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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Sperlingsvögel. Gimpel.
mit Fressen, sondern lieber mit Singen beschäftigt. Alles Grüne verleitet ihn zu unnützem Knuppern,
Obst macht ihn noch außerdem gegen das Frühjahr hin fett und reizt ihn zum Füttern, sodaß nicht
selten der Fall eintritt, daß solche Obstfresser zwischen ihre Zehen oder auf die Springhölzer zu füt-
tern beginnen, und dann muß man sie in die Hecke thun, sonst gehen sie zu Grunde. Die Drähte des
Käfigs müssen so eng stehen, daß der Vogel den Kopf nicht herausstecken und sich im Umgucken zer-
streuen kann. Sowie man merkt, daß er sich mit Zupfen an Fädchen, Spänchen und Papier u. dgl.
belustigt, ist solcher Lust ein Ziel zu setzen, indem man den Gegenstand, woran gezupft wird, weg-
nimmt; auch gebe man dem Vogel, wenn er das Knuppern nicht läßt, was den Drang, seine
Schnabelscheiden etwas abzustumpfen, anzeigt, täglich vier harte Haferkörner, an denen er die ge-
wünschte Arbeit für seinen Schnabel haben kann. -- Soll der Vogel immer allein hängen, so darf er,
sobald er über ein halb Jahr ist, weder ein Weibchen, noch ein anderes Männchen sehen, denn er
geräth durch deren Anblick in Aufregung und gewöhnt sich an heftiges Schreien, statt zart zu singen.
Soll er aber für immer mit andern Männchen zusammen sein, so setzt man ihn von Jugend auf so,
daß der Käfig eines andern ihm ganz nahe steht und beide sich immerfort sehen und an einander ge-
wöhnen. -- Kann man einen jungen Vogel zwei Jahre lang bei seinem Lehrmeister lassen, so lernt er
sicher soviel, als ihm nach seinen Fähigkeiten möglich ist. -- Muß man im vorigen Herbste heurige
Vögel kaufen, die nicht länger in der Lehre bleiben können, so sind die ältesten, weil sie den Gesang
schon am längsten gehört haben, die besten; und jedenfalls kann man doch noch gute Sänger ziehen,
wenn man zwei oder mehr zusammen gehörige junge kauft, dafür sorgt, daß sie nichts Gefährliches
hören; so üben sie sich gegenseitig ein. -- Von fremden Vögeln sind dem Gesang des jungen Kanarien-
vogels die Erlenzeisige, Stieglitze und Hänflinge am gefährlichsten; doch wird die Gefahr sehr gemin-
dert, wenn mehrere Kanarienvögel gleichen Schlages beisammen sind. -- Jst ein junger Vogel in seinem
ersten Herbste vom alten getrennt worden, und kann man ihn in seinem zweiten, sobald der alte nach
der Mauser wieder singt, auf einige Zeit zu diesem zurückhängen, so wird man die gute Wirkung
bald gewahr werden."

"Den Käfig betreffend, so ist zu bemerken, daß man sich vor solchen zu hüten hat, welche Mes-
sing enthalten oder mit Farbe angestrichen sind; daß der Boden mit Sand beworfen sein muß, und
daß nebenbei auch Stückchen Lehm und zerstoßene Eier- oder Schneckenschale willkommen sind; daß
Lindenholz die besten Sitzstäbchen gibt; daß der Käfig so wenig Ritzen, als möglich haben muß, und
daß, sobald sich Ungeziefer in Ritzen oder am Vogel zeigt, der Käfig mit Lein- oder Rüböl überall, wo
irgend ein Ritz ist, tüchtig gesalbt werden muß. -- Die Thür des Käfigs muß von oben nach unten
fallen, damit sie von selbst schließt, wenn man vergißt, sie zuzumachen; sie muß auch so breit sein,
daß man das Sauf- und Badenäpfchen hineinschieben kann. -- Wo Katzen, Wiesel, Eulen u. s. w.
ankommen könnten, ist der Käfig durch ein Gitter, welches einige Zoll von ihm absteht, zu schützen.
-- Die Weibchen thut man, sofern sie sich friedfertig gegen einander betragen, was nicht immer der
Fall ist, außer der Heckzeit in großen Käfigen zusammen und von den Männchen weg."

