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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Blauelster. Blaurabe.
Gesellschaft nur dann, wenn kein Mensch in der Nähe ist; jedes Fuhrwerk scheucht sie in das Gebüsch
zurück. So kommt es, daß man Blauelstern zwar fortwährend sehen, jedoch vielleicht nicht eine ein-
zige von ihnen erlegen kann.

Die Brutzeit fällt erst in die mittleren Frühlingsmonate: in der Umgegend Madrids brütet
die Blauelster nicht vor Anfang des Mai. Das Nest ist von dem unserer Elster durchaus verschieden
und ähnelt mehr einem Heher- oder richtiger vielleicht einem Würgerneste. Nur der Unterbau besteht aus
dürren Reisern, das eigentliche Nest hingegen aus grünen und weichen Pflanzenzweigen, aus den
Stengeln von Haidegras und Kräutern aller Art, welche nach innen zu immer sorgfältiger ausgesucht
werden. Zum Standorte des Nestes wählt die Blauelster gern hohe Bäume, nicht ihre sonst so heiß
geliebten immergrünen Eichen, sondern regelmäßig Ulmen und andere hochstämmige Waldbäume. Es
kann vorkommen, daß mehrere Nester auf ein und demselben Baume stehen; in einem sehr kleinen Um-
kreis werden gewiß alle Nester gefunden, welche eine Gesellschaft überhaupt erbaut, denn die Blau-
elster gibt auch während der Brutzeit ihren geselligen Verband nicht auf. Das Gelege besteht aus
fünf bis neun Eiern, welche auf graugelblichem Grunde mit dunkleren verwaschenen Flecken und
gleichsam darüber noch mit olivenbraunen Punkten und Tüpfeln gezeichnet sind, am dickeren Ende
zuweilen kranzartig.

Leider denkt kein Spanier daran, den zierlichen Vogel gefangen zu halten; deshalb haben wir
in unsern Thiergärten auch noch keine Beobachtungen über ihr Betragen in der Gefangenschaft machen
können. Nach meines Bruders Versicherung sind die Gefangenen allerliebst.



Die Baumkrähen, welche in Südamerika leben, hat man Blauraben (Cyanocorax) genannt.
Sie sind Vögel, welche zwischen den Elstern und den Hehern im engsten Sinne mitten inne zu stehen
scheinen und sich durch ein prachtvolles Gefieder auszeichnen. Jhr Schnabel ist ungefähr ebenso lang,
wie der Kopf oder etwas kürzer, stark, gerade, an der Vorderhälfte etwas zusammengedrückt, auf der
kantigen Firste sanft gewölbt, an der Wurzel ebenfalls von Vorsten bedeckt. Die Flügel, in welchen
die fünfte und sechste Schwinge die längsten sind, reichen nur bis auf die Wurzel des langen
Schwanzes herab.

Eine der häufigsten Arten ist der gehäubte Blaurabe (Cyanocorax pileatus), ein Vogel von
14 Zoll Länge und 17 Zoll Breite, 6 Zoll Fittig- und 61/2 Zoll Schwanzlänge. Die Stirn, der
Zügel, der Oberkopf, dessen Federn sich haubenartig verlängern, die Halsseiten, die Kehle und der
Vorderhals bis zur Brust sind kohlschwarz, der Nacken, der Rücken, die Flügel und der Schwanz
ultramarinblau, die Unterseite von der Brust an bis zum Steiß und die Jnnenseite der Flügel sind
weiß, und ebenso sind auch die Schwanzfedern zugespitzt. Ueber und unter dem Auge steht ein breiter,
halbmondförmiger Fleck von himmelblauer Farbe.

Die Nachrichten über das Leben der Blauraben sind noch heutigen Tages ziemlich dürftig. Wir
erfahren, daß die Vögel nach Art unserer Heher leben und die Wälder gesellschaftsweise bewohnen,
aber nicht eben häufig sind. Sie besuchen nach Schomburgk immer nur hohe Bäume, fressen hier
Früchte und Samen, sind scheu und unstet, verrathen sich aber dem Jäger durch ihr fortwährendes und
nicht eben angenehmes Geschrei. Das Nest ist ein kunstloser Bau auf hohen Bäumen. Die zwei
Eier, welche das Gelege bilden, sind auf bräunlichweißem Grunde braun gefleckt.

Ueber das Betragen gefangener Blauraben weiß ich Nichts zu berichten. Jch habe einzelne dieser
schmucken Geschöpfe in Thiergärten gesehen, jedoch keinen einzigen von ihnen längere Zeit beobachten
und auch sonst nicht erfahren können, ob ihr Betragen sich von dem ihrer Verwandten unterscheidet.



