einmal nicht unbedeutend an der Schulter verwundet. Gegen fremde Zuschauer ist sie unbändig wild, und wer sich unvorsichtig naht, setzt sich ihren Angriffen aus. Neckereien mit Stöcken und Schirmen rächt sie sofort, indem sie das Vorgehaltene mit den Krallen packt und wüthend zerbricht. Gegen Thiere legt sie eine unbändige Wuth an den Tag. So zog sie eine trächtige Hündin, welche sich einst ihrem Käfig unvorsichtig näherte, sofort in denselben hinein und zerriß sie in Stücke; Dasselbe that sie mit einem jungen Stachelschwein. Auch ihre Artgenossen überfällt sie. Als man ihr eine zweite lebendige Harpyie in den Käfig brachte, setzten sich beide sogleich in kampfgerechte Stellung. Die ältere stieg auf den oberen Stab und öffnete die Flügel, der kleine Neuling lehnte sich in derselben Stellung an. Der Wärter warf jetzt ein Huhn in den Käfig, auf welches der Kleine im wilden Hunger losstürzte. Sogleich überfiel ihn die Große, entriß ihm das Huhn und flog damit auf ihre Stange. Der neue Ankömmling stieß einen Schrei aus, wankte, gab blutigen Schleim aus dem Schnabel und fiel todt nieder. Bei der Untersuchung ergab sich, daß sein Herz durchstoßen war."
"Der Hunger dieses Vogels ist unverwüstlich und seine Raubgier so groß, daß er alles Gethier, Vierfüßler wie Geflügel, dessen er habhaft werden kann, überfällt und mit Fleisch und Knochen verschlingt. Er bedarf eine beispiellos große Masse von Nahrung: als er noch klein war, fraß er an einem Tage ein Ferkel, einen Truthahn, ein Huhn und ein Stück Rindfleisch. Er weist Nichts von sich; blos besondere Leckerbissen legt er zuweilen einige Stunden bei Seite. Lebende Thiere zieht er den todten vor. Jst das Schlachtopfer schmuzig oder faulig, so wirft er es erst in seinen Trink- behälter, um es zu reinigen. Trotz seiner Stärke ist er beim Angriff vorsichtig. Kräftige Vögel packt er mit seinen Krallen so am Schnabel, daß sie sich nicht widersetzen können. Beim Fressen schreit er übrigens laut und schlägt dabei mit den Flügeln. Dieses Geschrei ist durchdringend, ja fast betäubend, während er, wenn er nicht erregt ist, nur wie ein Hühnchen piept. Bei starkem Hunger zischt er. Nach geschehener Mahlzeit putzt er sich Schnabel und Füße, seinen Koth schleudert er weit von sich, ohne sich dabei im Geringsten zu beschmuzen."
"Als auffallend ist noch hervorzuheben, daß er das ganze Jahr hindurch mausert."
Eine weit verbreitete, in sich scharf abgeschlossene Gruppe der Adler, welche wir hier als besondere Horde betrachten wollen, umfaßt die Seeadler (Haliaeti). Die hierher zu zählenden Adler sind große, meist sogar sehr große Raubvögel mit sehr starkem und langen, auf der Wachshaut wenig aufgeschwungenen, vor ihr nach der scharf gekrümmten Spitze abwärts gebogenen Schnabel und starken, nur zur Hälfte befiederten Fußwurzeln. Die Fänge sind ebenfalls groß, die Zehen getrennt, die Nägel lang, spitzig und sehr gekrümmt; die großen Schwebeflügel, in denen die dritte Schwung- feder die andern überragt, erreichen beinahe das Ende des gewöhnlich mittellangen, breiten, mehr oder weniger abgerundeten Schwanzes. Das Gefieder ist ziemlich reich, die Federn des Kopfes und Nackens sind nicht sehr verlängert, aber scharf zugespitzt. Ein mehr oder minder dunkles, lebhaftes oder düsteres Grau bildet die Grundfarbe. Der Schwanz ist gewöhnlich, der Kopf oft weiß.
