Netze freilich werden ihm oft zum Verderben; er bleibt in ihnen hängen und erstickt. Wegen dieser Liebhaberei wird der Braunfisch überall gehaßt und um so eifriger verfolgt, als auch Fleisch und Fett noch einen guten Ertrag liefern. Jn früheren Zeiten wurde sein Fleisch überall geschätzt. Schon die alten Römer verstanden die Kunst, wohlschmeckende Würste aus ihm zu bereiten; später wurde das Meerschwein, zumal in England, auf die Tafeln des Königs und der Vornehmen gebracht. Heutzutage bildet es für die ärmeren Küstenbewohner und für die oft an frischem Fleische Mangel leidenden Schiffer eine erwünschte Speise. Das Fleisch alter Thiere sieht schwärzlich aus und ist derb, grobfaserig, zähe und thranig, deshalb auch schwer verdaulich; dasjenige aber, welches von jüngeren Thieren stammt, wird als sehr fein und wohlschmeckend gerühmt. Eingesalzen und ge- räuchert findet es bei den nicht verwöhnten Nordländern überall günstige Aufnahme. Der Thran
[Abbildung]
Der Braunfisch (Phocaena communis).
ähnelt dem des Walfisches, ist aber feiner und wird deshalb mehr geschätzt. Die Grönländer be- nutzen ihn zum Schmalzen ihrer Speisen oder schlürfen ihn mit demselben Wohlgefallen, mit welchem wir ein gutes Glas Wein genießen. Die Haut endlich wird gegerbt und dann als Leder verwendet. So überwiegt also der Nutzen, welchen das Meerschwein bringt, den verhältnißmäßig geringen Schaden; aber er vermehrt nur den Eifer, mit welchem unser Delfin verfolgt wird. Ueberall, wo die Häringszüge regelmäßig ankommen, senkt man zur Zeit des Zuges starke, weitmaschige Netze in die Tiefe der Flüsse, durch welche wohl die Häringe, nicht aber auch die Braunfische schlüpfen können. Auf Jsland stellen die Fischer ihre Netze bei Beginn der Brunstzeit aus, welche den Braun- fisch in einen so großen Rausch versetzt, daß er blind wird, wie die Leute sagen. Hier und da erlegt man ihn auch mit dem Feuergewehr, mehr, um Gewandtheit im Schießen zu zeigen, als um sich mit leichterer Mühe in den Besitz des Thieres zu setzen.
Die Delfine. — Der Braunfiſch.
Netze freilich werden ihm oft zum Verderben; er bleibt in ihnen hängen und erſtickt. Wegen dieſer Liebhaberei wird der Braunfiſch überall gehaßt und um ſo eifriger verfolgt, als auch Fleiſch und Fett noch einen guten Ertrag liefern. Jn früheren Zeiten wurde ſein Fleiſch überall geſchätzt. Schon die alten Römer verſtanden die Kunſt, wohlſchmeckende Würſte aus ihm zu bereiten; ſpäter wurde das Meerſchwein, zumal in England, auf die Tafeln des Königs und der Vornehmen gebracht. Heutzutage bildet es für die ärmeren Küſtenbewohner und für die oft an friſchem Fleiſche Mangel leidenden Schiffer eine erwünſchte Speiſe. Das Fleiſch alter Thiere ſieht ſchwärzlich aus und iſt derb, grobfaſerig, zähe und thranig, deshalb auch ſchwer verdaulich; dasjenige aber, welches von jüngeren Thieren ſtammt, wird als ſehr fein und wohlſchmeckend gerühmt. Eingeſalzen und ge- räuchert findet es bei den nicht verwöhnten Nordländern überall günſtige Aufnahme. Der Thran
[Abbildung]
Der Braunfiſch (Phocaena communis).
ähnelt dem des Walfiſches, iſt aber feiner und wird deshalb mehr geſchätzt. Die Grönländer be- nutzen ihn zum Schmalzen ihrer Speiſen oder ſchlürfen ihn mit demſelben Wohlgefallen, mit welchem wir ein gutes Glas Wein genießen. Die Haut endlich wird gegerbt und dann als Leder verwendet. So überwiegt alſo der Nutzen, welchen das Meerſchwein bringt, den verhältnißmäßig geringen Schaden; aber er vermehrt nur den Eifer, mit welchem unſer Delfin verfolgt wird. Ueberall, wo die Häringszüge regelmäßig ankommen, ſenkt man zur Zeit des Zuges ſtarke, weitmaſchige Netze in die Tiefe der Flüſſe, durch welche wohl die Häringe, nicht aber auch die Braunfiſche ſchlüpfen können. Auf Jsland ſtellen die Fiſcher ihre Netze bei Beginn der Brunſtzeit aus, welche den Braun- fiſch in einen ſo großen Rauſch verſetzt, daß er blind wird, wie die Leute ſagen. Hier und da erlegt man ihn auch mit dem Feuergewehr, mehr, um Gewandtheit im Schießen zu zeigen, als um ſich mit leichterer Mühe in den Beſitz des Thieres zu ſetzen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0894"n="846"/><fwplace="top"type="header">Die Delfine. — Der Braunfiſch.</fw><lb/>
Netze freilich werden ihm oft zum Verderben; er bleibt in ihnen hängen und erſtickt. Wegen dieſer<lb/>
