desstriche, während der grüne Papagei ihn im Urwalde vertritt. Beide Arten ähneln sich in der Lebensweise. Am Morgen ziehen sie wie die übrigen kurzschwänzigen Papageien laut rufend und schreiend durch die Luft, schnell und stark mit den Flügeln schlagend, den mit Früchten behangenen Wald- bäumen oder Pflanzungen zu, fressen hier während des Tages, ruhen in den Mittagsstunden, flie- gen abends nochmals nach Futter aus und vereinigen sich außer der Brutzeit gegen Abend in zahl- reichen Gesellschaften, welche einen heftigen Lärm verursachen, bevor ein Jeder sich seinen nächtlichen Stand erwählt hat. Von dem grünen Papagei, welcher in Brasilien Kuricke genannt wird, erzählt der Prinz Folgendes:
"Jn allen von mir bereisten Gegenden der brasilianischen Ostküste ist dieser Papagei einer der gemeinsten. Jch fand ihn überall in Menge, wo dichte Urwälder an die Manguesümpfe und Fluß- mündungen grenzen, denn sie brüten sowohl hier, als dort, scheinen aber die Früchte der Mangue zu lieben. Schon in den Umgebungen von Rio de Janeiro, da, wo große Waldungen sind, trifft man diese Papageien in Menge an; aber auch an den nördlichen Flüssen am Parahiba, Espirito Santo, am Belmonte, überall haben wir sie gefunden und besonders morgens und abends ihre laute Stimme in den sumpfigen, häufig von der Flut unter Wasser gesetzten Gebüschen der Fluß- mündung gehört. Diese Gebüsche sind für die brasilianischen Flüsse etwa dasselbe, was an den euro- päischen die Weidengebüsche; nur sind gewöhnlich die Bäume höher, weshalb auch oft die Papageien in starken hohlen Aesten oder Stämmen derselben nisten."
"Jn der Brutzeit fliegt die Kuricke paarweise, gewöhnlich hoch in der Luft, laut schreiend und rufend, schnell dahin. Außer der Paarzeit hält sie sich immer in manchmal höchst zahlreichen Gesell- schaften. Jch habe solche, ich möchte sagen unzählige Gesellschaften kurzgeschwänzter Papageien in den Waldungen des Mucuri und an anderen Orten zusammengesehen, wo der ganze Wald von ihnen und ihrem außerordentlichen Geschrei erfüllt war. Auch waren hier mehrere Arten dieser Vögel vereint. Es dauerte lange, bis die Flüge vorüber waren, und ihr vereinter Ruf war merkwürdig anzuhören. Eine Gesellschaft trieb die andere von den Bäumen auf, und diese Unruhe belebte ganz besonders ihre Stimme. Solche Vereinigungen unter den Papageien sind zwar zahlreich; doch kann man sie mit den ungeheuern Zügen der Wandertaube in Nordamerika nicht vergleichen."
"Fallen diese Vögel in dem Urwalde auf einen hohen, dicht belaubten Baum, so ist es oft schwer, sie zu sehen. Die grüne Farbe schützt sie sehr; man bemerkt aber ihr Dasein an dem Herab- fallen der Fruchthülsen und Kerne. Während sie fressen, sind sie still; sobald sie jedoch aufgeschreckt werden, geben sie sogleich ihre laute Stimme von sich. Man schießt sie in Menge, weil sie ein kräf- tiges Essen geben: eine Papageibrühe ist nicht blos in Brasilien, sondern auch in Surinam ein beliebtes Gericht."
Sämmtliche hierher gehörige Arten legen während des Frühlings zwei weiße Eier in Baum- höhlungen auf die losgebissenen Späne der Höhlenwandungen selbst. Sie brüten ungestört nur ein Mal im Jahre und zwar im Frühling jener Länder. Die aus dem Neste genommenen Jungen wer- den außerordentlich zahm und lernen deutlich reden. Deshalb findet man sie in Brasilien häufig in den Wohnungen und bringt sie in Menge in die Städte, wo die Matrosen sie kaufen, um sie mit sich nach Europa zu nehmen. Auch hier gehören sie zu den gewöhnlichsten Papageien. Sie lernen aller- dings nicht so fertig sprechen, wie der graue Papagei, beweisen sich jedoch gelehrig genug und auch ziemlich sanft und liebenswürdig, wenigstens gegen ihre rechtmäßigen Gebieter, d. h. gegen Diejeni- gen, welche sich am meisten mit ihnen beschäftigen.
