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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Kuacker. Sperlingsvögel. Gimpel.
Oktober im Freien lassen; nur ist es selbstredend, daß sie gegen wirklichen, scharfen Frost verwahrt
werden müssen. Das Benehmen dieser Gimpel ist sanft und friedlich. Sie empfehlen sich durch ihr
keckes, anmuthiges Wesen, durch Zahmheit und große Verträglichkeit sowohl unter einander, als gegen
andere Vögel, vorzüglich aber durch die sonderbaren stark betonten Laute, die sie hören lassen. Das
Trompeten der Männchen ertönt auch im Spätherbst und Winter. Als große Freunde der Geselligkeit
rufen und antworten die Thierchen einander fortwährend. Am angenehmsten aber werden sie im
Zimmer ohne Zweifel dadurch, daß sie bei Licht stets munter und meist noch lebhafter, als bei Tage
sind. Kaum wird die Lampe angezündet, so begrüßen sie ihren Herrn durch Trompeten, ohne durch
Flattern, wie so viele Kerbthierfresser, zu später Stunde lästig zu werden. Sie führen dann die be-
lustigendsten Konzerte auf, die man sich denken kann. Bald sind es schöne und helle, aber kurze
Trompetenklänge, bald jener langgedehnte dröhnende Ton, der die Hauptnote ihres Gesanges aus-
macht. An diesen schließt sich oft ein Schnurren oder verschiedentlich betonte Laute, die das Miauen
der Katzen nachzuahmen scheinen. Ein ander Mal beginnen sie mit Tönen, leis und rein, wie ein
Silberglöckchen läutet; darauf folgt dann ein ganz entgegengesetztes, fast ammerartiges Geschnarr. Dem
quakenden Tone "Kä, kä, kä", den sie am häufigsten wiederholen, antwortet in der Regel ein viel tiefe-
rer, leise und kurz ausgestoßener. Diese bald rauh, fast krächzend, bald flötend klingenden, immer
aber höchst ausdrucksvoll vorgetragenen Silben drücken durch ihre Verschiedenheit jede Aenderung in
der Gemüthsstimmung des Vogels aus. Selten hört man ein zwar unzusammenhängendes, aber
langes Geplauder, wie das kleiner Papageien; sie rufen auch, kakelnd wie Hühnchen, "Kekek, kekek",
drei bis vier Mal hinter einander. Ein lautes "Schak, schak" ist der Ausdruck des Erstaunens oder
Mißtrauens beim Anblick ungewohnter Dinge."

"Jagt man sie und will sie ergreifen, so quaken sie ängstlich. Alle diese Töne sind fast ohne
Ausnahme so absonderlich sprechend und vollklingend, daß man erstaunt, sie von einem so kleinen
Thierchen zu vernehmen. Gewiß wäre seine Stimme durch Erziehung einer ähnlichen Vervollkomm-
nung fähig, wie wir sie bei unseren Dompfaffen bewundern. Am lautesten trompeten die Moro-
männchen -- die Weibchen haben diesen Ton überhaupt nicht -- im Frühlinge. Dabei legen sie den
Kopf ganz nach hinten über und richten den weit geöffneten Schnabel gerade in die Höhe. Die leise-
ren Töne werden mit geschlossenem Schnabel hervorgebracht. Ueberhaupt machen die Vögel beim
Singen, auch sonst zur Paarungszeit, die komischsten Bewegungen. Sie tanzen förmlich um einan-
der herum und treiben sich scharf, wenn sie in erregter Stimmung sind. Bei der Verfolgung des
Weibchens nehmen die Hähnchen nicht selten mit senkrecht emporgerichtetem Körper und weit ausge-
breiteten Flügeln die Figur eines Wappenbildes an. Es scheint dann, als seien sie im Begriff, den
Gegenstand ihrer Zärtlichkeit in die offenen Arme zu schließen."