Blauelſter. Blaurabe.
Geſellſchaft nur dann, wenn kein Menſch in der Nähe iſt; jedes Fuhrwerk ſcheucht ſie in das Gebüſch
zurück. So kommt es, daß man Blauelſtern zwar fortwährend ſehen, jedoch vielleicht nicht eine ein-
zige von ihnen erlegen kann.

Die Brutzeit fällt erſt in die mittleren Frühlingsmonate: in der Umgegend Madrids brütet
die Blauelſter nicht vor Anfang des Mai. Das Neſt iſt von dem unſerer Elſter durchaus verſchieden
und ähnelt mehr einem Heher- oder richtiger vielleicht einem Würgerneſte. Nur der Unterbau beſteht aus
dürren Reiſern, das eigentliche Neſt hingegen aus grünen und weichen Pflanzenzweigen, aus den
Stengeln von Haidegras und Kräutern aller Art, welche nach innen zu immer ſorgfältiger ausgeſucht
werden. Zum Standorte des Neſtes wählt die Blauelſter gern hohe Bäume, nicht ihre ſonſt ſo heiß
geliebten immergrünen Eichen, ſondern regelmäßig Ulmen und andere hochſtämmige Waldbäume. Es
kann vorkommen, daß mehrere Neſter auf ein und demſelben Baume ſtehen; in einem ſehr kleinen Um-
kreis werden gewiß alle Neſter gefunden, welche eine Geſellſchaft überhaupt erbaut, denn die Blau-
elſter gibt auch während der Brutzeit ihren geſelligen Verband nicht auf. Das Gelege beſteht aus
fünf bis neun Eiern, welche auf graugelblichem Grunde mit dunkleren verwaſchenen Flecken und
gleichſam darüber noch mit olivenbraunen Punkten und Tüpfeln gezeichnet ſind, am dickeren Ende
zuweilen kranzartig.

Leider denkt kein Spanier daran, den zierlichen Vogel gefangen zu halten; deshalb haben wir
in unſern Thiergärten auch noch keine Beobachtungen über ihr Betragen in der Gefangenſchaft machen
können. Nach meines Bruders Verſicherung ſind die Gefangenen allerliebſt.



Die Baumkrähen, welche in Südamerika leben, hat man Blauraben (Cyanocorax) genannt.
Sie ſind Vögel, welche zwiſchen den Elſtern und den Hehern im engſten Sinne mitten inne zu ſtehen
ſcheinen und ſich durch ein prachtvolles Gefieder auszeichnen. Jhr Schnabel iſt ungefähr ebenſo lang,
wie der Kopf oder etwas kürzer, ſtark, gerade, an der Vorderhälfte etwas zuſammengedrückt, auf der
kantigen Firſte ſanft gewölbt, an der Wurzel ebenfalls von Vorſten bedeckt. Die Flügel, in welchen
die fünfte und ſechste Schwinge die längſten ſind, reichen nur bis auf die Wurzel des langen
Schwanzes herab.

Eine der häufigſten Arten iſt der gehäubte Blaurabe (Cyanocorax pileatus), ein Vogel von
14 Zoll Länge und 17 Zoll Breite, 6 Zoll Fittig- und 6½ Zoll Schwanzlänge. Die Stirn, der
Zügel, der Oberkopf, deſſen Federn ſich haubenartig verlängern, die Halsſeiten, die Kehle und der
Vorderhals bis zur Bruſt ſind kohlſchwarz, der Nacken, der Rücken, die Flügel und der Schwanz
ultramarinblau, die Unterſeite von der Bruſt an bis zum Steiß und die Jnnenſeite der Flügel ſind
weiß, und ebenſo ſind auch die Schwanzfedern zugeſpitzt. Ueber und unter dem Auge ſteht ein breiter,
halbmondförmiger Fleck von himmelblauer Farbe.

Die Nachrichten über das Leben der Blauraben ſind noch heutigen Tages ziemlich dürftig. Wir
erfahren, daß die Vögel nach Art unſerer Heher leben und die Wälder geſellſchaftsweiſe bewohnen,
aber nicht eben häufig ſind. Sie beſuchen nach Schomburgk immer nur hohe Bäume, freſſen hier
Früchte und Samen, ſind ſcheu und unſtet, verrathen ſich aber dem Jäger durch ihr fortwährendes und
nicht eben angenehmes Geſchrei. Das Neſt iſt ein kunſtloſer Bau auf hohen Bäumen. Die zwei
Eier, welche das Gelege bilden, ſind auf bräunlichweißem Grunde braun gefleckt.

Ueber das Betragen gefangener Blauraben weiß ich Nichts zu berichten. Jch habe einzelne dieſer
ſchmucken Geſchöpfe in Thiergärten geſehen, jedoch keinen einzigen von ihnen längere Zeit beobachten
und auch ſonſt nicht erfahren können, ob ihr Betragen ſich von dem ihrer Verwandten unterſcheidet.



