Baume versammelt haben, wie denn überhaupt ihre diebischen Einfälle stets mit großer List und Vorsicht ausgeführt werden.
Die Nahrung der Papageien besteht vorzugsweise in Früchten und Sämereien. Viele Loris ernähren sich aber fast oder ganz ausschließlich von Blüthenhonig, Blüthenstaub und vielleicht noch von den Kerbthieren, welche in den Blüthenkelchen sitzen; die Araras und Perekittos fressen neben den Früchten und Körnern wohl auch Knospen und Baumblüthen und einzelne Kakadus nehmen gern Kerbthierlarven, Würmer und dergleichen zu sich. Ueberhaupt ist es mir gar nicht unwahrscheinlich, daß die großen Arten der Ordnung weit mehr thierische Nahrung verzehren, als wir glauben. Dafür scheint der Blutdurst gewisser Papageien zu sprechen, ebenso auch die Gier, welche Gefangene nach Fleischkost an den Tag legen, sobald sie einmal daran gewöhnt wurden. Papageien, welche ich ge- fangen hielt, überfielen Andere ihrer Art, bissen ihnen den Schädel auf und entleerten das Hirn -- ob sie dasselbe auch fraßen, ist mir nicht mehr erinnerlich. Ein anderer Papagei, welcher aus- und einflog, machte sich, wie sein Besitzer mir erzählte, ein besonderes Vergnügen daraus, junge Sper- linge oder andere vor kurzem ausgeflogene Vögel zu beschleichen, fing sie, rupfte sie sehr hübsch, fraß sie an und warf sie dann weg. Er war freilich als Gefangener an allerlei Kost gewöhnt! Wie Dem übrigens auch sein möge, unbestreitbar ist, daß pflanzliche Nahrung für fast alle Papageien die Hauptsache bleibt.
Es ist ergötzlich, die Papageien bei ihren diebischen Einfällen auf Fruchtbäume und Felder zu beobachten. Sie zeigen sich auch hierin, wie überhaupt in der Art und Weise, sich zu ernähren, wiederum so recht als befiederte Assen. Die List und Verschlagenheit, mit welcher sie ihre Räubereien betreiben, fällt jeden Beobachter auf. Ein mit reifen Früchten beladener Baum, ein gerade ergiebiges Feld zieht sie von weitem herbei. "Manche Lieblingsfrucht", sagt der Prinz, "lockt die sonst äußerst scheuen Araras weit hinaus an die Grenzen der Waldungen." Die pinselzüngigen Lorikits fand Gould ausschließlich auf Eukalypten, deren Blüthen ihnen die von ihnen erwählte Nahrung in hin- reichender Menge gewähren; auf andern Bäumen sah gedachter Forscher sie nie. Alle großen Arten sind höchst vorsichtig beim Aufsuchen ihrer Nahrung; sie thun auch im Walde, als ob sie stehlen woll- ten. "Jn Flügen", so berichtet Pöppig, "fallen die großen goldgrünen Araras der Anden auf die hochrothen Erythrinen und gelben Tachien nieder, deren Blüthen sie gern verzehren. Furchtbar ist ihr Geschrei; allein ihre List lehrt seine Gefährlichkeit kennen, wenn sie die Plünderung eines reifenden Maisfeldes beginnen. Jeder bezwingt dann seine Neigung zum Lärmen, und nur unterdrückte murrende Laute sind hörbar, während das Werk der Zerstörung unglaublich rasch vorschreitet. Nicht leicht vermag der Jäger oder der erbitterte Jndier die schlauen Diebe zu beschleichen; denn stets bleiben ein Paar der ältesten als Wachen auf den höchsten Bäumen ausgestellt. Dem ersten Warnungszeichen antwortet ein allgemeiner halblauter Ruf der gestörten Räuber, beim zweiten Krächzen entflieht unter betäubendem Geschrei der ganze Haufen, nur um nach der Entfernung ihres Feindes sogleich ihre verderbliche Thätigkeit von neuem zu beginnen." Schomburgk bestätigt diese Mittheilung durch seine eigenen Beobachtungen und fügt ihr hinzu, daß die Gegenwart einer zahlreichen Menge von Papageien gewöhnlich nur durch das Herabfallen der ausgefressenen Hülsen verrathen wird, welche, wenn sie auf die breiten Blätter der Gesträuche des Unterholzes stürzen, ein weit hörbares Geräusch verursachen. Le Vaillant erfuhr das Verstummen der Papageien bei Ankunft eines ver- dächtigen Wesens gelegentlich ihrer Massenversammlungen während der Mittagszeit. "Sie halten sich dann", sagt er, "so stille, daß man auch nicht das leiseste Geräusch von ihnen hört, wenngleich sie zu Tausenden versammelt sind. Fällt aber zufällig ein Flintenschuß, so erhebt sich plötzlich der ganze Haufen mit wüthendem Geschrei in die Luft." Ganz anders benehmen sie sich da, wo sie erfahren haben, daß die Gutmüthigkeit des Menschen sie unbehelligt läßt, auch wenn sie, wie überall, ihm lästig werden. Jn Jndien kommen sie, nach Jerdon, nicht nur dreist bis in die Städte herein, sondern setzen sich auch ungescheut auf die Firste der Häuser nieder, und plündern dann wahrscheinlich von hier aus Gärten und Felder.
