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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Halsbandfink.
ist Dies wahrscheinlich nicht der Fall. Hier würde er auch lange suchen müssen; denn außer den klei-
nen Früchten des Christusdornes findet er hier Nichts weiter. Die Gefangenen knabbern jedoch gern
an Obst und dergleichen, und so dürfen wir annehmen, daß er unter Umständen solch leckere Kost
wohl nicht verschmäht. Körner und namentlich Grassämereien bleiben unter allen Umständen sein
Hauptfutter.

Man begegnet dem Bandfinken in Ostafrika gewöhnlich in Gesellschaften von zehn bis vierzig
Stück. Jch meinestheils habe ihn nie paarweise gesehen; ich habe ihn freilich aber während seiner
Brutzeit auch nicht beobachten können. Der Flug vereinigt sich oft mit andern Verwandten, und es
mag wohl sein, daß die bunte Gesellschaft dann längere Zeit gemeinschaftlich im Lande hin und her
streicht. Ein solcher Schwarm nähert sich furchtlos der Hütte des Dörflers und treibt sich ungescheut
im Gezweig über derselben oder auf dem Boden neben ihr herum. Die Vögel wissen, daß auch sie
der Gastfreundschaft sicher sind. Jn den Vormittagsstunden sieht man die Bandfinken, emsig mit ihrer
Nahrung beschäftigt, auf dem Boden umherlaufen, seltener auf den niederen Gräsern desselben, eigent-
lich kletternd, wie andere Arten der Familie, vielleicht nie. Stört man die Gesellschaft, so erhebt
sie sich, fliegt einem der benachbarten Bäume zu, putzt und nestelt im Gefieder, und die Männchen
beginnen zu singen. Sowie die Störung vorüber ist, kehrt Alles zum Boden zurück; naht sich ein
Raubvogel, so erhebt sich der Schwarm und fliegt geschlossen pfeilschnell davon, irgend einem dichten
dornigen Busch oder Baum zu, welcher die nöthige Sicherheit verspricht. Jn den Mittagsstunden
sind die Bandfinken still; sie sitzen dann in den Zweigen eines schattigen Baumes und geben sich einem
Halbschlummer hin. Nachmittags fliegen sie wiederum nach Nahrung aus.

Das Nest kenne ich nicht; ich weiß aber, daß die Brutzeit in Ostafrika wenigstens in den Sep-
tember und Oktober fällt, welcher Zeitabschnitt unsern letzten Frühlingsmonaten zu vergleichen ist.

Jn den oberen Nilländern stellt den Bandfinken außer ihren schlimmsten Feinden, den kleinen
Edelfalken und Sperbern, vielleicht auch einigen Raubthieren, Niemand nach. Der Sudahnese
begnügt sich ja, sogar die ihn brandschatzenden Getreidediebe einfach zu verscheuchen. Dort fängt
man also den Vogel auch nicht. Jch meinestheils habe ihn während meines jahrelangen Aufenthalts
in jenen Gegenden nirgends im Bauer gesehen. Um so häufiger kommt er aus Westafrika zu uns.
Die Länder am Gambia scheinen die eigentliche Quelle unserer Vogelhändler zu sein. Der Band-
vogel wird selten allein zu uns gebracht, gewöhnlich vielmehr im bunten Durcheinander mit einer
Menge seiner Verwandten. Hunderte der "Bengalisten" werden in ein und demselben Bauer zusam-
mengepfercht, dürftig genug mit Nahrung versehen: und dennoch kommen von diesen Hunderten die
meisten bei uns lebend an, viele freilich in einem sehr traurigen Zustande, abgemagert, entfedert,
erbärmlich in jeder Hinsicht. Doch erholen sie sich sehr bald und erkennen die geringste Pflege dank-
bar an.

Man hält sie entweder im Gesellschaftsbauer, wo sie trotz ihrer Wehrhaftigkeit keinen Unfug
stiften, oder aber paarweise im kleineren Bauer in der Hoffnung, sie zum Brüten zu bringen. Dann
freilich müssen die Paare getrennt werden, weil die Männchen sonst unter sich heftige Kämpfe aus-
fechten; denn auch bei ihnen erlebt mit der Liebe die Eifersucht.

