Alter sind beide Geschlechter gleich gefärbt; die Jungen hingegen unterscheiden sich wesentlich durch das Gefieder von ihren Eltern.
Die Familie verbreitet sich über alle Erdtheile, ja selbst gewisse Sippen sind auf der ganzen Erde heimisch. Einzelne bewohnen ein sehr großes Gebiet, wenige scheinen beschränkt zu sein. Jm Gegensatz zu den Edelfalken bewohnen die Habichte fast ausnahmslos die dichten Waldungen und halten sich hier möglichst verborgen, wie es ihr Strauchritterleben in des Wortes vollster Bedeutung erfordert. Auch sie sind begabte Geschöpfe, jedoch nicht in gutem Sinne. Mordgier und List sind ihre hervorstechenden Eigenschaften. Jhre leiblichen Begabungen lassen Nichts zu wünschen übrig. Sie fliegen rasch und ungemein geschickt, sind im Stande, ihre Richtung jählings in eine andere umzuändern und bewegen sich, fast nach Art der Marder, in den verschlungensten Gebüschen mit einer überraschenden Gewandt- heit; doch meiden sie soviel als möglich die Höhen; ihr Flug geht meistens niedrig über der Erde hin. Auf dem Boden gehen sie auffallend gut, obgleich mit Zuhilfenahme ihrer Flügel; das Geäst dichter Bäume durchschlüpfen sie mit ungewöhnlicher Fertigkeit. Sie sind furchtbare Feinde aller Thiere, welche sie, wenn auch mit Mühe, bezwingen können. Jhre Jagd gilt ebenso gut den Säuge- thieren wie den Vögeln; sie verschmähen selbst Lurche nicht. Sie fangen im Fliegen, im Sitzen, im Laufen und im Schwimmen; sie verfolgen die einmal ins Auge gefaßte Beute mit einer Rücksichts- losigkeit ohne Gleichen. Jhre Mordgier läßt sie gar nicht selten ihre Sicherheit vergessen. Mit starken Thieren balgen sie sich oft lange in wüthendem Kampfe herum, bis ihnen der Sieg gelingt. Zuweilen büßen sie aber auch in solchen Kämpfen ihr Leben ein.
Unter sich halten die Habichte ebensowenig Freundschaft, als mit andern Thieren. Wahre Liebe, wie sie bei den übrigen Raubvögeln beobachtet wird, kommt bei ihnen nie vor. Das Weibchen frißt ohne Besinnen sein Männchen auf, die Mutter oder der Vater seine Kinder, und diese fallen, wenn sie stark genug sind, über ihre Eltern her. Nur wenn sie ihre Raubsucht vollständig befriedigen können, halten sie Frieden innerhalb der Familie im gewöhnlichen Sinne des Worts.
Die Vermehrung der Habichte ist leider eine verhältnißmäßig starke. Das Gelege besteht aus einer beträchtlichen Auzahl von Eiern. Der Horst wird stets auf Bäumen angelegt und, wie es scheint, immer selbständig errichtet. Einzelne Arten verzieren ihn sehr hübsch durch grüne Reiser, welche sie unter Umständen wiederholt erneuern. Angriffe gegen die Brut versuchen sie mit größtem Muth abzuwehren: sie stoßen dann furchtlos selbst nach dem Menschen.
Alle Habichte sind schädliche Vögel, welche die rücksichtsloseste Verfolgung nothwendig machen. Hinsichtlich der Edelfalken läßt es sich entschuldigen, wenn man ein gutes Wort einlegt: -- den Habichten Fürsprecher zu sein, würde als Frevel an der übrigen Thierwelt erscheinen. Man hat zwar auch sie abgerichtet und aus einzelnen schätzbare Baizvögel gewonnen: im allgemeinen aber ist nicht einmal dieser Rutzen so hoch anzuschlagen, als es vielleicht scheint; denn das störrische Wesen dieser Vögel macht die Abrichtung sehr schwierig und nur selten belohnend.