"Auch im Gebauer halten sich die Wüstentrompeter, ihrer Natur gemäß, am liebsten am Boden
auf, wo sie auch meist schlafen. Sie lernen jedoch bald, sich auf Sprossen und Stangen zu setzen.
Ueber den Erdboden huschen sie mit großer Schnelligkeit, hüpfend, nicht schreitend, hin. Sie ducken sich
viel unter Gegenständen, die sie verbergen können, kriechen aber nie in Höhlungen mit engem Ein-
gange. An der Sonne strecken sie sich behaglich mit gesträubtem Gefieder aus und bilden zu mehreren
beisammen so die reizendsten Gruppen. Man sieht sie nicht oft sich baden. Zur Mauserzeit bedürfen
sie vorzüglich sorgsamer Pflege, da sie ohne eine solche leicht kränkeln und erliegen. Leider verlieren sie
in der Gefangenschaft das prächtige Roth größtentheils; es verblaßt zu einem rosenröthlichen Anfluge
an Stirn, Brust und Bürzel, der beim Männchen stärker hervortritt. Jmmer aber bleiben sie auch
so noch, durch Nichts mehr, als durch den Korallenschnabel, eine stattliche und angenehme Erscheinung."

"Man ernährt den Wüstentrompeter, wie andere Finken, mit Sämereien, in deren Auswahl er
nicht ekel ist; doch zieht er die größeren öligen, z. B. Hauf, den mehlhaltigen, wie Hirse- und Spitz-
samen, vor. Sehr angenehm sind ihm die grünen Köpfchen des Löwenzahns, aus denen er die Sa-
men geschickt hervorzuholen versteht, halb oder ganz reife Kornähren, die Früchtchen der verschiedenen

Die Kuacker. Sperlingsvögel. Gimpel.
Oktober im Freien laſſen; nur iſt es ſelbſtredend, daß ſie gegen wirklichen, ſcharfen Froſt verwahrt
werden müſſen. Das Benehmen dieſer Gimpel iſt ſanft und friedlich. Sie empfehlen ſich durch ihr
keckes, anmuthiges Weſen, durch Zahmheit und große Verträglichkeit ſowohl unter einander, als gegen
andere Vögel, vorzüglich aber durch die ſonderbaren ſtark betonten Laute, die ſie hören laſſen. Das
Trompeten der Männchen ertönt auch im Spätherbſt und Winter. Als große Freunde der Geſelligkeit
rufen und antworten die Thierchen einander fortwährend. Am angenehmſten aber werden ſie im
Zimmer ohne Zweifel dadurch, daß ſie bei Licht ſtets munter und meiſt noch lebhafter, als bei Tage
ſind. Kaum wird die Lampe angezündet, ſo begrüßen ſie ihren Herrn durch Trompeten, ohne durch
Flattern, wie ſo viele Kerbthierfreſſer, zu ſpäter Stunde läſtig zu werden. Sie führen dann die be-
luſtigendſten Konzerte auf, die man ſich denken kann. Bald ſind es ſchöne und helle, aber kurze
Trompetenklänge, bald jener langgedehnte dröhnende Ton, der die Hauptnote ihres Geſanges aus-
macht. An dieſen ſchließt ſich oft ein Schnurren oder verſchiedentlich betonte Laute, die das Miauen
der Katzen nachzuahmen ſcheinen. Ein ander Mal beginnen ſie mit Tönen, leis und rein, wie ein
Silberglöckchen läutet; darauf folgt dann ein ganz entgegengeſetztes, faſt ammerartiges Geſchnarr. Dem
quakenden Tone „Kä, kä, kä‟, den ſie am häufigſten wiederholen, antwortet in der Regel ein viel tiefe-
rer, leiſe und kurz ausgeſtoßener. Dieſe bald rauh, faſt krächzend, bald flötend klingenden, immer
aber höchſt ausdrucksvoll vorgetragenen Silben drücken durch ihre Verſchiedenheit jede Aenderung in
der Gemüthsſtimmung des Vogels aus. Selten hört man ein zwar unzuſammenhängendes, aber
langes Geplauder, wie das kleiner Papageien; ſie rufen auch, kakelnd wie Hühnchen, „Kekek, kekek‟,
drei bis vier Mal hinter einander. Ein lautes „Schak, ſchak‟ iſt der Ausdruck des Erſtaunens oder
Mißtrauens beim Anblick ungewohnter Dinge.‟

