Küste des rothen Meeres oder des Meerbusens von Aden. Vom Zusammenflusse der beiden gedachten Ströme an nach Süden hin ist er nirgends selten; weiter nördlich begegnet man ihm nur ausnahmsweise. Sein eigentliches Wohngebiet bilden im Sudahn die Urwaldungen, und hier muß man ihn sehen, um seine volle Schönheit zu würdigen. Ein Paar Schreiseeadler auf einem mit Schlingpflanzen überwebten, über den Stromspiegel gebeugten Baume, gewährt ein herrliches Schauspiel, und so verwöhnt auch das Auge des Forschers wird in jenen Gegenden, wo es an farbenprächtigen Vögeln wahrhaftig nicht mangelt -- dieser Raubvogel reißt stets zur Bewunderung hin.
[Abbildung]
Der afrikanische Schreiseeadler (Haliaetus vocifer).
Jn seiner Lebensweise und im Betragen gleicht der Schreiseeadler seinen Verwandten. Er lebt immer paarweise; jedes einzelne Paar beherrscht ein Gebiet von etwa einer halben Meile Durchmesser. Jn diesem streift es in den Morgenstunden auf und nieder, erhebt sich Mittags, um zu spielen, hoch in die Luft, kreist hier halbe Stunden lang und stößt dabei einen gellenden Ruf aus, welchen man auf weit- hin vernimmt. Wenn er fliegend schreit, werden seine Bewegungen so heftig, daß man zuweilen glaubt, er werde sich in der Luft überschlagen. Nachmittags und gegen Abend ruht das Pärchen, auf Baumwipfeln oder auf angeschwemmten Bäumen sitzend, mehrere Stunden lang aus, einer der Gatten
Seeadler. Schreiſeeadler.
Küſte des rothen Meeres oder des Meerbuſens von Aden. Vom Zuſammenfluſſe der beiden gedachten Ströme an nach Süden hin iſt er nirgends ſelten; weiter nördlich begegnet man ihm nur ausnahmsweiſe. Sein eigentliches Wohngebiet bilden im Sudahn die Urwaldungen, und hier muß man ihn ſehen, um ſeine volle Schönheit zu würdigen. Ein Paar Schreiſeeadler auf einem mit Schlingpflanzen überwebten, über den Stromſpiegel gebeugten Baume, gewährt ein herrliches Schauſpiel, und ſo verwöhnt auch das Auge des Forſchers wird in jenen Gegenden, wo es an farbenprächtigen Vögeln wahrhaftig nicht mangelt — dieſer Raubvogel reißt ſtets zur Bewunderung hin.
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Der afrikaniſche Schreiſeeadler (Haliaëtuſ vocifer).
Jn ſeiner Lebensweiſe und im Betragen gleicht der Schreiſeeadler ſeinen Verwandten. Er lebt immer paarweiſe; jedes einzelne Paar beherrſcht ein Gebiet von etwa einer halben Meile Durchmeſſer. Jn dieſem ſtreift es in den Morgenſtunden auf und nieder, erhebt ſich Mittags, um zu ſpielen, hoch in die Luft, kreiſt hier halbe Stunden lang und ſtößt dabei einen gellenden Ruf aus, welchen man auf weit- hin vernimmt. Wenn er fliegend ſchreit, werden ſeine Bewegungen ſo heftig, daß man zuweilen glaubt, er werde ſich in der Luft überſchlagen. Nachmittags und gegen Abend ruht das Pärchen, auf Baumwipfeln oder auf angeſchwemmten Bäumen ſitzend, mehrere Stunden lang aus, einer der Gatten
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Seeadler. Schreiſeeadler.
Küſte des rothen Meeres oder des Meerbuſens von Aden. Vom Zuſammenfluſſe der beiden gedachten
Ströme an nach Süden hin iſt er nirgends ſelten; weiter nördlich begegnet man ihm nur
ausnahmsweiſe. Sein eigentliches Wohngebiet bilden im Sudahn die Urwaldungen, und hier
muß man ihn ſehen, um ſeine volle Schönheit zu würdigen. Ein Paar Schreiſeeadler auf einem
mit Schlingpflanzen überwebten, über den Stromſpiegel gebeugten Baume, gewährt ein herrliches
Schauſpiel, und ſo verwöhnt auch das Auge des Forſchers wird in jenen Gegenden, wo es
an farbenprächtigen Vögeln wahrhaftig nicht mangelt — dieſer Raubvogel reißt ſtets zur
Bewunderung hin.
[Abbildung Der afrikaniſche Schreiſeeadler (Haliaëtuſ vocifer).]
Jn ſeiner Lebensweiſe und im Betragen gleicht der Schreiſeeadler ſeinen Verwandten. Er lebt
immer paarweiſe; jedes einzelne Paar beherrſcht ein Gebiet von etwa einer halben Meile Durchmeſſer.
Jn dieſem ſtreift es in den Morgenſtunden auf und nieder, erhebt ſich Mittags, um zu ſpielen, hoch in die
Luft, kreiſt hier halbe Stunden lang und ſtößt dabei einen gellenden Ruf aus, welchen man auf weit-
hin vernimmt. Wenn er fliegend ſchreit, werden ſeine Bewegungen ſo heftig, daß man zuweilen
glaubt, er werde ſich in der Luft überſchlagen. Nachmittags und gegen Abend ruht das Pärchen, auf
Baumwipfeln oder auf angeſchwemmten Bäumen ſitzend, mehrere Stunden lang aus, einer der Gatten
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/511>, abgerufen am 22.11.2024.
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