wieder ein Pärchen angesiedelt, gewöhnlich genau auf derselben Stelle, und dieses verweilt nun so lange hier, als der Mensch es ihm gestattet -- denn eines sogenannten natürlichen Todes stirbt bei uns zu Lande wohl kaum ein Uhu mehr. Nicht immer erwählt sich das Paar die abgelegensten Wald- und Felsstellen zu seinem Aufenthalte, gar nicht selten vielmehr geschieht es, daß es sich in unmittel- barer Nähe des Menschen ansiedelt. So fanden wir ein Uhupaar dicht vor den Ringmauern der spanischen Stadt Jativa horstend; so erhielt Lenz junge Uhus, welche auf dem Dachboden einer tief im Walde gelegenen Fabrik ausgebrütet worden waren. Demungeachtet macht sich der Uhu nicht
Die Fänger. Raubvögel. Ohreulen.
Tageulen zurück, und nur ein beſonderes Wohlwollen läßt uns in einzelnen liebenswerthe Geſchöpfe ſehen. Die großen Arten kommen uns als beſchränkte Weſen vor; doch ſehen wir ſie vielleicht mit mißgünſtigerem Auge an, als ſie es verdienen. Jhr auffallendes Betragen, ihre große Wuth verleiten leicht zu Schlüſſen, welche möglicherweiſe der Wahrheit nicht entſprechen. Nahrung und Fort- pflanzung, Nutzen und Schaden und andere Lebenszüge der Ohreulen wird das Nachſtehende uns kennen lehren.
Als die vollendetſte Ohreule darf der vielbekannte, durch mancherlei Sagen verherrlichte „König der Nacht‟, unſer Uhu, Schuhu, Buhu, Buhuo, Auf, Gauf und wie man ihn ſonſt noch nennt (Bubo maximus) angeſehen werden. Er iſt die größte aller Eulen. Seine Länge beträgt über 2 Fuß, die Breite über 5 Fuß; der Fittig mißt 16 Zoll, der Schwanz etwas über 10 Zoll. Das ſehr reiche und dichte Gefieder iſt auf der Oberſeite dunkelroſtgelb und ſchwarz geflammt, auf der Unterſeite roſtgelb, ſchwarz in die Länge geſtreift. Die Federohren ſind ſchwarz, auf der innern Seite gelb eingefaßt; die Kehle iſt licht; die Schwung- und Schwanzfedern ſind mit braunen und gelblichen, dunkler gewäſſerten Punkten abwechſelnd gezeichnet. Eigentlich wechſeln im Gefieder nur zwei Farben mit einander ab, ein mehr oder weniger lebhaftes Röthlichgrau und Schwarz. Jede Feder iſt ſchwarz geſchäftet und ebenſo in die Quere geſtreift, gewellt und zugeſpitzt. Auf der obern Seite treten die dunkleren Spitzen beſonders hervor, auf der Unterſeite und zwar hauptſächlich auf der Bruſt die Schaftſtriche, am Bauche hingegen machen ſich wieder die Querſtreifen geltend. Der Schnabel iſt dunkelblaugrau, die nackten Fußſchilder ſind lichtblaugrau, das Auge iſt prachtvoll goldgelb, am äußern Rande röthlich. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich nur durch die Größe. Die Jungen pflegen gilblicher zu ſein. Jn Nordaſien, aber auch in Spanien trägt der Uhu ein lichteres Federkleid. Aus China haben wir einen lebenden Auf erhalten, welcher etwas kleiner und dunkler als der bei uns vorkommende iſt. Aehnliche Abweichungen mögen auch ſonſt noch vorkommen; ſie können uns aber ſchwerlich berechtigen, die betreffenden Vögel als beſondere Arten anzuſprechen.
