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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Feldlerche.
seine großen Flügel und der breite Schwanz tragen es, jedoch unter stetem Flattern, leicht, und es
schwingt sich so auch weit vom Platze, wo es aufstieg, über Städte und Dörfer hinweg, und in einem
großen Bogen wieder zurück, senkt sich allmählich und stürzt nun auf einmal aus einer gewissen Höhe,
mit angezogenen Flügeln, wie ein fallender Stein zu seinem Weibchen oder Neste, oder wenigstens in
deren Nähe herab. Nicht immer steigen die Lerchen so hoch, und machen auch nicht allemal einen so
großen Umschweif; denn ein solcher Zug und Gesang dauert öfters eine Viertelstunde lang und darüber;
aber sie singen meistens fliegend, und gewöhnlich nur ihr erstes Morgenlied und ihren letzten Abend-
gesang sitzend. -- Auch bei ihren Zänkereien singen sie oft kurz abgebrochene Strophen; selbst die Weib-
chen stümpern etwas und fliegen dazu in einem großen Bogen, aber nicht weit, weg. -- Der Ton im
Feldlerchengesang ist hell, rein, und stark genug, um weit gehört zu werden, daher sehr angenehm;
er besteht auch aus vielen Strophen, die bald trillernd und wirbelnd, bald aus hellpfeifenden und
gezogenen Tönen zusammengesetzt sind, welche zwar abwechselnd genug sind, aber einzeln oft zum
Ueberdruß wiederholt werden. Es gibt Sänger unter ihnen, welche eine einzelne Strophe oft zehn
und mehre Male wiederholen, ehe sie in eine andere übergehen, die bis zum Ende aber alle schnell
auf einander folgen. Der Gesang der verschiedenen Männchen ist indessen so verschieden, wie die
Strophen, woraus er besteht, und man hört von manchen Theile, die vielen andern fehlen, obgleich
alle Variationen desselben Thema's zu sein scheinen, alle sich in den meisten Strophen, Trillern, Läu-
fern u. s. w. ähneln und doch verschieden sind. Dies ist hier so auffallend, wie bei den Nachtigallen.
Sie scheinen auch fremde Töne einzumischen, was ich glaube besonders an denen bemerkt zu haben,
welche bei Sumpf- und Wasservögeln wohnen, so daß sie in einzelnen Tönen zuweilen täuschen kön-
nen. -- Auch die jungen Männchen singen im Herbste beim Wegzuge, wenn recht schönes Wetter ist,
zuweilen schon recht angenehm, doch nicht so laut und anhaltend als die Alten."

Mit anderen ihrer Art leben die Feldlerchen nur während der Zugzeit und in der Winterherberge
im Frieden. So lange die Liebe in ihm mächtig ist, zankt das Männchen eines Paares mit jedem andern,
dessen es ansichtig wird. Die Kämpfe sind oft sehr hartnäckig: die Streiter packen sich und zausen sich tüch-
tig herum, und gar nicht selten schlägt sich noch ein drittes Männchen ins Spiel. Dann wirbeln alle drei
vereint aus der Höhe zum Boden hernieder, und der Zank hat für den Augenblick ein Ende. Jn der
nächsten Minute aber beginnt er von neuem wieder; denn jedes neue Lied des einen Männchens dünkt
dem andern die Aufforderung zum Streite zu sein. Zuweilen gehen zwei Gegner auch zu Fuße auf
einander los und nehmen dabei ähnliche Stellungen an, wie kämpfende Haushähne. Dabei wird
wacker gefochten, freilich regelmäßig ohne wesentlichen Schaden für irgend einen der Streiter. Der
Besiegte muß fliehen, der Sieger kehrt frohlockend zu seinem Weibchen zurück, welches, wie Naumann
sagt, gar nicht selten "an den Prügeleien des Männchens theilnimmt".

