Das Nest hat man in den Ritzen und Höhlungen der Weinbergsmauern gefunden, auch am Rhein, wo er an einzelnen Orten nicht selten nistet. Die drei bis vier Eier sind auf grauweißlichem Grunde mit grauschwarzen und zwischendurch mit einigen grauen Fäden umsponnen, oft gürtelartig in der Mitte des Eies. Diese Fäden sind nicht kurz abgebrochen und unterscheiden sich dadurch leicht von den oft ähnlich gezeichneten Eiern des Goldammers. Auch der Zippammer brütet wahrscheinlich zwei- mal im Jahre. Jn Spanien bemerkten wir seine Jungen jedoch nicht vor Juli; Mitte Augusts begann bereits die Mauser. Am Rhein erscheint der Vogel Anfangs April und verweilt dort bis zum No- vember. Jn Spanien fanden wir ihn im Winter, zu sehr großen Flügen vereinigt, außerordentlich häufig an allen sonnigen Abhängen der Sierra Nevada.
Seiner Schönheit wegen ist der Zippammer ein sehr anmuthiger Stubenvogel. Vater Bech- stein, welcher ein Pärchen sieben Jahre lang hatte, rühmt diese Vögel sehr. Sie waren zärtlich gegen einander, liebten die Gesellschaft ihrer Verwandten und lebten mit allen in Frieden.
Südosteuropa, namentlich Griechenland und Dalmatien, viele Jnseln des adriatischen Mee- res, die Levante, sowie ferner einen großen Theil Südwestasiens bewohnt der Kappenammer (Eu-
[Abbildung]
Der Kappenammer (Euspiza melanocephala).
spiza melanocephala), eines der farbenprächtigsten von allen bis jetzt bekannten Ammerarten. Er und seine wenigen Verwandten kennzeichnen sich durch den etwas gestreckten Schnabel mit länglichem, scharfen Höcker vor dem Gaumen und durch das Gefieder, welches einfarbiger zu sein pflegt als bei andern Ammern und nach dem Geschlecht sehr verschieden ist.
Der Ortolankönig, Pracht- oder Kappenammer wird 7 bis 7 1/8 Zoll lang und 11 bis 111/4 Zoll breit; der Fittig mißt 3 Zoll 9 Linien, der Schwanz 3 Zoll. Das Männchen ist auf dem Kopf kohlschwarz, auf dem Rücken rostfarbig, auf der ganzen Unterseite sehr gleichmäßig und pracht- voll goldgelb, auf Flügeln und Schwanz dunkelbraun. Dem Weibchen mangelt die Kappe; es ist an
Zipp- und Kappenammer.
Das Neſt hat man in den Ritzen und Höhlungen der Weinbergsmauern gefunden, auch am Rhein, wo er an einzelnen Orten nicht ſelten niſtet. Die drei bis vier Eier ſind auf grauweißlichem Grunde mit grauſchwarzen und zwiſchendurch mit einigen grauen Fäden umſponnen, oft gürtelartig in der Mitte des Eies. Dieſe Fäden ſind nicht kurz abgebrochen und unterſcheiden ſich dadurch leicht von den oft ähnlich gezeichneten Eiern des Goldammers. Auch der Zippammer brütet wahrſcheinlich zwei- mal im Jahre. Jn Spanien bemerkten wir ſeine Jungen jedoch nicht vor Juli; Mitte Auguſts begann bereits die Mauſer. Am Rhein erſcheint der Vogel Anfangs April und verweilt dort bis zum No- vember. Jn Spanien fanden wir ihn im Winter, zu ſehr großen Flügen vereinigt, außerordentlich häufig an allen ſonnigen Abhängen der Sierra Nevada.
Seiner Schönheit wegen iſt der Zippammer ein ſehr anmuthiger Stubenvogel. Vater Bech- ſtein, welcher ein Pärchen ſieben Jahre lang hatte, rühmt dieſe Vögel ſehr. Sie waren zärtlich gegen einander, liebten die Geſellſchaft ihrer Verwandten und lebten mit allen in Frieden.
