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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Rabenvögel. Paradiesvögel.
chen haben das prachtvolle Gefieder und die verlängerten Federn; die Weibchen und Jungen sind viel
einfacher gefärbt.

Die Paradiesvögel sind auf Neuguinea und die benachbarten Jnseln beschränkt. Sie bewoh-
nen außer dem genannten großen Eilande auch die Aruinseln, Salawati, Meisol und Waigiru. Jede
der letztgenannten Jnseln beherbergt einen oder mehrere Paradiesvögel. Nicht ihre Bälge allein, son-
dern auch die anderer Prachtvögel werden von den Papuas bereits seit Jahrhunderten in den Handel
gebracht, und namentlich die Holländer haben sich mit dem Eintausch derselben befaßt. Deshalb erhebt
Schlegel mit Recht den Vorwurf, daß wir die bisherige Unkenntniß der Paradiesvögel den Holländern
zu verdanken haben, welche fort und fort die verstümmelten, auf die ungenügendste Weise zubereiteten
Bälge auf den Markt brachten, ohne sich auch nur im geringsten um die freilebenden Thiere zu küm-
mern. Rosenberg beschreibt die Art und Weise der von den Eingeborenen beliebten Zubereitung wie
folgt: "Die Papuas erlegen die Männchen und zuweilen auch die Weibchen mit Pfeilen und streifen
ihnen hierauf mittels eines Querschnittes über Rücken und Bauch die besonders dicke Haut ab. Dann
schneiden sie die Füße mit dem Hintertheil der Bauchhaut weg, reißen die großen Schwungfedern aus
und spannen nun die so verarbeitete Haut über ein rundes Stäbchen, so daß dieses einige Zoll lang aus
dem Schnabel hervorragt, welch letzterer mittels einer Schnur an dem Holz befestigt wird. Hierauf
hängen sie die mit Holzasche eingeriebenen Bälge im Jnnern der Hütte über einer Feuerstelle auf, um
sie im Rauch zu trocknen und vor Ungeziefer zu bewahren. Der Balg ist damit fertig. Die Ein-
geborenen von Meisol lassen Füße und Schwungfedern an dem Balge; auch die Aruesen haben bemerkt,
daß unverstümmelte Bälge mehr gesucht und besser bezahlt werden, als verstümmelte, und kommen
daher langsam von der alten Gewohnheit zurück, so daß jetzt auch schon von den Aruinseln gute Bälge
in den Handel gelangen. Kaufleute aus Mangkassar, Ternate und dem östlichen Seram sind
es hauptsächlich, welche die Paradiesvögel aufkaufen und nach ihrer Heimat oder nach Singapore
bringen, von wo aus sie weiter nach Europa und China ausgeführt werden. Nach der Aussage dieser
Leute kommen die schönsten Bälge von der Nordküste Neuguineas und aus den tief in der Gilwikbai
liegenden Gegenden. Der Sultan von Tidore, Lehnsherr des unter niederländischer Oberherrschaft
stehenden Theils von Neuguinea, erhält jährlich von dort als Zoll eine unbestimmte Anzahl Bälge,
deren Geldwerth an Ort und Stelle zwischen 25 Cents und einem Gulden holländisch beträgt."

So viel mag als Vorbemerkung genügen. Das Wenige, was wir über das Leben der theil-
nahmswerthen Vögel wissen, wird uns die nun folgende Beschreibung der wichtigsten Arten kennen
lehren.



Die Paradiesvögel im engsten Sinne (Paradisea) kennzeichnen sich vor Allem dadurch, daß
die Männchen Büschel aus langen, zerschlissenen Federn tragen, welche in einer unter dem ersten
Flügelgelenk liegenden Hautfalte von Zolllänge wurzeln und von dem Vogel beliebig ausgebreitet und
zusammen gelegt werden können. Die beiden mittelsten Schwanzfedern sind außerordentlich lang und
ihre Fahnen nur angedeutet.

Der Paradies- oder Göttervogel, welchen Linne, um die alte Sage zu verewigen, den
fußlosen nannte (Paradisea apoda), ist 13 Zoll lang, also ungefähr ebenso groß wie unsere
Dohle. Die vorherrschende Färbung ist ein schönes Kastanienbraun; die Stirn ist sammtschwarz mit
smaragdgrünem Schimmer; der Scheitel und Oberhals sind citronengelb; die Kehle ist goldgrün, der
Vorderhals violettbraun; die langen zerschlissenen Seitenfedern sind glänzend orangegelb, am Ende
purpurroth getüpfelt: -- sie verbleichen rasch, wenn sie dem Sonnenlichte ausgesetzt werden. Das
Auge ist weißlich gelb, der Schnabel und die Füße sind aschblaugrau. Dem Weibchen mangeln alle
verlängerten Federn, und seine Färbung ist düsterer, auf der Oberseite bräunlich fahlgrau, an der

Die Knacker. Rabenvögel. Paradiesvögel.
chen haben das prachtvolle Gefieder und die verlängerten Federn; die Weibchen und Jungen ſind viel
einfacher gefärbt.