Zur Zeit iſt es noch nicht hinlänglich feſtgeſtellt, wie weit der Uhu ſich eigentlich verbreitet. Jn Europa ſcheint er an geeigneten Orten nirgends zu fehlen; in Aſien verbreitet er ſich wenigſtens über die ganze Nordhälfte des Erdtheils, und auch in den Atlasländern kommt er vor. Jn Nordoſtafrika vertritt ihn eine ähnliche Art, der kurzöhrige Uhu (Bubo ascalaphus), im Jnnern des Erdtheils der ihm an Größe gleichkommende milchweiße Schuhu (Bubo-Nyctaëtos-lacteus) und deſſen ihm ſehr ähnlicher Verwandter Bubo cinerascens, im Norden Amerikas der kleine virginiſche Uhu (Bubo virginianus) u. ſ. w. Jn ihrem Leben und Treiben, in Weſen und Betragen ähneln ſich alle dieſe großen Eulen mehr oder minder, ſodaß es gewiß für uns genügend iſt, wenn wir uns auf ein Lebensbild der deutſchen Art beſchränken.
Der Uhu bevorzugt gebirgige Gegenden, aus dem ganz einfachen Grunde, weil ſie ihm die beſten Schlupfwinkel gewähren. Jn den Ebenen findet er ſich faſt ausſchließlich da, wo es große Wal- dungen gibt. Wälder mit ſteilen Felswänden ſagen ihm beſonders zu, und manche günſtige Oertlichkeit wird ſeit Menſchengedenken von Uhus bewohnt. Es kann vorkommen, daß ein Paar ausgerottet wurde und man in dem betreffenden Gebiet jahrelang keinen Uhu bemerkte; dann plötzlich hat ſich wieder ein Pärchen angeſiedelt, gewöhnlich genau auf derſelben Stelle, und dieſes verweilt nun ſo lange hier, als der Menſch es ihm geſtattet — denn eines ſogenannten natürlichen Todes ſtirbt bei uns zu Lande wohl kaum ein Uhu mehr. Nicht immer erwählt ſich das Paar die abgelegenſten Wald- und Felsſtellen zu ſeinem Aufenthalte, gar nicht ſelten vielmehr geſchieht es, daß es ſich in unmittel- barer Nähe des Menſchen anſiedelt. So fanden wir ein Uhupaar dicht vor den Ringmauern der ſpaniſchen Stadt Jativa horſtend; ſo erhielt Lenz junge Uhus, welche auf dem Dachboden einer tief im Walde gelegenen Fabrik ausgebrütet worden waren. Demungeachtet macht ſich der Uhu nicht
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Die Fänger. Raubvögel. Ohreulen.
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ſehen. Die großen Arten kommen uns als beſchränkte Weſen vor; doch ſehen wir ſie vielleicht mit
mißgünſtigerem Auge an, als ſie es verdienen. Jhr auffallendes Betragen, ihre große Wuth verleiten
leicht zu Schlüſſen, welche möglicherweiſe der Wahrheit nicht entſprechen. Nahrung und Fort-
pflanzung, Nutzen und Schaden und andere Lebenszüge der Ohreulen wird das Nachſtehende uns
kennen lehren.
