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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Baumfalk. Berigora. Thurmfalk.
angelegten Horste besetzt. Das Gelege besteht aus zwei bis drei Eiern, welche so sehr in der Farbe
abändern, daß nicht einmal die eines Nestes unter sich gleich sind. Die meisten zeigen auf fahlweißem
Grunde verwaschene röthlichbraune Flecken.



Unser Thurmfalk und zwei seiner europäischen Verwandten mögen uns mit den sogenannten
unechten d. h. weniger raubfähigen Edelfalken bekannt machen. Die Röthelfalken (Tinnunculus),
wie nach Eines Namen auch alle übrigen Mitglieder der Sippe genannt werden, ähneln in Gestalt, im
Bau des Schnabels, der Flügel und des Schwanzes noch ihren edleren Verwandten, haben aber ein
längeres und lockeres Gefieder, minder hartschwingige Flügel, längeren Schwanz, stärkere und kurz-
zehigere Füße und je nach dem Geschlecht ein verschieden gefärbtes Kleid.

Der Thurmfalk, Mauer-, Kirch-, Roth-, Mäuse- und Rüttelfalk oder Rüttel-
geier, Graukopf, Sterengall, Wieg-
oder Windwehe (Tinnunculus alaudarius) ist ein sehr
schmucker Vogel von 121/2 Zoll Länge und 27 Zoll Breite, dessen Fittig 91/4 und dessen Schwanz
61/4 Zoll mißt. Beim ausgefärbten Männchen sind Kopf, Nacken und der Schwanz mit Ausnahme
der blauschwarzen, weiß gesäumten Endbinden aschgrau; der Mantel ist schön rostroth, jede Feder mit
dreieckigem Spitzenfleck, die Unterseite an der Kehle weißlichgelb, auf Brust und Bauch schön rothgrau
oder blaßgelb, die einzelne Feder mit schwarzem Längsfleck. Die Schwungfedern sind schwarz mit
sechs bis zwölf weißlichen oder rostrothen dreieckigen Flecken an der Jnnenfahne, an der Spitze lichter
gesäumt. Der Augenstern ist dunkelbraun, der Schnabel hornbraun, die Wachshaut und die nackte
Stelle um's Auge sind grünlichgelb, der Fuß ist citronengelb. Ein Backenstreifen ist vorhanden. Das
alte Weibchen ist auf dem ganzen Oberkörper röthelroth bis zum Oberrücken mit schwärzlichen Längs-
flecken, von hier an aber mit Querflecken auf den Federn; sein Schwanz ist auf grauröthlichem Grunde
an der Spitze breit und außerdem schmal gebändert; nur der Bürzel ist aschgrau. Auf der Unterseite
gleicht die Färbung der des Männchens. Die Jungen ähneln der Mutter.

Von Lappland an bis Südspanien und von den Amurländern an bis zur Westküste Europa's
scheint der Thurmfalk nirgends zu fehlen, am allerwenigsten in gebirgigen Gegenden, gleichviel ob
dieselben bewaldet sind oder nicht; denn er ist ebensowohl Felsen-, wie Waldbewohner. Jm Süden
unseres Erdtheils ist er häufiger als im Norden, in den Steppen gemein. Auch er ist Sommervogel,
welcher in jedem Winter große Reisen unternimmt. Er erscheint bei uns im März, oft schon im Februar
und verläßt uns im September wieder. Aeußerst selten überwintert einer bei uns. Das eigent-
liche Wohngebiet bildet ein Feldgehölz oder auch ein größerer Wald, wo auf einem der höchsten Bäume
der Horst steht, ebensohäufig aber eine Felswand und, zumal in südlichen Gegenden, ein altes Gebäude.
Den verfallenen Ritterburgen fehlt der Thurmfalk selten; auch die meisten größeren Städte geben
ihm regelmäßig Herberge. Die flache Mulde des Horstes, welcher sich von dem anderer Raubvögel
wenig unterscheidet, wird mit einzelnen Wurzeln, Stoppeln, Mos und Thierhaaren ausgekleidet. Das
Gelege besteht aus vier bis sieben rundlichen auf weißem oder rostgelben Grunde überall braunroth
gefleckten und gepunkteten Eiern, welche vom Weibchen allein bebrütet werden.

