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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Sperlingsvögel. Prachtfinken.
biarmicus) ähneln, d. h. ebenso schnell wie diese an den Riedgräsern auf- und absteigen und überhaupt
vorzugsweise im Rohre sich aufhält.

Die Gefangenen erinnern in ihrem Betragen sehr an die längst bekannte Maja aus Jndien. Es
sind muntere, allerliebste Vögel, welche man paarweise zusammenhalten muß, weil sie nur dann ihr
eigentliches Wesen bekunden. Auch sie sind zärtlich; sie schnäbeln sich oft und nesteln sich gegenseitig
im Gefieder herum; sie sitzen stets dicht neben einander auf ein und derselben Stelle und thun über-
haupt Alles, was sie vornehmen, gemeinschaftlich. Der Lockton klingt höchst sonderbar. Er ist ein
langgezogener Ton, welcher etwa wie "Tie" lautet, aber merkwürdig fortgesponnen wird, dabei mehr
und mehr sich abschwächt, bauchrednerisch sich abstumpft und endlich verklingt -- für unsere Ohren
mindestens. Einen eigentlichen Gesang habe ich nicht vernommen.

Jhr Prachtkleid tragen die Schilffinken in den Monaten unseres Winters; um diese Zeit also,
vielleicht schon im Herbst, werden sie brüten. Die Mauser meiner Gefangenen begann im April.

Hinsichtlich der Nahrung sind auch die Schilffinken sehr anspruchslos. Gewöhnliches Feingesäme
genügt ihnen; Grünzeug aller Art scheint ihnen Leckerei zu sein.



Der zweite Australer, von dem ich spreche, bildet mit einigen andern die Sippe der Grasfinken
(Poephila). Jhr Schnabel ist kernbeißerartig, am Grunde fast so hoch und breit, als lang. Die
Flügel sind mäßig lang, die erste Schwinge derselben ist kurz, die zweite mit der dritten, vierten und
fünften gleich lang. Der Schwanz ist vollkommen keilförmig, stark abgestuft; beide Mittelfedern sind
beträchtlich verlängert. Reichenbach hat die von mir ins Auge gefaßte Art von diesen Australien
durchaus eigenthümlichen Finken getrennt und eine besondere Sippe gebildet, welche er Spelzfinken
(Chloebia) nennt. Das unterscheidende Merkmal derselben ist, daß der Schwanz nicht gleichmäßig
gesteigert, sondern kurz und keilförmig ist und nur die beiden Mittelfedern des alten Vogels borsten-
förmig lang hinausstehen. Für die Berechtigung einer solchen Trennung spricht übrigens die Färbung
des Kleides. Bei den Grasfinken ist dieses hellbraun, mit scharf abstehenden hellen und dunkeln
Gürteln, bei den Spelzfinken lebhaft grün mit breiten Brustgürteln und hellgelbem Bauche, jedoch
ohne die dunkeln Unterbauchgürtel.

Chloebia mirabilis, bewunderungswürdiger Spelzfink, ist die Art genannt worden,
welche ich kurz beschreiben will. Und in der That, der Vogel verdient solchen Namen! Sein Gefieder
ist überaus prächtig gefärbt. Der Scheitel und die Seiten des Kopfes sind schön karminroth, nach
hinten schwarz umrandet; die Kehle ist schwarz. Hierauf folgt ein himmelblaues Band, welches sich
rings um den Hals schließt, an der Kehle am schmälsten, im Nacken am breitesten ist und hier durch
Gelblichgrün in das gleichmäßige Papageigrün übergeht, welches die Färbung des Mantels bildet.
Der Bürzel und die Oberschwanzdeckfedern sind blaßblau, die Schwingen braungilblich gesäumt, die
seitlichen Schwanzfedern lichtblau, die mittleren dunkelgrau bis schwarz. Auf der Unterseite wird das
lichtblaue Halsband durch einen breiten lilablauen Gürtel begrenzt, welcher sich über die Oberbrust
zieht und nach hinten hin durch einen schmalen orangefarbenen Saum von dem gleichmäßig gelben
Bauche getrennt wird. Das Weibchen ähnelt dem Männchen, ist aber minder schön, und die mittleren
Schwanzfedern sind kürzer, als bei jenem.