„Jagt man ſie und will ſie ergreifen, ſo quaken ſie ängſtlich. Alle dieſe Töne ſind faſt ohne
Ausnahme ſo abſonderlich ſprechend und vollklingend, daß man erſtaunt, ſie von einem ſo kleinen
Thierchen zu vernehmen. Gewiß wäre ſeine Stimme durch Erziehung einer ähnlichen Vervollkomm-
nung fähig, wie wir ſie bei unſeren Dompfaffen bewundern. Am lauteſten trompeten die Moro-
männchen — die Weibchen haben dieſen Ton überhaupt nicht — im Frühlinge. Dabei legen ſie den
Kopf ganz nach hinten über und richten den weit geöffneten Schnabel gerade in die Höhe. Die leiſe-
ren Töne werden mit geſchloſſenem Schnabel hervorgebracht. Ueberhaupt machen die Vögel beim
Singen, auch ſonſt zur Paarungszeit, die komiſchſten Bewegungen. Sie tanzen förmlich um einan-
der herum und treiben ſich ſcharf, wenn ſie in erregter Stimmung ſind. Bei der Verfolgung des
Weibchens nehmen die Hähnchen nicht ſelten mit ſenkrecht emporgerichtetem Körper und weit ausge-
breiteten Flügeln die Figur eines Wappenbildes an. Es ſcheint dann, als ſeien ſie im Begriff, den
Gegenſtand ihrer Zärtlichkeit in die offenen Arme zu ſchließen.‟

„Auch im Gebauer halten ſich die Wüſtentrompeter, ihrer Natur gemäß, am liebſten am Boden
auf, wo ſie auch meiſt ſchlafen. Sie lernen jedoch bald, ſich auf Sproſſen und Stangen zu ſetzen.
Ueber den Erdboden huſchen ſie mit großer Schnelligkeit, hüpfend, nicht ſchreitend, hin. Sie ducken ſich
viel unter Gegenſtänden, die ſie verbergen können, kriechen aber nie in Höhlungen mit engem Ein-
gange. An der Sonne ſtrecken ſie ſich behaglich mit geſträubtem Gefieder aus und bilden zu mehreren
beiſammen ſo die reizendſten Gruppen. Man ſieht ſie nicht oft ſich baden. Zur Mauſerzeit bedürfen
ſie vorzüglich ſorgſamer Pflege, da ſie ohne eine ſolche leicht kränkeln und erliegen. Leider verlieren ſie
in der Gefangenſchaft das prächtige Roth größtentheils; es verblaßt zu einem roſenröthlichen Anfluge
an Stirn, Bruſt und Bürzel, der beim Männchen ſtärker hervortritt. Jmmer aber bleiben ſie auch
ſo noch, durch Nichts mehr, als durch den Korallenſchnabel, eine ſtattliche und angenehme Erſcheinung.‟

„Man ernährt den Wüſtentrompeter, wie andere Finken, mit Sämereien, in deren Auswahl er
nicht ekel iſt; doch zieht er die größeren öligen, z. B. Hauf, den mehlhaltigen, wie Hirſe- und Spitz-
ſamen, vor. Sehr angenehm ſind ihm die grünen Köpfchen des Löwenzahns, aus denen er die Sa-
men geſchickt hervorzuholen verſteht, halb oder ganz reife Kornähren, die Früchtchen der verſchiedenen