Jm Käfig sind die Habichte unausstehliche Geschöpfe. Jhre Freßgier, ihre Unverträglichkeit, ihre Mordlust machen die Haltung schwer, ein Zusammensperren mit andern Vögeln unmöglich. Sie werden um so verhaßter, je genauer man sie kennen lernt.
Ein eigenthümlicher Vogel Südamerikas verdient infofern die erste Stelle, als er gewissermaßen ein Uebergangsglied ist von den Edelfalken zu den Habichten. Man hat ihn seiner laut schallenden Stimme halber Lachhabicht genannt; sein wissenschaftlicher Name ist Herpetotheres cachinnans. Die Kennzeichen der Sippe, welche er bildet, sind ein kräftiger Rumpf, ein verhältnißmäßig großer, durch die reiche Befiederung noch größer erscheinender Kopf, mäßig lange Flügel, welche in der Ruhe bis zur Schwanzmitte reichen, mit ziemlich stark verschmälerten, spitzen Handschwingen,
Die Fänger. Raubvögel. Habichte.
Alter ſind beide Geſchlechter gleich gefärbt; die Jungen hingegen unterſcheiden ſich weſentlich durch das Gefieder von ihren Eltern.
Die Familie verbreitet ſich über alle Erdtheile, ja ſelbſt gewiſſe Sippen ſind auf der ganzen Erde heimiſch. Einzelne bewohnen ein ſehr großes Gebiet, wenige ſcheinen beſchränkt zu ſein. Jm Gegenſatz zu den Edelfalken bewohnen die Habichte faſt ausnahmslos die dichten Waldungen und halten ſich hier möglichſt verborgen, wie es ihr Strauchritterleben in des Wortes vollſter Bedeutung erfordert. Auch ſie ſind begabte Geſchöpfe, jedoch nicht in gutem Sinne. Mordgier und Liſt ſind ihre hervorſtechenden Eigenſchaften. Jhre leiblichen Begabungen laſſen Nichts zu wünſchen übrig. Sie fliegen raſch und ungemein geſchickt, ſind im Stande, ihre Richtung jählings in eine andere umzuändern und bewegen ſich, faſt nach Art der Marder, in den verſchlungenſten Gebüſchen mit einer überraſchenden Gewandt- heit; doch meiden ſie ſoviel als möglich die Höhen; ihr Flug geht meiſtens niedrig über der Erde hin. Auf dem Boden gehen ſie auffallend gut, obgleich mit Zuhilfenahme ihrer Flügel; das Geäſt dichter Bäume durchſchlüpfen ſie mit ungewöhnlicher Fertigkeit. Sie ſind furchtbare Feinde aller Thiere, welche ſie, wenn auch mit Mühe, bezwingen können. Jhre Jagd gilt ebenſo gut den Säuge- thieren wie den Vögeln; ſie verſchmähen ſelbſt Lurche nicht. Sie fangen im Fliegen, im Sitzen, im Laufen und im Schwimmen; ſie verfolgen die einmal ins Auge gefaßte Beute mit einer Rückſichts- loſigkeit ohne Gleichen. Jhre Mordgier läßt ſie gar nicht ſelten ihre Sicherheit vergeſſen. Mit ſtarken Thieren balgen ſie ſich oft lange in wüthendem Kampfe herum, bis ihnen der Sieg gelingt. Zuweilen büßen ſie aber auch in ſolchen Kämpfen ihr Leben ein.
Unter ſich halten die Habichte ebenſowenig Freundſchaft, als mit andern Thieren. Wahre Liebe, wie ſie bei den übrigen Raubvögeln beobachtet wird, kommt bei ihnen nie vor. Das Weibchen frißt ohne Beſinnen ſein Männchen auf, die Mutter oder der Vater ſeine Kinder, und dieſe fallen, wenn ſie ſtark genug ſind, über ihre Eltern her. Nur wenn ſie ihre Raubſucht vollſtändig befriedigen können, halten ſie Frieden innerhalb der Familie im gewöhnlichen Sinne des Worts.