Hombron und Jacquinot entdeckten diesen prächtigen Vogel, einen der zierlichsten Finken
überhaupt, in der Nachbarschaft der Rafflesbay an der Nordküste Neuhollands, konnten jedoch nur
drei Stück erlegen und sein Betragen nicht beobachten. Sie bildeten ihn in verschiedenen Kleidern ab
und wurden deshalb später des Jrrthums geziehen; erst neuerdings ist durch Macgillivray's Er-
fahrungen festgestellt worden, daß der zu Ehren Gould's benannte Spelzfink (Chloebia Gouldii)
keine eigene Art, sondern nur der Träger eines verschiedenen Kleides des "Bewunderungswürdigen"

Die Knacker. Sperlingsvögel. Prachtfinken.
biarmicus) ähneln, d. h. ebenſo ſchnell wie dieſe an den Riedgräſern auf- und abſteigen und überhaupt
vorzugsweiſe im Rohre ſich aufhält.

Die Gefangenen erinnern in ihrem Betragen ſehr an die längſt bekannte Maja aus Jndien. Es
ſind muntere, allerliebſte Vögel, welche man paarweiſe zuſammenhalten muß, weil ſie nur dann ihr
eigentliches Weſen bekunden. Auch ſie ſind zärtlich; ſie ſchnäbeln ſich oft und neſteln ſich gegenſeitig
im Gefieder herum; ſie ſitzen ſtets dicht neben einander auf ein und derſelben Stelle und thun über-
haupt Alles, was ſie vornehmen, gemeinſchaftlich. Der Lockton klingt höchſt ſonderbar. Er iſt ein
langgezogener Ton, welcher etwa wie „Tie‟ lautet, aber merkwürdig fortgeſponnen wird, dabei mehr
und mehr ſich abſchwächt, bauchredneriſch ſich abſtumpft und endlich verklingt — für unſere Ohren
mindeſtens. Einen eigentlichen Geſang habe ich nicht vernommen.

Jhr Prachtkleid tragen die Schilffinken in den Monaten unſeres Winters; um dieſe Zeit alſo,
vielleicht ſchon im Herbſt, werden ſie brüten. Die Mauſer meiner Gefangenen begann im April.

Hinſichtlich der Nahrung ſind auch die Schilffinken ſehr anſpruchslos. Gewöhnliches Feingeſäme
genügt ihnen; Grünzeug aller Art ſcheint ihnen Leckerei zu ſein.



Der zweite Auſtraler, von dem ich ſpreche, bildet mit einigen andern die Sippe der Grasfinken
(Poëphila). Jhr Schnabel iſt kernbeißerartig, am Grunde faſt ſo hoch und breit, als lang. Die
Flügel ſind mäßig lang, die erſte Schwinge derſelben iſt kurz, die zweite mit der dritten, vierten und
fünften gleich lang. Der Schwanz iſt vollkommen keilförmig, ſtark abgeſtuft; beide Mittelfedern ſind
beträchtlich verlängert. Reichenbach hat die von mir ins Auge gefaßte Art von dieſen Auſtralien
durchaus eigenthümlichen Finken getrennt und eine beſondere Sippe gebildet, welche er Spelzfinken
(Chloëbia) nennt. Das unterſcheidende Merkmal derſelben iſt, daß der Schwanz nicht gleichmäßig
geſteigert, ſondern kurz und keilförmig iſt und nur die beiden Mittelfedern des alten Vogels borſten-
förmig lang hinausſtehen. Für die Berechtigung einer ſolchen Trennung ſpricht übrigens die Färbung
des Kleides. Bei den Grasfinken iſt dieſes hellbraun, mit ſcharf abſtehenden hellen und dunkeln
Gürteln, bei den Spelzfinken lebhaft grün mit breiten Bruſtgürteln und hellgelbem Bauche, jedoch
ohne die dunkeln Unterbauchgürtel.

