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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Sperber. Habicht.
hier ist er wie sein Vertreter, der Besra (Nisus virgatus) hochgeschätzt von allen Falkonieren. Beide
werden oft im Raubvogelnetz gefaugen und auf Rebhühner, Wachteln, Schnepfen, Tauben und
besonders auf Meinas abgerichtet. Sie leisten namentlich im Oschungel gute Dienste und
belohnen dadurch die große Mühe, welche ihre Abrichtung erfordert.

Jch meinestheils habe mich mit den zahmen Sperbern nie befreunden können: ihre Scheu,
Wildheit und Gefräßigkeit hat mich abgestoßen. Von letzterer erzählt Lenz ein Beispiel, welches ich
zum Schluß noch anführen will, weil es das Wesen des Vogels kennzeichnen hilft. "Vor einigen
Jahren erhielt ich ein Sperberweibchen, welches einen Goldammer so wüthend in einen Dornbusch
verfolgte, daß es sich darin verwickelte und gefangen ward. Sogleich band ich ihm die Flügel-
spitzen zusammen und setzte es in eine Stube, in der sich elf Menschen versammelten, die es mit
funkelndem Blicke betrachtete; nun holte ich sechs junge Sperlinge, ließ einen davon laufen, der
Sperber fuhr sogleich zu, packte und erwürgte ihn mit seinen Krallen, und blieb, unverwandt nach der
Gesellschaft blickend, auf seiner Beute, die er kräftig zusammendrückte, sitzen. Wir gingen, da er nicht
fressen wollte, weg, und als wir nach zehn Minuten wiederkamen, war der Sperling verzehrt. Ebenso
ging es mit den zwei folgenden Sperlingen; den vierten aber hatte er, nachdem er ihn ebenso wüthend
wie die vorigen erwürgt hatte, da wir nach zehn Minuten, die wir ihm jedesmal zum Fraße gönnten,
wiederkamen, nur halb verzehrt; dennoch packte er eben so gierig jetzt auch den fünften, und wieder
nach zehn Minuten den sechsten, ohne daß er sie, da sein Kropf schon gefüllt war, verzehren konnte."



Das Urbild der Familie, unser Habicht oder Stockfalk, Hacht-, Tauben-, Hühner-,
Sperber-
oder gepfeilter Falk, Doppelsperber, Hühnergeier, Hacht-, Stößer-,
Stech-
und Eichvogel (Astur palumbarius) verdient die Ehre, welche man ihm angethan hat,
indem man eine ganze Familie nach ihm benannte. Er ist nicht blos dem Namen, sondern
auch seinem Wesen nach der Habicht im eigentlichen Sinne des Worts. Die Kennzeichen der Sippe,
welche er vertritt, sind wesentlich dieselben wie bei den Sperberu; doch unterscheiden sich die Habichte
von diesen durch den gedrungenen Leib, den längeren Schnabel, den abgerundeten Schwanz und
die stärkeren Füße, sowie endlich durch die Zeichnung des Gefieders je nach dem Alter.

Der Habicht ist ein großer Raubvogel von 13/4 Fuß Länge und 31/2 Fuß Breite, bei 12 Zoll
Fittig- und 81/2 Zoll Schwanzlänge. Das bedeutend größere Weibchen wird um 5 Zoll länger und
um reichlich 6 Zoll breiter. Jm ausgefärbten Kleid ist der Oberkörper schwärzlich graubraun, mehr
oder weniger aschblau überflogen, der Unterkörper weiß; die Federn sind mit braunschwarzen Schaftstrichen
und Wellenlinien gezeichnet. Der Schnabel ist hornschwarz, die Wachshaut blaßgelb, das Auge hoch-
gelb, der Fuß gelb. Jm Jugendkleid ist der Oberkörper braun, jede Feder rostgelb gekantet und
gefleckt, der Unterkörper roströthlich, später rostweißlich, braun in die Länge gefleckt. Der Schnabel
und das Auge, der Fuß und die Wachshaut sind blässer als bei alten Vögeln.

