bald mancherlei Klänge und Laute, auch Worte und Sprüche nachahmen. Sie ist der Gottheit Ram geheiligt, auf deren Hand sie sitzt. Von Jndien aus hat man sie auf den Maskarenen behufs Vertil- gung der Kerbthiere eingeführt, und dort hat sie sich auch vollständig eingebürgert. Nach Europa wird sie nicht selten gebracht." Diese Lebensbeschreibung des anmuthigen Vogels wird durch eine vor wenig Tagen (Juni 1865) erschienene Schilderung des Major Norgate vervollständigt. Jhr entnehme ich das Nachstehende:
"Warum Linne die Meina "tristis" nannte, vermag ich nicht zu begreifen; denn sie ist einer der lebendigsten Vögel Jndiens und auch hinsichtlich ihres Kleides keineswegs "traurig". Man trifft sie überall häufig an, während der heißen Jahreszeit auch in beträchtlichen Höhen. Die zahlreichen Flüge bestehen aus vier oder fünf Familien, welche sich beim Futtersuchen vereinigt haben oder durch den Lärm eines Zweikampfes herbeigezogen worden sind, wie solcher unter den höchst streitlustigen Vögeln öfters stattfindet. Der Kampf wird gewöhnlich auf dem Boden ausgefochten. Beide Kämpen greifen sich gegenseitig mit den Klauen an, schlagen mit den Flügeln auf einander los, wälzen sich, zu einem Knäuel geballt, auf dem Platze umher und stoßen dabei durchdringende Schreie aus. Diese ziehen bald die ganze Familie herbei; einzelne Glieder derselben werfen sich zu Schlichtern des Kampfes auf und hacken auf beide Streiter los; andere werden durch das böse Beispiel verlockt: die Streitlust über- kommt auch sie, und das Ende der allgemeinen Zänkerei ist gar nicht selten ein gebrochener Flügel. Der Lärm während dieser kleinen Kriege ist höchst auffallend und sehr unangenehm."
"Ergötzlich ist es, eine schreiende Meina zu beobachten. Sie rüstet sich durch wiederholtes Kopf- nicken zu dem schweren Werke, als müsse sich ihre Brust mit Athem füllen, und läßt sodann ein Kräch- zen, Grunzen, Schrillen, Kreischen und Pfeifen, aber nur wenige wirklich hübsche Laute vernehmen. Beim Abfliegen schreit sie leise schackernd, bei Gefahr laut und rauh; in letzterem Falle pflegen auch andere ihrer Art einzustimmen."
"Ein guter Baumeister ist die Meina nicht. Jhr Nest wird sehr häufig an recht übel gewählten Stellen angelegt, in Dachrinnen z. B., so daß jeder Regenguß es und die in ihm befindliche Brut vernichtet; auch der Bau selbst, welcher aus Reisern, dürrem Grase und aus Lumpen, Papierschnitzeln und Federn zusammengesetzt wird, ist nur ein wirrer Haufen, ohne Ordnung und Regel. Beide Ge- schlechter lösen sich im Brüten ab und theilen sich redlich in die Erziehung der freßwüthigen Jungen."
"Jch muß sagen, daß ich die Meina recht lieb gewonnen habe. Sie ist ein lustiger, lebhafter, lärmender Vogel, dessen heitere Laune kein Ungemach trüben kann. Sie ist so menschenfreundlich und dabei so nützlich, daß ich es für schändlich erachte, auf sie, deren Fleisch nicht einmal gut ist, Jagd zu machen."
Eine den echten Staaren nahe verwandte Horde umfaßt die Grakeln oder Atzeln (Graculae), Bewohner Jndiens, welche sich von Alters her großen Nuhm erworben haben. Sie sind ziemlich groß, dickleibig, kurzflügelig und kurzschwänzig. Der Schnabel ist etwa kopflang, dick, hoch, unten im Quer- schnitt viereckig, oben gerundet, auf der Firste stark gewölbt. Jm Flügel ist die vierte Schwinge die längste; der zwölffedrige Schwanz ist abgerundet. Die Füße sind stark. Der Kopf trägt zwei nach hinten herabfallende, bewegliche, lebhaft gefärbte Hautlappen. Das Gefieder ist weich, seidig glänzend.