Das Nest findet man oft schon Anfangs März, gewöhnlich auf Getreidefeldern, nicht selten aber
auch auf Wiesen und selbst in Brüchen auf erhöhten Jnselchen, welche mit Gras oder Seggen bewach-
sen, sonst aber ganz eng von Wasser umgeben sind. Die einzelnen Paare behaupten ein Gebiet von
zwei bis höchstens dreihundert Schritten im Durchmesser, dann beginnt das eines anderen, und in
bebauten Ebenen ist derart eine ganze Gegend bevölkert. Die kleine Vertiefung, in welcher das Nest
steht, wird im Nothfall von den beiden Lerchen selbst ausgescharrt oder wenigstens erweitert und bezüglich
gerundet; dann baut sie das Weibchen unter Mithilfe des Männchens dürftig mit alten Stoppeln,
Grasbüscheln, zarten Wurzeln und Hälmchen aus und bekleidet die Nestmulde vielleicht noch mit eini-
gen Pferdehaaren. Mitte März ist das Gelege vollständig. Es besteht aus fünf bis sechs Eiern,
welche auf grüngelblichem oder röthlichweißen Grunde mit vielen Punkten und Flecken von graulich-
braunen oder grauer Farbe sehr ungleichartig übersäet sind. Beide Geschlechter brüten, das Weib-
chen, wie gewöhnlich, länger und ausdauernder, als das Männchen. Die Jungen entschlüpfen, wenn
sie laufen können, dem Neste und verbergen sich auf dem Felde genau so, wie die jungen Hauben-
lerchen.
Sobald sie selbständig geworden sind, schreiten die Alten zur zweiten, und wenn das Jahr
gut ist, zur dritten Brut.

Brehm, Thierleben. III. 18

Feldlerche.
ſeine großen Flügel und der breite Schwanz tragen es, jedoch unter ſtetem Flattern, leicht, und es
ſchwingt ſich ſo auch weit vom Platze, wo es aufſtieg, über Städte und Dörfer hinweg, und in einem
großen Bogen wieder zurück, ſenkt ſich allmählich und ſtürzt nun auf einmal aus einer gewiſſen Höhe,
mit angezogenen Flügeln, wie ein fallender Stein zu ſeinem Weibchen oder Neſte, oder wenigſtens in
deren Nähe herab. Nicht immer ſteigen die Lerchen ſo hoch, und machen auch nicht allemal einen ſo
großen Umſchweif; denn ein ſolcher Zug und Geſang dauert öfters eine Viertelſtunde lang und darüber;
aber ſie ſingen meiſtens fliegend, und gewöhnlich nur ihr erſtes Morgenlied und ihren letzten Abend-
geſang ſitzend. — Auch bei ihren Zänkereien ſingen ſie oft kurz abgebrochene Strophen; ſelbſt die Weib-
chen ſtümpern etwas und fliegen dazu in einem großen Bogen, aber nicht weit, weg. — Der Ton im
Feldlerchengeſang iſt hell, rein, und ſtark genug, um weit gehört zu werden, daher ſehr angenehm;
er beſteht auch aus vielen Strophen, die bald trillernd und wirbelnd, bald aus hellpfeifenden und
gezogenen Tönen zuſammengeſetzt ſind, welche zwar abwechſelnd genug ſind, aber einzeln oft zum
Ueberdruß wiederholt werden. Es gibt Sänger unter ihnen, welche eine einzelne Strophe oft zehn
und mehre Male wiederholen, ehe ſie in eine andere übergehen, die bis zum Ende aber alle ſchnell
auf einander folgen. Der Geſang der verſchiedenen Männchen iſt indeſſen ſo verſchieden, wie die
Strophen, woraus er beſteht, und man hört von manchen Theile, die vielen andern fehlen, obgleich
alle Variationen deſſelben Thema’s zu ſein ſcheinen, alle ſich in den meiſten Strophen, Trillern, Läu-
fern u. ſ. w. ähneln und doch verſchieden ſind. Dies iſt hier ſo auffallend, wie bei den Nachtigallen.
Sie ſcheinen auch fremde Töne einzumiſchen, was ich glaube beſonders an denen bemerkt zu haben,
welche bei Sumpf- und Waſſervögeln wohnen, ſo daß ſie in einzelnen Tönen zuweilen täuſchen kön-
nen. — Auch die jungen Männchen ſingen im Herbſte beim Wegzuge, wenn recht ſchönes Wetter iſt,
zuweilen ſchon recht angenehm, doch nicht ſo laut und anhaltend als die Alten.‟

