dessen Leben und Treiben von jeher nach Herzenslust gefabelt wurde. Bereits die ersten Beschreiber amerikanischer Erzeugnisse oder Thiere insbesondere erwähnen dieses Vogels, und jeder weiß schier Unglaubliches zu berichten. So erzählt Fernandez, daß die Harpyie, welche fast so groß "wie ein Schaf" wäre, auch gezähmt den Menschen um der geringsten Urfache willen anfalle, daß sie beständig wild und verdrießlich sei, demungeachtet aber wohl gebraucht werden könne, weil sie sich leicht zur Jagd abrichten lasse. Mauduyt vervollständigt diese Angabe insofern, als er versichert, daß ein einziger
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Die Harpyie (Harpyia destructor).
Schnabelhieb der Harpyie hinreiche, den Schädel eines Menschen zu zertrümmern, und läßt durch- blicken, daß der Raubvogel recht häufig Gebrauch von seiner Kraft mache. Erst die neueren Beobachter und namentlich D'Orbigny, Tschudi und Pourlamaque, welche ausführliche Berichte über das Leben der Harpyie geben, führen die Uebertreibungen auf ihr rechtes Maß zurück. Von ihnen erfahren wir, kurz zusammengestellt, Folgendes:
Die Harpyie bewohnt die feuchten, wasserreichen Waldungen Südamerikas innerhalb der angegebenen Grenzen und hier vorzugsweise die Flußufer, welche, wie überall, das Leben vereinigen.
Sperberadler. Harpyie.
deſſen Leben und Treiben von jeher nach Herzensluſt gefabelt wurde. Bereits die erſten Beſchreiber amerikaniſcher Erzeugniſſe oder Thiere insbeſondere erwähnen dieſes Vogels, und jeder weiß ſchier Unglaubliches zu berichten. So erzählt Fernandez, daß die Harpyie, welche faſt ſo groß „wie ein Schaf‟ wäre, auch gezähmt den Menſchen um der geringſten Urfache willen anfalle, daß ſie beſtändig wild und verdrießlich ſei, demungeachtet aber wohl gebraucht werden könne, weil ſie ſich leicht zur Jagd abrichten laſſe. Mauduyt vervollſtändigt dieſe Angabe inſofern, als er verſichert, daß ein einziger
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Die Harpyie (Harpyia destructor).
Schnabelhieb der Harpyie hinreiche, den Schädel eines Menſchen zu zertrümmern, und läßt durch- blicken, daß der Raubvogel recht häufig Gebrauch von ſeiner Kraft mache. Erſt die neueren Beobachter und namentlich D’Orbigny, Tſchudi und Pourlamaque, welche ausführliche Berichte über das Leben der Harpyie geben, führen die Uebertreibungen auf ihr rechtes Maß zurück. Von ihnen erfahren wir, kurz zuſammengeſtellt, Folgendes:
Die Harpyie bewohnt die feuchten, waſſerreichen Waldungen Südamerikas innerhalb der angegebenen Grenzen und hier vorzugsweiſe die Flußufer, welche, wie überall, das Leben vereinigen.
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Sperberadler. Harpyie.
deſſen Leben und Treiben von jeher nach Herzensluſt gefabelt wurde. Bereits die erſten Beſchreiber
amerikaniſcher Erzeugniſſe oder Thiere insbeſondere erwähnen dieſes Vogels, und jeder weiß ſchier
Unglaubliches zu berichten. So erzählt Fernandez, daß die Harpyie, welche faſt ſo groß „wie ein
Schaf‟ wäre, auch gezähmt den Menſchen um der geringſten Urfache willen anfalle, daß ſie beſtändig wild
und verdrießlich ſei, demungeachtet aber wohl gebraucht werden könne, weil ſie ſich leicht zur Jagd
abrichten laſſe. Mauduyt vervollſtändigt dieſe Angabe inſofern, als er verſichert, daß ein einziger
[Abbildung Die Harpyie (Harpyia destructor).]
Schnabelhieb der Harpyie hinreiche, den Schädel eines Menſchen zu zertrümmern, und läßt durch-
blicken, daß der Raubvogel recht häufig Gebrauch von ſeiner Kraft mache. Erſt die neueren
Beobachter und namentlich D’Orbigny, Tſchudi und Pourlamaque, welche ausführliche
Berichte über das Leben der Harpyie geben, führen die Uebertreibungen auf ihr rechtes Maß zurück.
Von ihnen erfahren wir, kurz zuſammengeſtellt, Folgendes:
Die Harpyie bewohnt die feuchten, waſſerreichen Waldungen Südamerikas innerhalb der
angegebenen Grenzen und hier vorzugsweiſe die Flußufer, welche, wie überall, das Leben vereinigen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/501>, abgerufen am 22.11.2024.
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