Südoſteuropa, namentlich Griechenland und Dalmatien, viele Jnſeln des adriatiſchen Mee- res, die Levante, ſowie ferner einen großen Theil Südweſtaſiens bewohnt der Kappenammer (Eu-
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Der Kappenammer (Euspiza melanocephala).
spiza melanocephala), eines der farbenprächtigſten von allen bis jetzt bekannten Ammerarten. Er und ſeine wenigen Verwandten kennzeichnen ſich durch den etwas geſtreckten Schnabel mit länglichem, ſcharfen Höcker vor dem Gaumen und durch das Gefieder, welches einfarbiger zu ſein pflegt als bei andern Ammern und nach dem Geſchlecht ſehr verſchieden iſt.
Der Ortolankönig, Pracht- oder Kappenammer wird 7 bis 7⅛ Zoll lang und 11 bis 11¼ Zoll breit; der Fittig mißt 3 Zoll 9 Linien, der Schwanz 3 Zoll. Das Männchen iſt auf dem Kopf kohlſchwarz, auf dem Rücken roſtfarbig, auf der ganzen Unterſeite ſehr gleichmäßig und pracht- voll goldgelb, auf Flügeln und Schwanz dunkelbraun. Dem Weibchen mangelt die Kappe; es iſt an
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Zipp- und Kappenammer.
Das Neſt hat man in den Ritzen und Höhlungen der Weinbergsmauern gefunden, auch am
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Grunde mit grauſchwarzen und zwiſchendurch mit einigen grauen Fäden umſponnen, oft gürtelartig in
der Mitte des Eies. Dieſe Fäden ſind nicht kurz abgebrochen und unterſcheiden ſich dadurch leicht von
den oft ähnlich gezeichneten Eiern des Goldammers. Auch der Zippammer brütet wahrſcheinlich zwei-
mal im Jahre. Jn Spanien bemerkten wir ſeine Jungen jedoch nicht vor Juli; Mitte Auguſts begann
bereits die Mauſer. Am Rhein erſcheint der Vogel Anfangs April und verweilt dort bis zum No-
vember. Jn Spanien fanden wir ihn im Winter, zu ſehr großen Flügen vereinigt, außerordentlich
häufig an allen ſonnigen Abhängen der Sierra Nevada.
Seiner Schönheit wegen iſt der Zippammer ein ſehr anmuthiger Stubenvogel. Vater Bech-
ſtein, welcher ein Pärchen ſieben Jahre lang hatte, rühmt dieſe Vögel ſehr. Sie waren zärtlich gegen
einander, liebten die Geſellſchaft ihrer Verwandten und lebten mit allen in Frieden.
Südoſteuropa, namentlich Griechenland und Dalmatien, viele Jnſeln des adriatiſchen Mee-
res, die Levante, ſowie ferner einen großen Theil Südweſtaſiens bewohnt der Kappenammer (Eu-
[Abbildung Der Kappenammer (Euspiza melanocephala).]
spiza melanocephala), eines der farbenprächtigſten von allen bis jetzt bekannten Ammerarten. Er
und ſeine wenigen Verwandten kennzeichnen ſich durch den etwas geſtreckten Schnabel mit länglichem,
ſcharfen Höcker vor dem Gaumen und durch das Gefieder, welches einfarbiger zu ſein pflegt als bei
andern Ammern und nach dem Geſchlecht ſehr verſchieden iſt.
Der Ortolankönig, Pracht- oder Kappenammer wird 7 bis 7⅛ Zoll lang und 11 bis
11¼ Zoll breit; der Fittig mißt 3 Zoll 9 Linien, der Schwanz 3 Zoll. Das Männchen iſt auf dem
Kopf kohlſchwarz, auf dem Rücken roſtfarbig, auf der ganzen Unterſeite ſehr gleichmäßig und pracht-
voll goldgelb, auf Flügeln und Schwanz dunkelbraun. Dem Weibchen mangelt die Kappe; es iſt an
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/271>, abgerufen am 25.11.2024.
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