Mit anderen ihrer Art leben die Feldlerchen nur während der Zugzeit und in der Winterherberge
im Frieden. So lange die Liebe in ihm mächtig iſt, zankt das Männchen eines Paares mit jedem andern,
deſſen es anſichtig wird. Die Kämpfe ſind oft ſehr hartnäckig: die Streiter packen ſich und zauſen ſich tüch-
tig herum, und gar nicht ſelten ſchlägt ſich noch ein drittes Männchen ins Spiel. Dann wirbeln alle drei
vereint aus der Höhe zum Boden hernieder, und der Zank hat für den Augenblick ein Ende. Jn der
nächſten Minute aber beginnt er von neuem wieder; denn jedes neue Lied des einen Männchens dünkt
dem andern die Aufforderung zum Streite zu ſein. Zuweilen gehen zwei Gegner auch zu Fuße auf
einander los und nehmen dabei ähnliche Stellungen an, wie kämpfende Haushähne. Dabei wird
wacker gefochten, freilich regelmäßig ohne weſentlichen Schaden für irgend einen der Streiter. Der
Beſiegte muß fliehen, der Sieger kehrt frohlockend zu ſeinem Weibchen zurück, welches, wie Naumann
ſagt, gar nicht ſelten „an den Prügeleien des Männchens theilnimmt‟.

Das Neſt findet man oft ſchon Anfangs März, gewöhnlich auf Getreidefeldern, nicht ſelten aber
auch auf Wieſen und ſelbſt in Brüchen auf erhöhten Jnſelchen, welche mit Gras oder Seggen bewach-
ſen, ſonſt aber ganz eng von Waſſer umgeben ſind. Die einzelnen Paare behaupten ein Gebiet von
zwei bis höchſtens dreihundert Schritten im Durchmeſſer, dann beginnt das eines anderen, und in
bebauten Ebenen iſt derart eine ganze Gegend bevölkert. Die kleine Vertiefung, in welcher das Neſt
ſteht, wird im Nothfall von den beiden Lerchen ſelbſt ausgeſcharrt oder wenigſtens erweitert und bezüglich
gerundet; dann baut ſie das Weibchen unter Mithilfe des Männchens dürftig mit alten Stoppeln,
Grasbüſcheln, zarten Wurzeln und Hälmchen aus und bekleidet die Neſtmulde vielleicht noch mit eini-
gen Pferdehaaren. Mitte März iſt das Gelege vollſtändig. Es beſteht aus fünf bis ſechs Eiern,
welche auf grüngelblichem oder röthlichweißen Grunde mit vielen Punkten und Flecken von graulich-
braunen oder grauer Farbe ſehr ungleichartig überſäet ſind. Beide Geſchlechter brüten, das Weib-
chen, wie gewöhnlich, länger und ausdauernder, als das Männchen. Die Jungen entſchlüpfen, wenn
ſie laufen können, dem Neſte und verbergen ſich auf dem Felde genau ſo, wie die jungen Hauben-
lerchen.
Sobald ſie ſelbſtändig geworden ſind, ſchreiten die Alten zur zweiten, und wenn das Jahr
gut iſt, zur dritten Brut.