"Der Platz, welchen man dem Käfig anweist, ist am besten Winter und Sommer über lau oder
ziemlich warm. Grelle Sonnenhitze, der sich der Vogel nicht entziehen kann, ist schädlich; eine schat-
tende Decke schützt ihn genügend dagegen. Den Weibchen schadet es durchaus nicht, wenn sie in einer
Kammer, wo die Luft oft gegen den Gefrierpunkt sinkt, überwintert werden. Männchen singen un-
ter solchen Umständen wenig oder gar nicht. -- Wie viel Grade der Kälte ein Kanarienvogel ertragen
kann, vermag ich nicht anzugeben; jedoch können sie deren ziemlich viele ertragen, wenn sie nur
dabei gut gefüttert werden und Schnee statt Wasser bekommen. Jch habe mehrere zum Versuch in
einem auf meinem Hofe stehenden Vogelgitter gelassen, bis sie daselbst eine Nacht von zehn Grad N.,
nur von oben durch das Dach einigermaßen vor Zug geschützt, durchlebten. Es bekam den Thierchen
gut, und ich zog im nächsten Sommer viel Nachkommenschaft von ihnen. Ferner überwinterte ich
ein Mal in meinem Stall eine Anzahl Kanarienvögel, welche in einem vor dem Fenster angebrach-
ten, nur von oben durch die Decke vor Regen und Schnee geschützten Käfig zu schlafen pflegten.

Die Knacker. Sperlingsvögel. Gimpel.
mit Freſſen, ſondern lieber mit Singen beſchäftigt. Alles Grüne verleitet ihn zu unnützem Knuppern,
Obſt macht ihn noch außerdem gegen das Frühjahr hin fett und reizt ihn zum Füttern, ſodaß nicht
ſelten der Fall eintritt, daß ſolche Obſtfreſſer zwiſchen ihre Zehen oder auf die Springhölzer zu füt-
tern beginnen, und dann muß man ſie in die Hecke thun, ſonſt gehen ſie zu Grunde. Die Drähte des
Käfigs müſſen ſo eng ſtehen, daß der Vogel den Kopf nicht herausſtecken und ſich im Umgucken zer-
ſtreuen kann. Sowie man merkt, daß er ſich mit Zupfen an Fädchen, Spänchen und Papier u. dgl.
beluſtigt, iſt ſolcher Luſt ein Ziel zu ſetzen, indem man den Gegenſtand, woran gezupft wird, weg-
nimmt; auch gebe man dem Vogel, wenn er das Knuppern nicht läßt, was den Drang, ſeine
Schnabelſcheiden etwas abzuſtumpfen, anzeigt, täglich vier harte Haferkörner, an denen er die ge-
wünſchte Arbeit für ſeinen Schnabel haben kann. — Soll der Vogel immer allein hängen, ſo darf er,
ſobald er über ein halb Jahr iſt, weder ein Weibchen, noch ein anderes Männchen ſehen, denn er
geräth durch deren Anblick in Aufregung und gewöhnt ſich an heftiges Schreien, ſtatt zart zu ſingen.
Soll er aber für immer mit andern Männchen zuſammen ſein, ſo ſetzt man ihn von Jugend auf ſo,
daß der Käfig eines andern ihm ganz nahe ſteht und beide ſich immerfort ſehen und an einander ge-
wöhnen. — Kann man einen jungen Vogel zwei Jahre lang bei ſeinem Lehrmeiſter laſſen, ſo lernt er
ſicher ſoviel, als ihm nach ſeinen Fähigkeiten möglich iſt. — Muß man im vorigen Herbſte heurige
Vögel kaufen, die nicht länger in der Lehre bleiben können, ſo ſind die älteſten, weil ſie den Geſang
ſchon am längſten gehört haben, die beſten; und jedenfalls kann man doch noch gute Sänger ziehen,
wenn man zwei oder mehr zuſammen gehörige junge kauft, dafür ſorgt, daß ſie nichts Gefährliches
hören; ſo üben ſie ſich gegenſeitig ein. — Von fremden Vögeln ſind dem Geſang des jungen Kanarien-
vogels die Erlenzeiſige, Stieglitze und Hänflinge am gefährlichſten; doch wird die Gefahr ſehr gemin-
dert, wenn mehrere Kanarienvögel gleichen Schlages beiſammen ſind. — Jſt ein junger Vogel in ſeinem
erſten Herbſte vom alten getrennt worden, und kann man ihn in ſeinem zweiten, ſobald der alte nach
der Mauſer wieder ſingt, auf einige Zeit zu dieſem zurückhängen, ſo wird man die gute Wirkung
bald gewahr werden.‟

„Den Käfig betreffend, ſo iſt zu bemerken, daß man ſich vor ſolchen zu hüten hat, welche Meſ-
ſing enthalten oder mit Farbe angeſtrichen ſind; daß der Boden mit Sand beworfen ſein muß, und
daß nebenbei auch Stückchen Lehm und zerſtoßene Eier- oder Schneckenſchale willkommen ſind; daß
Lindenholz die beſten Sitzſtäbchen gibt; daß der Käfig ſo wenig Ritzen, als möglich haben muß, und
daß, ſobald ſich Ungeziefer in Ritzen oder am Vogel zeigt, der Käfig mit Lein- oder Rüböl überall, wo
irgend ein Ritz iſt, tüchtig geſalbt werden muß. — Die Thür des Käfigs muß von oben nach unten
fallen, damit ſie von ſelbſt ſchließt, wenn man vergißt, ſie zuzumachen; ſie muß auch ſo breit ſein,
daß man das Sauf- und Badenäpfchen hineinſchieben kann. — Wo Katzen, Wieſel, Eulen u. ſ. w.