Die Paradiesvögel ſind auf Neuguinea und die benachbarten Jnſeln beſchränkt. Sie bewoh-
nen außer dem genannten großen Eilande auch die Aruinſeln, Salawati, Meiſol und Waigiru. Jede
der letztgenannten Jnſeln beherbergt einen oder mehrere Paradiesvögel. Nicht ihre Bälge allein, ſon-
dern auch die anderer Prachtvögel werden von den Papuas bereits ſeit Jahrhunderten in den Handel
gebracht, und namentlich die Holländer haben ſich mit dem Eintauſch derſelben befaßt. Deshalb erhebt
Schlegel mit Recht den Vorwurf, daß wir die bisherige Unkenntniß der Paradiesvögel den Holländern
zu verdanken haben, welche fort und fort die verſtümmelten, auf die ungenügendſte Weiſe zubereiteten
Bälge auf den Markt brachten, ohne ſich auch nur im geringſten um die freilebenden Thiere zu küm-
mern. Roſenberg beſchreibt die Art und Weiſe der von den Eingeborenen beliebten Zubereitung wie
folgt: „Die Papuas erlegen die Männchen und zuweilen auch die Weibchen mit Pfeilen und ſtreifen
ihnen hierauf mittels eines Querſchnittes über Rücken und Bauch die beſonders dicke Haut ab. Dann
ſchneiden ſie die Füße mit dem Hintertheil der Bauchhaut weg, reißen die großen Schwungfedern aus
und ſpannen nun die ſo verarbeitete Haut über ein rundes Stäbchen, ſo daß dieſes einige Zoll lang aus
dem Schnabel hervorragt, welch letzterer mittels einer Schnur an dem Holz befeſtigt wird. Hierauf
hängen ſie die mit Holzaſche eingeriebenen Bälge im Jnnern der Hütte über einer Feuerſtelle auf, um
ſie im Rauch zu trocknen und vor Ungeziefer zu bewahren. Der Balg iſt damit fertig. Die Ein-
geborenen von Meiſol laſſen Füße und Schwungfedern an dem Balge; auch die Arueſen haben bemerkt,
daß unverſtümmelte Bälge mehr geſucht und beſſer bezahlt werden, als verſtümmelte, und kommen
daher langſam von der alten Gewohnheit zurück, ſo daß jetzt auch ſchon von den Aruinſeln gute Bälge
in den Handel gelangen. Kaufleute aus Mangkaſſar, Ternate und dem öſtlichen Seram ſind
es hauptſächlich, welche die Paradiesvögel aufkaufen und nach ihrer Heimat oder nach Singapore
bringen, von wo aus ſie weiter nach Europa und China ausgeführt werden. Nach der Ausſage dieſer
Leute kommen die ſchönſten Bälge von der Nordküſte Neuguineas und aus den tief in der Gilwikbai
liegenden Gegenden. Der Sultan von Tidore, Lehnsherr des unter niederländiſcher Oberherrſchaft
ſtehenden Theils von Neuguinea, erhält jährlich von dort als Zoll eine unbeſtimmte Anzahl Bälge,
deren Geldwerth an Ort und Stelle zwiſchen 25 Cents und einem Gulden holländiſch beträgt.‟

So viel mag als Vorbemerkung genügen. Das Wenige, was wir über das Leben der theil-
nahmswerthen Vögel wiſſen, wird uns die nun folgende Beſchreibung der wichtigſten Arten kennen
lehren.



Die Paradiesvögel im engſten Sinne (Paradisea) kennzeichnen ſich vor Allem dadurch, daß
die Männchen Büſchel aus langen, zerſchliſſenen Federn tragen, welche in einer unter dem erſten
Flügelgelenk liegenden Hautfalte von Zolllänge wurzeln und von dem Vogel beliebig ausgebreitet und
zuſammen gelegt werden können. Die beiden mittelſten Schwanzfedern ſind außerordentlich lang und
ihre Fahnen nur angedeutet.

Der Paradies- oder Göttervogel, welchen Linné, um die alte Sage zu verewigen, den
fußloſen nannte (Paradisea apoda), iſt 13 Zoll lang, alſo ungefähr ebenſo groß wie unſere
Dohle. Die vorherrſchende Färbung iſt ein ſchönes Kaſtanienbraun; die Stirn iſt ſammtſchwarz mit
ſmaragdgrünem Schimmer; der Scheitel und Oberhals ſind citronengelb; die Kehle iſt goldgrün, der
Vorderhals violettbraun; die langen zerſchliſſenen Seitenfedern ſind glänzend orangegelb, am Ende
purpurroth getüpfelt: — ſie verbleichen raſch, wenn ſie dem Sonnenlichte ausgeſetzt werden. Das
Auge iſt weißlich gelb, der Schnabel und die Füße ſind aſchblaugrau. Dem Weibchen mangeln alle
verlängerten Federn, und ſeine Färbung iſt düſterer, auf der Oberſeite bräunlich fahlgrau, an der

