auf den Rücken, auf die Nase, kurz, sucht so recht buchstäblich den ganzen Leib ab. Fliegen und Bremsen liest er geschickt vom Felle ab; die Maden unter der Haut zieht er hervor, nachdem er sich erst eine Oeffnung gehackt hat. Aber er mag arbeiten, wie er will, die Thiere verharren ganz ruhig; sie scheinen zu wissen, daß der augenblickliche Schmerz nur zu ihrem Besten ist."
"Der Madenhacker seinerseits vertraut übrigens auch nur dem Thiere; vor dem Menschen nimmt er sich sehr in Acht. Bei Annäherung eines solchen und namentlich eines Fremden klettert die ganze Gesellschaft, welche an dem Thiere saß, rasch nach dem First des Rückens empor, setzt sich fest und schaut nun vorsichtig dem Nahenden entgegen. Alle, welche ich beobachtete, ließen mich nicht näher als vierzig Schritt an sich herankommen. Gewöhnlich erheben sie sich schon viel früher, steigen zuerst in die Höhe, streichen mit leichtem Fluge, die Flügel weit ausgebreitet, oft auf ziemlichen Strecken hin und kommen in einem größeren Bogen wieder zurück. Wenn sie Gefahr vermuthen, setzen sie sich aber dann nicht nochmals auf ein Thier, sondern immer auf hochgelegene Punkte, namentlich auf Stein- blöcke. Auf Bäumen habe ich sie nie gesehen."
Daß wild lebende Thiere sich nach und nach gewöhnen, auf die Warnung des Madenhackers zu achten, wie ich dies a. a. O. mit Gordon Cumming's Worten beschrieb, ist sehr erklärlich.
Ueber das Fortpflanzungs- und Brutgeschäft habe ich Nichts erfahren können, wie denn auch die Lebensgeschichte dieser merkwürdigen Vögel noch sehr einer ausführlichen Beobachtung bedarf.
Jn den heißen Gegenden Afrikas und in einem Theile von Asien leben Vögel, welche in ihrer Gestalt und in ihrem Wesen unsern Staaren sehr ähnlich sind, aber ein prachtvoll gefärbtes, atlas- artiges Gefieder tragen und deshalb vielleicht als Uebergangsglieder zwischen den Staaren und Paradiesvögeln betrachtet werden können. Wir nennen sie Glanzdrosseln (Lamprotornithes).
Sie beleben die verschiedensten Oertlichkeiten. Baumreiche Gegenden bilden selbstverständlich ihren bevorzugten Aufenthalt, und demgemäß trifft man sie am häufigsten in den Wäldern. Jedoch bewohnen nur wenige die eigentlichen Urwaldungen; die größere Mehrzahl liebt lichte Steppen- wälder oder buschreiche Ebenen. Einige nehmen auf Felswänden und zumal auf einzeln stehenden großen Felsblöcken Herberge, manche kommen ungescheut in die bewohnten Ortschaften, und einzelne nisten sogar in den Wohnungen der Menschen.
Alle Glanzdrosseln sind höchst lebhafte, muntere, dreiste und geschwätzige Vögel. Sie leben regel- mäßig in Gesellschaften, manche in ziemlich bedeutenden Scharen, und viele brüten auch gemeinschaft- lich. Verwandte Arten vereinigen sich mit einander und schweifen dann längere Zeit zusammen im Lande umher. Andern Vögeln gegenüber zeigen sie sich aber nicht eben freundschaftlich, und namentlich mit Raben, Racken und Würgern leben sie in beständiger Fehde. Jhre Nahrung besteht aus Früchten, Sämereien, Kerbthieren, Würmern, kleinen Schnecken, ausnahmsweise wohl auch in Aas, von welchem sie kleine Brocken abhacken. Den Herdenthieren erweisen sie, wie die Madenhacker oder unsere Staaren, Dienste, indem sie ihnen Zecken und anderes Ungeziefer ablesen. Sie fliegen gut, leicht, wenn auch zuweilen gleichsam schleppend, bewegen sich äußerst rasch auf dem Boden, hüpfend und laufend nach Staarenart, und zeigen sich nicht minder geschickt im Gezweig der Bäume. Sie sind klug, vorsichtig, jedoch nicht scheu, lernen bald gefährliche Leute von ungefährlichen unterscheiden und wissen sich je nach Gelegenheit und Umständen bestmöglichst einzurichten. Jhre Stimme ist, bei einigen, geradezu mißtönend, doch gibt es auch ziemlich gute Sänger unter ihnen; namentlich der Lockton ist oft sehr wohllautend und gewöhnlich mehrsilbig.
