Naturforscher sind geneigt, aus ihnen eine eigene Familie zu bilden. Als unterscheidende Merkmale gelten der verhältnißmäßig lange und schwache Schnabel, dessen Unterkiefer wenig gekrümmt, an den Schneiden nicht ausgerandet und an der Spitze eng zusammengezogen ist, die weniger fleischige, an der Spitze in einen Büschel horniger Fasern zertheilte Zunge und das sehr strahlige Gefieder, welches in den prachtvollsten Farben prangt. Die Unterseite pflegt mehr oder minder regelmäßig roth gefärbt zu sein.
Ueber das Freileben dieser Prachtvögel fehlen uns zur Zeit immer noch eingehende Berichte, wie ja überhaupt die Vögelwelt der indischen Jnseln noch sehr wenig beobachtet und erforscht wurde. Es wird gesagt, daß die hierher gehörigen Papageien ihre Pinselzunge hauptsächlich zum Auflecken der süßen Säfte benutzen, welche aus den Rinden, den Blättern und den Blüthen der Bäume schwitzen, und daß diese sehr beschränkte Nahrung das größte Hinderniß für die Gefangenhaltung und zumal für weite Reisen dieser Vögel sei; doch kommen einige Arten nicht eben selten im gezähmten Zustande nach Europa und halten hier mehrere Jahre im Käfig aus. Auch sie sind gelehrig und können eben-
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Der Frauenlori oder Loriket (Lorius Domicella).
falls zum Sprechen gebracht werden; im ganzen ist jedoch ihr Wesen nicht besonders anziehend: sie sind still und langweilig.
Die eigentlichen Loris werden nur auf den Jnseln des indischen Meeres gefunden. Auf Borneo und Neuguinea lebt die Art, welche am häufigsten zu uns gebracht wird, der Frauenlori oder Loriket (Lorius Domicella), das größte Mitglied seiner Familie, ein wirklich prachtvoll gefärbter Vogel von 12 Zoll Länge und 20 Zoll Breite. Sein Gefieder prangt in der lebhaftesten Scharlachfarbe; auf dem Scheitel ist es dunkelpurpur, am Hinterkopf violett, auf der Oberseite der Flügel grün, auf den Schenkeln himmelblau, und über der Brust verläuft halbmondförmig eine gelbe Binde; die Schwanzfedern sind scharlachroth an ihrem Grunde, gegen die Spitze hin schwarz gebän- dert und an der Spitze gelb getupft; der Schnabel ist orangengelb, die Füße sind dunkelgrau.
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Sperlings- und Zeiſigpapagei. Frauenlori.
Naturforſcher ſind geneigt, aus ihnen eine eigene Familie zu bilden. Als unterſcheidende Merkmale gelten der verhältnißmäßig lange und ſchwache Schnabel, deſſen Unterkiefer wenig gekrümmt, an den Schneiden nicht ausgerandet und an der Spitze eng zuſammengezogen iſt, die weniger fleiſchige, an der Spitze in einen Büſchel horniger Faſern zertheilte Zunge und das ſehr ſtrahlige Gefieder, welches in den prachtvollſten Farben prangt. Die Unterſeite pflegt mehr oder minder regelmäßig roth gefärbt zu ſein.
Ueber das Freileben dieſer Prachtvögel fehlen uns zur Zeit immer noch eingehende Berichte, wie ja überhaupt die Vögelwelt der indiſchen Jnſeln noch ſehr wenig beobachtet und erforſcht wurde. Es wird geſagt, daß die hierher gehörigen Papageien ihre Pinſelzunge hauptſächlich zum Auflecken der ſüßen Säfte benutzen, welche aus den Rinden, den Blättern und den Blüthen der Bäume ſchwitzen, und daß dieſe ſehr beſchränkte Nahrung das größte Hinderniß für die Gefangenhaltung und zumal für weite Reiſen dieſer Vögel ſei; doch kommen einige Arten nicht eben ſelten im gezähmten Zuſtande nach Europa und halten hier mehrere Jahre im Käfig aus. Auch ſie ſind gelehrig und können eben-
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Der Frauenlori oder Loriket (Lorius Domicella).
falls zum Sprechen gebracht werden; im ganzen iſt jedoch ihr Weſen nicht beſonders anziehend: ſie ſind ſtill und langweilig.