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[375/0403] Blauelſter. Blaurabe. Geſellſchaft nur dann, wenn kein Menſch in der Nähe iſt; jedes Fuhrwerk ſcheucht ſie in das Gebüſch zurück. So kommt es, daß man Blauelſtern zwar fortwährend ſehen, jedoch vielleicht nicht eine ein- zige von ihnen erlegen kann. Die Brutzeit fällt erſt in die mittleren Frühlingsmonate: in der Umgegend Madrids brütet die Blauelſter nicht vor Anfang des Mai. Das Neſt iſt von dem unſerer Elſter durchaus verſchieden und ähnelt mehr einem Heher- oder richtiger vielleicht einem Würgerneſte. Nur der Unterbau beſteht aus dürren Reiſern, das eigentliche Neſt hingegen aus grünen und weichen Pflanzenzweigen, aus den Stengeln von Haidegras und Kräutern aller Art, welche nach innen zu immer ſorgfältiger ausgeſucht werden. Zum Standorte des Neſtes wählt die Blauelſter gern hohe Bäume, nicht ihre ſonſt ſo heiß geliebten immergrünen Eichen, ſondern regelmäßig Ulmen und andere hochſtämmige Waldbäume. Es kann vorkommen, daß mehrere Neſter auf ein und demſelben Baume ſtehen; in einem ſehr kleinen Um- kreis werden gewiß alle Neſter gefunden, welche eine Geſellſchaft überhaupt erbaut, denn die Blau- elſter gibt auch während der Brutzeit ihren geſelligen Verband nicht auf. Das Gelege beſteht aus fünf bis neun Eiern, welche auf graugelblichem Grunde mit dunkleren verwaſchenen Flecken und gleichſam darüber noch mit olivenbraunen Punkten und Tüpfeln gezeichnet ſind, am dickeren Ende zuweilen kranzartig. Leider denkt kein Spanier daran, den zierlichen Vogel gefangen zu halten; deshalb haben wir in unſern Thiergärten auch noch keine Beobachtungen über ihr Betragen in der Gefangenſchaft machen können. Nach meines Bruders Verſicherung ſind die Gefangenen allerliebſt. Die Baumkrähen, welche in Südamerika leben, hat man Blauraben (Cyanocorax) genannt. Sie ſind Vögel, welche zwiſchen den Elſtern und den Hehern im engſten Sinne mitten inne zu ſtehen ſcheinen und ſich durch ein prachtvolles Gefieder auszeichnen. Jhr Schnabel iſt ungefähr ebenſo lang, wie der Kopf oder etwas kürzer, ſtark, gerade, an der Vorderhälfte etwas zuſammengedrückt, auf der kantigen Firſte ſanft gewölbt, an der Wurzel ebenfalls von Vorſten bedeckt. Die Flügel, in welchen die fünfte und ſechste Schwinge die längſten ſind, reichen nur bis auf die Wurzel des langen Schwanzes herab. Eine der häufigſten Arten iſt der gehäubte Blaurabe (Cyanocorax pileatus), ein Vogel von 14 Zoll Länge und 17 Zoll Breite, 6 Zoll Fittig- und 6½ Zoll Schwanzlänge. Die Stirn, der Zügel, der Oberkopf, deſſen Federn ſich haubenartig verlängern, die Halsſeiten, die Kehle und der Vorderhals bis zur Bruſt ſind kohlſchwarz, der Nacken, der Rücken, die Flügel und der Schwanz ultramarinblau, die Unterſeite von der Bruſt an bis zum Steiß und die Jnnenſeite der Flügel ſind weiß, und ebenſo ſind auch die Schwanzfedern zugeſpitzt. Ueber und unter dem Auge ſteht ein breiter, halbmondförmiger Fleck von himmelblauer Farbe. Die Nachrichten über das Leben der Blauraben ſind noch heutigen Tages ziemlich dürftig. Wir erfahren, daß die Vögel nach Art unſerer Heher leben und die Wälder geſellſchaftsweiſe bewohnen, aber nicht eben häufig ſind. Sie beſuchen nach Schomburgk immer nur hohe Bäume, freſſen hier Früchte und Samen, ſind ſcheu und unſtet, verrathen ſich aber dem Jäger durch ihr fortwährendes und nicht eben angenehmes Geſchrei. Das Neſt iſt ein kunſtloſer Bau auf hohen Bäumen. Die zwei Eier, welche das Gelege bilden, ſind auf bräunlichweißem Grunde braun gefleckt. Ueber das Betragen gefangener Blauraben weiß ich Nichts zu berichten. Jch habe einzelne dieſer ſchmucken Geſchöpfe in Thiergärten geſehen, jedoch keinen einzigen von ihnen längere Zeit beobachten und auch ſonſt nicht erfahren können, ob ihr Betragen ſich von dem ihrer Verwandten unterſcheidet.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/403>, abgerufen am 25.11.2024.