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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Edelfalk. Falkenbaize.
Herbst kommen nach Bedfort und Didlington-Hall Falkeniere aus Falkenwerth, welche ihre Falken
mitbringen und im Winter wieder zurückreisen. Zu Didlington ist ein eigener Reihergarten, woselbst
die Reiher in zahlloser Menge nisten und gehegt werden. 3) Jm Loo, einem Landgut des Königs
von Holland, ist ums Jahr 1841 fleißig mit Falken gejagt worden."

"Die zur Falkenjagd gehörigen Geräthschaften sind: Eine lederne Haube, die so eingerichtet ist, daß
sie die Seher nicht drückt; eine Kurzfessel und eine Langfessel, beide aus Riemen, die letztere gegen fünf
Fuß lang; sie werden an dem Geschüh, das heißt der ledernen Fußumkleidung, des Baizvogels befestigt.
Das Federspiel ist ein mit ein Paar Vogelflügeln besetzter eirunder Körper, der dazu dient, den Falken,
der ihn von weitem für einen Vogel hält, wieder anzulocken. Starke Handschuhe müssen die Hände
des Falkeniers vor den Krallen des Falken sichern. -- Sobald die Abrichtung beginnen soll, wird der
Vogel verkappt, angefesselt, und muß 24 Stunden hungern, worauf er auf die Faust genommen,
abgekappt und mit einem Vogel traktirt wird. Will er nicht kröpfen, so wird er wieder verkappt und
erst nach 24 Stunden wieder vorgenommen, und sollte er auch fünf Tage lang auf der Faust nicht
freiwillig kröpfen wollen, so wird er unbarmherzig jedesmal wieder verkappt und hungrig angefesselt.
Je öfter er übrigens während dieser Zeit abgekappt und auf der Faust getragen wird, desto eher wird
er zahm werden und freiwillig auf der Faust kröpfen. -- Jst er soweit, so beginnen nun die eigentlichen
Lehrübungen, vor deren jeder er erst lange abgekappt auf der Faust getragen und nach jeder verkappt
angefesselt wird, damit er das Vorgetragene in Ruhe einstudiren kann. Die ersten bestehen darin,
daß der Vogel abgekappt auf eine Stuhllehne gesetzt wird und von da, um zu kröpfen, auf die Faust
des Falkeniers erst hüpfen, später immer weiter fliegen muß; Dasselbe wird dann im Freien wiederholt,
wobei er aber durch einen langen, an der Langfessel angebrachten Faden am Entwischen gehindert
wird; der Falkenier steht übrigens so, daß der Vogel gegen den Wind fliegen muß, da er, wie alle
Vögel, nicht gern mit dem Winde zieht. -- Macht er nun seine Sachen soweit gut, so wird er des
Abends verkappt in einen schwebenden Reif gesetzt und die ganze Nacht hindurch geschaukelt, so daß er
gar nicht schlafen kann; am folgenden Morgen werden die früheren Uebungen wiederholt, er bekommt
auf der Faust zu kröpfen, wird dann bis zum Abend getragen und dann wieder die ganze Nacht im
Reise geschaukelt; ebenso wird am dritten Tage und in der dritten Nacht verfahren; am vierten Tage
wird wieder Alles wiederholt und ihm nun erst nächtliche Ruhe gegönnt. -- Am folgenden Tage wird
er ohne Bindfaden, nur mit Beibehaltung der Langfessel, frei auf den Boden gesetzt, und muß, um zu
kröpfen, auf die Faust fliegen; fliegt er an dieser vorbei, so geht man ihm nach und lockt ihn so lange,
bis er doch endlich kommt. Diese Uebung wird nun oft im Freien wiederholt, auch der Vogel gewöhnt,
dem zu Pferde sitzenden Jäger auf die Faust zu fliegen, und weder Menschen noch Hunde zu scheuen. --
Jetzt kommen die eigentlichen Vorübungen zur Baize selbst: man wirft eine todte Taube in die Luft,
läßt den am langen Bindfaden gehaltenen Vogel nachschießen, und das erstemal ein wenig davon
kröpfen, späterhin aber wird ihm die Taube immer gleich abgenommen und er bekommt auf der Faust
Etwas zu kröpfen. Dieselbe Uebung wird an den folgenden Tagen mit lebenden Vögeln, deren
Schwingen verstutzt sind, wiederholt; darauf sucht man mit dem Hühnerhunde Rebhühner, wo möglich
ein einzelnes, auf, kappt den Vogel, sobald es auffliegt, schnell ab und läßt ihn nachschießen. Sollte
er fehlstoßen, so lockt man ihn mit einer lebenden Taube, deren Schwingen verstutzt sind, oder mit dem
Federspiele zurück. -- Um ihn zu gewöhnen, auch stärkere Vögel, wie z. B. Reiher und Kraniche,
anzugreifen, übt man ihn erst an jungen Vögeln der Art, oder alten, deren Schwingen verstutzt sind
und deren Schnabel in einem Futteral steckt; auch läßt man ihn anfangs, wo möglich, in Gesellschaft
eines guten alten Falken daran. Den zu dieser Uebung bestimmten Reihern und Kranichen
macht man, damit sie nicht so leicht erwürgt werden, ein Futteral von weichem Leder um den Hals.
