Ein solcher Sperling ist der sogenannte italienische (Passer italicus). Bei dem alten Männ- chen dieses Vogels sind Oberkopf und Hinterhals dunkelrothbraun, die Halsseiten und Wangen weiß, die Gurgel, Kehle und Oberbrust dunkelbraunschwarz und die Weichen rostgrau. Beim Weibchen ist die Unterseite rostweißlich, mit grau gemischt, der Streifen über den Augen viel lichter, als bei unserm Sperlingsweibchen. Dieser Spatz kommt hauptsächlich in Jtalien und in Südfrankreich vor, fehlt aber, soweit mir bekannt, auf dem Festlande Spaniens und in Egypten gänzlich. Jm südlichen Frankreich soll er mit unserm gewöhnlichen Haussperling zusammenleben, und da mag es wohl oft vorkommen, daß beide sich unter einander vermischen und Blendlinge erzeugen, welche eine Mittelfärbung zur Schau tragen.
Jm innern Afrika, von Mittelnubien an südlich und wahrscheinlich auch in Jndien wird unser Haussperling wiederum durch einen andern, ihm aber auch sehr ähnlich, nur lebhafter gefärbten Vogel, ersetzt, welcher zu ihm in demselben Verhältnisse stehen mag, wie der oben genannte, und so können wohl auch noch andere Sperlingsarten vorkommen, welche dem unserigen sehr ähnlich sind, ohne ihm vollständig zu gleichen. Dies sind die Thatsachen. Nicht blos Gloger, sondern auch andere Natur- forscher haben aus ihnen schon ganz merkwürdig gefolgert, namentlich die Macht und Einwirkung des Klimas zu beweisen gesucht, während wir, wenn wir ehrlich sein wollen, anerkennen müssen, daß wir eine solche Einwirkung durchaus nicht beweisen können. Mit demselben Rechte, welches Gloger für seine Meinung beansprucht, können wir behaupten, daß die gedachten Abänderungen eigene, selb- ständige Arten sind, welche eben nur als Verwandte unseres Haussperlings betrachtet werden dürfen. Daß dieser mit ihnen sich vermischt und Blendlinge erzeugt, welche wiederum fruchtbar sein können, beweist gegenwärtig gar Nichts mehr; die "Einpaarler-Theorie" hat längst einer bessern Erkennt- niß weichen müssen: wir haben wiederholt erfahren, daß zwei unzweifelhaft verschiedene Arten den engsten Bund mit einander eingehen und fruchtbare Bleudlinge erzeugen können. Auch unser Feldsperling, welchen Niemand mit dem Haussperling für gleichartig halten, will, paart sich erfolgreich gar nicht selten mit dem Haussperling und erzielt mit diesem Junge, welche hinsichtlich ihrer Färbung zwischen beiden Eltern ungefähr mitten inne stehen. Folgerungen und Schlüsse, wie Gloger sie zog, sind nur geeignet, zu verwirren, nicht aber aufzuklären. Dies beweist recht deut- lich der zweite südliche Sperling, welchen Gloger ebenfalls als klimatische Abänderung unseres Haus- spatzes bezeichnete, der sogenannte spanische nämlich. Auch sein getrockneter Balg läßt sich im Arbeitszimmer als eine Spielart unseres Hausspatzes erklären, während der Vogel selbst, so lange er lebt und wirkt, eine Selbständigkeit bekundet, welche keinen wahren Beobachter über ihn in Zweifel lassen kann. Jch will versuchen, sein Leben nach Bolle's, Homeyer's und meinen eigenen Beobachtungen, welche vollkommen übereinstimmend sind, zu schildern.