Die Bandvögel sind allerliebste Gefangene. Das Pärchen ist zärtlich wie Turteltauben. Jeder
einzelne Theil bemüht sich, den andern zu erfreuen; jeder überhäuft den andern mit Liebesbeweisen.
Wenig ausländische Finken sind leichter zum Brüten zu bringen, als gerade sie. Wenn man ihnen
genügende Wärme gibt, bei Tag und Nacht und sie nicht auffallend beunruhigt, schreiten sie fast regel-
mäßig zur Fortpflanzung. Beide bauen dann am Neste; beide brüten und beide theilen sich in die
Fütterung der Jungen. Das Männchen läßt sich, während sein Weibchen brütet, kaum Zeit zu sin-
gen; es hat zu viel mit der geliebten Gattin zu thun, hält sich stets zu ihr und verweilt auch die Nacht
neben ihr im Neste. Mit zärtlichem "Quitt, quitt" ruft es ihr ohne Unterlaß zu; es läßt sie, so zu
sagen, nicht einen Augenblick lang aus dem Auge.

Halsbandfink.
iſt Dies wahrſcheinlich nicht der Fall. Hier würde er auch lange ſuchen müſſen; denn außer den klei-
nen Früchten des Chriſtusdornes findet er hier Nichts weiter. Die Gefangenen knabbern jedoch gern
an Obſt und dergleichen, und ſo dürfen wir annehmen, daß er unter Umſtänden ſolch leckere Koſt
wohl nicht verſchmäht. Körner und namentlich Grasſämereien bleiben unter allen Umſtänden ſein
Hauptfutter.

Man begegnet dem Bandfinken in Oſtafrika gewöhnlich in Geſellſchaften von zehn bis vierzig
Stück. Jch meinestheils habe ihn nie paarweiſe geſehen; ich habe ihn freilich aber während ſeiner
Brutzeit auch nicht beobachten können. Der Flug vereinigt ſich oft mit andern Verwandten, und es
mag wohl ſein, daß die bunte Geſellſchaft dann längere Zeit gemeinſchaftlich im Lande hin und her
ſtreicht. Ein ſolcher Schwarm nähert ſich furchtlos der Hütte des Dörflers und treibt ſich ungeſcheut
im Gezweig über derſelben oder auf dem Boden neben ihr herum. Die Vögel wiſſen, daß auch ſie
der Gaſtfreundſchaft ſicher ſind. Jn den Vormittagsſtunden ſieht man die Bandfinken, emſig mit ihrer
Nahrung beſchäftigt, auf dem Boden umherlaufen, ſeltener auf den niederen Gräſern deſſelben, eigent-
lich kletternd, wie andere Arten der Familie, vielleicht nie. Stört man die Geſellſchaft, ſo erhebt
ſie ſich, fliegt einem der benachbarten Bäume zu, putzt und neſtelt im Gefieder, und die Männchen
beginnen zu ſingen. Sowie die Störung vorüber iſt, kehrt Alles zum Boden zurück; naht ſich ein
Raubvogel, ſo erhebt ſich der Schwarm und fliegt geſchloſſen pfeilſchnell davon, irgend einem dichten
dornigen Buſch oder Baum zu, welcher die nöthige Sicherheit verſpricht. Jn den Mittagsſtunden
ſind die Bandfinken ſtill; ſie ſitzen dann in den Zweigen eines ſchattigen Baumes und geben ſich einem
Halbſchlummer hin. Nachmittags fliegen ſie wiederum nach Nahrung aus.

Das Neſt kenne ich nicht; ich weiß aber, daß die Brutzeit in Oſtafrika wenigſtens in den Sep-
tember und Oktober fällt, welcher Zeitabſchnitt unſern letzten Frühlingsmonaten zu vergleichen iſt.