Dem Reiher suchen die Falken, rasch emporsteigend, die Höhe abzugewinnen, um von oben auf ihn zu
stoßen; der Reiher hingegen sucht seinerseits auch immer höher zu steigen, und streckt mit erstaunlicher
Schnelligkeit den stoßenden Feinden die scharfe Spitze seines Schnabels entgegen, um sie zu spießen.
Endlich wird er gepackt und stürzt mit ihnen aus der Höhe herab. Die herbeieilenden Jäger machen

Edelfalk. Falkenbaize.
Herbſt kommen nach Bedfort und Didlington-Hall Falkeniere aus Falkenwerth, welche ihre Falken
mitbringen und im Winter wieder zurückreiſen. Zu Didlington iſt ein eigener Reihergarten, woſelbſt
die Reiher in zahlloſer Menge niſten und gehegt werden. 3) Jm Loo, einem Landgut des Königs
von Holland, iſt ums Jahr 1841 fleißig mit Falken gejagt worden.‟

„Die zur Falkenjagd gehörigen Geräthſchaften ſind: Eine lederne Haube, die ſo eingerichtet iſt, daß
ſie die Seher nicht drückt; eine Kurzfeſſel und eine Langfeſſel, beide aus Riemen, die letztere gegen fünf
Fuß lang; ſie werden an dem Geſchüh, das heißt der ledernen Fußumkleidung, des Baizvogels befeſtigt.
Das Federſpiel iſt ein mit ein Paar Vogelflügeln beſetzter eirunder Körper, der dazu dient, den Falken,
der ihn von weitem für einen Vogel hält, wieder anzulocken. Starke Handſchuhe müſſen die Hände
des Falkeniers vor den Krallen des Falken ſichern. — Sobald die Abrichtung beginnen ſoll, wird der
Vogel verkappt, angefeſſelt, und muß 24 Stunden hungern, worauf er auf die Fauſt genommen,
abgekappt und mit einem Vogel traktirt wird. Will er nicht kröpfen, ſo wird er wieder verkappt und
erſt nach 24 Stunden wieder vorgenommen, und ſollte er auch fünf Tage lang auf der Fauſt nicht
freiwillig kröpfen wollen, ſo wird er unbarmherzig jedesmal wieder verkappt und hungrig angefeſſelt.
Je öfter er übrigens während dieſer Zeit abgekappt und auf der Fauſt getragen wird, deſto eher wird
er zahm werden und freiwillig auf der Fauſt kröpfen. — Jſt er ſoweit, ſo beginnen nun die eigentlichen
Lehrübungen, vor deren jeder er erſt lange abgekappt auf der Fauſt getragen und nach jeder verkappt
angefeſſelt wird, damit er das Vorgetragene in Ruhe einſtudiren kann. Die erſten beſtehen darin,
daß der Vogel abgekappt auf eine Stuhllehne geſetzt wird und von da, um zu kröpfen, auf die Fauſt
des Falkeniers erſt hüpfen, ſpäter immer weiter fliegen muß; Daſſelbe wird dann im Freien wiederholt,
wobei er aber durch einen langen, an der Langfeſſel angebrachten Faden am Entwiſchen gehindert
wird; der Falkenier ſteht übrigens ſo, daß der Vogel gegen den Wind fliegen muß, da er, wie alle
Vögel, nicht gern mit dem Winde zieht. — Macht er nun ſeine Sachen ſoweit gut, ſo wird er des
Abends verkappt in einen ſchwebenden Reif geſetzt und die ganze Nacht hindurch geſchaukelt, ſo daß er
gar nicht ſchlafen kann; am folgenden Morgen werden die früheren Uebungen wiederholt, er bekommt
auf der Fauſt zu kröpfen, wird dann bis zum Abend getragen und dann wieder die ganze Nacht im
Reiſe geſchaukelt; ebenſo wird am dritten Tage und in der dritten Nacht verfahren; am vierten Tage
wird wieder Alles wiederholt und ihm nun erſt nächtliche Ruhe gegönnt. — Am folgenden Tage wird
er ohne Bindfaden, nur mit Beibehaltung der Langfeſſel, frei auf den Boden geſetzt, und muß, um zu
kröpfen, auf die Fauſt fliegen; fliegt er an dieſer vorbei, ſo geht man ihm nach und lockt ihn ſo lange,