Verbreitung und Aufenthalt des Habichts sind ziemlich genau dieselben, wie beim Sperber. Jener
bewohnt vielleicht mehr nördliche Gegenden und ist festerer Standvogel als der Sperber. Er gehört
schon im Süden Europas zu den Seltenheiten und kommt in Nordostafrika nach meinen Beobachtungen
nur unregelmäßig und höchst einzeln vor. Dasselbe gilt für Asien. Jm Süden dieses Erd-
theils findet er sich nach Jerdon ständig, obwohl immer einzeln, nur im Himalaya, und wenn
wirklich einmal einer in den Ebenen bemerkt wird, ist es ein Verirrter. Auch der Habicht liebt
Wälder, welche mit Feldern und Wiesenflächen abwechseln; er kommt jedoch in größeren Waldungen
häufiger vor, als in kleineren.

Nach meinem Dafürhalten ist die von meinem Vater vor nunmehr vierzig Jahren gegebene
Beschreibung dieses Raubvogels noch nicht übertroffen; ich werde sie deshalb dem Nachfolgenden zu
Grunde legen und nur hier und da neuere Beobachtungen, welche mir wichtig zu sein scheinen, einschieben.

Sperber. Habicht.
hier iſt er wie ſein Vertreter, der Besra (Nisus virgatus) hochgeſchätzt von allen Falkonieren. Beide
werden oft im Raubvogelnetz gefaugen und auf Rebhühner, Wachteln, Schnepfen, Tauben und
beſonders auf Meinas abgerichtet. Sie leiſten namentlich im Oſchungel gute Dienſte und
belohnen dadurch die große Mühe, welche ihre Abrichtung erfordert.

Jch meinestheils habe mich mit den zahmen Sperbern nie befreunden können: ihre Scheu,
Wildheit und Gefräßigkeit hat mich abgeſtoßen. Von letzterer erzählt Lenz ein Beiſpiel, welches ich
zum Schluß noch anführen will, weil es das Weſen des Vogels kennzeichnen hilft. „Vor einigen
Jahren erhielt ich ein Sperberweibchen, welches einen Goldammer ſo wüthend in einen Dornbuſch
verfolgte, daß es ſich darin verwickelte und gefangen ward. Sogleich band ich ihm die Flügel-
ſpitzen zuſammen und ſetzte es in eine Stube, in der ſich elf Menſchen verſammelten, die es mit
funkelndem Blicke betrachtete; nun holte ich ſechs junge Sperlinge, ließ einen davon laufen, der
Sperber fuhr ſogleich zu, packte und erwürgte ihn mit ſeinen Krallen, und blieb, unverwandt nach der
Geſellſchaft blickend, auf ſeiner Beute, die er kräftig zuſammendrückte, ſitzen. Wir gingen, da er nicht
freſſen wollte, weg, und als wir nach zehn Minuten wiederkamen, war der Sperling verzehrt. Ebenſo
ging es mit den zwei folgenden Sperlingen; den vierten aber hatte er, nachdem er ihn ebenſo wüthend
wie die vorigen erwürgt hatte, da wir nach zehn Minuten, die wir ihm jedesmal zum Fraße gönnten,
wiederkamen, nur halb verzehrt; dennoch packte er eben ſo gierig jetzt auch den fünften, und wieder
nach zehn Minuten den ſechſten, ohne daß er ſie, da ſein Kropf ſchon gefüllt war, verzehren konnte.‟



Das Urbild der Familie, unſer Habicht oder Stockfalk, Hacht-, Tauben-, Hühner-,
Sperber-
oder gepfeilter Falk, Doppelſperber, Hühnergeier, Hacht-, Stößer-,
Stech-
und Eichvogel (Astur palumbarius) verdient die Ehre, welche man ihm angethan hat,
indem man eine ganze Familie nach ihm benannte. Er iſt nicht blos dem Namen, ſondern
auch ſeinem Weſen nach der Habicht im eigentlichen Sinne des Worts. Die Kennzeichen der Sippe,
welche er vertritt, ſind weſentlich dieſelben wie bei den Sperberu; doch unterſcheiden ſich die Habichte
von dieſen durch den gedrungenen Leib, den längeren Schnabel, den abgerundeten Schwanz und
die ſtärkeren Füße, ſowie endlich durch die Zeichnung des Gefieders je nach dem Alter.