Schlafplätze. Nahrung.
Baume verſammelt haben, wie denn überhaupt ihre diebiſchen Einfälle ſtets mit großer Liſt und Vorſicht ausgeführt werden.
Die Nahrung der Papageien beſteht vorzugsweiſe in Früchten und Sämereien. Viele Loris ernähren ſich aber faſt oder ganz ausſchließlich von Blüthenhonig, Blüthenſtaub und vielleicht noch von den Kerbthieren, welche in den Blüthenkelchen ſitzen; die Araras und Perekittos freſſen neben den Früchten und Körnern wohl auch Knospen und Baumblüthen und einzelne Kakadus nehmen gern Kerbthierlarven, Würmer und dergleichen zu ſich. Ueberhaupt iſt es mir gar nicht unwahrſcheinlich, daß die großen Arten der Ordnung weit mehr thieriſche Nahrung verzehren, als wir glauben. Dafür ſcheint der Blutdurſt gewiſſer Papageien zu ſprechen, ebenſo auch die Gier, welche Gefangene nach Fleiſchkoſt an den Tag legen, ſobald ſie einmal daran gewöhnt wurden. Papageien, welche ich ge- fangen hielt, überfielen Andere ihrer Art, biſſen ihnen den Schädel auf und entleerten das Hirn — ob ſie daſſelbe auch fraßen, iſt mir nicht mehr erinnerlich. Ein anderer Papagei, welcher aus- und einflog, machte ſich, wie ſein Beſitzer mir erzählte, ein beſonderes Vergnügen daraus, junge Sper- linge oder andere vor kurzem ausgeflogene Vögel zu beſchleichen, fing ſie, rupfte ſie ſehr hübſch, fraß ſie an und warf ſie dann weg. Er war freilich als Gefangener an allerlei Koſt gewöhnt! Wie Dem übrigens auch ſein möge, unbeſtreitbar iſt, daß pflanzliche Nahrung für faſt alle Papageien die Hauptſache bleibt.