Als die vollendetſte Ohreule darf der vielbekannte, durch mancherlei Sagen verherrlichte „König
der Nacht‟, unſer Uhu, Schuhu, Buhu, Buhuo, Auf, Gauf und wie man ihn ſonſt noch
nennt (Bubo maximus) angeſehen werden. Er iſt die größte aller Eulen. Seine Länge beträgt
über 2 Fuß, die Breite über 5 Fuß; der Fittig mißt 16 Zoll, der Schwanz etwas über 10 Zoll. Das
ſehr reiche und dichte Gefieder iſt auf der Oberſeite dunkelroſtgelb und ſchwarz geflammt, auf der
Unterſeite roſtgelb, ſchwarz in die Länge geſtreift. Die Federohren ſind ſchwarz, auf der innern Seite
gelb eingefaßt; die Kehle iſt licht; die Schwung- und Schwanzfedern ſind mit braunen und gelblichen,
dunkler gewäſſerten Punkten abwechſelnd gezeichnet. Eigentlich wechſeln im Gefieder nur zwei Farben
mit einander ab, ein mehr oder weniger lebhaftes Röthlichgrau und Schwarz. Jede Feder iſt ſchwarz
geſchäftet und ebenſo in die Quere geſtreift, gewellt und zugeſpitzt. Auf der obern Seite treten die
dunkleren Spitzen beſonders hervor, auf der Unterſeite und zwar hauptſächlich auf der Bruſt die
Schaftſtriche, am Bauche hingegen machen ſich wieder die Querſtreifen geltend. Der Schnabel iſt
dunkelblaugrau, die nackten Fußſchilder ſind lichtblaugrau, das Auge iſt prachtvoll goldgelb, am
äußern Rande röthlich. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich nur durch die Größe. Die
Jungen pflegen gilblicher zu ſein. Jn Nordaſien, aber auch in Spanien trägt der Uhu ein lichteres
Federkleid. Aus China haben wir einen lebenden Auf erhalten, welcher etwas kleiner und dunkler
als der bei uns vorkommende iſt. Aehnliche Abweichungen mögen auch ſonſt noch vorkommen; ſie
können uns aber ſchwerlich berechtigen, die betreffenden Vögel als beſondere Arten anzuſprechen.
Zur Zeit iſt es noch nicht hinlänglich feſtgeſtellt, wie weit der Uhu ſich eigentlich verbreitet. Jn
Europa ſcheint er an geeigneten Orten nirgends zu fehlen; in Aſien verbreitet er ſich wenigſtens über
die ganze Nordhälfte des Erdtheils, und auch in den Atlasländern kommt er vor. Jn Nordoſtafrika
vertritt ihn eine ähnliche Art, der kurzöhrige Uhu (Bubo ascalaphus), im Jnnern des Erdtheils
der ihm an Größe gleichkommende milchweiße Schuhu (Bubo-Nyctaëtos-lacteus) und deſſen
ihm ſehr ähnlicher Verwandter Bubo cinerascens, im Norden Amerikas der kleine virginiſche Uhu
(Bubo virginianus) u. ſ. w. Jn ihrem Leben und Treiben, in Weſen und Betragen ähneln ſich alle
dieſe großen Eulen mehr oder minder, ſodaß es gewiß für uns genügend iſt, wenn wir uns auf ein
Lebensbild der deutſchen Art beſchränken.
Der Uhu bevorzugt gebirgige Gegenden, aus dem ganz einfachen Grunde, weil ſie ihm die beſten
Schlupfwinkel gewähren. Jn den Ebenen findet er ſich faſt ausſchließlich da, wo es große Wal-
dungen gibt. Wälder mit ſteilen Felswänden ſagen ihm beſonders zu, und manche günſtige Oertlichkeit
wird ſeit Menſchengedenken von Uhus bewohnt. Es kann vorkommen, daß ein Paar ausgerottet
wurde und man in dem betreffenden Gebiet jahrelang keinen Uhu bemerkte; dann plötzlich hat ſich
wieder ein Pärchen angeſiedelt, gewöhnlich genau auf derſelben Stelle, und dieſes verweilt nun ſo
lange hier, als der Menſch es ihm geſtattet — denn eines ſogenannten natürlichen Todes ſtirbt bei
uns zu Lande wohl kaum ein Uhu mehr. Nicht immer erwählt ſich das Paar die abgelegenſten Wald-
und Felsſtellen zu ſeinem Aufenthalte, gar nicht ſelten vielmehr geſchieht es, daß es ſich in unmittel-
barer Nähe des Menſchen anſiedelt. So fanden wir ein Uhupaar dicht vor den Ringmauern der
ſpaniſchen Stadt Jativa horſtend; ſo erhielt Lenz junge Uhus, welche auf dem Dachboden einer tief
im Walde gelegenen Fabrik ausgebrütet worden waren. Demungeachtet macht ſich der Uhu nicht
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/640>, abgerufen am 22.11.2024.
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