Die Nahrung ist gemischter Art. Mäuse und Kerbthiere liefern den Haupttheil der Mahlzeiten
des Thurmfalken; nebenbei nimmt er wohl auch eine Eidechse; einen Frosch und unter Umständen
einen jungen Vogel weg. Er wird aber niemals eigentlich schädlich; denn er vertilgt weit mehr Unge-
ziefer als nützliche Thiere.

Jn Südeuropa gesellt sich zum Thurmfalken der ihm sehr nahe verwandte schöne Röthelfalk
(Tinnunculus cenchris). Er ist etwas kleiner als der Thurmfalk. Beim Männchen beträgt die
Länge nur 12, beim Weibchen 13 Zoll, die Breite bei jenem 26, bei diesem 28 Zoll; der Fittig mißt
10 Zoll, der Schwanz 51/2 Zoll. Beim alten Männchen sind der Kopf, die großen Flügeldeckfedern,
die Hinterschwingen und der Schwanz bläulichaschgrau, der Rücken ist ziegelroth ohne alle Flecken, die

Baumfalk. Berigora. Thurmfalk.
angelegten Horſte beſetzt. Das Gelege beſteht aus zwei bis drei Eiern, welche ſo ſehr in der Farbe
abändern, daß nicht einmal die eines Neſtes unter ſich gleich ſind. Die meiſten zeigen auf fahlweißem
Grunde verwaſchene röthlichbraune Flecken.



Unſer Thurmfalk und zwei ſeiner europäiſchen Verwandten mögen uns mit den ſogenannten
unechten d. h. weniger raubfähigen Edelfalken bekannt machen. Die Röthelfalken (Tinnunculus),
wie nach Eines Namen auch alle übrigen Mitglieder der Sippe genannt werden, ähneln in Geſtalt, im
Bau des Schnabels, der Flügel und des Schwanzes noch ihren edleren Verwandten, haben aber ein
längeres und lockeres Gefieder, minder hartſchwingige Flügel, längeren Schwanz, ſtärkere und kurz-
zehigere Füße und je nach dem Geſchlecht ein verſchieden gefärbtes Kleid.

Der Thurmfalk, Mauer-, Kirch-, Roth-, Mäuſe- und Rüttelfalk oder Rüttel-
geier, Graukopf, Sterengall, Wieg-
oder Windwehe (Tinnunculus alaudarius) iſt ein ſehr
ſchmucker Vogel von 12½ Zoll Länge und 27 Zoll Breite, deſſen Fittig 9¼ und deſſen Schwanz
6¼ Zoll mißt. Beim ausgefärbten Männchen ſind Kopf, Nacken und der Schwanz mit Ausnahme
der blauſchwarzen, weiß geſäumten Endbinden aſchgrau; der Mantel iſt ſchön roſtroth, jede Feder mit
dreieckigem Spitzenfleck, die Unterſeite an der Kehle weißlichgelb, auf Bruſt und Bauch ſchön rothgrau
oder blaßgelb, die einzelne Feder mit ſchwarzem Längsfleck. Die Schwungfedern ſind ſchwarz mit
ſechs bis zwölf weißlichen oder roſtrothen dreieckigen Flecken an der Jnnenfahne, an der Spitze lichter
geſäumt. Der Augenſtern iſt dunkelbraun, der Schnabel hornbraun, die Wachshaut und die nackte
Stelle um’s Auge ſind grünlichgelb, der Fuß iſt citronengelb. Ein Backenſtreifen iſt vorhanden. Das
alte Weibchen iſt auf dem ganzen Oberkörper röthelroth bis zum Oberrücken mit ſchwärzlichen Längs-
flecken, von hier an aber mit Querflecken auf den Federn; ſein Schwanz iſt auf grauröthlichem Grunde
an der Spitze breit und außerdem ſchmal gebändert; nur der Bürzel iſt aſchgrau. Auf der Unterſeite
gleicht die Färbung der des Männchens. Die Jungen ähneln der Mutter.