Liebhaberei wird der Braunfiſch überall gehaßt und um ſo eifriger verfolgt, als auch Fleiſch und<lb/>
Fett noch einen guten Ertrag liefern. Jn früheren Zeiten wurde ſein Fleiſch überall geſchätzt.<lb/>
Schon die alten Römer verſtanden die Kunſt, wohlſchmeckende Würſte aus ihm zu bereiten; ſpäter<lb/>
wurde das Meerſchwein, zumal in England, auf die Tafeln des Königs und der Vornehmen<lb/>
gebracht. Heutzutage bildet es für die ärmeren Küſtenbewohner und für die oft an friſchem Fleiſche<lb/>
Mangel leidenden Schiffer eine erwünſchte Speiſe. Das Fleiſch alter Thiere ſieht ſchwärzlich aus und<lb/>
iſt derb, grobfaſerig, zähe und thranig, deshalb auch ſchwer verdaulich; dasjenige aber, welches von<lb/>
jüngeren Thieren ſtammt, wird als ſehr fein und wohlſchmeckend gerühmt. Eingeſalzen und ge-<lb/>
räuchert findet es bei den nicht verwöhnten Nordländern überall günſtige Aufnahme. Der Thran<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Der Braunfiſch</hi> (<hirendition="#aq">Phocaena communis</hi>).</hi></head></figure><lb/>
ähnelt dem des Walfiſches, iſt aber feiner und wird deshalb mehr geſchätzt. Die Grönländer be-<lb/>
nutzen ihn zum Schmalzen ihrer Speiſen oder ſchlürfen ihn mit demſelben Wohlgefallen, mit welchem<lb/>
wir ein gutes Glas Wein genießen. Die Haut endlich wird gegerbt und dann als Leder verwendet.<lb/>
So überwiegt alſo der Nutzen, welchen das Meerſchwein bringt, den verhältnißmäßig geringen<lb/>
Schaden; aber er vermehrt nur den Eifer, mit welchem unſer Delfin verfolgt wird. Ueberall, wo<lb/>
die Häringszüge regelmäßig ankommen, ſenkt man zur Zeit des Zuges ſtarke, weitmaſchige Netze<lb/>
in die Tiefe der Flüſſe, durch welche wohl die Häringe, nicht aber auch die Braunfiſche ſchlüpfen<lb/>
können. Auf Jsland ſtellen die Fiſcher ihre Netze bei Beginn der Brunſtzeit aus, welche den Braun-<lb/>
fiſch in einen ſo großen Rauſch verſetzt, daß er blind wird, wie die Leute ſagen. Hier und da<lb/>
erlegt man ihn auch mit dem Feuergewehr, mehr, um Gewandtheit im Schießen zu zeigen, als um<lb/>ſich mit leichterer Mühe in den Beſitz des Thieres zu ſetzen.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[846/0894]
Die Delfine. — Der Braunfiſch.
Netze freilich werden ihm oft zum Verderben; er bleibt in ihnen hängen und erſtickt. Wegen dieſer
Liebhaberei wird der Braunfiſch überall gehaßt und um ſo eifriger verfolgt, als auch Fleiſch und
Fett noch einen guten Ertrag liefern. Jn früheren Zeiten wurde ſein Fleiſch überall geſchätzt.
Schon die alten Römer verſtanden die Kunſt, wohlſchmeckende Würſte aus ihm zu bereiten; ſpäter
wurde das Meerſchwein, zumal in England, auf die Tafeln des Königs und der Vornehmen
gebracht. Heutzutage bildet es für die ärmeren Küſtenbewohner und für die oft an friſchem Fleiſche
Mangel leidenden Schiffer eine erwünſchte Speiſe. Das Fleiſch alter Thiere ſieht ſchwärzlich aus und
iſt derb, grobfaſerig, zähe und thranig, deshalb auch ſchwer verdaulich; dasjenige aber, welches von
jüngeren Thieren ſtammt, wird als ſehr fein und wohlſchmeckend gerühmt. Eingeſalzen und ge-
räuchert findet es bei den nicht verwöhnten Nordländern überall günſtige Aufnahme. Der Thran
[Abbildung Der Braunfiſch (Phocaena communis).]
ähnelt dem des Walfiſches, iſt aber feiner und wird deshalb mehr geſchätzt. Die Grönländer be-
nutzen ihn zum Schmalzen ihrer Speiſen oder ſchlürfen ihn mit demſelben Wohlgefallen, mit welchem
wir ein gutes Glas Wein genießen. Die Haut endlich wird gegerbt und dann als Leder verwendet.
So überwiegt alſo der Nutzen, welchen das Meerſchwein bringt, den verhältnißmäßig geringen
Schaden; aber er vermehrt nur den Eifer, mit welchem unſer Delfin verfolgt wird. Ueberall, wo
die Häringszüge regelmäßig ankommen, ſenkt man zur Zeit des Zuges ſtarke, weitmaſchige Netze
in die Tiefe der Flüſſe, durch welche wohl die Häringe, nicht aber auch die Braunfiſche ſchlüpfen
können. Auf Jsland ſtellen die Fiſcher ihre Netze bei Beginn der Brunſtzeit aus, welche den Braun-
fiſch in einen ſo großen Rauſch verſetzt, daß er blind wird, wie die Leute ſagen. Hier und da
erlegt man ihn auch mit dem Feuergewehr, mehr, um Gewandtheit im Schießen zu zeigen, als um
ſich mit leichterer Mühe in den Beſitz des Thieres zu ſetzen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/894>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.