Eine der bekanntesten Arten ist die Meinate oder der Mino der Jndier (Gracula musica oder Gr. religiosa), ein ziemlich großer Vogel von 10 Zoll Länge und 181/2 Zoll Flügelbreite, dessen Schwanz 2 4/5 , dessen Flügel 5 3/5 Zoll mißt. Das Gefieder ist einfarbig, glänzend purpurschwarz, mit grünem Schimmer auf dem Hinterrücken und den Oberschwanzdeckfedern, geringerem Glanz auf der Unterseite und kohlschwarz, glanzlos auf Flügeln und Schwanz. Ein weißer Flecken, welcher sich über die sieben Handschwingen erstreckt, bildet ein sichtbares Flügelband. Die sehr lebhaft tiefgelb
Die Knacker. Rabenvögel. Staaren.
bald mancherlei Klänge und Laute, auch Worte und Sprüche nachahmen. Sie iſt der Gottheit Ram geheiligt, auf deren Hand ſie ſitzt. Von Jndien aus hat man ſie auf den Maskarenen behufs Vertil- gung der Kerbthiere eingeführt, und dort hat ſie ſich auch vollſtändig eingebürgert. Nach Europa wird ſie nicht ſelten gebracht.‟ Dieſe Lebensbeſchreibung des anmuthigen Vogels wird durch eine vor wenig Tagen (Juni 1865) erſchienene Schilderung des Major Norgate vervollſtändigt. Jhr entnehme ich das Nachſtehende:
„Warum Linné die Meina „tristis‟ nannte, vermag ich nicht zu begreifen; denn ſie iſt einer der lebendigſten Vögel Jndiens und auch hinſichtlich ihres Kleides keineswegs „traurig‟. Man trifft ſie überall häufig an, während der heißen Jahreszeit auch in beträchtlichen Höhen. Die zahlreichen Flüge beſtehen aus vier oder fünf Familien, welche ſich beim Futterſuchen vereinigt haben oder durch den Lärm eines Zweikampfes herbeigezogen worden ſind, wie ſolcher unter den höchſt ſtreitluſtigen Vögeln öfters ſtattfindet. Der Kampf wird gewöhnlich auf dem Boden ausgefochten. Beide Kämpen greifen ſich gegenſeitig mit den Klauen an, ſchlagen mit den Flügeln auf einander los, wälzen ſich, zu einem Knäuel geballt, auf dem Platze umher und ſtoßen dabei durchdringende Schreie aus. Dieſe ziehen bald die ganze Familie herbei; einzelne Glieder derſelben werfen ſich zu Schlichtern des Kampfes auf und hacken auf beide Streiter los; andere werden durch das böſe Beiſpiel verlockt: die Streitluſt über- kommt auch ſie, und das Ende der allgemeinen Zänkerei iſt gar nicht ſelten ein gebrochener Flügel. Der Lärm während dieſer kleinen Kriege iſt höchſt auffallend und ſehr unangenehm.‟
„Ergötzlich iſt es, eine ſchreiende Meina zu beobachten. Sie rüſtet ſich durch wiederholtes Kopf- nicken zu dem ſchweren Werke, als müſſe ſich ihre Bruſt mit Athem füllen, und läßt ſodann ein Kräch- zen, Grunzen, Schrillen, Kreiſchen und Pfeifen, aber nur wenige wirklich hübſche Laute vernehmen. Beim Abfliegen ſchreit ſie leiſe ſchackernd, bei Gefahr laut und rauh; in letzterem Falle pflegen auch andere ihrer Art einzuſtimmen.‟
„Ein guter Baumeiſter iſt die Meina nicht. Jhr Neſt wird ſehr häufig an recht übel gewählten Stellen angelegt, in Dachrinnen z. B., ſo daß jeder Regenguß es und die in ihm befindliche Brut vernichtet; auch der Bau ſelbſt, welcher aus Reiſern, dürrem Graſe und aus Lumpen, Papierſchnitzeln und Federn zuſammengeſetzt wird, iſt nur ein wirrer Haufen, ohne Ordnung und Regel. Beide Ge- ſchlechter löſen ſich im Brüten ab und theilen ſich redlich in die Erziehung der freßwüthigen Jungen.‟