Brehm, Thierleben. III. 18
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[273/0295] Feldlerche. ſeine großen Flügel und der breite Schwanz tragen es, jedoch unter ſtetem Flattern, leicht, und es ſchwingt ſich ſo auch weit vom Platze, wo es aufſtieg, über Städte und Dörfer hinweg, und in einem großen Bogen wieder zurück, ſenkt ſich allmählich und ſtürzt nun auf einmal aus einer gewiſſen Höhe, mit angezogenen Flügeln, wie ein fallender Stein zu ſeinem Weibchen oder Neſte, oder wenigſtens in deren Nähe herab. Nicht immer ſteigen die Lerchen ſo hoch, und machen auch nicht allemal einen ſo großen Umſchweif; denn ein ſolcher Zug und Geſang dauert öfters eine Viertelſtunde lang und darüber; aber ſie ſingen meiſtens fliegend, und gewöhnlich nur ihr erſtes Morgenlied und ihren letzten Abend- geſang ſitzend. — Auch bei ihren Zänkereien ſingen ſie oft kurz abgebrochene Strophen; ſelbſt die Weib- chen ſtümpern etwas und fliegen dazu in einem großen Bogen, aber nicht weit, weg. — Der Ton im Feldlerchengeſang iſt hell, rein, und ſtark genug, um weit gehört zu werden, daher ſehr angenehm; er beſteht auch aus vielen Strophen, die bald trillernd und wirbelnd, bald aus hellpfeifenden und gezogenen Tönen zuſammengeſetzt ſind, welche zwar abwechſelnd genug ſind, aber einzeln oft zum Ueberdruß wiederholt werden. Es gibt Sänger unter ihnen, welche eine einzelne Strophe oft zehn und mehre Male wiederholen, ehe ſie in eine andere übergehen, die bis zum Ende aber alle ſchnell auf einander folgen. Der Geſang der verſchiedenen Männchen iſt indeſſen ſo verſchieden, wie die Strophen, woraus er beſteht, und man hört von manchen Theile, die vielen andern fehlen, obgleich alle Variationen deſſelben Thema’s zu ſein ſcheinen, alle ſich in den meiſten Strophen, Trillern, Läu- fern u. ſ. w. ähneln und doch verſchieden ſind. Dies iſt hier ſo auffallend, wie bei den Nachtigallen. Sie ſcheinen auch fremde Töne einzumiſchen, was ich glaube beſonders an denen bemerkt zu haben, welche bei Sumpf- und Waſſervögeln wohnen, ſo daß ſie in einzelnen Tönen zuweilen täuſchen kön- nen. — Auch die jungen Männchen ſingen im Herbſte beim Wegzuge, wenn recht ſchönes Wetter iſt, zuweilen ſchon recht angenehm, doch nicht ſo laut und anhaltend als die Alten.‟ Mit anderen ihrer Art leben die Feldlerchen nur während der Zugzeit und in der Winterherberge im Frieden. So lange die Liebe in ihm mächtig iſt, zankt das Männchen eines Paares mit jedem andern, deſſen es anſichtig wird. Die Kämpfe ſind oft ſehr hartnäckig: die Streiter packen ſich und zauſen ſich tüch- tig herum, und gar nicht ſelten ſchlägt ſich noch ein drittes Männchen ins Spiel. Dann wirbeln alle drei vereint aus der Höhe zum Boden hernieder, und der Zank hat für den Augenblick ein Ende. Jn der nächſten Minute aber beginnt er von neuem wieder; denn jedes neue Lied des einen Männchens dünkt dem andern die Aufforderung zum Streite zu ſein. Zuweilen gehen zwei Gegner auch zu Fuße auf einander los und nehmen dabei ähnliche Stellungen an, wie kämpfende Haushähne. Dabei wird wacker gefochten, freilich regelmäßig ohne weſentlichen Schaden für irgend einen der Streiter. Der Beſiegte muß fliehen, der Sieger kehrt frohlockend zu ſeinem Weibchen zurück, welches, wie Naumann ſagt, gar nicht ſelten „an den Prügeleien des Männchens theilnimmt‟. Das Neſt findet man oft ſchon Anfangs März, gewöhnlich auf Getreidefeldern, nicht ſelten aber auch auf Wieſen und ſelbſt in Brüchen auf erhöhten Jnſelchen, welche mit Gras oder Seggen bewach- ſen, ſonſt aber ganz eng von Waſſer umgeben ſind. Die einzelnen Paare behaupten ein Gebiet von zwei bis höchſtens dreihundert Schritten im Durchmeſſer, dann beginnt das eines anderen, und in bebauten Ebenen iſt derart eine ganze Gegend bevölkert. Die kleine Vertiefung, in welcher das Neſt ſteht, wird im Nothfall von den beiden Lerchen ſelbſt ausgeſcharrt oder wenigſtens erweitert und bezüglich gerundet; dann baut ſie das Weibchen unter Mithilfe des Männchens dürftig mit alten Stoppeln, Grasbüſcheln, zarten Wurzeln und Hälmchen aus und bekleidet die Neſtmulde vielleicht noch mit eini- gen Pferdehaaren. Mitte März iſt das Gelege vollſtändig. Es beſteht aus fünf bis ſechs Eiern, welche auf grüngelblichem oder röthlichweißen Grunde mit vielen Punkten und Flecken von graulich- braunen oder grauer Farbe ſehr ungleichartig überſäet ſind. Beide Geſchlechter brüten, das Weib- chen, wie gewöhnlich, länger und ausdauernder, als das Männchen. Die Jungen entſchlüpfen, wenn ſie laufen können, dem Neſte und verbergen ſich auf dem Felde genau ſo, wie die jungen Hauben- lerchen. Sobald ſie ſelbſtändig geworden ſind, ſchreiten die Alten zur zweiten, und wenn das Jahr gut iſt, zur dritten Brut. Brehm, Thierleben. III. 18

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/295>, abgerufen am 25.11.2024.