Weibchen bebrütet die Eier gewöhnlich allein, wird aber währenddem vom Männchen unterhalten und bei vielen Arten auch zeitweilig abgelöst. Jn die Azung und Erziehung der Jungen pflegen sich beide Eltern zu theilen.
Wegen ihrer räuberischen Einfälle in das Besitzthum des Menschen machen sich viele Knacker sehr verhaßt. Doch überwiegt der von ihnen verursachte Schaden selten den durch sie gestifteten Nutzen. Durch Auflesen von Unkrautsamen, durch Wegfangen von schädlichen Kerbthieren leisten sie Ersprieß- liches, ganz abgesehen von dem Vergnügen, welches sie dem Menschen bereiten durch ihre belebende Gegenwart in Wald und Feld, durch ihre Schönheit, ihren Gefang, ihre leichte Zähmbarkeit und andere gute Eigenschaften. Zudem ist das Fleisch der meisten Knacker eine schmackhafte und gesunde Speise oder das Gefieder einzelner ein ebenso verbreiteter als wirksamer Putz. So sind diese Vögel in mehr als einer Hinsicht unserer Beachtung würdig.
Erste Ordnung. Die Papageien (Psittacini).
Die Papageien sind befiederte Affen. Dies findet nicht blos der Laie heraus, son- dern muß auch der Forscher anerkennen. Wenn es irgendwie zulässig ist, gewisse Thiere einer Klasse mit denen einer andern zu vergleichen, ist die Berechtigung obiger Worte erwiesen. Jch halte einen derartigen Vergleich für zulässig, will aber keineswegs durch ihn es rechtfertigen, daß ich gerade die Papageien als die höchststehenden Vögel betrachte. Sie rechtfertigen solche Stellung durch sich selbst.
Mit Ausnahme der oben genannten Naturforscher glauben die übrigen in den Papageien Vögel zu erkennen, denen ein nur untergeordneter Rang innerhalb der Klasse zugestanden werden darf. Sie haben sich beirren lassen durch ein einziges Merkmal unserer Vögel, welches andere, wirklich wenig begabte Klassenmitglieder mit ihnen theilen: -- durch den Fußbau. Papageien, Spechte, Kukuke, Pfefferfresser, Nageschnäbel, Bart- und Glanzvögel nämlich sind "Paar- zeher", oder "Klettervögel", d. h. solche, bei denen zwei Zehen des Fußes nach vorn, die beiden andern aber nach hinten gerichtet sind. So wenig Gewicht nun auch im ganzen auf den Bau des Fußes gelegt zu werden pflegt: in diesem Falle ist es geschehen und somit eine Ordnung gebildet wor- den, welche die allverschiedensten Vögel in sich vereinigt. Dem größten Theile der so gewaltsam gekuppelten Thiere ist nur das eine Merkmal gemeinsam, keins weiter, -- immer vorausgesetzt natür- lich, daß man Thiere ein und derselben Klasse im Auge behält; denn im entgegengesetzten Falle könnte man die gefiederten Paarzeher auch von den behaarten (Kusus) oder beschuppten (Chamäleons) unter- scheiden wollen. Die Paarzeher im bisher giltigen Sinne müssen somit als eine unnatürliche Ordnung angesehen werden: sie bilden eben durchaus nicht eine sich ähnliche, nach außen hin abgeschlossene Gruppe der Vögel. Sie selbst aber beweisen auch, daß auf den ihnen eigenthümlichen Fußbau keines- wegs besonderes Gewicht gelegt werden darf. Spechtmeise, Baumläufer und eine große An- zahl anderer Vögel klettern ohne sogenannte Kletterfüße mit den "Klettervögeln" um die Wette, und die dreizehigen Spechte klettern nicht im geringsten ungeschickter, als die übrigen paarzehigen Arten. Man wird, glaube ich, die Bedeutung des Kletterfußes der Vögel nicht unterschätzen, vielmehr dem wahren Werthe nach würdigen, wenn man ihn mit dem Wickelschwanz der Säugethiere vergleicht. Diesem Befestigungswerkzeug entspricht der paarzehige Vogelfuß: er befähigt seinen Jnhaber zu einem vollkommneren Baumleben in dieser oder jener Hinsicht; er erleichtert oder ermöglicht ein festes An- klammern an das Gezweig, an die Aeste oder an den Stamm der Bäume, beschränkt sich aber, wie der Wickelschwanz auch, keineswegs auf natürliche Verwandte, sondern begabt sehr verschiedenartige Baumvögel in einer ihrem Leben zweckdienlichen Weise. Uebrigens ist dieser Klammerfuß keineswegs so gleichartig gebaut, als gewöhnlich angenommen wird, sondern kaum minder verschieden, als die
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Allgemeines.
Weibchen bebrütet die Eier gewöhnlich allein, wird aber währenddem vom Männchen unterhalten und bei vielen Arten auch zeitweilig abgelöſt. Jn die Azung und Erziehung der Jungen pflegen ſich beide Eltern zu theilen.