ankommen könnten, iſt der Käfig durch ein Gitter, welches einige Zoll von ihm abſteht, zu ſchützen.
— Die Weibchen thut man, ſofern ſie ſich friedfertig gegen einander betragen, was nicht immer der
Fall iſt, außer der Heckzeit in großen Käfigen zuſammen und von den Männchen weg.‟

„Der Platz, welchen man dem Käfig anweiſt, iſt am beſten Winter und Sommer über lau oder
ziemlich warm. Grelle Sonnenhitze, der ſich der Vogel nicht entziehen kann, iſt ſchädlich; eine ſchat-
tende Decke ſchützt ihn genügend dagegen. Den Weibchen ſchadet es durchaus nicht, wenn ſie in einer
Kammer, wo die Luft oft gegen den Gefrierpunkt ſinkt, überwintert werden. Männchen ſingen un-
ter ſolchen Umſtänden wenig oder gar nicht. — Wie viel Grade der Kälte ein Kanarienvogel ertragen
kann, vermag ich nicht anzugeben; jedoch können ſie deren ziemlich viele ertragen, wenn ſie nur
dabei gut gefüttert werden und Schnee ſtatt Waſſer bekommen. Jch habe mehrere zum Verſuch in
einem auf meinem Hofe ſtehenden Vogelgitter gelaſſen, bis ſie daſelbſt eine Nacht von zehn Grad N.,
nur von oben durch das Dach einigermaßen vor Zug geſchützt, durchlebten. Es bekam den Thierchen
gut, und ich zog im nächſten Sommer viel Nachkommenſchaft von ihnen. Ferner überwinterte ich
ein Mal in meinem Stall eine Anzahl Kanarienvögel, welche in einem vor dem Fenſter angebrach-
ten, nur von oben durch die Decke vor Regen und Schnee geſchützten Käfig zu ſchlafen pflegten.

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[126/0144] Die Knacker. Sperlingsvögel. Gimpel. mit Freſſen, ſondern lieber mit Singen beſchäftigt. Alles Grüne verleitet ihn zu unnützem Knuppern, Obſt macht ihn noch außerdem gegen das Frühjahr hin fett und reizt ihn zum Füttern, ſodaß nicht ſelten der Fall eintritt, daß ſolche Obſtfreſſer zwiſchen ihre Zehen oder auf die Springhölzer zu füt- tern beginnen, und dann muß man ſie in die Hecke thun, ſonſt gehen ſie zu Grunde. Die Drähte des Käfigs müſſen ſo eng ſtehen, daß der Vogel den Kopf nicht herausſtecken und ſich im Umgucken zer- ſtreuen kann. Sowie man merkt, daß er ſich mit Zupfen an Fädchen, Spänchen und Papier u. dgl. beluſtigt, iſt ſolcher Luſt ein Ziel zu ſetzen, indem man den Gegenſtand, woran gezupft wird, weg- nimmt; auch gebe man dem Vogel, wenn er das Knuppern nicht läßt, was den Drang, ſeine Schnabelſcheiden etwas abzuſtumpfen, anzeigt, täglich vier harte Haferkörner, an denen er die ge- wünſchte Arbeit für ſeinen Schnabel haben kann. — Soll der Vogel immer allein hängen, ſo darf er, ſobald er über ein halb Jahr iſt, weder ein Weibchen, noch ein anderes Männchen ſehen, denn er geräth durch deren Anblick in Aufregung und gewöhnt ſich an heftiges Schreien, ſtatt zart zu ſingen. Soll er aber für immer mit andern Männchen zuſammen ſein, ſo ſetzt man ihn von Jugend auf ſo, daß der Käfig eines andern ihm ganz nahe ſteht und beide ſich immerfort ſehen und an einander ge- wöhnen. — Kann man einen jungen Vogel zwei Jahre lang bei ſeinem Lehrmeiſter laſſen, ſo lernt er ſicher ſoviel, als ihm nach ſeinen Fähigkeiten möglich iſt. — Muß man im vorigen Herbſte heurige Vögel