sich Nichts einwenden, so lange die von der Krähenhütte aus betriebene Vertilgung nur schädlichen Raubvögeln gilt; das eigentliche Krähenschießen aber ist eben so gut als Barbarei zu brandmarken, wie die Hetzjagden als solche gebrandmarkt worden sind.
Um Krähen von Orten abzuhalten, wo sie lästig werden, genügt es, eine einzige von ihnen zu schießen und den Leichnam als Scheuche aufzuhängen. Mehr ist durchaus nicht nöthig. Der Mensch kann seinerseits damit Alles erreichen, was er erreichen muß; denn im übrigen soll er, wie ich nochmals wiederholen will, die nützlichen Vögel draußen im Flur und Hag gewähren lassen, ohne sie im geringsten zu behelligen. Sie bezahlen eine derartige Nachsicht tausendfach.
Nützlicher noch als Raben- und Nebelkrähe und deshalb der allgemeinsten Beachtung werth, ist die vierte unserer Rabenarten, die Saat- oder Feldkrähe, Hafer- oder Ackerkrähe, Krahen- veitel, Karechel, Kurock, Rooke, der Nackt- oder Grindschnabel (Corvus frugilegus oder Frugilegus segetum). Sie unterscheidet sich von den eigentlichen Krähen durch schlankeren Leibesbau,
[Abbildung]
Die Saatkrähe (Corvus frugilegus oder Frugilogus segetum).
sehr gestreckten Schnabel, verhältnißmäßig lange Flügel, stark abgerundeten Schwanz, ein knappes, prachtvoll glänzendes Gefieder und ein im Alter nacktes Gesicht, welch letzteres jedoch nur Folge von ihren Arbeiten im Boden ist. Jhre Länge beträgt 18 bis 19 Zoll, die Breite 37 bis 39 Zoll; der Fittig mißt 13 bis 14 Zoll, der Schwanz 101/2 Zoll. Das Gefieder der alten Vögel ist gleich- mäßig purpurblauschwarz, das der Jungen mattschwarz. Letztere unterscheiden sich auch von den Alten durch ihr befiedertes Gesicht.
Die Saatkrähe ist hinsichtlich ihrer Verbreitung beschränkter, als Raben- und Nebelkrähe. Sie bewohnt die Ebenen Südeuropas und des südlichen Sibiriens, Afganistan, Kaschmir u. s. w. Schon in Schweden ist sie selten, und in Südeuropa erscheint sie nur auf ihrer Winterreise. Abweichend von ihren bisher genannten Verwandten nämlich wandert sie regelmäßig und zwar in ungeheuren Scharen bis Südeuropa und Nordasrika. Jn Spanien habe ich sie während des ganzen Winters von Ende Oktobers an bis Anfangs März häufig und immer in zahlreichen Banden gesehen und in Egypten in denselben Monaten ebenso regelmäßig beobachtet.
Fruchtbare Ebenen, in denen es Feldgehölze gibt, sind der eigentliche Aufenthaltsort dieser Krähe. Jm Gebirge fehlt sie als Brutvogel gänzlich; hier sieht man sie nur auf dem Zuge. Ein hochstäm-
Die Knacker. Rabenvögel. Raben.
ſich Nichts einwenden, ſo lange die von der Krähenhütte aus betriebene Vertilgung nur ſchädlichen Raubvögeln gilt; das eigentliche Krähenſchießen aber iſt eben ſo gut als Barbarei zu brandmarken, wie die Hetzjagden als ſolche gebrandmarkt worden ſind.
Um Krähen von Orten abzuhalten, wo ſie läſtig werden, genügt es, eine einzige von ihnen zu ſchießen und den Leichnam als Scheuche aufzuhängen. Mehr iſt durchaus nicht nöthig. Der Menſch kann ſeinerſeits damit Alles erreichen, was er erreichen muß; denn im übrigen ſoll er, wie ich nochmals wiederholen will, die nützlichen Vögel draußen im Flur und Hag gewähren laſſen, ohne ſie im geringſten zu behelligen. Sie bezahlen eine derartige Nachſicht tauſendfach.
Nützlicher noch als Raben- und Nebelkrähe und deshalb der allgemeinſten Beachtung werth, iſt die vierte unſerer Rabenarten, die Saat- oder Feldkrähe, Hafer- oder Ackerkrähe, Krahen- veitel, Karechel, Kurock, Rooke, der Nackt- oder Grindſchnabel (Corvus frugilegus oder Frugilegus segetum). Sie unterſcheidet ſich von den eigentlichen Krähen durch ſchlankeren Leibesbau,
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Die Saatkrähe (Corvus frugilegus oder Frugilogus segetum).