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[322/0346] Die Knacker. Rabenvögel. Paradiesvögel. chen haben das prachtvolle Gefieder und die verlängerten Federn; die Weibchen und Jungen ſind viel einfacher gefärbt. Die Paradiesvögel ſind auf Neuguinea und die benachbarten Jnſeln beſchränkt. Sie bewoh- nen außer dem genannten großen Eilande auch die Aruinſeln, Salawati, Meiſol und Waigiru. Jede der letztgenannten Jnſeln beherbergt einen oder mehrere Paradiesvögel. Nicht ihre Bälge allein, ſon- dern auch die anderer Prachtvögel werden von den Papuas bereits ſeit Jahrhunderten in den Handel gebracht, und namentlich die Holländer haben ſich mit dem Eintauſch derſelben befaßt. Deshalb erhebt Schlegel mit Recht den Vorwurf, daß wir die bisherige Unkenntniß der Paradiesvögel den Holländern zu verdanken haben, welche fort und fort die verſtümmelten, auf die ungenügendſte Weiſe zubereiteten Bälge auf den Markt brachten, ohne ſich auch nur im geringſten um die freilebenden Thiere zu küm- mern. Roſenberg beſchreibt die Art und Weiſe der von den Eingeborenen beliebten Zubereitung wie folgt: „Die Papuas erlegen die Männchen und zuweilen auch die Weibchen mit Pfeilen und ſtreifen ihnen hierauf mittels eines Querſchnittes über Rücken und Bauch die beſonders dicke Haut ab. Dann ſchneiden ſie die Füße mit dem Hintertheil der Bauchhaut weg, reißen die großen Schwungfedern aus und ſpannen nun die ſo verarbeitete Haut über ein rundes Stäbchen, ſo daß dieſes einige Zoll lang aus dem Schnabel hervorragt, welch letzterer mittels einer Schnur an dem Holz befeſtigt wird. Hierauf hängen ſie die mit Holzaſche eingeriebenen Bälge im Jnnern der Hütte über einer Feuerſtelle auf, um ſie im Rauch zu trocknen und vor Ungeziefer zu bewahren. Der Balg iſt damit fertig. Die Ein- geborenen von Meiſol laſſen Füße und Schwungfedern an dem Balge; auch die Arueſen haben bemerkt, daß unverſtümmelte Bälge mehr geſucht und beſſer bezahlt werden, als verſtümmelte, und kommen daher langſam von der alten Gewohnheit zurück, ſo daß jetzt auch ſchon von den Aruinſeln gute Bälge in den Handel gelangen. Kaufleute aus Mangkaſſar, Ternate und dem öſtlichen Seram ſind es hauptſächlich, welche die Paradiesvögel aufkaufen und nach ihrer Heimat oder nach Singapore bringen, von wo aus ſie weiter nach Europa und China ausgeführt werden. Nach der Ausſage dieſer Leute kommen die ſchönſten Bälge von der Nordküſte Neuguineas und aus den tief in der Gilwikbai liegenden Gegenden. Der Sultan von Tidore, Lehnsherr des unter niederländiſcher Oberherrſchaft ſtehenden Theils von Neuguinea, erhält jährlich von dort als Zoll eine unbeſtimmte Anzahl Bälge, deren Geldwerth an Ort und Stelle zwiſchen 25 Cents und einem Gulden holländiſch beträgt.‟ So viel mag als Vorbemerkung genügen. Das Wenige, was wir über das Leben der theil- nahmswerthen Vögel wiſſen, wird uns die nun folgende Beſchreibung der wichtigſten Arten kennen lehren. Die Paradiesvögel im engſten Sinne (Paradisea) kennzeichnen ſich vor Allem dadurch, daß die Männchen Büſchel aus langen, zerſchliſſenen Federn tragen, welche in einer unter dem erſten Flügelgelenk liegenden Hautfalte von Zolllänge wurzeln und von dem Vogel beliebig ausgebreitet und zuſammen gelegt werden können. Die beiden mittelſten Schwanzfedern ſind außerordentlich lang und ihre Fahnen nur angedeutet. Der Paradies- oder Göttervogel, welchen Linné, um die alte Sage zu verewigen, den fußloſen nannte (Paradisea apoda), iſt 13 Zoll lang, alſo ungefähr ebenſo groß wie unſere Dohle. Die vorherrſchende Färbung iſt ein ſchönes Kaſtanienbraun; die Stirn iſt ſammtſchwarz mit ſmaragdgrünem Schimmer; der Scheitel und Oberhals ſind citronengelb; die Kehle iſt goldgrün, der Vorderhals violettbraun; die langen zerſchliſſenen Seitenfedern ſind glänzend orangegelb, am Ende purpurroth getüpfelt: — ſie verbleichen raſch, wenn ſie dem Sonnenlichte ausgeſetzt werden. Das Auge iſt weißlich gelb, der Schnabel und die Füße ſind aſchblaugrau. Dem Weibchen mangeln alle verlängerten Federn, und ſeine Färbung iſt düſterer, auf der Oberſeite bräunlich fahlgrau, an der

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/346>, abgerufen am 22.11.2024.