wenige Linien kürzer und schmäler. Das Gefieder ist ansprechend gefärbt und gezeichnet. Bei dem Männchen ist die Stirn tiefschwarz, Kopf und Nacken sind aschblau, der Rücken ist braun, der Unterkörper mit Ausnahme des weißen Bauches weinroth, der Flügel zwei Mal weiß gebändert. Das Weibchen und die Jungen sind oben olivengraubraun, unten grau, auf den Flügeln ebenfalls ge- bändert. Der Schnabel ist im Frühling schmuzig hellblau, im Herbst und Winter röthlichweiß, an der Spitze immer schwarz. Der Fuß ist röthlichgrau oder schmuzig fleischfarben, der Augen- stern braun. Eine ausführlichere Beschreibung ist an diesem Orte wenigstens unnütz.
Mit Ausnahme der nördlichsten und südlichsten Länder ist der Edelfink in ganz Europa eine gewöhnliche Erscheinung; im hohen Norden wird er durch den Vergsinken ersetzt und im Süden, in Spanien z. B., erscheint er nur im Winter. Sein Verbreitungskreis erstreckt sich hauptsächlich nach Osten hin über Europa hinaus. Jn Sibirien soll er in vielen Gegenden ebenso gemein sein, als bei uns (doch erwähnt ihn Radde nicht); in Nordafrika vertritt ihn eine eng ver- wandte Art. Es gibt wenige Gegenden, in denen er nicht zahlreich auftritt. Er bewohnt ebensowohl die Nadel- wie die Laubwälder, die ausgedehnten Waldungen, wie Feldgehölze, Baumpflanzungen und Gärten und meidet eigentlich nur sumpfige oder nasse Strecken. Ein Paar lebt dicht neben dem andern; aber jedes wahrt sich eifersüchtig das erkorene Gebiet und vertreibt aus demselben, solange es überhaupt an ein und demselben Orte lebt, mit größter Strenge jeden Eindringling der gleichen Art. Erst wenn das Brutgeschäft vorüber, sammeln sich die einzelnen Paare zu größeren Scharen, nehmen unter diese auch andere Finken- und Ammerarten auf, wachsen allgemach zu großen Flügen an und streifen nun gemeinschaftlich durch das Land. Eigentlich verträglich zeigen sie sich auch dann nicht; denn unter den Wanderschwärmen endet ebenfalls selten Zank und Streit.
Bei uns ist der Fink ein Sommervogel. Einzelne, namentlich Männchen, überwintern zwar auch in Deutschland; die große Menge aber wandert dem warmen Süden zu. Vom Anfang des Septembers an sammeln sich die Reiselustigen in Flüge; im Oktober haben sich die gedachten Herden gebildet, und zu Ende des Monats verschwinden sie allgemach aus unsern Gauen. Dann stellen sie sich in Südenropa und in Nordwestafrika, aber nur sehr einzeln in Egypten ein, nehmen Besitz von Gebirg und Thal, von Feld und Garten, Busch und Hecken, sind überall zu finden, überall häusig, aber auch überall in Gesellschaften, zum Zeichen, daß sie hier nicht heimisch, sondern nur Wintergäste sind. Wenn der Frühling im Süden beginnt, wenden sich die Finken wieder heimwärts. Man hört dann in den südspanischen Gebirgen z. B. den hellen, kräftigen Schlag der Männchen noch eine ge- raume Zeit ertönen; bald aber wird es stiller und öder da, wo Hunderttausende versammelt waren, und schon zu Anfang des März sind die Wintergäste bis auf die Weibchen verschwunden. Die Finken wandern nämlich, wenigstens auf dem Rückzuge, nach Deutschland, in getrennten Scharen, die Männchen besonders und zuerst, die Weibchen um einen halben Monat später. Selten kommt es vor, daß beide Geschlechter fortwährend zusammen leben, also auch zusammen reisen, -- nur dann, wie die Vogelsteller behaupten, wenn sich männische Weibchen zu weibischen Männchen gesellen. Bei schönem Wetter erscheinen in Deutschland die ersten Finkenmännchen bereits zu Ende Februars; die Hauptmasse aber trifft im März bei uns ein, und die Nachzügler kommen erst im April zurück.