An allen Seeküsten Europas lebt häufig der See- oder Meeradler, der gemeine, Fisch-, Hasen-, Gänseadler, Fisch- und Steingeier, Bein- oder Steinbrecher (Haliaetus albicilla), ein gewaltiger Vogel von mindestens 21/2, gewöhnlich aber 3 Fuß Länge und 7 bis 8 Fuß Breite, bei 2 Fuß Fittig- und 1 Fuß Schwanzlänge. Das Gefieder der alten Vögel ist fahlbraun, am Kopfe und Halse graubraun, an den Schwingenspitzen schwärzlich, am Schwanze weiß. Der Schnabel, die Wachs- und Fußhaut wie das Auge sind erbsengelb. Nach längerem Gebrauch bleichen die Federn, und dann erscheint der Oberkörper weißlich, die Brust und der Bauch grauweiß. Bei jungen Vögeln ist das Gefieder vorzugsweise braun, auf dem Unterkörper mit Weiß gemischt und gefleckt. Der Schwanz ist dunkel.
Die Fänger. Raubvögel. Adler.
einmal nicht unbedeutend an der Schulter verwundet. Gegen fremde Zuſchauer iſt ſie unbändig wild, und wer ſich unvorſichtig naht, ſetzt ſich ihren Angriffen aus. Neckereien mit Stöcken und Schirmen rächt ſie ſofort, indem ſie das Vorgehaltene mit den Krallen packt und wüthend zerbricht. Gegen Thiere legt ſie eine unbändige Wuth an den Tag. So zog ſie eine trächtige Hündin, welche ſich einſt ihrem Käfig unvorſichtig näherte, ſofort in denſelben hinein und zerriß ſie in Stücke; Daſſelbe that ſie mit einem jungen Stachelſchwein. Auch ihre Artgenoſſen überfällt ſie. Als man ihr eine zweite lebendige Harpyie in den Käfig brachte, ſetzten ſich beide ſogleich in kampfgerechte Stellung. Die ältere ſtieg auf den oberen Stab und öffnete die Flügel, der kleine Neuling lehnte ſich in derſelben Stellung an. Der Wärter warf jetzt ein Huhn in den Käfig, auf welches der Kleine im wilden Hunger losſtürzte. Sogleich überfiel ihn die Große, entriß ihm das Huhn und flog damit auf ihre Stange. Der neue Ankömmling ſtieß einen Schrei aus, wankte, gab blutigen Schleim aus dem Schnabel und fiel todt nieder. Bei der Unterſuchung ergab ſich, daß ſein Herz durchſtoßen war.‟
„Der Hunger dieſes Vogels iſt unverwüſtlich und ſeine Raubgier ſo groß, daß er alles Gethier, Vierfüßler wie Geflügel, deſſen er habhaft werden kann, überfällt und mit Fleiſch und Knochen verſchlingt. Er bedarf eine beiſpiellos große Maſſe von Nahrung: als er noch klein war, fraß er an einem Tage ein Ferkel, einen Truthahn, ein Huhn und ein Stück Rindfleiſch. Er weiſt Nichts von ſich; blos beſondere Leckerbiſſen legt er zuweilen einige Stunden bei Seite. Lebende Thiere zieht er den todten vor. Jſt das Schlachtopfer ſchmuzig oder faulig, ſo wirft er es erſt in ſeinen Trink- behälter, um es zu reinigen. Trotz ſeiner Stärke iſt er beim Angriff vorſichtig. Kräftige Vögel packt er mit ſeinen Krallen ſo am Schnabel, daß ſie ſich nicht widerſetzen können. Beim Freſſen ſchreit er übrigens laut und ſchlägt dabei mit den Flügeln. Dieſes Geſchrei iſt durchdringend, ja faſt betäubend, während er, wenn er nicht erregt iſt, nur wie ein Hühnchen piept. Bei ſtarkem Hunger ziſcht er. Nach geſchehener Mahlzeit putzt er ſich Schnabel und Füße, ſeinen Koth ſchleudert er weit von ſich, ohne ſich dabei im Geringſten zu beſchmuzen.‟