Ein Amazonenpapagei, welchen mein Vater sah, hing mit großer Liebe an der Tochter des Hau- ses, während er nicht nur gegen fremde, sondern selbst gegen die andern Glieder der Familie sich bös- artig zeigte. Diese mochten noch so freundlich mit ihm reden; er antwortete ihnen nicht und beküm- merte sich nicht um sie. Ganz anders aber benahm er sich, wenn seine Gönnerin erschien. Er kannte ihren Schritt und geberdete sich höchst erfreut, wenn er sie auf der Treppe kommen hörte. Sobald sie in das Zimmer trat, eilte er ihr entgegen, setzte sich auf ihre Schultern und gab durch verschiedene
Beſchreibung. Fortpflanzung. Gefangenſchaft.
desſtriche, während der grüne Papagei ihn im Urwalde vertritt. Beide Arten ähneln ſich in der Lebensweiſe. Am Morgen ziehen ſie wie die übrigen kurzſchwänzigen Papageien laut rufend und ſchreiend durch die Luft, ſchnell und ſtark mit den Flügeln ſchlagend, den mit Früchten behangenen Wald- bäumen oder Pflanzungen zu, freſſen hier während des Tages, ruhen in den Mittagsſtunden, flie- gen abends nochmals nach Futter aus und vereinigen ſich außer der Brutzeit gegen Abend in zahl- reichen Geſellſchaften, welche einen heftigen Lärm verurſachen, bevor ein Jeder ſich ſeinen nächtlichen Stand erwählt hat. Von dem grünen Papagei, welcher in Braſilien Kuricke genannt wird, erzählt der Prinz Folgendes:
„Jn allen von mir bereiſten Gegenden der braſilianiſchen Oſtküſte iſt dieſer Papagei einer der gemeinſten. Jch fand ihn überall in Menge, wo dichte Urwälder an die Mangueſümpfe und Fluß- mündungen grenzen, denn ſie brüten ſowohl hier, als dort, ſcheinen aber die Früchte der Mangue zu lieben. Schon in den Umgebungen von Rio de Janeiro, da, wo große Waldungen ſind, trifft man dieſe Papageien in Menge an; aber auch an den nördlichen Flüſſen am Parahiba, Eſpirito Santo, am Belmonte, überall haben wir ſie gefunden und beſonders morgens und abends ihre laute Stimme in den ſumpfigen, häufig von der Flut unter Waſſer geſetzten Gebüſchen der Fluß- mündung gehört. Dieſe Gebüſche ſind für die braſilianiſchen Flüſſe etwa daſſelbe, was an den euro- päiſchen die Weidengebüſche; nur ſind gewöhnlich die Bäume höher, weshalb auch oft die Papageien in ſtarken hohlen Aeſten oder Stämmen derſelben niſten.‟
„Jn der Brutzeit fliegt die Kuricke paarweiſe, gewöhnlich hoch in der Luft, laut ſchreiend und rufend, ſchnell dahin. Außer der Paarzeit hält ſie ſich immer in manchmal höchſt zahlreichen Geſell- ſchaften. Jch habe ſolche, ich möchte ſagen unzählige Geſellſchaften kurzgeſchwänzter Papageien in den Waldungen des Mucuri und an anderen Orten zuſammengeſehen, wo der ganze Wald von ihnen und ihrem außerordentlichen Geſchrei erfüllt war. Auch waren hier mehrere Arten dieſer Vögel vereint. Es dauerte lange, bis die Flüge vorüber waren, und ihr vereinter Ruf war merkwürdig anzuhören. Eine Geſellſchaft trieb die andere von den Bäumen auf, und dieſe Unruhe belebte ganz beſonders ihre Stimme. Solche Vereinigungen unter den Papageien ſind zwar zahlreich; doch kann man ſie mit den ungeheuern Zügen der Wandertaube in Nordamerika nicht vergleichen.‟