An den ersten schönen Tagen des März vernimmt man bereits regelmäßig den muntern, frischen Schlag der Heimgekehrten. Jedes Männchen hat sich den alten Wohnplatz wieder aufgesucht und harrt nun sehnsüchtig der Gattin. Wenn diese ebenfalls eingetroffen ist, beginnen beide sofort die Anstalten zum Nestbau. Die Wiege für die erste Brut pflegt fertig zu sein, noch ehe die Bäume sich völlig be- laubt haben. Beide Gatten durchschlüpfen, emsig suchend, die Kronen der Bäume, das Weibchen mit großem Ernste, das Männchen unter lebhaften Bewegungen sonderbarer Art und Hintansetzung der den Finken bei aller Menschenfreundlichkeit sonst eigenen Vorsicht. Jenes beschäftigt zumeist die Sorge um das Nest, dieses fast ausschließlich seine Liebe und kaum minder die Eifersucht, welche bei dem Edelfinken mit der Liebe Hand in Hand geht. Endlich ist der günstigste Platz zur Auf- nahme des Nestes gefunden, ein Gabelzweig im Wipfel, ein alter knorriger Ast, welcher bald von
Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken.
wenige Linien kürzer und ſchmäler. Das Gefieder iſt anſprechend gefärbt und gezeichnet. Bei dem Männchen iſt die Stirn tiefſchwarz, Kopf und Nacken ſind aſchblau, der Rücken iſt braun, der Unterkörper mit Ausnahme des weißen Bauches weinroth, der Flügel zwei Mal weiß gebändert. Das Weibchen und die Jungen ſind oben olivengraubraun, unten grau, auf den Flügeln ebenfalls ge- bändert. Der Schnabel iſt im Frühling ſchmuzig hellblau, im Herbſt und Winter röthlichweiß, an der Spitze immer ſchwarz. Der Fuß iſt röthlichgrau oder ſchmuzig fleiſchfarben, der Augen- ſtern braun. Eine ausführlichere Beſchreibung iſt an dieſem Orte wenigſtens unnütz.
Mit Ausnahme der nördlichſten und ſüdlichſten Länder iſt der Edelfink in ganz Europa eine gewöhnliche Erſcheinung; im hohen Norden wird er durch den Vergſinken erſetzt und im Süden, in Spanien z. B., erſcheint er nur im Winter. Sein Verbreitungskreis erſtreckt ſich hauptſächlich nach Oſten hin über Europa hinaus. Jn Sibirien ſoll er in vielen Gegenden ebenſo gemein ſein, als bei uns (doch erwähnt ihn Radde nicht); in Nordafrika vertritt ihn eine eng ver- wandte Art. Es gibt wenige Gegenden, in denen er nicht zahlreich auftritt. Er bewohnt ebenſowohl die Nadel- wie die Laubwälder, die ausgedehnten Waldungen, wie Feldgehölze, Baumpflanzungen und Gärten und meidet eigentlich nur ſumpfige oder naſſe Strecken. Ein Paar lebt dicht neben dem andern; aber jedes wahrt ſich eiferſüchtig das erkorene Gebiet und vertreibt aus demſelben, ſolange es überhaupt an ein und demſelben Orte lebt, mit größter Strenge jeden Eindringling der gleichen Art. Erſt wenn das Brutgeſchäft vorüber, ſammeln ſich die einzelnen Paare zu größeren Scharen, nehmen unter dieſe auch andere Finken- und Ammerarten auf, wachſen allgemach zu großen Flügen an und ſtreifen nun gemeinſchaftlich durch das Land. Eigentlich verträglich zeigen ſie ſich auch dann nicht; denn unter den Wanderſchwärmen endet ebenfalls ſelten Zank und Streit.