Von Lappland an bis Südſpanien und von den Amurländern an bis zur Weſtküſte Europa’s
ſcheint der Thurmfalk nirgends zu fehlen, am allerwenigſten in gebirgigen Gegenden, gleichviel ob
dieſelben bewaldet ſind oder nicht; denn er iſt ebenſowohl Felſen-, wie Waldbewohner. Jm Süden
unſeres Erdtheils iſt er häufiger als im Norden, in den Steppen gemein. Auch er iſt Sommervogel,
welcher in jedem Winter große Reiſen unternimmt. Er erſcheint bei uns im März, oft ſchon im Februar
und verläßt uns im September wieder. Aeußerſt ſelten überwintert einer bei uns. Das eigent-
liche Wohngebiet bildet ein Feldgehölz oder auch ein größerer Wald, wo auf einem der höchſten Bäume
der Horſt ſteht, ebenſohäufig aber eine Felswand und, zumal in ſüdlichen Gegenden, ein altes Gebäude.
Den verfallenen Ritterburgen fehlt der Thurmfalk ſelten; auch die meiſten größeren Städte geben
ihm regelmäßig Herberge. Die flache Mulde des Horſtes, welcher ſich von dem anderer Raubvögel
wenig unterſcheidet, wird mit einzelnen Wurzeln, Stoppeln, Mos und Thierhaaren ausgekleidet. Das
Gelege beſteht aus vier bis ſieben rundlichen auf weißem oder roſtgelben Grunde überall braunroth
gefleckten und gepunkteten Eiern, welche vom Weibchen allein bebrütet werden.

Die Nahrung iſt gemiſchter Art. Mäuſe und Kerbthiere liefern den Haupttheil der Mahlzeiten
des Thurmfalken; nebenbei nimmt er wohl auch eine Eidechſe; einen Froſch und unter Umſtänden
einen jungen Vogel weg. Er wird aber niemals eigentlich ſchädlich; denn er vertilgt weit mehr Unge-
ziefer als nützliche Thiere.