Der spanische Sperling (Passer hispanicus) oder, wie er mit größerem Recht genannt zu werden verdient, der Sumpfsperling (Passer salicicolus), kommt unserem Haussperling an Größe gleich. Seine Länge beträgt 6 bis 61/4 Zoll, seine Breite 91/2 bis 93/4 Zoll. Das Weibchen pflegt um 2 Linien kürzer und um 3 bis 4 Linien schmäler zu sein. Ein geringer Unterschied in den Verhältniffen der einzelnen Glieder ergibt sich nach meinen eigenen Messungen hinsichtlich des Schwanzes und der Höhe der Fußwurzeln. Der erstere pflegt beim Sumpfsperling etwas länger, die letztere etwas höher zu sein, als Schwanz und bezüglich Fußwurzel des Haussperlings es sind. Doch reichen meine Messungen bei weitem nicht aus, um diesen Befund als einen allgemein giltigen zu bezeichnen. Viel bedeutender sind die Unterschiede hinsichtlich der Färbung beider Arten. "Der Sumpfsperling", sagt Bolle, "weicht in seiner Färbung von dem Haussperling so ab, daß ich schwer begreife, wie Einige darauf bestehen können, so Verschiedenes zu einer Art zusammenschmieden zu wollen." Beim alten Männchen sind Kopf und Hinterhals dunkelrothbraun, der Rücken ist schwarz und kastanienbraun gefleckt, die sehr dunkle Kehle, Brust und Seiten sind schwarz, "einem aufgelösten, in schwarzen Perlen zerfließenden Halsbande vergleichbar", welches auch das Weibchen noch schmückt. Ueber die Augen, wo sich bei unserm Sperlingsmännchen nur ein kleines, weißes Fleckchen zeigt, zieht
Die Knacker. Sperlingsvögel. Sperlinge.
Ein ſolcher Sperling iſt der ſogenannte italieniſche (Passer italicus). Bei dem alten Männ- chen dieſes Vogels ſind Oberkopf und Hinterhals dunkelrothbraun, die Halsſeiten und Wangen weiß, die Gurgel, Kehle und Oberbruſt dunkelbraunſchwarz und die Weichen roſtgrau. Beim Weibchen iſt die Unterſeite roſtweißlich, mit grau gemiſcht, der Streifen über den Augen viel lichter, als bei unſerm Sperlingsweibchen. Dieſer Spatz kommt hauptſächlich in Jtalien und in Südfrankreich vor, fehlt aber, ſoweit mir bekannt, auf dem Feſtlande Spaniens und in Egypten gänzlich. Jm ſüdlichen Frankreich ſoll er mit unſerm gewöhnlichen Hausſperling zuſammenleben, und da mag es wohl oft vorkommen, daß beide ſich unter einander vermiſchen und Blendlinge erzeugen, welche eine Mittelfärbung zur Schau tragen.
Jm innern Afrika, von Mittelnubien an ſüdlich und wahrſcheinlich auch in Jndien wird unſer Hausſperling wiederum durch einen andern, ihm aber auch ſehr ähnlich, nur lebhafter gefärbten Vogel, erſetzt, welcher zu ihm in demſelben Verhältniſſe ſtehen mag, wie der oben genannte, und ſo können wohl auch noch andere Sperlingsarten vorkommen, welche dem unſerigen ſehr ähnlich ſind, ohne ihm vollſtändig zu gleichen. Dies ſind die Thatſachen. Nicht blos Gloger, ſondern auch andere Natur- forſcher haben aus ihnen ſchon ganz merkwürdig gefolgert, namentlich die Macht und Einwirkung des Klimas zu beweiſen geſucht, während wir, wenn wir ehrlich ſein wollen, anerkennen müſſen, daß wir eine ſolche Einwirkung durchaus nicht beweiſen können. Mit demſelben Rechte, welches Gloger für ſeine Meinung beanſprucht, können wir behaupten, daß die gedachten Abänderungen eigene, ſelb- ſtändige Arten ſind, welche eben nur als Verwandte unſeres Hausſperlings betrachtet werden dürfen. Daß dieſer mit ihnen ſich vermiſcht und Blendlinge erzeugt, welche wiederum fruchtbar ſein können, beweiſt gegenwärtig gar Nichts mehr; die „Einpaarler-Theorie‟ hat längſt einer beſſern Erkennt- niß weichen müſſen: wir haben wiederholt erfahren, daß zwei unzweifelhaft verſchiedene Arten den engſten Bund mit einander eingehen und fruchtbare Bleudlinge erzeugen können. Auch unſer Feldſperling, welchen Niemand mit dem Hausſperling für gleichartig halten, will, paart ſich erfolgreich gar nicht ſelten mit dem Hausſperling und erzielt mit dieſem Junge, welche hinſichtlich ihrer Färbung zwiſchen beiden Eltern ungefähr mitten inne ſtehen. Folgerungen und Schlüſſe, wie Gloger ſie zog, ſind nur geeignet, zu verwirren, nicht aber aufzuklären. Dies beweiſt recht deut- lich der zweite ſüdliche Sperling, welchen Gloger ebenfalls als klimatiſche Abänderung unſeres Haus- ſpatzes bezeichnete, der ſogenannte ſpaniſche nämlich. Auch ſein getrockneter Balg läßt ſich im Arbeitszimmer als eine Spielart unſeres Hausſpatzes erklären, während der Vogel ſelbſt, ſo lange er lebt und wirkt, eine Selbſtändigkeit bekundet, welche keinen wahren Beobachter über ihn in Zweifel laſſen kann. Jch will verſuchen, ſein Leben nach Bolle’s, Homeyer’s und meinen eigenen Beobachtungen, welche vollkommen übereinſtimmend ſind, zu ſchildern.