Bei uns iſt der Fink ein Sommervogel. Einzelne, namentlich Männchen, überwintern zwar auch in Deutſchland; die große Menge aber wandert dem warmen Süden zu. Vom Anfang des Septembers an ſammeln ſich die Reiſeluſtigen in Flüge; im Oktober haben ſich die gedachten Herden gebildet, und zu Ende des Monats verſchwinden ſie allgemach aus unſern Gauen. Dann ſtellen ſie ſich in Südenropa und in Nordweſtafrika, aber nur ſehr einzeln in Egypten ein, nehmen Beſitz von Gebirg und Thal, von Feld und Garten, Buſch und Hecken, ſind überall zu finden, überall häuſig, aber auch überall in Geſellſchaften, zum Zeichen, daß ſie hier nicht heimiſch, ſondern nur Wintergäſte ſind. Wenn der Frühling im Süden beginnt, wenden ſich die Finken wieder heimwärts. Man hört dann in den ſüdſpaniſchen Gebirgen z. B. den hellen, kräftigen Schlag der Männchen noch eine ge- raume Zeit ertönen; bald aber wird es ſtiller und öder da, wo Hunderttauſende verſammelt waren, und ſchon zu Anfang des März ſind die Wintergäſte bis auf die Weibchen verſchwunden. Die Finken wandern nämlich, wenigſtens auf dem Rückzuge, nach Deutſchland, in getrennten Scharen, die Männchen beſonders und zuerſt, die Weibchen um einen halben Monat ſpäter. Selten kommt es vor, daß beide Geſchlechter fortwährend zuſammen leben, alſo auch zuſammen reiſen, — nur dann, wie die Vogelſteller behaupten, wenn ſich männiſche Weibchen zu weibiſchen Männchen geſellen. Bei ſchönem Wetter erſcheinen in Deutſchland die erſten Finkenmännchen bereits zu Ende Februars; die Hauptmaſſe aber trifft im März bei uns ein, und die Nachzügler kommen erſt im April zurück.
An den erſten ſchönen Tagen des März vernimmt man bereits regelmäßig den muntern, friſchen Schlag der Heimgekehrten. Jedes Männchen hat ſich den alten Wohnplatz wieder aufgeſucht und harrt nun ſehnſüchtig der Gattin. Wenn dieſe ebenfalls eingetroffen iſt, beginnen beide ſofort die Anſtalten zum Neſtbau. Die Wiege für die erſte Brut pflegt fertig zu ſein, noch ehe die Bäume ſich völlig be- laubt haben. Beide Gatten durchſchlüpfen, emſig ſuchend, die Kronen der Bäume, das Weibchen mit großem Ernſte, das Männchen unter lebhaften Bewegungen ſonderbarer Art und Hintanſetzung der den Finken bei aller Menſchenfreundlichkeit ſonſt eigenen Vorſicht. Jenes beſchäftigt zumeiſt die Sorge um das Neſt, dieſes faſt ausſchließlich ſeine Liebe und kaum minder die Eiferſucht, welche bei dem Edelfinken mit der Liebe Hand in Hand geht. Endlich iſt der günſtigſte Platz zur Auf- nahme des Neſtes gefunden, ein Gabelzweig im Wipfel, ein alter knorriger Aſt, welcher bald von
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Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken.
wenige Linien kürzer und ſchmäler. Das Gefieder iſt anſprechend gefärbt und gezeichnet. Bei
dem Männchen iſt die Stirn tiefſchwarz, Kopf und Nacken ſind aſchblau, der Rücken iſt braun, der
Unterkörper mit Ausnahme des weißen Bauches weinroth, der Flügel zwei Mal weiß gebändert. Das
Weibchen und die Jungen ſind oben olivengraubraun, unten grau, auf den Flügeln ebenfalls ge-
bändert. Der Schnabel iſt im Frühling ſchmuzig hellblau, im Herbſt und Winter röthlichweiß,
an der Spitze immer ſchwarz. Der Fuß iſt röthlichgrau oder ſchmuzig fleiſchfarben, der Augen-
ſtern braun. Eine ausführlichere Beſchreibung iſt an dieſem Orte wenigſtens unnütz.
Mit Ausnahme der nördlichſten und ſüdlichſten Länder iſt der Edelfink in ganz Europa
eine gewöhnliche Erſcheinung; im hohen Norden wird er durch den Vergſinken erſetzt und im
Süden, in Spanien z. B., erſcheint er nur im Winter. Sein Verbreitungskreis erſtreckt ſich
hauptſächlich nach Oſten hin über Europa hinaus. Jn Sibirien ſoll er in vielen Gegenden ebenſo
gemein ſein, als bei uns (doch erwähnt ihn Radde nicht); in Nordafrika vertritt ihn eine eng ver-
wandte Art. Es gibt wenige Gegenden, in denen er nicht zahlreich auftritt. Er bewohnt ebenſowohl
die Nadel- wie die Laubwälder, die ausgedehnten Waldungen, wie Feldgehölze, Baumpflanzungen
und Gärten und meidet eigentlich nur ſumpfige oder naſſe Strecken. Ein Paar lebt dicht neben dem
andern; aber jedes wahrt ſich eiferſüchtig das erkorene Gebiet und vertreibt aus demſelben, ſolange es
überhaupt an ein und demſelben Orte lebt, mit größter Strenge jeden Eindringling der gleichen Art.