„Als auffallend iſt noch hervorzuheben, daß er das ganze Jahr hindurch mauſert.‟
Eine weit verbreitete, in ſich ſcharf abgeſchloſſene Gruppe der Adler, welche wir hier als beſondere Horde betrachten wollen, umfaßt die Seeadler (Haliaëti). Die hierher zu zählenden Adler ſind große, meiſt ſogar ſehr große Raubvögel mit ſehr ſtarkem und langen, auf der Wachshaut wenig aufgeſchwungenen, vor ihr nach der ſcharf gekrümmten Spitze abwärts gebogenen Schnabel und ſtarken, nur zur Hälfte befiederten Fußwurzeln. Die Fänge ſind ebenfalls groß, die Zehen getrennt, die Nägel lang, ſpitzig und ſehr gekrümmt; die großen Schwebeflügel, in denen die dritte Schwung- feder die andern überragt, erreichen beinahe das Ende des gewöhnlich mittellangen, breiten, mehr oder weniger abgerundeten Schwanzes. Das Gefieder iſt ziemlich reich, die Federn des Kopfes und Nackens ſind nicht ſehr verlängert, aber ſcharf zugeſpitzt. Ein mehr oder minder dunkles, lebhaftes oder düſteres Grau bildet die Grundfarbe. Der Schwanz iſt gewöhnlich, der Kopf oft weiß.
An allen Seeküſten Europas lebt häufig der See- oder Meeradler, der gemeine, Fiſch-, Haſen-, Gänſeadler, Fiſch- und Steingeier, Bein- oder Steinbrecher (Haliaëtus albicilla), ein gewaltiger Vogel von mindeſtens 2½, gewöhnlich aber 3 Fuß Länge und 7 bis 8 Fuß Breite, bei 2 Fuß Fittig- und 1 Fuß Schwanzlänge. Das Gefieder der alten Vögel iſt fahlbraun, am Kopfe und Halſe graubraun, an den Schwingenſpitzen ſchwärzlich, am Schwanze weiß. Der Schnabel, die Wachs- und Fußhaut wie das Auge ſind erbſengelb. Nach längerem Gebrauch bleichen die Federn, und dann erſcheint der Oberkörper weißlich, die Bruſt und der Bauch grauweiß. Bei jungen Vögeln iſt das Gefieder vorzugsweiſe braun, auf dem Unterkörper mit Weiß gemiſcht und gefleckt. Der Schwanz iſt dunkel.
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[472/0504]
Die Fänger. Raubvögel. Adler.
einmal nicht unbedeutend an der Schulter verwundet. Gegen fremde Zuſchauer iſt ſie unbändig wild,
und wer ſich unvorſichtig naht, ſetzt ſich ihren Angriffen aus. Neckereien mit Stöcken und Schirmen
rächt ſie ſofort, indem ſie das Vorgehaltene mit den Krallen packt und wüthend zerbricht. Gegen
Thiere legt ſie eine unbändige Wuth an den Tag. So zog ſie eine trächtige Hündin, welche ſich einſt
ihrem Käfig unvorſichtig näherte, ſofort in denſelben hinein und zerriß ſie in Stücke; Daſſelbe that ſie
mit einem jungen Stachelſchwein. Auch ihre Artgenoſſen überfällt ſie. Als man ihr eine zweite
lebendige Harpyie in den Käfig brachte, ſetzten ſich beide ſogleich in kampfgerechte Stellung. Die
ältere ſtieg auf den oberen Stab und öffnete die Flügel, der kleine Neuling lehnte ſich in derſelben
Stellung an. Der Wärter warf jetzt ein Huhn in den Käfig, auf welches der Kleine im wilden
Hunger losſtürzte. Sogleich überfiel ihn die Große, entriß ihm das Huhn und flog damit auf ihre
Stange. Der neue Ankömmling ſtieß einen Schrei aus, wankte, gab blutigen Schleim aus dem
Schnabel und fiel todt nieder. Bei der Unterſuchung ergab ſich, daß ſein Herz durchſtoßen war.‟
