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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Raubvögel. Habichte.
Jndien heißt, wird abgerichtet auf den Kragentrappen, auf Milane, auf Aasgeier, Enten,
Scharben, Reiher, Jbisse, Hasen
u. s. w. Zur Hasenjagd wird der Habicht mit Lederhosen
gestiefelt, um zu verhüten, daß seine Füße von den Dornen zerrissen werden, wie es sonst gewöhnlich
geschieht, weil der Hase regelmäßig den Räuber mit sich schleppt. Dieser greift nur mit einem
Fuße zu und streckt den andern hinter sich aus, um Grashalme, Zweige und dergleichen zu ergreifen
und so den Hasen festzuhalten. Er fliegt geradeaus auf seine Beute los, wenn diese aber nicht in
einer entsprechenden Entfernung ist (etwa hundert bis zweihundert Ellen weit), gibt er die Jagd auf
und kehrt entweder zu dem Falkonier zurück oder setzt sich auf einen benachbarten Baum oder bezüglich
auf den Boden. Ein gut abgerichtetes Habichtsweibchen wird gewöhnlich mit 20 bis 50, ein
Männchen mit 10 bis 30 Rupien bezahlt."



Jn Afrika werden unsere Habichte durch mehrere verwandte Vögel, welche man einem Mitgliede
zu Liebe Singhabichte genannt hat, vertreten, jedoch glücklicher Weise nicht im bösen Sinne.
Die Singhabichte (Melierax) unterscheiden sich von ihren europäischen Namensvettern durch
schlankeren Leibesbau, schwächeren Schnabel, etwas längere Schwingen, abgerundeten Schwanz
und höhere, stärkere Läufe mit verhältnißmäßig kürzeren Zehen und Krallen.

Jm Süden des Erdtheils lebt, soviel bis jetzt bekannt, die größte Art dieser Sippe, der eigentliche
Singhabicht (Melierax musicus), in Mittelafrika ein von ihm hauptsächlich durch geringere Größe
abweichender Verwandter (Melierax polyzonus). Das Gefieder ist bei dem letzteren auf der Oberseite
und an der Kehle und Oberbrust schiefergrau, auf dem Bauch, am Bürzel, an den Hosen und auf den
großen Flügeldeckfedern auf weißem Grunde mit feinen aschgrauen Zickzacklinien gebändert. Die
Schwingen sind braunschwarz, die Schwanzfedern von derselben Farbe, aber blässer, dreimal in die
Quere gebändert und weiß zugespitzt. Die Farbe der Jris ist ein schönes Braun, der Schnabel ist
dunkelblau, die Wachshaut und die Füße sind lebhaft orangenfarbig. Die Läuge des Männchens
beträgt 1 Fuß 7 Zoll, die Breite 3 Fuß 2 Zoll, die Fittiglänge 11 2/3 Zoll, die Schwanzlänge
81/2 Zoll; das Weibchen ist um etwa 11/2 Zoll länger und um 2 Zoll breiter. Jm Jugendkleide ist
das Gefieder auf der Oberseite braun, auf der Unterseite auf weißem Grunde hellbraun in die Quere
gebändert. Die Seiten des Kopfes und ein breites Brustband zeigen dieselbe Färbung. Der Sing-
habicht zeigt im wesentlichen dieselbe Färbung und auch eine ähnliche Farbenvertheilung.