Die eigentlichen Loris werden nur auf den Jnſeln des indiſchen Meeres gefunden. Auf Borneo und Neuguinea lebt die Art, welche am häufigſten zu uns gebracht wird, der Frauenlori oder Loriket (Lorius Domicella), das größte Mitglied ſeiner Familie, ein wirklich prachtvoll gefärbter Vogel von 12 Zoll Länge und 20 Zoll Breite. Sein Gefieder prangt in der lebhafteſten Scharlachfarbe; auf dem Scheitel iſt es dunkelpurpur, am Hinterkopf violett, auf der Oberſeite der Flügel grün, auf den Schenkeln himmelblau, und über der Bruſt verläuft halbmondförmig eine gelbe Binde; die Schwanzfedern ſind ſcharlachroth an ihrem Grunde, gegen die Spitze hin ſchwarz gebän- dert und an der Spitze gelb getupft; der Schnabel iſt orangengelb, die Füße ſind dunkelgrau.
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Sperlings- und Zeiſigpapagei. Frauenlori.
Naturforſcher ſind geneigt, aus ihnen eine eigene Familie zu bilden. Als unterſcheidende Merkmale
gelten der verhältnißmäßig lange und ſchwache Schnabel, deſſen Unterkiefer wenig gekrümmt, an den
Schneiden nicht ausgerandet und an der Spitze eng zuſammengezogen iſt, die weniger fleiſchige, an der
Spitze in einen Büſchel horniger Faſern zertheilte Zunge und das ſehr ſtrahlige Gefieder, welches in den
prachtvollſten Farben prangt. Die Unterſeite pflegt mehr oder minder regelmäßig roth gefärbt zu ſein.
Ueber das Freileben dieſer Prachtvögel fehlen uns zur Zeit immer noch eingehende Berichte, wie
ja überhaupt die Vögelwelt der indiſchen Jnſeln noch ſehr wenig beobachtet und erforſcht wurde.
Es wird geſagt, daß die hierher gehörigen Papageien ihre Pinſelzunge hauptſächlich zum Auflecken der
ſüßen Säfte benutzen, welche aus den Rinden, den Blättern und den Blüthen der Bäume ſchwitzen,
und daß dieſe ſehr beſchränkte Nahrung das größte Hinderniß für die Gefangenhaltung und zumal
für weite Reiſen dieſer Vögel ſei; doch kommen einige Arten nicht eben ſelten im gezähmten Zuſtande
nach Europa und halten hier mehrere Jahre im Käfig aus. Auch ſie ſind gelehrig und können eben-
[Abbildung Der Frauenlori oder Loriket (Lorius Domicella).]
falls zum Sprechen gebracht werden; im ganzen iſt jedoch ihr Weſen nicht beſonders anziehend: ſie
ſind ſtill und langweilig.
Die eigentlichen Loris werden nur auf den Jnſeln des indiſchen Meeres gefunden. Auf
Borneo und Neuguinea lebt die Art, welche am häufigſten zu uns gebracht wird, der Frauenlori
oder Loriket (Lorius Domicella), das größte Mitglied ſeiner Familie, ein wirklich prachtvoll
gefärbter Vogel von 12 Zoll Länge und 20 Zoll Breite. Sein Gefieder prangt in der lebhafteſten
Scharlachfarbe; auf dem Scheitel iſt es dunkelpurpur, am Hinterkopf violett, auf der Oberſeite der
Flügel grün, auf den Schenkeln himmelblau, und über der Bruſt verläuft halbmondförmig eine gelbe
Binde; die Schwanzfedern ſind ſcharlachroth an ihrem Grunde, gegen die Spitze hin ſchwarz gebän-
dert und an der Spitze gelb getupft; der Schnabel iſt orangengelb, die Füße ſind dunkelgrau.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/47>, abgerufen am 24.11.2024.
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