„Jch muß ſagen, daß ich die Meina recht lieb gewonnen habe. Sie iſt ein luſtiger, lebhafter, lärmender Vogel, deſſen heitere Laune kein Ungemach trüben kann. Sie iſt ſo menſchenfreundlich und dabei ſo nützlich, daß ich es für ſchändlich erachte, auf ſie, deren Fleiſch nicht einmal gut iſt, Jagd zu machen.‟
Eine den echten Staaren nahe verwandte Horde umfaßt die Grakeln oder Atzeln (Graculae), Bewohner Jndiens, welche ſich von Alters her großen Nuhm erworben haben. Sie ſind ziemlich groß, dickleibig, kurzflügelig und kurzſchwänzig. Der Schnabel iſt etwa kopflang, dick, hoch, unten im Quer- ſchnitt viereckig, oben gerundet, auf der Firſte ſtark gewölbt. Jm Flügel iſt die vierte Schwinge die längſte; der zwölffedrige Schwanz iſt abgerundet. Die Füße ſind ſtark. Der Kopf trägt zwei nach hinten herabfallende, bewegliche, lebhaft gefärbte Hautlappen. Das Gefieder iſt weich, ſeidig glänzend.
Eine der bekannteſten Arten iſt die Meinate oder der Mino der Jndier (Gracula musica oder Gr. religiosa), ein ziemlich großer Vogel von 10 Zoll Länge und 18½ Zoll Flügelbreite, deſſen Schwanz 2⅘, deſſen Flügel 5⅗ Zoll mißt. Das Gefieder iſt einfarbig, glänzend purpurſchwarz, mit grünem Schimmer auf dem Hinterrücken und den Oberſchwanzdeckfedern, geringerem Glanz auf der Unterſeite und kohlſchwarz, glanzlos auf Flügeln und Schwanz. Ein weißer Flecken, welcher ſich über die ſieben Handſchwingen erſtreckt, bildet ein ſichtbares Flügelband. Die ſehr lebhaft tiefgelb
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Die Knacker. Rabenvögel. Staaren.
bald mancherlei Klänge und Laute, auch Worte und Sprüche nachahmen. Sie iſt der Gottheit Ram
geheiligt, auf deren Hand ſie ſitzt. Von Jndien aus hat man ſie auf den Maskarenen behufs Vertil-
gung der Kerbthiere eingeführt, und dort hat ſie ſich auch vollſtändig eingebürgert. Nach Europa
wird ſie nicht ſelten gebracht.‟ Dieſe Lebensbeſchreibung des anmuthigen Vogels wird durch eine
vor wenig Tagen (Juni 1865) erſchienene Schilderung des Major Norgate vervollſtändigt. Jhr
entnehme ich das Nachſtehende:
„Warum Linné die Meina „tristis‟ nannte, vermag ich nicht zu begreifen; denn ſie iſt einer der
lebendigſten Vögel Jndiens und auch hinſichtlich ihres Kleides keineswegs „traurig‟. Man trifft ſie
überall häufig an, während der heißen Jahreszeit auch in beträchtlichen Höhen. Die zahlreichen Flüge
beſtehen aus vier oder fünf Familien, welche ſich beim Futterſuchen vereinigt haben oder durch den
Lärm eines Zweikampfes herbeigezogen worden ſind, wie ſolcher unter den höchſt ſtreitluſtigen Vögeln
öfters ſtattfindet. Der Kampf wird gewöhnlich auf dem Boden ausgefochten. Beide Kämpen greifen
ſich gegenſeitig mit den Klauen an, ſchlagen mit den Flügeln auf einander los, wälzen ſich, zu einem
Knäuel geballt, auf dem Platze umher und ſtoßen dabei durchdringende Schreie aus. Dieſe ziehen
bald die ganze Familie herbei; einzelne Glieder derſelben werfen ſich zu Schlichtern des Kampfes auf
und hacken auf beide Streiter los; andere werden durch das böſe Beiſpiel verlockt: die Streitluſt über-
kommt auch ſie, und das Ende der allgemeinen Zänkerei iſt gar nicht ſelten ein gebrochener Flügel.