Hinsichtlich des Fortpflanzungsgeschäfts weichen die verschiedenen Arten wesentlich von einander ab. Die meisten und zumal diejenigen, welche Felsen bewohnen, nisten gesellschaftlich; andere tren- nen sich während der Brutzeit in Paare. Die Nester sind sehr verschieden, bei einigen groß und nicht ganz kunstlos, bei anderen nur ein wirrer Haufen von Zweigen und Gräsern. Die Bauart rich-
Die Knacker. Rabenvögel. Glanzdroſſeln.
auf den Rücken, auf die Naſe, kurz, ſucht ſo recht buchſtäblich den ganzen Leib ab. Fliegen und Bremſen lieſt er geſchickt vom Felle ab; die Maden unter der Haut zieht er hervor, nachdem er ſich erſt eine Oeffnung gehackt hat. Aber er mag arbeiten, wie er will, die Thiere verharren ganz ruhig; ſie ſcheinen zu wiſſen, daß der augenblickliche Schmerz nur zu ihrem Beſten iſt.‟
„Der Madenhacker ſeinerſeits vertraut übrigens auch nur dem Thiere; vor dem Menſchen nimmt er ſich ſehr in Acht. Bei Annäherung eines ſolchen und namentlich eines Fremden klettert die ganze Geſellſchaft, welche an dem Thiere ſaß, raſch nach dem Firſt des Rückens empor, ſetzt ſich feſt und ſchaut nun vorſichtig dem Nahenden entgegen. Alle, welche ich beobachtete, ließen mich nicht näher als vierzig Schritt an ſich herankommen. Gewöhnlich erheben ſie ſich ſchon viel früher, ſteigen zuerſt in die Höhe, ſtreichen mit leichtem Fluge, die Flügel weit ausgebreitet, oft auf ziemlichen Strecken hin und kommen in einem größeren Bogen wieder zurück. Wenn ſie Gefahr vermuthen, ſetzen ſie ſich aber dann nicht nochmals auf ein Thier, ſondern immer auf hochgelegene Punkte, namentlich auf Stein- blöcke. Auf Bäumen habe ich ſie nie geſehen.‟
Daß wild lebende Thiere ſich nach und nach gewöhnen, auf die Warnung des Madenhackers zu achten, wie ich dies a. a. O. mit Gordon Cumming’s Worten beſchrieb, iſt ſehr erklärlich.
Ueber das Fortpflanzungs- und Brutgeſchäft habe ich Nichts erfahren können, wie denn auch die Lebensgeſchichte dieſer merkwürdigen Vögel noch ſehr einer ausführlichen Beobachtung bedarf.
Jn den heißen Gegenden Afrikas und in einem Theile von Aſien leben Vögel, welche in ihrer Geſtalt und in ihrem Weſen unſern Staaren ſehr ähnlich ſind, aber ein prachtvoll gefärbtes, atlas- artiges Gefieder tragen und deshalb vielleicht als Uebergangsglieder zwiſchen den Staaren und Paradiesvögeln betrachtet werden können. Wir nennen ſie Glanzdroſſeln (Lamprotornithes).
Sie beleben die verſchiedenſten Oertlichkeiten. Baumreiche Gegenden bilden ſelbſtverſtändlich ihren bevorzugten Aufenthalt, und demgemäß trifft man ſie am häufigſten in den Wäldern. Jedoch bewohnen nur wenige die eigentlichen Urwaldungen; die größere Mehrzahl liebt lichte Steppen- wälder oder buſchreiche Ebenen. Einige nehmen auf Felswänden und zumal auf einzeln ſtehenden großen Felsblöcken Herberge, manche kommen ungeſcheut in die bewohnten Ortſchaften, und einzelne niſten ſogar in den Wohnungen der Menſchen.