Es iſt ergötzlich, die Papageien bei ihren diebiſchen Einfällen auf Fruchtbäume und Felder zu beobachten. Sie zeigen ſich auch hierin, wie überhaupt in der Art und Weiſe, ſich zu ernähren, wiederum ſo recht als befiederte Aſſen. Die Liſt und Verſchlagenheit, mit welcher ſie ihre Räubereien betreiben, fällt jeden Beobachter auf. Ein mit reifen Früchten beladener Baum, ein gerade ergiebiges Feld zieht ſie von weitem herbei. „Manche Lieblingsfrucht‟, ſagt der Prinz, „lockt die ſonſt äußerſt ſcheuen Araras weit hinaus an die Grenzen der Waldungen.‟ Die pinſelzüngigen Lorikits fand Gould ausſchließlich auf Eukalypten, deren Blüthen ihnen die von ihnen erwählte Nahrung in hin- reichender Menge gewähren; auf andern Bäumen ſah gedachter Forſcher ſie nie. Alle großen Arten ſind höchſt vorſichtig beim Aufſuchen ihrer Nahrung; ſie thun auch im Walde, als ob ſie ſtehlen woll- ten. „Jn Flügen‟, ſo berichtet Pöppig, „fallen die großen goldgrünen Araras der Anden auf die hochrothen Erythrinen und gelben Tachien nieder, deren Blüthen ſie gern verzehren. Furchtbar iſt ihr Geſchrei; allein ihre Liſt lehrt ſeine Gefährlichkeit kennen, wenn ſie die Plünderung eines reifenden Maisfeldes beginnen. Jeder bezwingt dann ſeine Neigung zum Lärmen, und nur unterdrückte murrende Laute ſind hörbar, während das Werk der Zerſtörung unglaublich raſch vorſchreitet. Nicht leicht vermag der Jäger oder der erbitterte Jndier die ſchlauen Diebe zu beſchleichen; denn ſtets bleiben ein Paar der älteſten als Wachen auf den höchſten Bäumen ausgeſtellt. Dem erſten Warnungszeichen antwortet ein allgemeiner halblauter Ruf der geſtörten Räuber, beim zweiten Krächzen entflieht unter betäubendem Geſchrei der ganze Haufen, nur um nach der Entfernung ihres Feindes ſogleich ihre verderbliche Thätigkeit von neuem zu beginnen.‟ Schomburgk beſtätigt dieſe Mittheilung durch ſeine eigenen Beobachtungen und fügt ihr hinzu, daß die Gegenwart einer zahlreichen Menge von Papageien gewöhnlich nur durch das Herabfallen der ausgefreſſenen Hülſen verrathen wird, welche, wenn ſie auf die breiten Blätter der Geſträuche des Unterholzes ſtürzen, ein weit hörbares Geräuſch verurſachen. Le Vaillant erfuhr das Verſtummen der Papageien bei Ankunft eines ver- dächtigen Weſens gelegentlich ihrer Maſſenverſammlungen während der Mittagszeit. „Sie halten ſich dann‟, ſagt er, „ſo ſtille, daß man auch nicht das leiſeſte Geräuſch von ihnen hört, wenngleich ſie zu Tauſenden verſammelt ſind. Fällt aber zufällig ein Flintenſchuß, ſo erhebt ſich plötzlich der ganze Haufen mit wüthendem Geſchrei in die Luft.‟ Ganz anders benehmen ſie ſich da, wo ſie erfahren haben, daß die Gutmüthigkeit des Menſchen ſie unbehelligt läßt, auch wenn ſie, wie überall, ihm läſtig werden. Jn Jndien kommen ſie, nach Jerdon, nicht nur dreiſt bis in die Städte herein, ſondern ſetzen ſich auch ungeſcheut auf die Firſte der Häuſer nieder, und plündern dann wahrſcheinlich von hier aus Gärten und Felder.
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[11/0023]
Schlafplätze. Nahrung.
Baume verſammelt haben, wie denn überhaupt ihre diebiſchen Einfälle ſtets mit großer Liſt und
Vorſicht ausgeführt werden.
Die Nahrung der Papageien beſteht vorzugsweiſe in Früchten und Sämereien. Viele Loris
ernähren ſich aber faſt oder ganz ausſchließlich von Blüthenhonig, Blüthenſtaub und vielleicht noch
von den Kerbthieren, welche in den Blüthenkelchen ſitzen; die Araras und Perekittos freſſen neben den
Früchten und Körnern wohl auch Knospen und Baumblüthen und einzelne Kakadus nehmen gern
Kerbthierlarven, Würmer und dergleichen zu ſich. Ueberhaupt iſt es mir gar nicht unwahrſcheinlich,
daß die großen Arten der Ordnung weit mehr thieriſche Nahrung verzehren, als wir glauben. Dafür
ſcheint der Blutdurſt gewiſſer Papageien zu ſprechen, ebenſo auch die Gier, welche Gefangene nach
Fleiſchkoſt an den Tag legen, ſobald ſie einmal daran gewöhnt wurden. Papageien, welche ich ge-
fangen hielt, überfielen Andere ihrer Art, biſſen ihnen den Schädel auf und entleerten das Hirn —
ob ſie daſſelbe auch fraßen, iſt mir nicht mehr erinnerlich. Ein anderer Papagei, welcher aus- und
einflog, machte ſich, wie ſein Beſitzer mir erzählte, ein beſonderes Vergnügen daraus, junge Sper-
linge oder andere vor kurzem ausgeflogene Vögel zu beſchleichen, fing ſie, rupfte ſie ſehr hübſch, fraß
ſie an und warf ſie dann weg. Er war freilich als Gefangener an allerlei Koſt gewöhnt! Wie
Dem übrigens auch ſein möge, unbeſtreitbar iſt, daß pflanzliche Nahrung für faſt alle Papageien die
Hauptſache bleibt.