Die Vermehrung der Habichte iſt leider eine verhältnißmäßig ſtarke. Das Gelege beſteht aus einer beträchtlichen Auzahl von Eiern. Der Horſt wird ſtets auf Bäumen angelegt und, wie es ſcheint, immer ſelbſtändig errichtet. Einzelne Arten verzieren ihn ſehr hübſch durch grüne Reiſer, welche ſie unter Umſtänden wiederholt erneuern. Angriffe gegen die Brut verſuchen ſie mit größtem Muth abzuwehren: ſie ſtoßen dann furchtlos ſelbſt nach dem Menſchen.
Alle Habichte ſind ſchädliche Vögel, welche die rückſichtsloſeſte Verfolgung nothwendig machen. Hinſichtlich der Edelfalken läßt es ſich entſchuldigen, wenn man ein gutes Wort einlegt: — den Habichten Fürſprecher zu ſein, würde als Frevel an der übrigen Thierwelt erſcheinen. Man hat zwar auch ſie abgerichtet und aus einzelnen ſchätzbare Baizvögel gewonnen: im allgemeinen aber iſt nicht einmal dieſer Rutzen ſo hoch anzuſchlagen, als es vielleicht ſcheint; denn das ſtörriſche Weſen dieſer Vögel macht die Abrichtung ſehr ſchwierig und nur ſelten belohnend.
Jm Käfig ſind die Habichte unausſtehliche Geſchöpfe. Jhre Freßgier, ihre Unverträglichkeit, ihre Mordluſt machen die Haltung ſchwer, ein Zuſammenſperren mit andern Vögeln unmöglich. Sie werden um ſo verhaßter, je genauer man ſie kennen lernt.
Ein eigenthümlicher Vogel Südamerikas verdient infofern die erſte Stelle, als er gewiſſermaßen ein Uebergangsglied iſt von den Edelfalken zu den Habichten. Man hat ihn ſeiner laut ſchallenden Stimme halber Lachhabicht genannt; ſein wiſſenſchaftlicher Name iſt Herpetotheres cachinnans. Die Kennzeichen der Sippe, welche er bildet, ſind ein kräftiger Rumpf, ein verhältnißmäßig großer, durch die reiche Befiederung noch größer erſcheinender Kopf, mäßig lange Flügel, welche in der Ruhe bis zur Schwanzmitte reichen, mit ziemlich ſtark verſchmälerten, ſpitzen Handſchwingen,
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Die Fänger. Raubvögel. Habichte.
Alter ſind beide Geſchlechter gleich gefärbt; die Jungen hingegen unterſcheiden ſich weſentlich durch
das Gefieder von ihren Eltern.
Die Familie verbreitet ſich über alle Erdtheile, ja ſelbſt gewiſſe Sippen ſind auf der ganzen Erde
heimiſch. Einzelne bewohnen ein ſehr großes Gebiet, wenige ſcheinen beſchränkt zu ſein. Jm Gegenſatz
zu den Edelfalken bewohnen die Habichte faſt ausnahmslos die dichten Waldungen und halten ſich hier
möglichſt verborgen, wie es ihr Strauchritterleben in des Wortes vollſter Bedeutung erfordert. Auch
ſie ſind begabte Geſchöpfe, jedoch nicht in gutem Sinne. Mordgier und Liſt ſind ihre hervorſtechenden
Eigenſchaften. Jhre leiblichen Begabungen laſſen Nichts zu wünſchen übrig. Sie fliegen raſch und
ungemein geſchickt, ſind im Stande, ihre Richtung jählings in eine andere umzuändern und bewegen
ſich, faſt nach Art der Marder, in den verſchlungenſten Gebüſchen mit einer überraſchenden Gewandt-
heit; doch meiden ſie ſoviel als möglich die Höhen; ihr Flug geht meiſtens niedrig über der Erde
hin. Auf dem Boden gehen ſie auffallend gut, obgleich mit Zuhilfenahme ihrer Flügel; das Geäſt
dichter Bäume durchſchlüpfen ſie mit ungewöhnlicher Fertigkeit. Sie ſind furchtbare Feinde aller
Thiere, welche ſie, wenn auch mit Mühe, bezwingen können. Jhre Jagd gilt ebenſo gut den Säuge-
thieren wie den Vögeln; ſie verſchmähen ſelbſt Lurche nicht. Sie fangen im Fliegen, im Sitzen, im
Laufen und im Schwimmen; ſie verfolgen die einmal ins Auge gefaßte Beute mit einer Rückſichts-
loſigkeit ohne Gleichen. Jhre Mordgier läßt ſie gar nicht ſelten ihre Sicherheit vergeſſen. Mit ſtarken
Thieren balgen ſie ſich oft lange in wüthendem Kampfe herum, bis ihnen der Sieg gelingt. Zuweilen
büßen ſie aber auch in ſolchen Kämpfen ihr Leben ein.