Alle Glanzdroſſeln ſind höchſt lebhafte, muntere, dreiſte und geſchwätzige Vögel. Sie leben regel- mäßig in Geſellſchaften, manche in ziemlich bedeutenden Scharen, und viele brüten auch gemeinſchaft- lich. Verwandte Arten vereinigen ſich mit einander und ſchweifen dann längere Zeit zuſammen im Lande umher. Andern Vögeln gegenüber zeigen ſie ſich aber nicht eben freundſchaftlich, und namentlich mit Raben, Racken und Würgern leben ſie in beſtändiger Fehde. Jhre Nahrung beſteht aus Früchten, Sämereien, Kerbthieren, Würmern, kleinen Schnecken, ausnahmsweiſe wohl auch in Aas, von welchem ſie kleine Brocken abhacken. Den Herdenthieren erweiſen ſie, wie die Madenhacker oder unſere Staaren, Dienſte, indem ſie ihnen Zecken und anderes Ungeziefer ableſen. Sie fliegen gut, leicht, wenn auch zuweilen gleichſam ſchleppend, bewegen ſich äußerſt raſch auf dem Boden, hüpfend und laufend nach Staarenart, und zeigen ſich nicht minder geſchickt im Gezweig der Bäume. Sie ſind klug, vorſichtig, jedoch nicht ſcheu, lernen bald gefährliche Leute von ungefährlichen unterſcheiden und wiſſen ſich je nach Gelegenheit und Umſtänden beſtmöglichſt einzurichten. Jhre Stimme iſt, bei einigen, geradezu mißtönend, doch gibt es auch ziemlich gute Sänger unter ihnen; namentlich der Lockton iſt oft ſehr wohllautend und gewöhnlich mehrſilbig.
Hinſichtlich des Fortpflanzungsgeſchäfts weichen die verſchiedenen Arten weſentlich von einander ab. Die meiſten und zumal diejenigen, welche Felſen bewohnen, niſten geſellſchaftlich; andere tren- nen ſich während der Brutzeit in Paare. Die Neſter ſind ſehr verſchieden, bei einigen groß und nicht ganz kunſtlos, bei anderen nur ein wirrer Haufen von Zweigen und Gräſern. Die Bauart rich-
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Die Knacker. Rabenvögel. Glanzdroſſeln.
auf den Rücken, auf die Naſe, kurz, ſucht ſo recht buchſtäblich den ganzen Leib ab. Fliegen und
Bremſen lieſt er geſchickt vom Felle ab; die Maden unter der Haut zieht er hervor, nachdem er ſich erſt
eine Oeffnung gehackt hat. Aber er mag arbeiten, wie er will, die Thiere verharren ganz ruhig; ſie
ſcheinen zu wiſſen, daß der augenblickliche Schmerz nur zu ihrem Beſten iſt.‟
„Der Madenhacker ſeinerſeits vertraut übrigens auch nur dem Thiere; vor dem Menſchen
nimmt er ſich ſehr in Acht. Bei Annäherung eines ſolchen und namentlich eines Fremden klettert die
ganze Geſellſchaft, welche an dem Thiere ſaß, raſch nach dem Firſt des Rückens empor, ſetzt ſich feſt
und ſchaut nun vorſichtig dem Nahenden entgegen. Alle, welche ich beobachtete, ließen mich nicht näher
als vierzig Schritt an ſich herankommen. Gewöhnlich erheben ſie ſich ſchon viel früher, ſteigen zuerſt in
die Höhe, ſtreichen mit leichtem Fluge, die Flügel weit ausgebreitet, oft auf ziemlichen Strecken hin
und kommen in einem größeren Bogen wieder zurück. Wenn ſie Gefahr vermuthen, ſetzen ſie ſich
aber dann nicht nochmals auf ein Thier, ſondern immer auf hochgelegene Punkte, namentlich auf Stein-
blöcke. Auf Bäumen habe ich ſie nie geſehen.‟
Daß wild lebende Thiere ſich nach und nach gewöhnen, auf die Warnung des Madenhackers zu
achten, wie ich dies a. a. O. mit Gordon Cumming’s Worten beſchrieb, iſt ſehr erklärlich.
