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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Rabenvögel. Raben.
sind deshalb seit geraumer Zeit der Zankapfel der Vogelkundigen gewesen. Gloger vertritt mit aller
Entschiedenheit die Ansicht, daß beide nur als klimatische Ausartungen ein und desselben Thieres zu
betrachten seien; ich glaube mit derselben Entschiedenheit das Gegentheil behaupten zu dürfen: -- aus
dem ganz einfachen Grunde, weil gerade die Verbreitung dieser Vögel Gloger's Annahme
widerspricht.

Die Rabenkrähe ist schwarz mit veilchen- oder purpurfarbenem Schiller und braunem Augen-
stern, in der Jugend mattschwarz mit grauem Augenstern. Bei der Nebelkrähe sind nur der Kopf, der
Vorderhals, die Flügel und der Schwanz schwarz, das übrige ist hellaschgrau oder bei den Jungen
schmuzigaschgrau. Die Länge beträgt bei der einen wie bei der andern 18 bis 19 Zoll, die Breite
38 bis 40 Zoll; der Fittig mißt 121/2 bis 13 Zoll, der Schwanz 7 bis 8 Zoll.

Gloger nimmt einfach an, daß das Klima Nebelkrähen in Rabenkrähen umgewandelt habe. Zur
Entschuldigung der vielen Naturforscher, welche unbegreiflicher Weise anderer Ansicht sind, sagt er: "Es

[Abbildung] Die Rebelkrähe (Corrus cornix).
ist übrigens, da diese klimatischen Verschiedenheiten von jeher so bekannt waren und wirklich sehr groß sind,
kein Wunder, daß man die schwarze unter dem Namen Rabenkrähe ganz bestimmt als ein der Art nach
verschiedenes Geschöpf trennen zu müssen glaubte, zumal da häufig beide in einem Landstriche angetroffen
werden. Neuere sorgfältige Untersuchungen über die Farben beider, gleichwie die Beobachtung ihrer
Sitten beweisen nunmehr hinlänglich, daß diese Trennung ein entschiedener, wenn auch nicht allein
höchst verzeihlicher, sondern ein damals fast unvermeidlicher Jrrthum war, ein Jrrthum, bei welchem
heutzutage blos die Macht der Gewohnheit Ursache sein kann, daß er nicht noch schneller allgemein
schwinden zu wollen scheint, obwohl nicht zu verkennen ist, daß die Zahl Derer, welche ihn fernerhin
noch theilen wollen, jetzt schnell immer kleiner wird."

Von dem Studirzimmer aus läßt sich gegen diese Angabe durchaus Nichts einwenden; etwas
anders aber gestaltet sich die Sache, wenn man die Lebensverhältnisse und namentlich die Verbreitung
der beiden Krähenarten unbefangen prüft. Es ergibt sich sofort als unumstößliche Thatsache, daß

Die Knacker. Rabenvögel. Raben.
ſind deshalb ſeit geraumer Zeit der Zankapfel der Vogelkundigen geweſen. Gloger vertritt mit aller
Entſchiedenheit die Anſicht, daß beide nur als klimatiſche Ausartungen ein und deſſelben Thieres zu
betrachten ſeien; ich glaube mit derſelben Entſchiedenheit das Gegentheil behaupten zu dürfen: — aus
dem ganz einfachen Grunde, weil gerade die Verbreitung dieſer Vögel Gloger’s Annahme
widerſpricht.

Die Rabenkrähe iſt ſchwarz mit veilchen- oder purpurfarbenem Schiller und braunem Augen-
ſtern, in der Jugend mattſchwarz mit grauem Augenſtern. Bei der Nebelkrähe ſind nur der Kopf, der
Vorderhals, die Flügel und der Schwanz ſchwarz, das übrige iſt hellaſchgrau oder bei den Jungen
ſchmuzigaſchgrau. Die Länge beträgt bei der einen wie bei der andern 18 bis 19 Zoll, die Breite
38 bis 40 Zoll; der Fittig mißt 12½ bis 13 Zoll, der Schwanz 7 bis 8 Zoll.