Der ſpaniſche Sperling (Passer hispanicus) oder, wie er mit größerem Recht genannt zu werden verdient, der Sumpfſperling (Passer salicicolus), kommt unſerem Hausſperling an Größe gleich. Seine Länge beträgt 6 bis 6¼ Zoll, ſeine Breite 9½ bis 9¾ Zoll. Das Weibchen pflegt um 2 Linien kürzer und um 3 bis 4 Linien ſchmäler zu ſein. Ein geringer Unterſchied in den Verhältniffen der einzelnen Glieder ergibt ſich nach meinen eigenen Meſſungen hinſichtlich des Schwanzes und der Höhe der Fußwurzeln. Der erſtere pflegt beim Sumpfſperling etwas länger, die letztere etwas höher zu ſein, als Schwanz und bezüglich Fußwurzel des Hausſperlings es ſind. Doch reichen meine Meſſungen bei weitem nicht aus, um dieſen Befund als einen allgemein giltigen zu bezeichnen. Viel bedeutender ſind die Unterſchiede hinſichtlich der Färbung beider Arten. „Der Sumpfſperling‟, ſagt Bolle, „weicht in ſeiner Färbung von dem Hausſperling ſo ab, daß ich ſchwer begreife, wie Einige darauf beſtehen können, ſo Verſchiedenes zu einer Art zuſammenſchmieden zu wollen.‟ Beim alten Männchen ſind Kopf und Hinterhals dunkelrothbraun, der Rücken iſt ſchwarz und kaſtanienbraun gefleckt, die ſehr dunkle Kehle, Bruſt und Seiten ſind ſchwarz, „einem aufgelöſten, in ſchwarzen Perlen zerfließenden Halsbande vergleichbar‟, welches auch das Weibchen noch ſchmückt. Ueber die Augen, wo ſich bei unſerm Sperlingsmännchen nur ein kleines, weißes Fleckchen zeigt, zieht
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[162/0182]
Die Knacker. Sperlingsvögel. Sperlinge.
Ein ſolcher Sperling iſt der ſogenannte italieniſche (Passer italicus). Bei dem alten Männ-
chen dieſes Vogels ſind Oberkopf und Hinterhals dunkelrothbraun, die Halsſeiten und Wangen weiß,
die Gurgel, Kehle und Oberbruſt dunkelbraunſchwarz und die Weichen roſtgrau. Beim Weibchen iſt
die Unterſeite roſtweißlich, mit grau gemiſcht, der Streifen über den Augen viel lichter, als bei unſerm
Sperlingsweibchen. Dieſer Spatz kommt hauptſächlich in Jtalien und in Südfrankreich vor, fehlt aber,
ſoweit mir bekannt, auf dem Feſtlande Spaniens und in Egypten gänzlich. Jm ſüdlichen Frankreich ſoll
er mit unſerm gewöhnlichen Hausſperling zuſammenleben, und da mag es wohl oft vorkommen, daß
beide ſich unter einander vermiſchen und Blendlinge erzeugen, welche eine Mittelfärbung zur Schau tragen.