Chloëbia mirabilis, bewunderungswürdiger Spelzfink, iſt die Art genannt worden,
welche ich kurz beſchreiben will. Und in der That, der Vogel verdient ſolchen Namen! Sein Gefieder
iſt überaus prächtig gefärbt. Der Scheitel und die Seiten des Kopfes ſind ſchön karminroth, nach
hinten ſchwarz umrandet; die Kehle iſt ſchwarz. Hierauf folgt ein himmelblaues Band, welches ſich
rings um den Hals ſchließt, an der Kehle am ſchmälſten, im Nacken am breiteſten iſt und hier durch
Gelblichgrün in das gleichmäßige Papageigrün übergeht, welches die Färbung des Mantels bildet.
Der Bürzel und die Oberſchwanzdeckfedern ſind blaßblau, die Schwingen braungilblich geſäumt, die
ſeitlichen Schwanzfedern lichtblau, die mittleren dunkelgrau bis ſchwarz. Auf der Unterſeite wird das
lichtblaue Halsband durch einen breiten lilablauen Gürtel begrenzt, welcher ſich über die Oberbruſt
zieht und nach hinten hin durch einen ſchmalen orangefarbenen Saum von dem gleichmäßig gelben
Bauche getrennt wird. Das Weibchen ähnelt dem Männchen, iſt aber minder ſchön, und die mittleren
Schwanzfedern ſind kürzer, als bei jenem.

Hombron und Jacquinot entdeckten dieſen prächtigen Vogel, einen der zierlichſten Finken
überhaupt, in der Nachbarſchaft der Rafflesbay an der Nordküſte Neuhollands, konnten jedoch nur
drei Stück erlegen und ſein Betragen nicht beobachten. Sie bildeten ihn in verſchiedenen Kleidern ab
und wurden deshalb ſpäter des Jrrthums geziehen; erſt neuerdings iſt durch Macgillivray’s Er-
fahrungen feſtgeſtellt worden, daß der zu Ehren Gould’s benannte Spelzfink (Chloëbia Gouldii)
keine eigene Art, ſondern nur der Träger eines verſchiedenen Kleides des „Bewunderungswürdigen‟