Gloger nimmt einfach an, daß das Klima Nebelkrähen in Rabenkrähen umgewandelt habe. Zur
Entſchuldigung der vielen Naturforſcher, welche unbegreiflicher Weiſe anderer Anſicht ſind, ſagt er: „Es

[Abbildung] Die Rebelkrähe (Corrus cornix).
iſt übrigens, da dieſe klimatiſchen Verſchiedenheiten von jeher ſo bekannt waren und wirklich ſehr groß ſind,
kein Wunder, daß man die ſchwarze unter dem Namen Rabenkrähe ganz beſtimmt als ein der Art nach
verſchiedenes Geſchöpf trennen zu müſſen glaubte, zumal da häufig beide in einem Landſtriche angetroffen
werden. Neuere ſorgfältige Unterſuchungen über die Farben beider, gleichwie die Beobachtung ihrer
Sitten beweiſen nunmehr hinlänglich, daß dieſe Trennung ein entſchiedener, wenn auch nicht allein
höchſt verzeihlicher, ſondern ein damals faſt unvermeidlicher Jrrthum war, ein Jrrthum, bei welchem
heutzutage blos die Macht der Gewohnheit Urſache ſein kann, daß er nicht noch ſchneller allgemein
ſchwinden zu wollen ſcheint, obwohl nicht zu verkennen iſt, daß die Zahl Derer, welche ihn fernerhin
noch theilen wollen, jetzt ſchnell immer kleiner wird.‟

Von dem Studirzimmer aus läßt ſich gegen dieſe Angabe durchaus Nichts einwenden; etwas
anders aber geſtaltet ſich die Sache, wenn man die Lebensverhältniſſe und namentlich die Verbreitung
der beiden Krähenarten unbefangen prüft. Es ergibt ſich ſofort als unumſtößliche Thatſache, daß

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[352/0380] Die Knacker. Rabenvögel. Raben. ſind deshalb ſeit geraumer Zeit der Zankapfel der Vogelkundigen geweſen. Gloger vertritt mit aller Entſchiedenheit die Anſicht, daß beide nur als klimatiſche Ausartungen ein und deſſelben Thieres zu betrachten ſeien; ich glaube mit derſelben Entſchiedenheit das Gegentheil behaupten zu dürfen: — aus dem ganz einfachen Grunde, weil gerade die Verbreitung dieſer Vögel Gloger’s Annahme widerſpricht. Die Rabenkrähe iſt ſchwarz mit veilchen- oder purpurfarbenem Schiller und braunem Augen- ſtern, in der Jugend mattſchwarz mit grauem Augenſtern. Bei der Nebelkrähe ſind nur der Kopf, der Vorderhals, die Flügel und der Schwanz ſchwarz, das übrige iſt hellaſchgrau oder bei den Jungen ſchmuzigaſchgrau. Die Länge beträgt bei der einen wie bei der andern 18 bis 19 Zoll, die Breite 38 bis 40 Zoll; der Fittig mißt 12½ bis 13 Zoll, der Schwanz 7 bis 8 Zoll. Gloger nimmt einfach an, daß das Klima Nebelkrähen in Rabenkrähen umgewandelt habe. Zur Entſchuldigung der vielen Naturforſcher, welche unbegreiflicher Weiſe anderer Anſicht ſind, ſagt er: „Es [Abbildung Die Rebelkrähe (Corrus cornix).] iſt übrigens, da dieſe klimatiſchen Verſchiedenheiten von jeher ſo bekannt waren und wirklich ſehr groß ſind, kein Wunder, daß man die ſchwarze unter dem Namen Rabenkrähe ganz beſtimmt als ein der Art nach verſchiedenes Geſchöpf trennen zu müſſen glaubte, zumal da häufig beide in einem Landſtriche angetroffen werden. Neuere ſorgfältige Unterſuchungen über die Farben beider, gleichwie die Beobachtung ihrer Sitten beweiſen nunmehr hinlänglich, daß dieſe Trennung ein entſchiedener, wenn auch nicht allein höchſt verzeihlicher, ſondern ein damals faſt unvermeidlicher Jrrthum war, ein Jrrthum, bei welchem heutzutage blos die Macht der Gewohnheit Urſache ſein kann, daß er nicht noch ſchneller allgemein ſchwinden zu wollen ſcheint, obwohl nicht zu verkennen iſt, daß die Zahl Derer, welche ihn fernerhin noch theilen wollen, jetzt ſchnell immer kleiner wird.‟ Von dem Studirzimmer aus läßt ſich gegen dieſe Angabe durchaus Nichts einwenden; etwas anders aber geſtaltet ſich die Sache, wenn man die Lebensverhältniſſe und namentlich die Verbreitung der beiden Krähenarten unbefangen prüft. Es ergibt ſich ſofort als unumſtößliche Thatſache, daß

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/380>, abgerufen am 25.11.2024.