Le Vaillant, der Entdecker des durch ihn sehr berühmt gewordenen Raubvogels, gibt an, daß
der Singhabicht in der Kafferei und den benachbarten Ländern ziemlich häufig vorkomme, auf einzeln
stehenden Bäumen sich aufhalte, Hasen, Nebhühner, Wachteln, Ratten, Mäuse und andere
Thiere jage, ein großes Nest baue und dasselbe mit vier reinweißen rundlichen Eiern belege. Jn diesen
Angaben würde nichts Merkwürdiges zu finden sein, wenn Vaillant ihnen nicht hinzufügte, daß
der männliche Singhabicht seinen Namen verdiene durch ein ziemlich ausführliches Liedchen, welches er,
wenn auch in sonderbarer Weise, oft stundenlang fast ununterbrochen vortrage. Jch kenne die Angaben
späterer Reisenden, welche von demselben Vogel berichten, nicht und vermag daher nicht zu entscheiden,
ob die Vaillant'sche Angabe wörtlich zu nehmen ist; wohl aber kann ich versichern, daß ich bei seinem
nördlichen Verwandten, welchen ich vielfach beobachten konnte, niemals von Gesang Etwas gehört habe:
ein langgezogener Pfiff war Alles, was ich vernahm. Es wird zur Kennzeichnung der Sippe dienen,
wenn ich hier wiederhole, was ich über diesen nördlicheren Singhabicht in meinen "Ergebnissen einer
Neise nach Habesch" früher bekannt gemacht habe. "Unser Vogel findet sich südlich des 17. Grades
in allen Steppenwaldungen sehr zahlreich. Jm Urwalde ist er seltener; doch auch hier wird man ihn
auf keiner Jagd vermissen. Seine Lieblingsplätze sind einzelnstehende Bäume in der Steppe, von
denen er nach allen Seiten hin eine freie Ausschau hat. Hier verweilt er fast den ganzen Tag.

Die Fänger. Raubvögel. Habichte.
Jndien heißt, wird abgerichtet auf den Kragentrappen, auf Milane, auf Aasgeier, Enten,
Scharben, Reiher, Jbiſſe, Haſen
u. ſ. w. Zur Haſenjagd wird der Habicht mit Lederhoſen
geſtiefelt, um zu verhüten, daß ſeine Füße von den Dornen zerriſſen werden, wie es ſonſt gewöhnlich
geſchieht, weil der Haſe regelmäßig den Räuber mit ſich ſchleppt. Dieſer greift nur mit einem
Fuße zu und ſtreckt den andern hinter ſich aus, um Grashalme, Zweige und dergleichen zu ergreifen
und ſo den Haſen feſtzuhalten. Er fliegt geradeaus auf ſeine Beute los, wenn dieſe aber nicht in
einer entſprechenden Entfernung iſt (etwa hundert bis zweihundert Ellen weit), gibt er die Jagd auf
und kehrt entweder zu dem Falkonier zurück oder ſetzt ſich auf einen benachbarten Baum oder bezüglich
auf den Boden. Ein gut abgerichtetes Habichtsweibchen wird gewöhnlich mit 20 bis 50, ein
Männchen mit 10 bis 30 Rupien bezahlt.‟



Jn Afrika werden unſere Habichte durch mehrere verwandte Vögel, welche man einem Mitgliede
zu Liebe Singhabichte genannt hat, vertreten, jedoch glücklicher Weiſe nicht im böſen Sinne.
Die Singhabichte (Melierax) unterſcheiden ſich von ihren europäiſchen Namensvettern durch
ſchlankeren Leibesbau, ſchwächeren Schnabel, etwas längere Schwingen, abgerundeten Schwanz
und höhere, ſtärkere Läufe mit verhältnißmäßig kürzeren Zehen und Krallen.

Jm Süden des Erdtheils lebt, ſoviel bis jetzt bekannt, die größte Art dieſer Sippe, der eigentliche
Singhabicht (Melierax musicus), in Mittelafrika ein von ihm hauptſächlich durch geringere Größe
abweichender Verwandter (Melierax polyzonus). Das Gefieder iſt bei dem letzteren auf der Oberſeite
und an der Kehle und Oberbruſt ſchiefergrau, auf dem Bauch, am Bürzel, an den Hoſen und auf den
großen Flügeldeckfedern auf weißem Grunde mit feinen aſchgrauen Zickzacklinien gebändert. Die
Schwingen ſind braunſchwarz, die Schwanzfedern von derſelben Farbe, aber bläſſer, dreimal in die
Quere gebändert und weiß zugeſpitzt. Die Farbe der Jris iſt ein ſchönes Braun, der Schnabel iſt
dunkelblau, die Wachshaut und die Füße ſind lebhaft orangenfarbig. Die Läuge des Männchens
beträgt 1 Fuß 7 Zoll, die Breite 3 Fuß 2 Zoll, die Fittiglänge 11⅔ Zoll, die Schwanzlänge
8½ Zoll; das Weibchen iſt um etwa 1½ Zoll länger und um 2 Zoll breiter. Jm Jugendkleide iſt
das Gefieder auf der Oberſeite braun, auf der Unterſeite auf weißem Grunde hellbraun in die Quere
gebändert. Die Seiten des Kopfes und ein breites Bruſtband zeigen dieſelbe Färbung. Der Sing-
habicht zeigt im weſentlichen dieſelbe Färbung und auch eine ähnliche Farbenvertheilung.