Jm innern Afrika, von Mittelnubien an ſüdlich und wahrſcheinlich auch in Jndien wird unſer
Hausſperling wiederum durch einen andern, ihm aber auch ſehr ähnlich, nur lebhafter gefärbten Vogel,
erſetzt, welcher zu ihm in demſelben Verhältniſſe ſtehen mag, wie der oben genannte, und ſo können
wohl auch noch andere Sperlingsarten vorkommen, welche dem unſerigen ſehr ähnlich ſind, ohne ihm
vollſtändig zu gleichen. Dies ſind die Thatſachen. Nicht blos Gloger, ſondern auch andere Natur-
forſcher haben aus ihnen ſchon ganz merkwürdig gefolgert, namentlich die Macht und Einwirkung des
Klimas zu beweiſen geſucht, während wir, wenn wir ehrlich ſein wollen, anerkennen müſſen, daß wir
eine ſolche Einwirkung durchaus nicht beweiſen können. Mit demſelben Rechte, welches Gloger für
ſeine Meinung beanſprucht, können wir behaupten, daß die gedachten Abänderungen eigene, ſelb-
ſtändige Arten ſind, welche eben nur als Verwandte unſeres Hausſperlings betrachtet werden dürfen.
Daß dieſer mit ihnen ſich vermiſcht und Blendlinge erzeugt, welche wiederum fruchtbar ſein können,
beweiſt gegenwärtig gar Nichts mehr; die „Einpaarler-Theorie‟ hat längſt einer beſſern Erkennt-
niß weichen müſſen: wir haben wiederholt erfahren, daß zwei unzweifelhaft verſchiedene Arten
den engſten Bund mit einander eingehen und fruchtbare Bleudlinge erzeugen können. Auch unſer
Feldſperling, welchen Niemand mit dem Hausſperling für gleichartig halten, will, paart ſich
erfolgreich gar nicht ſelten mit dem Hausſperling und erzielt mit dieſem Junge, welche hinſichtlich
ihrer Färbung zwiſchen beiden Eltern ungefähr mitten inne ſtehen. Folgerungen und Schlüſſe, wie
Gloger ſie zog, ſind nur geeignet, zu verwirren, nicht aber aufzuklären. Dies beweiſt recht deut-
lich der zweite ſüdliche Sperling, welchen Gloger ebenfalls als klimatiſche Abänderung unſeres Haus-
ſpatzes bezeichnete, der ſogenannte ſpaniſche nämlich. Auch ſein getrockneter Balg läßt ſich im
Arbeitszimmer als eine Spielart unſeres Hausſpatzes erklären, während der Vogel ſelbſt, ſo lange er
lebt und wirkt, eine Selbſtändigkeit bekundet, welche keinen wahren Beobachter über ihn in Zweifel
laſſen kann. Jch will verſuchen, ſein Leben nach Bolle’s, Homeyer’s und meinen eigenen
Beobachtungen, welche vollkommen übereinſtimmend ſind, zu ſchildern.
Der ſpaniſche Sperling (Passer hispanicus) oder, wie er mit größerem Recht genannt zu
werden verdient, der Sumpfſperling (Passer salicicolus), kommt unſerem Hausſperling an
Größe gleich. Seine Länge beträgt 6 bis 6¼ Zoll, ſeine Breite 9½ bis 9¾ Zoll. Das Weibchen
pflegt um 2 Linien kürzer und um 3 bis 4 Linien ſchmäler zu ſein. Ein geringer Unterſchied in
den Verhältniffen der einzelnen Glieder ergibt ſich nach meinen eigenen Meſſungen hinſichtlich des
Schwanzes und der Höhe der Fußwurzeln. Der erſtere pflegt beim Sumpfſperling etwas länger, die
letztere etwas höher zu ſein, als Schwanz und bezüglich Fußwurzel des Hausſperlings es ſind. Doch
reichen meine Meſſungen bei weitem nicht aus, um dieſen Befund als einen allgemein giltigen zu
bezeichnen. Viel bedeutender ſind die Unterſchiede hinſichtlich der Färbung beider Arten. „Der
Sumpfſperling‟, ſagt Bolle, „weicht in ſeiner Färbung von dem Hausſperling ſo ab, daß ich ſchwer
begreife, wie Einige darauf beſtehen können, ſo Verſchiedenes zu einer Art zuſammenſchmieden zu
wollen.‟ Beim alten Männchen ſind Kopf und Hinterhals dunkelrothbraun, der Rücken iſt ſchwarz
und kaſtanienbraun gefleckt, die ſehr dunkle Kehle, Bruſt und Seiten ſind ſchwarz, „einem aufgelöſten,
in ſchwarzen Perlen zerfließenden Halsbande vergleichbar‟, welches auch das Weibchen noch ſchmückt.
Ueber die Augen, wo ſich bei unſerm Sperlingsmännchen nur ein kleines, weißes Fleckchen zeigt, zieht
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/182>, abgerufen am 28.11.2024.
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