„Fallen dieſe Vögel in dem Urwalde auf einen hohen, dicht belaubten Baum, ſo iſt es oft ſchwer, ſie zu ſehen. Die grüne Farbe ſchützt ſie ſehr; man bemerkt aber ihr Daſein an dem Herab- fallen der Fruchthülſen und Kerne. Während ſie freſſen, ſind ſie ſtill; ſobald ſie jedoch aufgeſchreckt werden, geben ſie ſogleich ihre laute Stimme von ſich. Man ſchießt ſie in Menge, weil ſie ein kräf- tiges Eſſen geben: eine Papageibrühe iſt nicht blos in Braſilien, ſondern auch in Surinam ein beliebtes Gericht.‟
Sämmtliche hierher gehörige Arten legen während des Frühlings zwei weiße Eier in Baum- höhlungen auf die losgebiſſenen Späne der Höhlenwandungen ſelbſt. Sie brüten ungeſtört nur ein Mal im Jahre und zwar im Frühling jener Länder. Die aus dem Neſte genommenen Jungen wer- den außerordentlich zahm und lernen deutlich reden. Deshalb findet man ſie in Braſilien häufig in den Wohnungen und bringt ſie in Menge in die Städte, wo die Matroſen ſie kaufen, um ſie mit ſich nach Europa zu nehmen. Auch hier gehören ſie zu den gewöhnlichſten Papageien. Sie lernen aller- dings nicht ſo fertig ſprechen, wie der graue Papagei, beweiſen ſich jedoch gelehrig genug und auch ziemlich ſanft und liebenswürdig, wenigſtens gegen ihre rechtmäßigen Gebieter, d. h. gegen Diejeni- gen, welche ſich am meiſten mit ihnen beſchäftigen.
Ein Amazonenpapagei, welchen mein Vater ſah, hing mit großer Liebe an der Tochter des Hau- ſes, während er nicht nur gegen fremde, ſondern ſelbſt gegen die andern Glieder der Familie ſich bös- artig zeigte. Dieſe mochten noch ſo freundlich mit ihm reden; er antwortete ihnen nicht und beküm- merte ſich nicht um ſie. Ganz anders aber benahm er ſich, wenn ſeine Gönnerin erſchien. Er kannte ihren Schritt und geberdete ſich höchſt erfreut, wenn er ſie auf der Treppe kommen hörte. Sobald ſie in das Zimmer trat, eilte er ihr entgegen, ſetzte ſich auf ihre Schultern und gab durch verſchiedene
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[29/0041]
Beſchreibung. Fortpflanzung. Gefangenſchaft.
desſtriche, während der grüne Papagei ihn im Urwalde vertritt. Beide Arten ähneln ſich in der
Lebensweiſe. Am Morgen ziehen ſie wie die übrigen kurzſchwänzigen Papageien laut rufend und
ſchreiend durch die Luft, ſchnell und ſtark mit den Flügeln ſchlagend, den mit Früchten behangenen Wald-
bäumen oder Pflanzungen zu, freſſen hier während des Tages, ruhen in den Mittagsſtunden, flie-
gen abends nochmals nach Futter aus und vereinigen ſich außer der Brutzeit gegen Abend in zahl-
reichen Geſellſchaften, welche einen heftigen Lärm verurſachen, bevor ein Jeder ſich ſeinen nächtlichen
Stand erwählt hat. Von dem grünen Papagei, welcher in Braſilien Kuricke genannt wird, erzählt
der Prinz Folgendes:
„Jn allen von mir bereiſten Gegenden der braſilianiſchen Oſtküſte iſt dieſer Papagei einer der
gemeinſten. Jch fand ihn überall in Menge, wo dichte Urwälder an die Mangueſümpfe und Fluß-
mündungen grenzen, denn ſie brüten ſowohl hier, als dort, ſcheinen aber die Früchte der Mangue zu
lieben. Schon in den Umgebungen von Rio de Janeiro, da, wo große Waldungen ſind, trifft
man dieſe Papageien in Menge an; aber auch an den nördlichen Flüſſen am Parahiba, Eſpirito
Santo, am Belmonte, überall haben wir ſie gefunden und beſonders morgens und abends ihre