Le Vaillant, der Entdecker des durch ihn ſehr berühmt gewordenen Raubvogels, gibt an, daß
der Singhabicht in der Kafferei und den benachbarten Ländern ziemlich häufig vorkomme, auf einzeln
ſtehenden Bäumen ſich aufhalte, Haſen, Nebhühner, Wachteln, Ratten, Mäuſe und andere
Thiere jage, ein großes Neſt baue und daſſelbe mit vier reinweißen rundlichen Eiern belege. Jn dieſen
Angaben würde nichts Merkwürdiges zu finden ſein, wenn Vaillant ihnen nicht hinzufügte, daß
der männliche Singhabicht ſeinen Namen verdiene durch ein ziemlich ausführliches Liedchen, welches er,
wenn auch in ſonderbarer Weiſe, oft ſtundenlang faſt ununterbrochen vortrage. Jch kenne die Angaben
ſpäterer Reiſenden, welche von demſelben Vogel berichten, nicht und vermag daher nicht zu entſcheiden,
ob die Vaillant’ſche Angabe wörtlich zu nehmen iſt; wohl aber kann ich verſichern, daß ich bei ſeinem
nördlichen Verwandten, welchen ich vielfach beobachten konnte, niemals von Geſang Etwas gehört habe:
ein langgezogener Pfiff war Alles, was ich vernahm. Es wird zur Kennzeichnung der Sippe dienen,
wenn ich hier wiederhole, was ich über dieſen nördlicheren Singhabicht in meinen „Ergebniſſen einer
Neiſe nach Habeſch‟ früher bekannt gemacht habe. „Unſer Vogel findet ſich ſüdlich des 17. Grades
in allen Steppenwaldungen ſehr zahlreich. Jm Urwalde iſt er ſeltener; doch auch hier wird man ihn
auf keiner Jagd vermiſſen. Seine Lieblingsplätze ſind einzelnſtehende Bäume in der Steppe, von
denen er nach allen Seiten hin eine freie Ausſchau hat. Hier verweilt er faſt den ganzen Tag.