Wegen ihrer räuberiſchen Einfälle in das Beſitzthum des Menſchen machen ſich viele Knacker ſehr verhaßt. Doch überwiegt der von ihnen verurſachte Schaden ſelten den durch ſie geſtifteten Nutzen. Durch Aufleſen von Unkrautſamen, durch Wegfangen von ſchädlichen Kerbthieren leiſten ſie Erſprieß- liches, ganz abgeſehen von dem Vergnügen, welches ſie dem Menſchen bereiten durch ihre belebende Gegenwart in Wald und Feld, durch ihre Schönheit, ihren Gefang, ihre leichte Zähmbarkeit und andere gute Eigenſchaften. Zudem iſt das Fleiſch der meiſten Knacker eine ſchmackhafte und geſunde Speiſe oder das Gefieder einzelner ein ebenſo verbreiteter als wirkſamer Putz. So ſind dieſe Vögel in mehr als einer Hinſicht unſerer Beachtung würdig.
Erſte Ordnung. Die Papageien (Psittacini).
Die Papageien ſind befiederte Affen. Dies findet nicht blos der Laie heraus, ſon- dern muß auch der Forſcher anerkennen. Wenn es irgendwie zuläſſig iſt, gewiſſe Thiere einer Klaſſe mit denen einer andern zu vergleichen, iſt die Berechtigung obiger Worte erwieſen. Jch halte einen derartigen Vergleich für zuläſſig, will aber keineswegs durch ihn es rechtfertigen, daß ich gerade die Papageien als die höchſtſtehenden Vögel betrachte. Sie rechtfertigen ſolche Stellung durch ſich ſelbſt.
Mit Ausnahme der oben genannten Naturforſcher glauben die übrigen in den Papageien Vögel zu erkennen, denen ein nur untergeordneter Rang innerhalb der Klaſſe zugeſtanden werden darf. Sie haben ſich beirren laſſen durch ein einziges Merkmal unſerer Vögel, welches andere, wirklich wenig begabte Klaſſenmitglieder mit ihnen theilen: — durch den Fußbau. Papageien, Spechte, Kukuke, Pfefferfreſſer, Nageſchnäbel, Bart- und Glanzvögel nämlich ſind „Paar- zeher‟, oder „Klettervögel‟, d. h. ſolche, bei denen zwei Zehen des Fußes nach vorn, die beiden andern aber nach hinten gerichtet ſind. So wenig Gewicht nun auch im ganzen auf den Bau des Fußes gelegt zu werden pflegt: in dieſem Falle iſt es geſchehen und ſomit eine Ordnung gebildet wor- den, welche die allverſchiedenſten Vögel in ſich vereinigt. Dem größten Theile der ſo gewaltſam gekuppelten Thiere iſt nur das eine Merkmal gemeinſam, keins weiter, — immer vorausgeſetzt natür- lich, daß man Thiere ein und derſelben Klaſſe im Auge behält; denn im entgegengeſetzten Falle könnte man die gefiederten Paarzeher auch von den behaarten (Kuſus) oder beſchuppten (Chamäleons) unter- ſcheiden wollen. Die Paarzeher im bisher giltigen Sinne müſſen ſomit als eine unnatürliche Ordnung angeſehen werden: ſie bilden eben durchaus nicht eine ſich ähnliche, nach außen hin abgeſchloſſene Gruppe der Vögel. Sie ſelbſt aber beweiſen auch, daß auf den ihnen eigenthümlichen Fußbau keines- wegs beſonderes Gewicht gelegt werden darf. Spechtmeiſe, Baumläufer und eine große An- zahl anderer Vögel klettern ohne ſogenannte Kletterfüße mit den „Klettervögeln‟ um die Wette, und die dreizehigen Spechte klettern nicht im geringſten ungeſchickter, als die übrigen paarzehigen Arten. Man wird, glaube ich, die Bedeutung des Kletterfußes der Vögel nicht unterſchätzen, vielmehr dem wahren Werthe nach würdigen, wenn man ihn mit dem Wickelſchwanz der Säugethiere vergleicht. Dieſem Befeſtigungswerkzeug entſpricht der paarzehige Vogelfuß: er befähigt ſeinen Jnhaber zu einem vollkommneren Baumleben in dieſer oder jener Hinſicht; er erleichtert oder ermöglicht ein feſtes An- klammern an das Gezweig, an die Aeſte oder an den Stamm der Bäume, beſchränkt ſich aber, wie der Wickelſchwanz auch, keineswegs auf natürliche Verwandte, ſondern begabt ſehr verſchiedenartige Baumvögel in einer ihrem Leben zweckdienlichen Weiſe. Uebrigens iſt dieſer Klammerfuß keineswegs ſo gleichartig gebaut, als gewöhnlich angenommen wird, ſondern kaum minder verſchieden, als die
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Allgemeines.
Weibchen bebrütet die Eier gewöhnlich allein, wird aber währenddem vom Männchen unterhalten und
bei vielen Arten auch zeitweilig abgelöſt. Jn die Azung und Erziehung der Jungen pflegen ſich beide
Eltern zu theilen.