ſehr geſtreckten Schnabel, verhältnißmäßig lange Flügel, ſtark abgerundeten Schwanz, ein knappes, prachtvoll glänzendes Gefieder und ein im Alter nacktes Geſicht, welch letzteres jedoch nur Folge von ihren Arbeiten im Boden iſt. Jhre Länge beträgt 18 bis 19 Zoll, die Breite 37 bis 39 Zoll; der Fittig mißt 13 bis 14 Zoll, der Schwanz 10½ Zoll. Das Gefieder der alten Vögel iſt gleich- mäßig purpurblauſchwarz, das der Jungen mattſchwarz. Letztere unterſcheiden ſich auch von den Alten durch ihr befiedertes Geſicht.
Die Saatkrähe iſt hinſichtlich ihrer Verbreitung beſchränkter, als Raben- und Nebelkrähe. Sie bewohnt die Ebenen Südeuropas und des ſüdlichen Sibiriens, Afganiſtan, Kaſchmir u. ſ. w. Schon in Schweden iſt ſie ſelten, und in Südeuropa erſcheint ſie nur auf ihrer Winterreiſe. Abweichend von ihren bisher genannten Verwandten nämlich wandert ſie regelmäßig und zwar in ungeheuren Scharen bis Südeuropa und Nordaſrika. Jn Spanien habe ich ſie während des ganzen Winters von Ende Oktobers an bis Anfangs März häufig und immer in zahlreichen Banden geſehen und in Egypten in denſelben Monaten ebenſo regelmäßig beobachtet.
Fruchtbare Ebenen, in denen es Feldgehölze gibt, ſind der eigentliche Aufenthaltsort dieſer Krähe. Jm Gebirge fehlt ſie als Brutvogel gänzlich; hier ſieht man ſie nur auf dem Zuge. Ein hochſtäm-
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Die Knacker. Rabenvögel. Raben.
ſich Nichts einwenden, ſo lange die von der Krähenhütte aus betriebene Vertilgung nur ſchädlichen
Raubvögeln gilt; das eigentliche Krähenſchießen aber iſt eben ſo gut als Barbarei zu brandmarken,
wie die Hetzjagden als ſolche gebrandmarkt worden ſind.
Um Krähen von Orten abzuhalten, wo ſie läſtig werden, genügt es, eine einzige von ihnen zu
ſchießen und den Leichnam als Scheuche aufzuhängen. Mehr iſt durchaus nicht nöthig. Der Menſch
kann ſeinerſeits damit Alles erreichen, was er erreichen muß; denn im übrigen ſoll er, wie ich nochmals
wiederholen will, die nützlichen Vögel draußen im Flur und Hag gewähren laſſen, ohne ſie im
geringſten zu behelligen. Sie bezahlen eine derartige Nachſicht tauſendfach.
Nützlicher noch als Raben- und Nebelkrähe und deshalb der allgemeinſten Beachtung werth, iſt
die vierte unſerer Rabenarten, die Saat- oder Feldkrähe, Hafer- oder Ackerkrähe, Krahen-
veitel, Karechel, Kurock, Rooke, der Nackt- oder Grindſchnabel (Corvus frugilegus oder
Frugilegus segetum). Sie unterſcheidet ſich von den eigentlichen Krähen durch ſchlankeren Leibesbau,
[Abbildung Die Saatkrähe (Corvus frugilegus oder Frugilogus segetum).]
ſehr geſtreckten Schnabel, verhältnißmäßig lange Flügel, ſtark abgerundeten Schwanz, ein knappes,
prachtvoll glänzendes Gefieder und ein im Alter nacktes Geſicht, welch letzteres jedoch nur Folge
von ihren Arbeiten im Boden iſt. Jhre Länge beträgt 18 bis 19 Zoll, die Breite 37 bis 39 Zoll;
der Fittig mißt 13 bis 14 Zoll, der Schwanz 10½ Zoll. Das Gefieder der alten Vögel iſt gleich-
mäßig purpurblauſchwarz, das der Jungen mattſchwarz. Letztere unterſcheiden ſich auch von den
Alten durch ihr befiedertes Geſicht.
Die Saatkrähe iſt hinſichtlich ihrer Verbreitung beſchränkter, als Raben- und Nebelkrähe. Sie
bewohnt die Ebenen Südeuropas und des ſüdlichen Sibiriens, Afganiſtan, Kaſchmir u. ſ. w. Schon
in Schweden iſt ſie ſelten, und in Südeuropa erſcheint ſie nur auf ihrer Winterreiſe. Abweichend
von ihren bisher genannten Verwandten nämlich wandert ſie regelmäßig und zwar in ungeheuren
Scharen bis Südeuropa und Nordaſrika. Jn Spanien habe ich ſie während des ganzen Winters von
Ende Oktobers an bis Anfangs März häufig und immer in zahlreichen Banden geſehen und in Egypten
in denſelben Monaten ebenſo regelmäßig beobachtet.
Fruchtbare Ebenen, in denen es Feldgehölze gibt, ſind der eigentliche Aufenthaltsort dieſer Krähe.
Jm Gebirge fehlt ſie als Brutvogel gänzlich; hier ſieht man ſie nur auf dem Zuge. Ein hochſtäm-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/384>, abgerufen am 24.11.2024.
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