bis er doch endlich kommt. Dieſe Uebung wird nun oft im Freien wiederholt, auch der Vogel gewöhnt,
dem zu Pferde ſitzenden Jäger auf die Fauſt zu fliegen, und weder Menſchen noch Hunde zu ſcheuen. —
Jetzt kommen die eigentlichen Vorübungen zur Baize ſelbſt: man wirft eine todte Taube in die Luft,
läßt den am langen Bindfaden gehaltenen Vogel nachſchießen, und das erſtemal ein wenig davon
kröpfen, ſpäterhin aber wird ihm die Taube immer gleich abgenommen und er bekommt auf der Fauſt
Etwas zu kröpfen. Dieſelbe Uebung wird an den folgenden Tagen mit lebenden Vögeln, deren
Schwingen verſtutzt ſind, wiederholt; darauf ſucht man mit dem Hühnerhunde Rebhühner, wo möglich
ein einzelnes, auf, kappt den Vogel, ſobald es auffliegt, ſchnell ab und läßt ihn nachſchießen. Sollte
er fehlſtoßen, ſo lockt man ihn mit einer lebenden Taube, deren Schwingen verſtutzt ſind, oder mit dem
Federſpiele zurück. — Um ihn zu gewöhnen, auch ſtärkere Vögel, wie z. B. Reiher und Kraniche,
anzugreifen, übt man ihn erſt an jungen Vögeln der Art, oder alten, deren Schwingen verſtutzt ſind
und deren Schnabel in einem Futteral ſteckt; auch läßt man ihn anfangs, wo möglich, in Geſellſchaft
eines guten alten Falken daran. Den zu dieſer Uebung beſtimmten Reihern und Kranichen
macht man, damit ſie nicht ſo leicht erwürgt werden, ein Futteral von weichem Leder um den Hals.
Dem Reiher ſuchen die Falken, raſch emporſteigend, die Höhe abzugewinnen, um von oben auf ihn zu
ſtoßen; der Reiher hingegen ſucht ſeinerſeits auch immer höher zu ſteigen, und ſtreckt mit erſtaunlicher
Schnelligkeit den ſtoßenden Feinden die ſcharfe Spitze ſeines Schnabels entgegen, um ſie zu ſpießen.
Endlich wird er gepackt und ſtürzt mit ihnen aus der Höhe herab. Die herbeieilenden Jäger machen

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[411/0439] Edelfalk. Falkenbaize. Herbſt kommen nach Bedfort und Didlington-Hall Falkeniere aus Falkenwerth, welche ihre Falken mitbringen und im Winter wieder zurückreiſen. Zu Didlington iſt ein eigener Reihergarten, woſelbſt die Reiher in zahlloſer Menge niſten und gehegt werden. 3) Jm Loo, einem Landgut des Königs von Holland, iſt ums Jahr 1841 fleißig mit Falken gejagt worden.‟ „Die zur Falkenjagd gehörigen Geräthſchaften ſind: Eine lederne Haube, die ſo eingerichtet iſt, daß ſie die Seher nicht drückt; eine Kurzfeſſel und eine Langfeſſel, beide aus Riemen, die letztere gegen fünf Fuß lang; ſie werden an dem Geſchüh, das heißt der ledernen Fußumkleidung, des Baizvogels befeſtigt. Das Federſpiel iſt ein mit ein Paar Vogelflügeln beſetzter eirunder Körper, der dazu dient, den Falken, der ihn von weitem für einen Vogel hält, wieder anzulocken. Starke Handſchuhe müſſen die Hände des Falkeniers vor den Krallen des Falken ſichern. — Sobald die Abrichtung beginnen ſoll, wird der Vogel verkappt, angefeſſelt, und muß 24 Stunden hungern, worauf er auf die Fauſt genommen, abgekappt und mit einem Vogel traktirt wird. Will er nicht kröpfen, ſo wird er wieder verkappt und erſt nach 24 Stunden wieder vorgenommen, und ſollte er auch fünf Tage lang auf der Fauſt nicht freiwillig kröpfen wollen, ſo wird er unbarmherzig jedesmal wieder verkappt und hungrig angefeſſelt. Je öfter er übrigens während dieſer Zeit abgekappt und auf der Fauſt getragen wird, deſto eher wird