Unter ſich halten die Habichte ebenſowenig Freundſchaft, als mit andern Thieren. Wahre Liebe,
wie ſie bei den übrigen Raubvögeln beobachtet wird, kommt bei ihnen nie vor. Das Weibchen frißt
ohne Beſinnen ſein Männchen auf, die Mutter oder der Vater ſeine Kinder, und dieſe fallen, wenn
ſie ſtark genug ſind, über ihre Eltern her. Nur wenn ſie ihre Raubſucht vollſtändig befriedigen
können, halten ſie Frieden innerhalb der Familie im gewöhnlichen Sinne des Worts.
Die Vermehrung der Habichte iſt leider eine verhältnißmäßig ſtarke. Das Gelege beſteht aus
einer beträchtlichen Auzahl von Eiern. Der Horſt wird ſtets auf Bäumen angelegt und, wie es ſcheint,
immer ſelbſtändig errichtet. Einzelne Arten verzieren ihn ſehr hübſch durch grüne Reiſer, welche ſie
unter Umſtänden wiederholt erneuern. Angriffe gegen die Brut verſuchen ſie mit größtem Muth
abzuwehren: ſie ſtoßen dann furchtlos ſelbſt nach dem Menſchen.
Alle Habichte ſind ſchädliche Vögel, welche die rückſichtsloſeſte Verfolgung nothwendig machen.
Hinſichtlich der Edelfalken läßt es ſich entſchuldigen, wenn man ein gutes Wort einlegt: — den
Habichten Fürſprecher zu ſein, würde als Frevel an der übrigen Thierwelt erſcheinen. Man hat zwar
auch ſie abgerichtet und aus einzelnen ſchätzbare Baizvögel gewonnen: im allgemeinen aber iſt nicht
einmal dieſer Rutzen ſo hoch anzuſchlagen, als es vielleicht ſcheint; denn das ſtörriſche Weſen dieſer
Vögel macht die Abrichtung ſehr ſchwierig und nur ſelten belohnend.
Jm Käfig ſind die Habichte unausſtehliche Geſchöpfe. Jhre Freßgier, ihre Unverträglichkeit, ihre
Mordluſt machen die Haltung ſchwer, ein Zuſammenſperren mit andern Vögeln unmöglich. Sie
werden um ſo verhaßter, je genauer man ſie kennen lernt.
Ein eigenthümlicher Vogel Südamerikas verdient infofern die erſte Stelle, als er gewiſſermaßen
ein Uebergangsglied iſt von den Edelfalken zu den Habichten. Man hat ihn ſeiner laut ſchallenden
Stimme halber Lachhabicht genannt; ſein wiſſenſchaftlicher Name iſt Herpetotheres cachinnans.
Die Kennzeichen der Sippe, welche er bildet, ſind ein kräftiger Rumpf, ein verhältnißmäßig großer,
durch die reiche Befiederung noch größer erſcheinender Kopf, mäßig lange Flügel, welche in der
Ruhe bis zur Schwanzmitte reichen, mit ziemlich ſtark verſchmälerten, ſpitzen Handſchwingen,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/462>, abgerufen am 22.11.2024.
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