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[208/0228] Die Knacker. Sperlingsvögel. Prachtfinken. biarmicus) ähneln, d. h. ebenſo ſchnell wie dieſe an den Riedgräſern auf- und abſteigen und überhaupt vorzugsweiſe im Rohre ſich aufhält. Die Gefangenen erinnern in ihrem Betragen ſehr an die längſt bekannte Maja aus Jndien. Es ſind muntere, allerliebſte Vögel, welche man paarweiſe zuſammenhalten muß, weil ſie nur dann ihr eigentliches Weſen bekunden. Auch ſie ſind zärtlich; ſie ſchnäbeln ſich oft und neſteln ſich gegenſeitig im Gefieder herum; ſie ſitzen ſtets dicht neben einander auf ein und derſelben Stelle und thun über- haupt Alles, was ſie vornehmen, gemeinſchaftlich. Der Lockton klingt höchſt ſonderbar. Er iſt ein langgezogener Ton, welcher etwa wie „Tie‟ lautet, aber merkwürdig fortgeſponnen wird, dabei mehr und mehr ſich abſchwächt, bauchredneriſch ſich abſtumpft und endlich verklingt — für unſere Ohren mindeſtens. Einen eigentlichen Geſang habe ich nicht vernommen. Jhr Prachtkleid tragen die Schilffinken in den Monaten unſeres Winters; um dieſe Zeit alſo, vielleicht ſchon im Herbſt, werden ſie brüten. Die Mauſer meiner Gefangenen begann im April. Hinſichtlich der Nahrung ſind auch die Schilffinken ſehr anſpruchslos. Gewöhnliches Feingeſäme genügt ihnen; Grünzeug aller Art ſcheint ihnen Leckerei zu ſein. Der zweite Auſtraler, von dem ich ſpreche, bildet mit einigen andern die Sippe der Grasfinken (Poëphila). Jhr Schnabel iſt kernbeißerartig, am Grunde faſt ſo hoch und breit, als lang. Die Flügel ſind mäßig lang, die erſte Schwinge derſelben iſt kurz, die zweite mit der dritten, vierten und fünften gleich lang. Der Schwanz iſt vollkommen keilförmig, ſtark abgeſtuft; beide Mittelfedern ſind beträchtlich verlängert. Reichenbach hat die von mir ins Auge gefaßte Art von dieſen Auſtralien durchaus eigenthümlichen Finken getrennt und eine beſondere Sippe gebildet, welche er Spelzfinken (Chloëbia) nennt. Das unterſcheidende Merkmal derſelben iſt, daß der Schwanz nicht gleichmäßig geſteigert, ſondern kurz und keilförmig iſt und nur die beiden Mittelfedern des alten Vogels borſten- förmig lang hinausſtehen. Für die Berechtigung einer ſolchen Trennung ſpricht übrigens die Färbung des Kleides. Bei den Grasfinken iſt dieſes hellbraun, mit ſcharf abſtehenden hellen und dunkeln Gürteln, bei den Spelzfinken lebhaft grün mit breiten Bruſtgürteln und hellgelbem Bauche, jedoch ohne die dunkeln Unterbauchgürtel. Chloëbia mirabilis, bewunderungswürdiger Spelzfink, iſt die Art genannt worden, welche ich kurz beſchreiben will. Und in der That, der Vogel verdient ſolchen Namen! Sein Gefieder iſt überaus prächtig gefärbt. Der Scheitel und die Seiten des Kopfes ſind ſchön karminroth, nach hinten ſchwarz umrandet; die Kehle iſt ſchwarz. Hierauf folgt ein himmelblaues Band, welches ſich rings um den Hals ſchließt, an der Kehle am ſchmälſten, im Nacken am breiteſten iſt und hier durch Gelblichgrün in das gleichmäßige Papageigrün übergeht, welches die Färbung des Mantels bildet. Der Bürzel und die Oberſchwanzdeckfedern ſind blaßblau, die Schwingen braungilblich geſäumt, die ſeitlichen Schwanzfedern lichtblau, die mittleren dunkelgrau bis ſchwarz. Auf der Unterſeite wird das lichtblaue Halsband durch einen breiten lilablauen Gürtel begrenzt, welcher ſich über die Oberbruſt zieht und nach hinten hin durch einen ſchmalen orangefarbenen Saum von dem gleichmäßig gelben Bauche getrennt wird. Das Weibchen ähnelt dem Männchen, iſt aber minder ſchön, und die mittleren Schwanzfedern ſind kürzer, als bei jenem. Hombron und Jacquinot entdeckten dieſen prächtigen Vogel, einen der zierlichſten Finken überhaupt, in der Nachbarſchaft der Rafflesbay an der Nordküſte Neuhollands, konnten jedoch nur drei Stück erlegen und ſein Betragen nicht beobachten. Sie bildeten ihn in verſchiedenen Kleidern ab und wurden deshalb ſpäter des Jrrthums geziehen; erſt neuerdings iſt durch Macgillivray’s Er- fahrungen feſtgeſtellt worden, daß der zu Ehren Gould’s benannte Spelzfink (Chloëbia Gouldii) keine eigene Art, ſondern nur der Träger eines verſchiedenen Kleides des „Bewunderungswürdigen‟

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/228>, abgerufen am 24.11.2024.