kaufen, die nicht länger in der Lehre bleiben können, ſo ſind die älteſten, weil ſie den Geſang ſchon am längſten gehört haben, die beſten; und jedenfalls kann man doch noch gute Sänger ziehen, wenn man zwei oder mehr zuſammen gehörige junge kauft, dafür ſorgt, daß ſie nichts Gefährliches hören; ſo üben ſie ſich gegenſeitig ein. — Von fremden Vögeln ſind dem Geſang des jungen Kanarien- vogels die Erlenzeiſige, Stieglitze und Hänflinge am gefährlichſten; doch wird die Gefahr ſehr gemin- dert, wenn mehrere Kanarienvögel gleichen Schlages beiſammen ſind. — Jſt ein junger Vogel in ſeinem erſten Herbſte vom alten getrennt worden, und kann man ihn in ſeinem zweiten, ſobald der alte nach der Mauſer wieder ſingt, auf einige Zeit zu dieſem zurückhängen, ſo wird man die gute Wirkung bald gewahr werden.‟ „Den Käfig betreffend, ſo iſt zu bemerken, daß man ſich vor ſolchen zu hüten hat, welche Meſ- ſing enthalten oder mit Farbe angeſtrichen ſind; daß der Boden mit Sand beworfen ſein muß, und daß nebenbei auch Stückchen Lehm und zerſtoßene Eier- oder Schneckenſchale willkommen ſind; daß Lindenholz die beſten Sitzſtäbchen gibt; daß der Käfig ſo wenig Ritzen, als möglich haben muß, und daß, ſobald ſich Ungeziefer in Ritzen oder am Vogel zeigt, der Käfig mit Lein- oder Rüböl überall, wo irgend ein Ritz iſt, tüchtig geſalbt werden muß. — Die Thür des Käfigs muß von oben nach unten fallen, damit ſie von ſelbſt ſchließt, wenn man vergißt, ſie zuzumachen; ſie muß auch ſo breit ſein, daß man das Sauf- und Badenäpfchen hineinſchieben kann. — Wo Katzen, Wieſel, Eulen u. ſ. w. ankommen könnten, iſt der Käfig durch ein Gitter, welches einige Zoll von ihm abſteht, zu ſchützen. — Die Weibchen thut man, ſofern ſie ſich friedfertig gegen einander betragen, was nicht immer der Fall iſt, außer der Heckzeit in großen Käfigen zuſammen und von den Männchen weg.‟ „Der Platz, welchen man dem Käfig anweiſt, iſt am beſten Winter und Sommer über lau oder ziemlich warm. Grelle Sonnenhitze, der ſich der Vogel nicht entziehen kann, iſt ſchädlich; eine ſchat- tende Decke ſchützt ihn genügend dagegen. Den Weibchen ſchadet es durchaus nicht, wenn ſie in einer Kammer, wo die Luft oft gegen den Gefrierpunkt ſinkt, überwintert werden. Männchen ſingen un- ter ſolchen Umſtänden wenig oder gar nicht. — Wie viel Grade der Kälte ein Kanarienvogel ertragen kann, vermag ich nicht anzugeben; jedoch können ſie deren ziemlich viele ertragen, wenn ſie nur dabei gut gefüttert werden und Schnee ſtatt Waſſer bekommen. Jch habe mehrere zum Verſuch in einem auf meinem Hofe ſtehenden Vogelgitter gelaſſen, bis ſie daſelbſt eine Nacht von zehn Grad N., nur von oben durch das Dach einigermaßen vor Zug geſchützt, durchlebten. Es bekam den Thierchen gut, und ich zog im nächſten Sommer viel Nachkommenſchaft von ihnen. Ferner überwinterte ich ein Mal in meinem Stall eine Anzahl Kanarienvögel, welche in einem vor dem Fenſter angebrach- ten, nur von oben durch die Decke vor Regen und Schnee geſchützten Käfig zu ſchlafen pflegten.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/144>, abgerufen am 24.11.2024.