Der Lärm während dieſer kleinen Kriege iſt höchſt auffallend und ſehr unangenehm.‟
„Ergötzlich iſt es, eine ſchreiende Meina zu beobachten. Sie rüſtet ſich durch wiederholtes Kopf-
nicken zu dem ſchweren Werke, als müſſe ſich ihre Bruſt mit Athem füllen, und läßt ſodann ein Kräch-
zen, Grunzen, Schrillen, Kreiſchen und Pfeifen, aber nur wenige wirklich hübſche Laute vernehmen.
Beim Abfliegen ſchreit ſie leiſe ſchackernd, bei Gefahr laut und rauh; in letzterem Falle pflegen auch
andere ihrer Art einzuſtimmen.‟
„Ein guter Baumeiſter iſt die Meina nicht. Jhr Neſt wird ſehr häufig an recht übel gewählten
Stellen angelegt, in Dachrinnen z. B., ſo daß jeder Regenguß es und die in ihm befindliche Brut
vernichtet; auch der Bau ſelbſt, welcher aus Reiſern, dürrem Graſe und aus Lumpen, Papierſchnitzeln
und Federn zuſammengeſetzt wird, iſt nur ein wirrer Haufen, ohne Ordnung und Regel. Beide Ge-
ſchlechter löſen ſich im Brüten ab und theilen ſich redlich in die Erziehung der freßwüthigen Jungen.‟
„Jch muß ſagen, daß ich die Meina recht lieb gewonnen habe. Sie iſt ein luſtiger, lebhafter,
lärmender Vogel, deſſen heitere Laune kein Ungemach trüben kann. Sie iſt ſo menſchenfreundlich und
dabei ſo nützlich, daß ich es für ſchändlich erachte, auf ſie, deren Fleiſch nicht einmal gut iſt, Jagd zu
machen.‟
Eine den echten Staaren nahe verwandte Horde umfaßt die Grakeln oder Atzeln (Graculae),
Bewohner Jndiens, welche ſich von Alters her großen Nuhm erworben haben. Sie ſind ziemlich groß,
dickleibig, kurzflügelig und kurzſchwänzig. Der Schnabel iſt etwa kopflang, dick, hoch, unten im Quer-
ſchnitt viereckig, oben gerundet, auf der Firſte ſtark gewölbt. Jm Flügel iſt die vierte Schwinge die
längſte; der zwölffedrige Schwanz iſt abgerundet. Die Füße ſind ſtark. Der Kopf trägt zwei nach
hinten herabfallende, bewegliche, lebhaft gefärbte Hautlappen. Das Gefieder iſt weich, ſeidig glänzend.
Eine der bekannteſten Arten iſt die Meinate oder der Mino der Jndier (Gracula musica
oder Gr. religiosa), ein ziemlich großer Vogel von 10 Zoll Länge und 18½ Zoll Flügelbreite, deſſen
Schwanz 2⅘, deſſen Flügel 5⅗ Zoll mißt. Das Gefieder iſt einfarbig, glänzend purpurſchwarz, mit
grünem Schimmer auf dem Hinterrücken und den Oberſchwanzdeckfedern, geringerem Glanz auf der
Unterſeite und kohlſchwarz, glanzlos auf Flügeln und Schwanz. Ein weißer Flecken, welcher ſich
über die ſieben Handſchwingen erſtreckt, bildet ein ſichtbares Flügelband. Die ſehr lebhaft tiefgelb
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/326>, abgerufen am 25.11.2024.
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