Jn den oberen Nilländern ſtellt den Bandfinken außer ihren ſchlimmſten Feinden, den kleinen
Edelfalken und Sperbern, vielleicht auch einigen Raubthieren, Niemand nach. Der Sudahneſe
begnügt ſich ja, ſogar die ihn brandſchatzenden Getreidediebe einfach zu verſcheuchen. Dort fängt
man alſo den Vogel auch nicht. Jch meinestheils habe ihn während meines jahrelangen Aufenthalts
in jenen Gegenden nirgends im Bauer geſehen. Um ſo häufiger kommt er aus Weſtafrika zu uns.
Die Länder am Gambia ſcheinen die eigentliche Quelle unſerer Vogelhändler zu ſein. Der Band-
vogel wird ſelten allein zu uns gebracht, gewöhnlich vielmehr im bunten Durcheinander mit einer
Menge ſeiner Verwandten. Hunderte der „Bengaliſten‟ werden in ein und demſelben Bauer zuſam-
mengepfercht, dürftig genug mit Nahrung verſehen: und dennoch kommen von dieſen Hunderten die
meiſten bei uns lebend an, viele freilich in einem ſehr traurigen Zuſtande, abgemagert, entfedert,
erbärmlich in jeder Hinſicht. Doch erholen ſie ſich ſehr bald und erkennen die geringſte Pflege dank-
bar an.

Man hält ſie entweder im Geſellſchaftsbauer, wo ſie trotz ihrer Wehrhaftigkeit keinen Unfug
ſtiften, oder aber paarweiſe im kleineren Bauer in der Hoffnung, ſie zum Brüten zu bringen. Dann
freilich müſſen die Paare getrennt werden, weil die Männchen ſonſt unter ſich heftige Kämpfe aus-
fechten; denn auch bei ihnen erlebt mit der Liebe die Eiferſucht.