laute Stimme in den ſumpfigen, häufig von der Flut unter Waſſer geſetzten Gebüſchen der Fluß-
mündung gehört. Dieſe Gebüſche ſind für die braſilianiſchen Flüſſe etwa daſſelbe, was an den euro-
päiſchen die Weidengebüſche; nur ſind gewöhnlich die Bäume höher, weshalb auch oft die Papageien
in ſtarken hohlen Aeſten oder Stämmen derſelben niſten.‟
„Jn der Brutzeit fliegt die Kuricke paarweiſe, gewöhnlich hoch in der Luft, laut ſchreiend und
rufend, ſchnell dahin. Außer der Paarzeit hält ſie ſich immer in manchmal höchſt zahlreichen Geſell-
ſchaften. Jch habe ſolche, ich möchte ſagen unzählige Geſellſchaften kurzgeſchwänzter Papageien in
den Waldungen des Mucuri und an anderen Orten zuſammengeſehen, wo der ganze Wald von
ihnen und ihrem außerordentlichen Geſchrei erfüllt war. Auch waren hier mehrere Arten dieſer Vögel
vereint. Es dauerte lange, bis die Flüge vorüber waren, und ihr vereinter Ruf war merkwürdig
anzuhören. Eine Geſellſchaft trieb die andere von den Bäumen auf, und dieſe Unruhe belebte ganz
beſonders ihre Stimme. Solche Vereinigungen unter den Papageien ſind zwar zahlreich; doch kann
man ſie mit den ungeheuern Zügen der Wandertaube in Nordamerika nicht vergleichen.‟
„Fallen dieſe Vögel in dem Urwalde auf einen hohen, dicht belaubten Baum, ſo iſt es oft
ſchwer, ſie zu ſehen. Die grüne Farbe ſchützt ſie ſehr; man bemerkt aber ihr Daſein an dem Herab-
fallen der Fruchthülſen und Kerne. Während ſie freſſen, ſind ſie ſtill; ſobald ſie jedoch aufgeſchreckt
werden, geben ſie ſogleich ihre laute Stimme von ſich. Man ſchießt ſie in Menge, weil ſie ein kräf-
tiges Eſſen geben: eine Papageibrühe iſt nicht blos in Braſilien, ſondern auch in Surinam ein
beliebtes Gericht.‟
Sämmtliche hierher gehörige Arten legen während des Frühlings zwei weiße Eier in Baum-
höhlungen auf die losgebiſſenen Späne der Höhlenwandungen ſelbſt. Sie brüten ungeſtört nur ein
Mal im Jahre und zwar im Frühling jener Länder. Die aus dem Neſte genommenen Jungen wer-
den außerordentlich zahm und lernen deutlich reden. Deshalb findet man ſie in Braſilien häufig in
den Wohnungen und bringt ſie in Menge in die Städte, wo die Matroſen ſie kaufen, um ſie mit ſich
nach Europa zu nehmen. Auch hier gehören ſie zu den gewöhnlichſten Papageien. Sie lernen aller-
dings nicht ſo fertig ſprechen, wie der graue Papagei, beweiſen ſich jedoch gelehrig genug und auch
ziemlich ſanft und liebenswürdig, wenigſtens gegen ihre rechtmäßigen Gebieter, d. h. gegen Diejeni-
gen, welche ſich am meiſten mit ihnen beſchäftigen.
Ein Amazonenpapagei, welchen mein Vater ſah, hing mit großer Liebe an der Tochter des Hau-
ſes, während er nicht nur gegen fremde, ſondern ſelbſt gegen die andern Glieder der Familie ſich bös-
artig zeigte. Dieſe mochten noch ſo freundlich mit ihm reden; er antwortete ihnen nicht und beküm-
merte ſich nicht um ſie. Ganz anders aber benahm er ſich, wenn ſeine Gönnerin erſchien. Er kannte
ihren Schritt und geberdete ſich höchſt erfreut, wenn er ſie auf der Treppe kommen hörte. Sobald ſie
in das Zimmer trat, eilte er ihr entgegen, ſetzte ſich auf ihre Schultern und gab durch verſchiedene
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/41>, abgerufen am 27.11.2024.
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