Wegen ihrer räuberiſchen Einfälle in das Beſitzthum des Menſchen machen ſich viele Knacker ſehr
verhaßt. Doch überwiegt der von ihnen verurſachte Schaden ſelten den durch ſie geſtifteten Nutzen.
Durch Aufleſen von Unkrautſamen, durch Wegfangen von ſchädlichen Kerbthieren leiſten ſie Erſprieß-
liches, ganz abgeſehen von dem Vergnügen, welches ſie dem Menſchen bereiten durch ihre belebende
Gegenwart in Wald und Feld, durch ihre Schönheit, ihren Gefang, ihre leichte Zähmbarkeit und
andere gute Eigenſchaften. Zudem iſt das Fleiſch der meiſten Knacker eine ſchmackhafte und geſunde
Speiſe oder das Gefieder einzelner ein ebenſo verbreiteter als wirkſamer Putz. So ſind dieſe Vögel
in mehr als einer Hinſicht unſerer Beachtung würdig.
Erſte Ordnung.
Die Papageien (Psittacini).
Die Papageien ſind befiederte Affen. Dies findet nicht blos der Laie heraus, ſon-
dern muß auch der Forſcher anerkennen. Wenn es irgendwie zuläſſig iſt, gewiſſe Thiere einer Klaſſe
mit denen einer andern zu vergleichen, iſt die Berechtigung obiger Worte erwieſen. Jch halte einen
derartigen Vergleich für zuläſſig, will aber keineswegs durch ihn es rechtfertigen, daß ich gerade die
Papageien als die höchſtſtehenden Vögel betrachte. Sie rechtfertigen ſolche Stellung durch ſich ſelbſt.
Mit Ausnahme der oben genannten Naturforſcher glauben die übrigen in den Papageien Vögel
zu erkennen, denen ein nur untergeordneter Rang innerhalb der Klaſſe zugeſtanden werden darf. Sie
haben ſich beirren laſſen durch ein einziges Merkmal unſerer Vögel, welches andere, wirklich wenig
begabte Klaſſenmitglieder mit ihnen theilen: — durch den Fußbau. Papageien, Spechte,
Kukuke, Pfefferfreſſer, Nageſchnäbel, Bart- und Glanzvögel nämlich ſind „Paar-
zeher‟, oder „Klettervögel‟, d. h. ſolche, bei denen zwei Zehen des Fußes nach vorn, die beiden
andern aber nach hinten gerichtet ſind. So wenig Gewicht nun auch im ganzen auf den Bau des
Fußes gelegt zu werden pflegt: in dieſem Falle iſt es geſchehen und ſomit eine Ordnung gebildet wor-
den, welche die allverſchiedenſten Vögel in ſich vereinigt. Dem größten Theile der ſo gewaltſam
gekuppelten Thiere iſt nur das eine Merkmal gemeinſam, keins weiter, — immer vorausgeſetzt natür-
lich, daß man Thiere ein und derſelben Klaſſe im Auge behält; denn im entgegengeſetzten Falle könnte
man die gefiederten Paarzeher auch von den behaarten (Kuſus) oder beſchuppten (Chamäleons) unter-
ſcheiden wollen. Die Paarzeher im bisher giltigen Sinne müſſen ſomit als eine unnatürliche Ordnung
angeſehen werden: ſie bilden eben durchaus nicht eine ſich ähnliche, nach außen hin abgeſchloſſene
Gruppe der Vögel. Sie ſelbſt aber beweiſen auch, daß auf den ihnen eigenthümlichen Fußbau keines-
wegs beſonderes Gewicht gelegt werden darf. Spechtmeiſe, Baumläufer und eine große An-
zahl anderer Vögel klettern ohne ſogenannte Kletterfüße mit den „Klettervögeln‟ um die Wette, und
die dreizehigen Spechte klettern nicht im geringſten ungeſchickter, als die übrigen paarzehigen Arten.
Man wird, glaube ich, die Bedeutung des Kletterfußes der Vögel nicht unterſchätzen, vielmehr dem
wahren Werthe nach würdigen, wenn man ihn mit dem Wickelſchwanz der Säugethiere vergleicht.
Dieſem Befeſtigungswerkzeug entſpricht der paarzehige Vogelfuß: er befähigt ſeinen Jnhaber zu einem
vollkommneren Baumleben in dieſer oder jener Hinſicht; er erleichtert oder ermöglicht ein feſtes An-
klammern an das Gezweig, an die Aeſte oder an den Stamm der Bäume, beſchränkt ſich aber, wie
der Wickelſchwanz auch, keineswegs auf natürliche Verwandte, ſondern begabt ſehr verſchiedenartige
Baumvögel in einer ihrem Leben zweckdienlichen Weiſe. Uebrigens iſt dieſer Klammerfuß keineswegs
ſo gleichartig gebaut, als gewöhnlich angenommen wird, ſondern kaum minder verſchieden, als die
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/15>, abgerufen am 24.11.2024.
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