Es iſt ergötzlich, die Papageien bei ihren diebiſchen Einfällen auf Fruchtbäume und Felder
zu beobachten. Sie zeigen ſich auch hierin, wie überhaupt in der Art und Weiſe, ſich zu ernähren,
wiederum ſo recht als befiederte Aſſen. Die Liſt und Verſchlagenheit, mit welcher ſie ihre Räubereien
betreiben, fällt jeden Beobachter auf. Ein mit reifen Früchten beladener Baum, ein gerade ergiebiges
Feld zieht ſie von weitem herbei. „Manche Lieblingsfrucht‟, ſagt der Prinz, „lockt die ſonſt äußerſt
ſcheuen Araras weit hinaus an die Grenzen der Waldungen.‟ Die pinſelzüngigen Lorikits fand
Gould ausſchließlich auf Eukalypten, deren Blüthen ihnen die von ihnen erwählte Nahrung in hin-
reichender Menge gewähren; auf andern Bäumen ſah gedachter Forſcher ſie nie. Alle großen Arten
ſind höchſt vorſichtig beim Aufſuchen ihrer Nahrung; ſie thun auch im Walde, als ob ſie ſtehlen woll-
ten. „Jn Flügen‟, ſo berichtet Pöppig, „fallen die großen goldgrünen Araras der Anden auf die
hochrothen Erythrinen und gelben Tachien nieder, deren Blüthen ſie gern verzehren. Furchtbar iſt
ihr Geſchrei; allein ihre Liſt lehrt ſeine Gefährlichkeit kennen, wenn ſie die Plünderung eines reifenden
Maisfeldes beginnen. Jeder bezwingt dann ſeine Neigung zum Lärmen, und nur unterdrückte
murrende Laute ſind hörbar, während das Werk der Zerſtörung unglaublich raſch vorſchreitet. Nicht
leicht vermag der Jäger oder der erbitterte Jndier die ſchlauen Diebe zu beſchleichen; denn ſtets bleiben
ein Paar der älteſten als Wachen auf den höchſten Bäumen ausgeſtellt. Dem erſten Warnungszeichen
antwortet ein allgemeiner halblauter Ruf der geſtörten Räuber, beim zweiten Krächzen entflieht
unter betäubendem Geſchrei der ganze Haufen, nur um nach der Entfernung ihres Feindes ſogleich
ihre verderbliche Thätigkeit von neuem zu beginnen.‟ Schomburgk beſtätigt dieſe Mittheilung
durch ſeine eigenen Beobachtungen und fügt ihr hinzu, daß die Gegenwart einer zahlreichen Menge
von Papageien gewöhnlich nur durch das Herabfallen der ausgefreſſenen Hülſen verrathen wird,
welche, wenn ſie auf die breiten Blätter der Geſträuche des Unterholzes ſtürzen, ein weit hörbares
Geräuſch verurſachen. Le Vaillant erfuhr das Verſtummen der Papageien bei Ankunft eines ver-
dächtigen Weſens gelegentlich ihrer Maſſenverſammlungen während der Mittagszeit. „Sie halten ſich
dann‟, ſagt er, „ſo ſtille, daß man auch nicht das leiſeſte Geräuſch von ihnen hört, wenngleich ſie zu
Tauſenden verſammelt ſind. Fällt aber zufällig ein Flintenſchuß, ſo erhebt ſich plötzlich der ganze
Haufen mit wüthendem Geſchrei in die Luft.‟ Ganz anders benehmen ſie ſich da, wo ſie erfahren
haben, daß die Gutmüthigkeit des Menſchen ſie unbehelligt läßt, auch wenn ſie, wie überall, ihm läſtig
werden. Jn Jndien kommen ſie, nach Jerdon, nicht nur dreiſt bis in die Städte herein, ſondern
ſetzen ſich auch ungeſcheut auf die Firſte der Häuſer nieder, und plündern dann wahrſcheinlich von hier
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/23>, abgerufen am 21.11.2024.
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