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[110/0128] Die Kuacker. Sperlingsvögel. Gimpel. Oktober im Freien laſſen; nur iſt es ſelbſtredend, daß ſie gegen wirklichen, ſcharfen Froſt verwahrt werden müſſen. Das Benehmen dieſer Gimpel iſt ſanft und friedlich. Sie empfehlen ſich durch ihr keckes, anmuthiges Weſen, durch Zahmheit und große Verträglichkeit ſowohl unter einander, als gegen andere Vögel, vorzüglich aber durch die ſonderbaren ſtark betonten Laute, die ſie hören laſſen. Das Trompeten der Männchen ertönt auch im Spätherbſt und Winter. Als große Freunde der Geſelligkeit rufen und antworten die Thierchen einander fortwährend. Am angenehmſten aber werden ſie im Zimmer ohne Zweifel dadurch, daß ſie bei Licht ſtets munter und meiſt noch lebhafter, als bei Tage ſind. Kaum wird die Lampe angezündet, ſo begrüßen ſie ihren Herrn durch Trompeten, ohne durch Flattern, wie ſo viele Kerbthierfreſſer, zu ſpäter Stunde läſtig zu werden. Sie führen dann die be- luſtigendſten Konzerte auf, die man ſich denken kann. Bald ſind es ſchöne und helle, aber kurze Trompetenklänge, bald jener langgedehnte dröhnende Ton, der die Hauptnote ihres Geſanges aus- macht. An dieſen ſchließt ſich oft ein Schnurren oder verſchiedentlich betonte Laute, die das Miauen der Katzen nachzuahmen ſcheinen. Ein ander Mal beginnen ſie mit Tönen, leis und rein, wie ein Silberglöckchen läutet; darauf folgt dann ein ganz entgegengeſetztes, faſt ammerartiges Geſchnarr. Dem quakenden Tone „Kä, kä, kä‟, den ſie am häufigſten wiederholen, antwortet in der Regel ein viel tiefe- rer, leiſe und kurz ausgeſtoßener. Dieſe bald rauh, faſt krächzend, bald flötend klingenden, immer aber höchſt ausdrucksvoll vorgetragenen Silben drücken durch ihre Verſchiedenheit jede Aenderung in der Gemüthsſtimmung des Vogels aus. Selten hört man ein zwar unzuſammenhängendes, aber langes Geplauder, wie das kleiner Papageien; ſie rufen auch, kakelnd wie Hühnchen, „Kekek, kekek‟, drei bis vier Mal hinter einander. Ein lautes „Schak, ſchak‟ iſt der Ausdruck des Erſtaunens oder Mißtrauens beim Anblick ungewohnter Dinge.‟ „Jagt man ſie und will ſie ergreifen, ſo quaken ſie ängſtlich. Alle dieſe Töne ſind faſt ohne Ausnahme ſo abſonderlich ſprechend und vollklingend, daß man erſtaunt, ſie von einem ſo kleinen Thierchen zu vernehmen. Gewiß wäre ſeine Stimme durch Erziehung einer ähnlichen Vervollkomm- nung fähig, wie wir ſie bei unſeren Dompfaffen bewundern. Am lauteſten trompeten die Moro- männchen — die Weibchen haben dieſen Ton überhaupt nicht — im Frühlinge. Dabei legen ſie den Kopf ganz nach hinten über und richten den weit geöffneten Schnabel gerade in die Höhe. Die leiſe- ren Töne werden mit geſchloſſenem Schnabel hervorgebracht. Ueberhaupt machen die Vögel beim Singen, auch ſonſt zur Paarungszeit, die komiſchſten Bewegungen. Sie tanzen förmlich um einan- der herum und treiben ſich ſcharf, wenn ſie in erregter Stimmung ſind. Bei der Verfolgung des Weibchens nehmen die Hähnchen nicht ſelten mit ſenkrecht emporgerichtetem Körper und weit ausge- breiteten Flügeln die Figur eines Wappenbildes an. Es ſcheint dann, als ſeien ſie im Begriff, den Gegenſtand ihrer Zärtlichkeit in die offenen Arme zu ſchließen.‟ „Auch im Gebauer halten ſich die Wüſtentrompeter, ihrer Natur gemäß, am liebſten am Boden auf, wo ſie auch meiſt ſchlafen. Sie lernen jedoch bald, ſich auf Sproſſen und Stangen zu ſetzen. Ueber den Erdboden huſchen ſie mit großer Schnelligkeit, hüpfend, nicht ſchreitend, hin. Sie ducken ſich viel unter Gegenſtänden, die ſie verbergen können, kriechen aber nie in Höhlungen mit engem Ein- gange. An der Sonne ſtrecken ſie ſich behaglich mit geſträubtem Gefieder aus und bilden zu mehreren beiſammen ſo die reizendſten Gruppen. Man ſieht ſie nicht oft ſich baden. Zur Mauſerzeit bedürfen ſie vorzüglich ſorgſamer Pflege, da ſie ohne eine ſolche leicht kränkeln und erliegen. Leider verlieren ſie in der Gefangenſchaft das prächtige Roth größtentheils; es verblaßt zu einem roſenröthlichen Anfluge an Stirn, Bruſt und Bürzel, der beim Männchen ſtärker hervortritt. Jmmer aber bleiben ſie auch ſo noch, durch Nichts mehr, als durch den Korallenſchnabel, eine ſtattliche und angenehme Erſcheinung.‟ „Man ernährt den Wüſtentrompeter, wie andere Finken, mit Sämereien, in deren Auswahl er nicht ekel iſt; doch zieht er die größeren öligen, z. B. Hauf, den mehlhaltigen, wie Hirſe- und Spitz- ſamen, vor. Sehr angenehm ſind ihm die grünen Köpfchen des Löwenzahns, aus denen er die Sa- men geſchickt hervorzuholen verſteht, halb oder ganz reife Kornähren, die Früchtchen der verſchiedenen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/128>, abgerufen am 28.11.2024.