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[442/0472] Die Fänger. Raubvögel. Habichte. Jndien heißt, wird abgerichtet auf den Kragentrappen, auf Milane, auf Aasgeier, Enten, Scharben, Reiher, Jbiſſe, Haſen u. ſ. w. Zur Haſenjagd wird der Habicht mit Lederhoſen geſtiefelt, um zu verhüten, daß ſeine Füße von den Dornen zerriſſen werden, wie es ſonſt gewöhnlich geſchieht, weil der Haſe regelmäßig den Räuber mit ſich ſchleppt. Dieſer greift nur mit einem Fuße zu und ſtreckt den andern hinter ſich aus, um Grashalme, Zweige und dergleichen zu ergreifen und ſo den Haſen feſtzuhalten. Er fliegt geradeaus auf ſeine Beute los, wenn dieſe aber nicht in einer entſprechenden Entfernung iſt (etwa hundert bis zweihundert Ellen weit), gibt er die Jagd auf und kehrt entweder zu dem Falkonier zurück oder ſetzt ſich auf einen benachbarten Baum oder bezüglich auf den Boden. Ein gut abgerichtetes Habichtsweibchen wird gewöhnlich mit 20 bis 50, ein Männchen mit 10 bis 30 Rupien bezahlt.‟ Jn Afrika werden unſere Habichte durch mehrere verwandte Vögel, welche man einem Mitgliede zu Liebe Singhabichte genannt hat, vertreten, jedoch glücklicher Weiſe nicht im böſen Sinne. Die Singhabichte (Melierax) unterſcheiden ſich von ihren europäiſchen Namensvettern durch ſchlankeren Leibesbau, ſchwächeren Schnabel, etwas längere Schwingen, abgerundeten Schwanz und höhere, ſtärkere Läufe mit verhältnißmäßig kürzeren Zehen und Krallen. Jm Süden des Erdtheils lebt, ſoviel bis jetzt bekannt, die größte Art dieſer Sippe, der eigentliche Singhabicht (Melierax musicus), in Mittelafrika ein von ihm hauptſächlich durch geringere Größe abweichender Verwandter (Melierax polyzonus). Das Gefieder iſt bei dem letzteren auf der Oberſeite und an der Kehle und Oberbruſt ſchiefergrau, auf dem Bauch, am Bürzel, an den Hoſen und auf den großen Flügeldeckfedern auf weißem Grunde mit feinen aſchgrauen Zickzacklinien gebändert. Die Schwingen ſind braunſchwarz, die Schwanzfedern von derſelben Farbe, aber bläſſer, dreimal in die Quere gebändert und weiß zugeſpitzt. Die Farbe der Jris iſt ein ſchönes Braun, der Schnabel iſt dunkelblau, die Wachshaut und die Füße ſind lebhaft orangenfarbig. Die Läuge des Männchens beträgt 1 Fuß 7 Zoll, die Breite 3 Fuß 2 Zoll, die Fittiglänge 11⅔ Zoll, die Schwanzlänge 8½ Zoll; das Weibchen iſt um etwa 1½ Zoll länger und um 2 Zoll breiter. Jm Jugendkleide iſt das Gefieder auf der Oberſeite braun, auf der Unterſeite auf weißem Grunde hellbraun in die Quere gebändert. Die Seiten des Kopfes und ein breites Bruſtband zeigen dieſelbe Färbung. Der Sing- habicht zeigt im weſentlichen dieſelbe Färbung und auch eine ähnliche Farbenvertheilung. Le Vaillant, der Entdecker des durch ihn ſehr berühmt gewordenen Raubvogels, gibt an, daß der Singhabicht in der Kafferei und den benachbarten Ländern ziemlich häufig vorkomme, auf einzeln ſtehenden Bäumen ſich aufhalte, Haſen, Nebhühner, Wachteln, Ratten, Mäuſe und andere Thiere jage, ein großes Neſt baue und daſſelbe mit vier reinweißen rundlichen Eiern belege. Jn dieſen Angaben würde nichts Merkwürdiges zu finden ſein, wenn Vaillant ihnen nicht hinzufügte, daß der männliche Singhabicht ſeinen Namen verdiene durch ein ziemlich ausführliches Liedchen, welches er, wenn auch in ſonderbarer Weiſe, oft ſtundenlang faſt ununterbrochen vortrage. Jch kenne die Angaben ſpäterer Reiſenden, welche von demſelben Vogel berichten, nicht und vermag daher nicht zu entſcheiden, ob die Vaillant’ſche Angabe wörtlich zu nehmen iſt; wohl aber kann ich verſichern, daß ich bei ſeinem nördlichen Verwandten, welchen ich vielfach beobachten konnte, niemals von Geſang Etwas gehört habe: ein langgezogener Pfiff war Alles, was ich vernahm. Es wird zur Kennzeichnung der Sippe dienen, wenn ich hier wiederhole, was ich über dieſen nördlicheren Singhabicht in meinen „Ergebniſſen einer Neiſe nach Habeſch‟ früher bekannt gemacht habe. „Unſer Vogel findet ſich ſüdlich des 17. Grades in allen Steppenwaldungen ſehr zahlreich. Jm Urwalde iſt er ſeltener; doch auch hier wird man ihn auf keiner Jagd vermiſſen. Seine Lieblingsplätze ſind einzelnſtehende Bäume in der Steppe, von denen er nach allen Seiten hin eine freie Ausſchau hat. Hier verweilt er faſt den ganzen Tag.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/472>, abgerufen am 22.11.2024.