Jn Südeuropa geſellt ſich zum Thurmfalken der ihm ſehr nahe verwandte ſchöne Röthelfalk
(Tinnunculus cenchris). Er iſt etwas kleiner als der Thurmfalk. Beim Männchen beträgt die
Länge nur 12, beim Weibchen 13 Zoll, die Breite bei jenem 26, bei dieſem 28 Zoll; der Fittig mißt
10 Zoll, der Schwanz 5½ Zoll. Beim alten Männchen ſind der Kopf, die großen Flügeldeckfedern,
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[425/0455] Baumfalk. Berigora. Thurmfalk. angelegten Horſte beſetzt. Das Gelege beſteht aus zwei bis drei Eiern, welche ſo ſehr in der Farbe abändern, daß nicht einmal die eines Neſtes unter ſich gleich ſind. Die meiſten zeigen auf fahlweißem Grunde verwaſchene röthlichbraune Flecken. Unſer Thurmfalk und zwei ſeiner europäiſchen Verwandten mögen uns mit den ſogenannten unechten d. h. weniger raubfähigen Edelfalken bekannt machen. Die Röthelfalken (Tinnunculus), wie nach Eines Namen auch alle übrigen Mitglieder der Sippe genannt werden, ähneln in Geſtalt, im Bau des Schnabels, der Flügel und des Schwanzes noch ihren edleren Verwandten, haben aber ein längeres und lockeres Gefieder, minder hartſchwingige Flügel, längeren Schwanz, ſtärkere und kurz- zehigere Füße und je nach dem Geſchlecht ein verſchieden gefärbtes Kleid. Der Thurmfalk, Mauer-, Kirch-, Roth-, Mäuſe- und Rüttelfalk oder Rüttel- geier, Graukopf, Sterengall, Wieg- oder Windwehe (Tinnunculus alaudarius) iſt ein ſehr ſchmucker Vogel von 12½ Zoll Länge und 27 Zoll Breite, deſſen Fittig 9¼ und deſſen Schwanz 6¼ Zoll mißt. Beim ausgefärbten Männchen ſind Kopf, Nacken und der Schwanz mit Ausnahme der blauſchwarzen, weiß geſäumten Endbinden aſchgrau; der Mantel iſt ſchön roſtroth, jede Feder mit dreieckigem Spitzenfleck, die Unterſeite an der Kehle weißlichgelb, auf Bruſt und Bauch ſchön rothgrau oder blaßgelb, die einzelne Feder mit ſchwarzem Längsfleck. Die Schwungfedern ſind ſchwarz mit ſechs bis zwölf weißlichen oder roſtrothen dreieckigen Flecken an der Jnnenfahne, an der Spitze lichter geſäumt. Der Augenſtern iſt dunkelbraun, der Schnabel hornbraun, die Wachshaut und die nackte Stelle um’s Auge ſind grünlichgelb, der Fuß iſt citronengelb. Ein Backenſtreifen iſt vorhanden. Das alte Weibchen iſt auf dem ganzen Oberkörper röthelroth bis zum Oberrücken mit ſchwärzlichen Längs- flecken, von hier an aber mit Querflecken auf den Federn; ſein Schwanz iſt auf grauröthlichem Grunde an der Spitze breit und außerdem ſchmal gebändert; nur der Bürzel iſt aſchgrau. Auf der Unterſeite gleicht die Färbung der des Männchens. Die Jungen ähneln der Mutter. Von Lappland an bis Südſpanien und von den Amurländern an bis zur Weſtküſte Europa’s ſcheint der Thurmfalk nirgends zu fehlen, am allerwenigſten in gebirgigen Gegenden, gleichviel ob dieſelben bewaldet ſind oder nicht; denn er iſt ebenſowohl Felſen-, wie Waldbewohner. Jm Süden unſeres Erdtheils iſt er häufiger als im Norden, in den Steppen gemein. Auch er iſt Sommervogel, welcher in jedem Winter große Reiſen unternimmt. Er erſcheint bei uns im März, oft ſchon im Februar und verläßt uns im September wieder. Aeußerſt ſelten überwintert einer bei uns. Das eigent- liche Wohngebiet bildet ein Feldgehölz oder auch ein größerer Wald, wo auf einem der höchſten Bäume der Horſt ſteht, ebenſohäufig aber eine Felswand und, zumal in ſüdlichen Gegenden, ein altes Gebäude. Den verfallenen Ritterburgen fehlt der Thurmfalk ſelten; auch die meiſten größeren Städte geben ihm regelmäßig Herberge. Die flache Mulde des Horſtes, welcher ſich von dem anderer Raubvögel wenig unterſcheidet, wird mit einzelnen Wurzeln, Stoppeln, Mos und Thierhaaren ausgekleidet. Das Gelege beſteht aus vier bis ſieben rundlichen auf weißem oder roſtgelben Grunde überall braunroth gefleckten und gepunkteten Eiern, welche vom Weibchen allein bebrütet werden. Die Nahrung iſt gemiſchter Art. Mäuſe und Kerbthiere liefern den Haupttheil der Mahlzeiten des Thurmfalken; nebenbei nimmt er wohl auch eine Eidechſe; einen Froſch und unter Umſtänden einen jungen Vogel weg. Er wird aber niemals eigentlich ſchädlich; denn er vertilgt weit mehr Unge- ziefer als nützliche Thiere. Jn Südeuropa geſellt ſich zum Thurmfalken der ihm ſehr nahe verwandte ſchöne Röthelfalk (Tinnunculus cenchris). Er iſt etwas kleiner als der Thurmfalk. Beim Männchen beträgt die Länge nur 12, beim Weibchen 13 Zoll, die Breite bei jenem 26, bei dieſem 28 Zoll; der Fittig mißt 10 Zoll, der Schwanz 5½ Zoll. Beim alten Männchen ſind der Kopf, die großen Flügeldeckfedern, die Hinterſchwingen und der Schwanz bläulichaſchgrau, der Rücken iſt ziegelroth ohne alle Flecken, die

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/455>, abgerufen am 25.11.2024.