Ueber das Fortpflanzungs- und Brutgeſchäft habe ich Nichts erfahren können, wie denn auch
die Lebensgeſchichte dieſer merkwürdigen Vögel noch ſehr einer ausführlichen Beobachtung bedarf.
Jn den heißen Gegenden Afrikas und in einem Theile von Aſien leben Vögel, welche in ihrer
Geſtalt und in ihrem Weſen unſern Staaren ſehr ähnlich ſind, aber ein prachtvoll gefärbtes, atlas-
artiges Gefieder tragen und deshalb vielleicht als Uebergangsglieder zwiſchen den Staaren und
Paradiesvögeln betrachtet werden können. Wir nennen ſie Glanzdroſſeln (Lamprotornithes).
Sie beleben die verſchiedenſten Oertlichkeiten. Baumreiche Gegenden bilden ſelbſtverſtändlich
ihren bevorzugten Aufenthalt, und demgemäß trifft man ſie am häufigſten in den Wäldern. Jedoch
bewohnen nur wenige die eigentlichen Urwaldungen; die größere Mehrzahl liebt lichte Steppen-
wälder oder buſchreiche Ebenen. Einige nehmen auf Felswänden und zumal auf einzeln ſtehenden
großen Felsblöcken Herberge, manche kommen ungeſcheut in die bewohnten Ortſchaften, und einzelne
niſten ſogar in den Wohnungen der Menſchen.
Alle Glanzdroſſeln ſind höchſt lebhafte, muntere, dreiſte und geſchwätzige Vögel. Sie leben regel-
mäßig in Geſellſchaften, manche in ziemlich bedeutenden Scharen, und viele brüten auch gemeinſchaft-
lich. Verwandte Arten vereinigen ſich mit einander und ſchweifen dann längere Zeit zuſammen im
Lande umher. Andern Vögeln gegenüber zeigen ſie ſich aber nicht eben freundſchaftlich, und namentlich
mit Raben, Racken und Würgern leben ſie in beſtändiger Fehde. Jhre Nahrung beſteht aus
Früchten, Sämereien, Kerbthieren, Würmern, kleinen Schnecken, ausnahmsweiſe wohl auch in Aas,
von welchem ſie kleine Brocken abhacken. Den Herdenthieren erweiſen ſie, wie die Madenhacker
oder unſere Staaren, Dienſte, indem ſie ihnen Zecken und anderes Ungeziefer ableſen. Sie fliegen
gut, leicht, wenn auch zuweilen gleichſam ſchleppend, bewegen ſich äußerſt raſch auf dem Boden, hüpfend
und laufend nach Staarenart, und zeigen ſich nicht minder geſchickt im Gezweig der Bäume. Sie ſind
klug, vorſichtig, jedoch nicht ſcheu, lernen bald gefährliche Leute von ungefährlichen unterſcheiden und
wiſſen ſich je nach Gelegenheit und Umſtänden beſtmöglichſt einzurichten. Jhre Stimme iſt, bei einigen,
geradezu mißtönend, doch gibt es auch ziemlich gute Sänger unter ihnen; namentlich der Lockton iſt
oft ſehr wohllautend und gewöhnlich mehrſilbig.
Hinſichtlich des Fortpflanzungsgeſchäfts weichen die verſchiedenen Arten weſentlich von einander
ab. Die meiſten und zumal diejenigen, welche Felſen bewohnen, niſten geſellſchaftlich; andere tren-
nen ſich während der Brutzeit in Paare. Die Neſter ſind ſehr verſchieden, bei einigen groß und
nicht ganz kunſtlos, bei anderen nur ein wirrer Haufen von Zweigen und Gräſern. Die Bauart rich-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/330>, abgerufen am 25.11.2024.
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