er zahm werden und freiwillig auf der Fauſt kröpfen. — Jſt er ſoweit, ſo beginnen nun die eigentlichen Lehrübungen, vor deren jeder er erſt lange abgekappt auf der Fauſt getragen und nach jeder verkappt angefeſſelt wird, damit er das Vorgetragene in Ruhe einſtudiren kann. Die erſten beſtehen darin, daß der Vogel abgekappt auf eine Stuhllehne geſetzt wird und von da, um zu kröpfen, auf die Fauſt des Falkeniers erſt hüpfen, ſpäter immer weiter fliegen muß; Daſſelbe wird dann im Freien wiederholt, wobei er aber durch einen langen, an der Langfeſſel angebrachten Faden am Entwiſchen gehindert wird; der Falkenier ſteht übrigens ſo, daß der Vogel gegen den Wind fliegen muß, da er, wie alle Vögel, nicht gern mit dem Winde zieht. — Macht er nun ſeine Sachen ſoweit gut, ſo wird er des Abends verkappt in einen ſchwebenden Reif geſetzt und die ganze Nacht hindurch geſchaukelt, ſo daß er gar nicht ſchlafen kann; am folgenden Morgen werden die früheren Uebungen wiederholt, er bekommt auf der Fauſt zu kröpfen, wird dann bis zum Abend getragen und dann wieder die ganze Nacht im Reiſe geſchaukelt; ebenſo wird am dritten Tage und in der dritten Nacht verfahren; am vierten Tage wird wieder Alles wiederholt und ihm nun erſt nächtliche Ruhe gegönnt. — Am folgenden Tage wird er ohne Bindfaden, nur mit Beibehaltung der Langfeſſel, frei auf den Boden geſetzt, und muß, um zu kröpfen, auf die Fauſt fliegen; fliegt er an dieſer vorbei, ſo geht man ihm nach und lockt ihn ſo lange, bis er doch endlich kommt. Dieſe Uebung wird nun oft im Freien wiederholt, auch der Vogel gewöhnt, dem zu Pferde ſitzenden Jäger auf die Fauſt zu fliegen, und weder Menſchen noch Hunde zu ſcheuen. — Jetzt kommen die eigentlichen Vorübungen zur Baize ſelbſt: man wirft eine todte Taube in die Luft, läßt den am langen Bindfaden gehaltenen Vogel nachſchießen, und das erſtemal ein wenig davon kröpfen, ſpäterhin aber wird ihm die Taube immer gleich abgenommen und er bekommt auf der Fauſt Etwas zu kröpfen. Dieſelbe Uebung wird an den folgenden Tagen mit lebenden Vögeln, deren Schwingen verſtutzt ſind, wiederholt; darauf ſucht man mit dem Hühnerhunde Rebhühner, wo möglich ein einzelnes, auf, kappt den Vogel, ſobald es auffliegt, ſchnell ab und läßt ihn nachſchießen. Sollte er fehlſtoßen, ſo lockt man ihn mit einer lebenden Taube, deren Schwingen verſtutzt ſind, oder mit dem Federſpiele zurück. — Um ihn zu gewöhnen, auch ſtärkere Vögel, wie z. B. Reiher und Kraniche, anzugreifen, übt man ihn erſt an jungen Vögeln der Art, oder alten, deren Schwingen verſtutzt ſind und deren Schnabel in einem Futteral ſteckt; auch läßt man ihn anfangs, wo möglich, in Geſellſchaft eines guten alten Falken daran. Den zu dieſer Uebung beſtimmten Reihern und Kranichen macht man, damit ſie nicht ſo leicht erwürgt werden, ein Futteral von weichem Leder um den Hals. Dem Reiher ſuchen die Falken, raſch emporſteigend, die Höhe abzugewinnen, um von oben auf ihn zu ſtoßen; der Reiher hingegen ſucht ſeinerſeits auch immer höher zu ſteigen, und ſtreckt mit erſtaunlicher Schnelligkeit den ſtoßenden Feinden die ſcharfe Spitze ſeines Schnabels entgegen, um ſie zu ſpießen. Endlich wird er gepackt und ſtürzt mit ihnen aus der Höhe herab. Die herbeieilenden Jäger machen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/439>, abgerufen am 22.11.2024.