Erſt wenn das Brutgeſchäft vorüber, ſammeln ſich die einzelnen Paare zu größeren Scharen, nehmen
unter dieſe auch andere Finken- und Ammerarten auf, wachſen allgemach zu großen Flügen an und
ſtreifen nun gemeinſchaftlich durch das Land. Eigentlich verträglich zeigen ſie ſich auch dann nicht;
denn unter den Wanderſchwärmen endet ebenfalls ſelten Zank und Streit.
Bei uns iſt der Fink ein Sommervogel. Einzelne, namentlich Männchen, überwintern zwar
auch in Deutſchland; die große Menge aber wandert dem warmen Süden zu. Vom Anfang des
Septembers an ſammeln ſich die Reiſeluſtigen in Flüge; im Oktober haben ſich die gedachten Herden
gebildet, und zu Ende des Monats verſchwinden ſie allgemach aus unſern Gauen. Dann ſtellen ſie
ſich in Südenropa und in Nordweſtafrika, aber nur ſehr einzeln in Egypten ein, nehmen Beſitz von
Gebirg und Thal, von Feld und Garten, Buſch und Hecken, ſind überall zu finden, überall häuſig,
aber auch überall in Geſellſchaften, zum Zeichen, daß ſie hier nicht heimiſch, ſondern nur Wintergäſte
ſind. Wenn der Frühling im Süden beginnt, wenden ſich die Finken wieder heimwärts. Man hört
dann in den ſüdſpaniſchen Gebirgen z. B. den hellen, kräftigen Schlag der Männchen noch eine ge-
raume Zeit ertönen; bald aber wird es ſtiller und öder da, wo Hunderttauſende verſammelt waren,
und ſchon zu Anfang des März ſind die Wintergäſte bis auf die Weibchen verſchwunden. Die Finken
wandern nämlich, wenigſtens auf dem Rückzuge, nach Deutſchland, in getrennten Scharen, die
Männchen beſonders und zuerſt, die Weibchen um einen halben Monat ſpäter. Selten kommt es
vor, daß beide Geſchlechter fortwährend zuſammen leben, alſo auch zuſammen reiſen, — nur dann,
wie die Vogelſteller behaupten, wenn ſich männiſche Weibchen zu weibiſchen Männchen geſellen. Bei
ſchönem Wetter erſcheinen in Deutſchland die erſten Finkenmännchen bereits zu Ende Februars; die
Hauptmaſſe aber trifft im März bei uns ein, und die Nachzügler kommen erſt im April zurück.
An den erſten ſchönen Tagen des März vernimmt man bereits regelmäßig den muntern, friſchen
Schlag der Heimgekehrten. Jedes Männchen hat ſich den alten Wohnplatz wieder aufgeſucht und harrt
nun ſehnſüchtig der Gattin. Wenn dieſe ebenfalls eingetroffen iſt, beginnen beide ſofort die Anſtalten
zum Neſtbau. Die Wiege für die erſte Brut pflegt fertig zu ſein, noch ehe die Bäume ſich völlig be-
laubt haben. Beide Gatten durchſchlüpfen, emſig ſuchend, die Kronen der Bäume, das Weibchen
mit großem Ernſte, das Männchen unter lebhaften Bewegungen ſonderbarer Art und Hintanſetzung
der den Finken bei aller Menſchenfreundlichkeit ſonſt eigenen Vorſicht. Jenes beſchäftigt zumeiſt
die Sorge um das Neſt, dieſes faſt ausſchließlich ſeine Liebe und kaum minder die Eiferſucht,
welche bei dem Edelfinken mit der Liebe Hand in Hand geht. Endlich iſt der günſtigſte Platz zur Auf-
nahme des Neſtes gefunden, ein Gabelzweig im Wipfel, ein alter knorriger Aſt, welcher bald von
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/150>, abgerufen am 22.11.2024.
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