Der Habicht iſt ein großer Raubvogel von 1¾ Fuß Länge und 3½ Fuß Breite, bei 12 Zoll
Fittig- und 8½ Zoll Schwanzlänge. Das bedeutend größere Weibchen wird um 5 Zoll länger und
um reichlich 6 Zoll breiter. Jm ausgefärbten Kleid iſt der Oberkörper ſchwärzlich graubraun, mehr
oder weniger aſchblau überflogen, der Unterkörper weiß; die Federn ſind mit braunſchwarzen Schaftſtrichen
und Wellenlinien gezeichnet. Der Schnabel iſt hornſchwarz, die Wachshaut blaßgelb, das Auge hoch-
gelb, der Fuß gelb. Jm Jugendkleid iſt der Oberkörper braun, jede Feder roſtgelb gekantet und
gefleckt, der Unterkörper roſtröthlich, ſpäter roſtweißlich, braun in die Länge gefleckt. Der Schnabel
und das Auge, der Fuß und die Wachshaut ſind bläſſer als bei alten Vögeln.

Verbreitung und Aufenthalt des Habichts ſind ziemlich genau dieſelben, wie beim Sperber. Jener
bewohnt vielleicht mehr nördliche Gegenden und iſt feſterer Standvogel als der Sperber. Er gehört
ſchon im Süden Europas zu den Seltenheiten und kommt in Nordoſtafrika nach meinen Beobachtungen
nur unregelmäßig und höchſt einzeln vor. Daſſelbe gilt für Aſien. Jm Süden dieſes Erd-
theils findet er ſich nach Jerdon ſtändig, obwohl immer einzeln, nur im Himalaya, und wenn
wirklich einmal einer in den Ebenen bemerkt wird, iſt es ein Verirrter. Auch der Habicht liebt
Wälder, welche mit Feldern und Wieſenflächen abwechſeln; er kommt jedoch in größeren Waldungen
häufiger vor, als in kleineren.

Nach meinem Dafürhalten iſt die von meinem Vater vor nunmehr vierzig Jahren gegebene
Beſchreibung dieſes Raubvogels noch nicht übertroffen; ich werde ſie deshalb dem Nachfolgenden zu
Grunde legen und nur hier und da neuere Beobachtungen, welche mir wichtig zu ſein ſcheinen, einſchieben.