Die Bandvögel ſind allerliebſte Gefangene. Das Pärchen iſt zärtlich wie Turteltauben. Jeder
einzelne Theil bemüht ſich, den andern zu erfreuen; jeder überhäuft den andern mit Liebesbeweiſen.
Wenig ausländiſche Finken ſind leichter zum Brüten zu bringen, als gerade ſie. Wenn man ihnen
genügende Wärme gibt, bei Tag und Nacht und ſie nicht auffallend beunruhigt, ſchreiten ſie faſt regel-
mäßig zur Fortpflanzung. Beide bauen dann am Neſte; beide brüten und beide theilen ſich in die
Fütterung der Jungen. Das Männchen läßt ſich, während ſein Weibchen brütet, kaum Zeit zu ſin-
gen; es hat zu viel mit der geliebten Gattin zu thun, hält ſich ſtets zu ihr und verweilt auch die Nacht
neben ihr im Neſte. Mit zärtlichem „Quitt, quitt‟ ruft es ihr ohne Unterlaß zu; es läßt ſie, ſo zu
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[199/0219] Halsbandfink. iſt Dies wahrſcheinlich nicht der Fall. Hier würde er auch lange ſuchen müſſen; denn außer den klei- nen Früchten des Chriſtusdornes findet er hier Nichts weiter. Die Gefangenen knabbern jedoch gern an Obſt und dergleichen, und ſo dürfen wir annehmen, daß er unter Umſtänden ſolch leckere Koſt wohl nicht verſchmäht. Körner und namentlich Grasſämereien bleiben unter allen Umſtänden ſein Hauptfutter. Man begegnet dem Bandfinken in Oſtafrika gewöhnlich in Geſellſchaften von zehn bis vierzig Stück. Jch meinestheils habe ihn nie paarweiſe geſehen; ich habe ihn freilich aber während ſeiner Brutzeit auch nicht beobachten können. Der Flug vereinigt ſich oft mit andern Verwandten, und es mag wohl ſein, daß die bunte Geſellſchaft dann längere Zeit gemeinſchaftlich im Lande hin und her ſtreicht. Ein ſolcher Schwarm nähert ſich furchtlos der Hütte des Dörflers und treibt ſich ungeſcheut im Gezweig über derſelben oder auf dem Boden neben ihr herum. Die Vögel wiſſen, daß auch ſie der Gaſtfreundſchaft ſicher ſind. Jn den Vormittagsſtunden ſieht man die Bandfinken, emſig mit ihrer Nahrung beſchäftigt, auf dem Boden umherlaufen, ſeltener auf den niederen Gräſern deſſelben, eigent- lich kletternd, wie andere Arten der Familie, vielleicht nie. Stört man die Geſellſchaft, ſo erhebt ſie ſich, fliegt einem der benachbarten Bäume zu, putzt und neſtelt im Gefieder, und die Männchen beginnen zu ſingen. Sowie die Störung vorüber iſt, kehrt Alles zum Boden zurück; naht ſich ein Raubvogel, ſo erhebt ſich der Schwarm und fliegt geſchloſſen pfeilſchnell davon, irgend einem dichten dornigen Buſch oder Baum zu, welcher die nöthige Sicherheit verſpricht. Jn den Mittagsſtunden ſind die Bandfinken ſtill; ſie ſitzen dann in den Zweigen eines ſchattigen Baumes und geben ſich einem Halbſchlummer hin. Nachmittags fliegen ſie wiederum nach Nahrung aus. Das Neſt kenne ich nicht; ich weiß aber, daß die Brutzeit in Oſtafrika wenigſtens in den Sep- tember und Oktober fällt, welcher Zeitabſchnitt unſern letzten Frühlingsmonaten zu vergleichen iſt. Jn den oberen Nilländern ſtellt den Bandfinken außer ihren ſchlimmſten Feinden, den kleinen Edelfalken und Sperbern, vielleicht auch einigen Raubthieren, Niemand nach. Der Sudahneſe begnügt ſich ja, ſogar die ihn brandſchatzenden Getreidediebe einfach zu verſcheuchen. Dort fängt man alſo den Vogel auch nicht. Jch meinestheils habe ihn während meines jahrelangen Aufenthalts in jenen Gegenden nirgends im Bauer geſehen. Um ſo häufiger kommt er aus Weſtafrika zu uns. Die Länder am Gambia ſcheinen die eigentliche Quelle unſerer Vogelhändler zu ſein. Der Band- vogel wird ſelten allein zu uns gebracht, gewöhnlich vielmehr im bunten Durcheinander mit einer Menge ſeiner Verwandten. Hunderte der „Bengaliſten‟ werden in ein und demſelben Bauer zuſam- mengepfercht, dürftig genug mit Nahrung verſehen: und dennoch kommen von dieſen Hunderten die meiſten bei uns lebend an, viele freilich in einem ſehr traurigen Zuſtande, abgemagert, entfedert, erbärmlich in jeder Hinſicht. Doch erholen ſie ſich ſehr bald und erkennen die geringſte Pflege dank- bar an. Man hält ſie entweder im Geſellſchaftsbauer, wo ſie trotz ihrer Wehrhaftigkeit keinen Unfug ſtiften, oder aber paarweiſe im kleineren Bauer in der Hoffnung, ſie zum Brüten zu bringen. Dann freilich müſſen die Paare getrennt werden, weil die Männchen ſonſt unter ſich heftige Kämpfe aus- fechten; denn auch bei ihnen erlebt mit der Liebe die Eiferſucht. Die Bandvögel ſind allerliebſte Gefangene. Das Pärchen iſt zärtlich wie Turteltauben. Jeder einzelne Theil bemüht ſich, den andern zu erfreuen; jeder überhäuft den andern mit Liebesbeweiſen. Wenig ausländiſche Finken ſind leichter zum Brüten zu bringen, als gerade ſie. Wenn man ihnen genügende Wärme gibt, bei Tag und Nacht und ſie nicht auffallend beunruhigt, ſchreiten ſie faſt regel- mäßig zur Fortpflanzung. Beide bauen dann am Neſte; beide brüten und beide theilen ſich in die Fütterung der Jungen. Das Männchen läßt ſich, während ſein Weibchen brütet, kaum Zeit zu ſin- gen; es hat zu viel mit der geliebten Gattin zu thun, hält ſich ſtets zu ihr und verweilt auch die Nacht neben ihr im Neſte. Mit zärtlichem „Quitt, quitt‟ ruft es ihr ohne Unterlaß zu; es läßt ſie, ſo zu ſagen, nicht einen Augenblick lang aus dem Auge.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/219>, abgerufen am 24.11.2024.