„Der Hunger dieſes Vogels iſt unverwüſtlich und ſeine Raubgier ſo groß, daß er alles Gethier,
Vierfüßler wie Geflügel, deſſen er habhaft werden kann, überfällt und mit Fleiſch und Knochen
verſchlingt. Er bedarf eine beiſpiellos große Maſſe von Nahrung: als er noch klein war, fraß er an
einem Tage ein Ferkel, einen Truthahn, ein Huhn und ein Stück Rindfleiſch. Er weiſt Nichts von
ſich; blos beſondere Leckerbiſſen legt er zuweilen einige Stunden bei Seite. Lebende Thiere zieht er
den todten vor. Jſt das Schlachtopfer ſchmuzig oder faulig, ſo wirft er es erſt in ſeinen Trink-
behälter, um es zu reinigen. Trotz ſeiner Stärke iſt er beim Angriff vorſichtig. Kräftige Vögel packt
er mit ſeinen Krallen ſo am Schnabel, daß ſie ſich nicht widerſetzen können. Beim Freſſen ſchreit er
übrigens laut und ſchlägt dabei mit den Flügeln. Dieſes Geſchrei iſt durchdringend, ja faſt
betäubend, während er, wenn er nicht erregt iſt, nur wie ein Hühnchen piept. Bei ſtarkem Hunger
ziſcht er. Nach geſchehener Mahlzeit putzt er ſich Schnabel und Füße, ſeinen Koth ſchleudert er weit
von ſich, ohne ſich dabei im Geringſten zu beſchmuzen.‟
„Als auffallend iſt noch hervorzuheben, daß er das ganze Jahr hindurch mauſert.‟
Eine weit verbreitete, in ſich ſcharf abgeſchloſſene Gruppe der Adler, welche wir hier als
beſondere Horde betrachten wollen, umfaßt die Seeadler (Haliaëti). Die hierher zu zählenden
Adler ſind große, meiſt ſogar ſehr große Raubvögel mit ſehr ſtarkem und langen, auf der Wachshaut
wenig aufgeſchwungenen, vor ihr nach der ſcharf gekrümmten Spitze abwärts gebogenen Schnabel und
ſtarken, nur zur Hälfte befiederten Fußwurzeln. Die Fänge ſind ebenfalls groß, die Zehen getrennt,
die Nägel lang, ſpitzig und ſehr gekrümmt; die großen Schwebeflügel, in denen die dritte Schwung-
feder die andern überragt, erreichen beinahe das Ende des gewöhnlich mittellangen, breiten, mehr oder
weniger abgerundeten Schwanzes. Das Gefieder iſt ziemlich reich, die Federn des Kopfes und Nackens
ſind nicht ſehr verlängert, aber ſcharf zugeſpitzt. Ein mehr oder minder dunkles, lebhaftes oder
düſteres Grau bildet die Grundfarbe. Der Schwanz iſt gewöhnlich, der Kopf oft weiß.
An allen Seeküſten Europas lebt häufig der See- oder Meeradler, der gemeine, Fiſch-,
Haſen-, Gänſeadler, Fiſch- und Steingeier, Bein- oder Steinbrecher (Haliaëtus
albicilla), ein gewaltiger Vogel von mindeſtens 2½, gewöhnlich aber 3 Fuß Länge und 7 bis 8 Fuß
Breite, bei 2 Fuß Fittig- und 1 Fuß Schwanzlänge. Das Gefieder der alten Vögel iſt fahlbraun,
am Kopfe und Halſe graubraun, an den Schwingenſpitzen ſchwärzlich, am Schwanze weiß. Der
Schnabel, die Wachs- und Fußhaut wie das Auge ſind erbſengelb. Nach längerem Gebrauch bleichen
die Federn, und dann erſcheint der Oberkörper weißlich, die Bruſt und der Bauch grauweiß. Bei
jungen Vögeln iſt das Gefieder vorzugsweiſe braun, auf dem Unterkörper mit Weiß gemiſcht und
gefleckt. Der Schwanz iſt dunkel.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/504>, abgerufen am 25.11.2024.
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