auf die Durstigen und stürzen sich pfeilschnell unter sie, sowie sie das sichere Gebüsch verlassen. Ge- wöhnlich verweilt eine Webervogelschar stundenlang an ein und derselben Stelle und während dieser Zeit stürzt sie sich vielleicht zehn oder zwanzig Mal an das Wasser hinab. Nachmittags geht es wieder zum Futtersuchen, und abends sammelt sich die Schar auf demselben Baume, welcher am Morgen sie vereinte, und dasselbe Lied wird gesungen oder bezüglich gesponnen.
Die Mauser der Weber beginnt im Ost-Sudahn in den Monaten Juli bis August. Sie verei- nigt noch größere Scharen als gewöhnlich und diese streifen nun längere Zeit mit einander umher.
Jn den Urwäldern am blauen Flusse wurden die ersten Nester mit Beginn der Regenzeit ange- legt, und schon im August fand ich die Eier. Jn den Bogosländern dagegen brüteten die Webervögel im März und April. Es ist also wohl anzunehmen, daß manche Arten mindestens zwei Mal im Jahre
[Abbildung]
Der Goldweber (Ploceus galbula) und der Maskenweber (Ploceus larvatus).
nisten; ich wenigstens kann nicht glauben, daß die beobachtete Verschiedenheit allein auf Rechnung der Oertlichkeit gesetzt werden darf.
Das Nest selbst habe ich vor Jahren an Ort und Stelle beschrieben, als ich Gelegenheit hatte, den Bau desselben längere Zeit verfolgen zu können. Zuerst wird ein Gerippe von langen Grashalmen gefertigt und an die äußerste Spitze langer biegsamer Zweige befestigt. Man erkennt dann zwar die Form des Nestes bereits deutlich; doch ist dasselbe noch überall durchsichtig. Nun wird es weiter ausgebaut und namentlich an den Wänden mit großer Sorgfalt verdichtet. Alle Halmen werden von oben nach unten gezogen, um so ein möglichst wasserdichtes Dach herzustellen, auf der einen Seite, gewöhnlich nach Süden hin, bleibt das kreisrunde Eingangsloch offen. Das Nest gleicht jetzt seiner Gestalt nach einem stumpfen Kegel, welcher auf eine Halbkugel gesetzt ist. Noch ist es jedoch nicht vollendet; es wird nun
Die Knacker. Sperlingsvögel. Webervögel.
auf die Durſtigen und ſtürzen ſich pfeilſchnell unter ſie, ſowie ſie das ſichere Gebüſch verlaſſen. Ge- wöhnlich verweilt eine Webervogelſchar ſtundenlang an ein und derſelben Stelle und während dieſer Zeit ſtürzt ſie ſich vielleicht zehn oder zwanzig Mal an das Waſſer hinab. Nachmittags geht es wieder zum Futterſuchen, und abends ſammelt ſich die Schar auf demſelben Baume, welcher am Morgen ſie vereinte, und daſſelbe Lied wird geſungen oder bezüglich geſponnen.
Die Mauſer der Weber beginnt im Oſt-Sudahn in den Monaten Juli bis Auguſt. Sie verei- nigt noch größere Scharen als gewöhnlich und dieſe ſtreifen nun längere Zeit mit einander umher.
Jn den Urwäldern am blauen Fluſſe wurden die erſten Neſter mit Beginn der Regenzeit ange- legt, und ſchon im Auguſt fand ich die Eier. Jn den Bogosländern dagegen brüteten die Webervögel im März und April. Es iſt alſo wohl anzunehmen, daß manche Arten mindeſtens zwei Mal im Jahre
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Der Goldweber (Ploceus galbula) und der Maskenweber (Ploceus larvatus).
niſten; ich wenigſtens kann nicht glauben, daß die beobachtete Verſchiedenheit allein auf Rechnung der Oertlichkeit geſetzt werden darf.
Das Neſt ſelbſt habe ich vor Jahren an Ort und Stelle beſchrieben, als ich Gelegenheit hatte, den Bau deſſelben längere Zeit verfolgen zu können. Zuerſt wird ein Gerippe von langen Grashalmen gefertigt und an die äußerſte Spitze langer biegſamer Zweige befeſtigt. Man erkennt dann zwar die Form des Neſtes bereits deutlich; doch iſt daſſelbe noch überall durchſichtig. Nun wird es weiter ausgebaut und namentlich an den Wänden mit großer Sorgfalt verdichtet. Alle Halmen werden von oben nach unten gezogen, um ſo ein möglichſt waſſerdichtes Dach herzuſtellen, auf der einen Seite, gewöhnlich nach Süden hin, bleibt das kreisrunde Eingangsloch offen. Das Neſt gleicht jetzt ſeiner Geſtalt nach einem ſtumpfen Kegel, welcher auf eine Halbkugel geſetzt iſt. Noch iſt es jedoch nicht vollendet; es wird nun
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Die Knacker. Sperlingsvögel. Webervögel.
auf die Durſtigen und ſtürzen ſich pfeilſchnell unter ſie, ſowie ſie das ſichere Gebüſch verlaſſen. Ge-
wöhnlich verweilt eine Webervogelſchar ſtundenlang an ein und derſelben Stelle und während dieſer
Zeit ſtürzt ſie ſich vielleicht zehn oder zwanzig Mal an das Waſſer hinab. Nachmittags geht es wieder
zum Futterſuchen, und abends ſammelt ſich die Schar auf demſelben Baume, welcher am Morgen ſie
vereinte, und daſſelbe Lied wird geſungen oder bezüglich geſponnen.
Die Mauſer der Weber beginnt im Oſt-Sudahn in den Monaten Juli bis Auguſt. Sie verei-
nigt noch größere Scharen als gewöhnlich und dieſe ſtreifen nun längere Zeit mit einander umher.
Jn den Urwäldern am blauen Fluſſe wurden die erſten Neſter mit Beginn der Regenzeit ange-
legt, und ſchon im Auguſt fand ich die Eier. Jn den Bogosländern dagegen brüteten die Webervögel
im März und April. Es iſt alſo wohl anzunehmen, daß manche Arten mindeſtens zwei Mal im Jahre
[Abbildung Der Goldweber (Ploceus galbula) und der Maskenweber (Ploceus larvatus).]
niſten; ich wenigſtens kann nicht glauben, daß die beobachtete Verſchiedenheit allein auf Rechnung der
Oertlichkeit geſetzt werden darf.
Das Neſt ſelbſt habe ich vor Jahren an Ort und Stelle beſchrieben, als ich Gelegenheit hatte, den Bau
deſſelben längere Zeit verfolgen zu können. Zuerſt wird ein Gerippe von langen Grashalmen gefertigt
und an die äußerſte Spitze langer biegſamer Zweige befeſtigt. Man erkennt dann zwar die Form des
Neſtes bereits deutlich; doch iſt daſſelbe noch überall durchſichtig. Nun wird es weiter ausgebaut und
namentlich an den Wänden mit großer Sorgfalt verdichtet. Alle Halmen werden von oben nach unten
gezogen, um ſo ein möglichſt waſſerdichtes Dach herzuſtellen, auf der einen Seite, gewöhnlich nach
Süden hin, bleibt das kreisrunde Eingangsloch offen. Das Neſt gleicht jetzt ſeiner Geſtalt nach einem
ſtumpfen Kegel, welcher auf eine Halbkugel geſetzt iſt. Noch iſt es jedoch nicht vollendet; es wird nun
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/244>, abgerufen am 23.11.2024.
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