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[437/0467] Sperber. Habicht. hier iſt er wie ſein Vertreter, der Besra (Nisus virgatus) hochgeſchätzt von allen Falkonieren. Beide werden oft im Raubvogelnetz gefaugen und auf Rebhühner, Wachteln, Schnepfen, Tauben und beſonders auf Meinas abgerichtet. Sie leiſten namentlich im Oſchungel gute Dienſte und belohnen dadurch die große Mühe, welche ihre Abrichtung erfordert. Jch meinestheils habe mich mit den zahmen Sperbern nie befreunden können: ihre Scheu, Wildheit und Gefräßigkeit hat mich abgeſtoßen. Von letzterer erzählt Lenz ein Beiſpiel, welches ich zum Schluß noch anführen will, weil es das Weſen des Vogels kennzeichnen hilft. „Vor einigen Jahren erhielt ich ein Sperberweibchen, welches einen Goldammer ſo wüthend in einen Dornbuſch verfolgte, daß es ſich darin verwickelte und gefangen ward. Sogleich band ich ihm die Flügel- ſpitzen zuſammen und ſetzte es in eine Stube, in der ſich elf Menſchen verſammelten, die es mit funkelndem Blicke betrachtete; nun holte ich ſechs junge Sperlinge, ließ einen davon laufen, der Sperber fuhr ſogleich zu, packte und erwürgte ihn mit ſeinen Krallen, und blieb, unverwandt nach der Geſellſchaft blickend, auf ſeiner Beute, die er kräftig zuſammendrückte, ſitzen. Wir gingen, da er nicht freſſen wollte, weg, und als wir nach zehn Minuten wiederkamen, war der Sperling verzehrt. Ebenſo ging es mit den zwei folgenden Sperlingen; den vierten aber hatte er, nachdem er ihn ebenſo wüthend wie die vorigen erwürgt hatte, da wir nach zehn Minuten, die wir ihm jedesmal zum Fraße gönnten, wiederkamen, nur halb verzehrt; dennoch packte er eben ſo gierig jetzt auch den fünften, und wieder nach zehn Minuten den ſechſten, ohne daß er ſie, da ſein Kropf ſchon gefüllt war, verzehren konnte.‟ Das Urbild der Familie, unſer Habicht oder Stockfalk, Hacht-, Tauben-, Hühner-, Sperber- oder gepfeilter Falk, Doppelſperber, Hühnergeier, Hacht-, Stößer-, Stech- und Eichvogel (Astur palumbarius) verdient die Ehre, welche man ihm angethan hat, indem man eine ganze Familie nach ihm benannte. Er iſt nicht blos dem Namen, ſondern auch ſeinem Weſen nach der Habicht im eigentlichen Sinne des Worts. Die Kennzeichen der Sippe, welche er vertritt, ſind weſentlich dieſelben wie bei den Sperberu; doch unterſcheiden ſich die Habichte von dieſen durch den gedrungenen Leib, den längeren Schnabel, den abgerundeten Schwanz und die ſtärkeren Füße, ſowie endlich durch die Zeichnung des Gefieders je nach dem Alter. Der Habicht iſt ein großer Raubvogel von 1¾ Fuß Länge und 3½ Fuß Breite, bei 12 Zoll Fittig- und 8½ Zoll Schwanzlänge. Das bedeutend größere Weibchen wird um 5 Zoll länger und um reichlich 6 Zoll breiter. Jm ausgefärbten Kleid iſt der Oberkörper ſchwärzlich graubraun, mehr oder weniger aſchblau überflogen, der Unterkörper weiß; die Federn ſind mit braunſchwarzen Schaftſtrichen und Wellenlinien gezeichnet. Der Schnabel iſt hornſchwarz, die Wachshaut blaßgelb, das Auge hoch- gelb, der Fuß gelb. Jm Jugendkleid iſt der Oberkörper braun, jede Feder roſtgelb gekantet und gefleckt, der Unterkörper roſtröthlich, ſpäter roſtweißlich, braun in die Länge gefleckt. Der Schnabel und das Auge, der Fuß und die Wachshaut ſind bläſſer als bei alten Vögeln. Verbreitung und Aufenthalt des Habichts ſind ziemlich genau dieſelben, wie beim Sperber. Jener bewohnt vielleicht mehr nördliche Gegenden und iſt feſterer Standvogel als der Sperber. Er gehört ſchon im Süden Europas zu den Seltenheiten und kommt in Nordoſtafrika nach meinen Beobachtungen nur unregelmäßig und höchſt einzeln vor. Daſſelbe gilt für Aſien. Jm Süden dieſes Erd- theils findet er ſich nach Jerdon ſtändig, obwohl immer einzeln, nur im Himalaya, und wenn wirklich einmal einer in den Ebenen bemerkt wird, iſt es ein Verirrter. Auch der Habicht liebt Wälder, welche mit Feldern und Wieſenflächen abwechſeln; er kommt jedoch in größeren Waldungen häufiger vor, als in kleineren. Nach meinem Dafürhalten iſt die von meinem Vater vor nunmehr vierzig Jahren gegebene Beſchreibung dieſes Raubvogels noch nicht übertroffen; ich werde ſie deshalb dem Nachfolgenden zu Grunde legen und nur hier und da neuere Beobachtungen, welche mir wichtig zu ſein ſcheinen, einſchieben.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/467>, abgerufen am 22.11.2024.