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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Delfine. -- Der gemeine Schwertfisch oder Butskopf.
an, ängstigen ihn und reißen ganze Stücke aus seinem Leibe, wodurch er dermaßen entsetzt und abge-
mattet wird, daß er die Zunge herausreckt. Um diese ist es den Mordfischen am meisten zu thun,
und sowie er den Nachen aufreißt, machen sie sich über ihn her und reißen ihm die Zunge heraus.
Daher kommt es, daß die Fänger dann und wann einen todten Walfisch antreffen, welcher die Zunge
verloren und davon gestorben ist. Pontoppidan, der schon oft genannte Bischof von Norwegen,
beschreibt ihn unter dem Namen Speckhauer. "Jhrer zehn oder mehrere beißen sich in den Seiten des
Walfisches so fest ein, daß sie daran wohl eine Stunde lang hängen und nicht eher loslassen, als bis
sie einen Klumpen Speck von der Größe einer Elle herausgerissen haben. Unter ihrem Angriff brüllt
der Walfisch jämmerlich, ja er springt wohl manchmal klafternhoch übers Wasser in die Höhe; dann
sieht man, daß sein Bauch ebenfalls von diesen seinen Feinden besetzt ist. Zuweilen tummeln sich
diese solange um ihr Schlachtopfer herum, bis sie es fast ganz abgehäutet und ihm den Speck abge-
rissen haben. Die Fischer finden dann eine Menge Speck zu ihrem Vortheil im Meere; denn die
Speckhauer selbst fressen davon Nichts, sondern haben blos ihre Lust daran, den großen Fisch zu
plagen."

"Es ist dieses Thier," sagt der so gewissenhafte Steller, "ein abgesagter Feind vom Wal-
fisch und stellt diesem Tag und Nacht nach. Verbirgt er sich an einer Bucht an dem Lande, so
lauern sie auf ihn, bis noch mehrere herzukommen, alsdann führen sie solchen in der Mitte wie einen
Gefangenen unter entsetzlichem Aechzen und Stöhnen nach der See, wo sie sich untertauchen und ihn
mit ihrem schrecklichen Gebiß und Zähnen anfallen, und hat man niemals an den ausgeworfenen
Walfischen wahrgenommen, daß Etwas von ihnen gefressen worden, daß also dieses eine Natur-
feindschaft ist."

Wie aus der Steller'schen Beschreibung hervorgeht, glaubte man früher, daß der Schwertfisch
in der Rückenfinne die Hauptwaffe besäße. "Doch solches," sagt unser Gewährsmann, "ist falsch,
weil dieselbe, ungeachtet sie zwei Ellen hoch und sehr spitzig, auch in der See wie ein schneidiges
Horn oder Knochen anzusehen, doch weich ist|, aus lauter Fett besteht und überdies, um zu verwun-
den, nicht einen einzigen Knochen hat."

Steller ist es auch, welcher die Angabe des Plinius bestätigt. "Alle Diejenigen," sagt er,
"welche in der See fischen, fürchten sich ungemein vor diesem Thiere, weil solches, wenn man ihm
zu nahe kommt oder es mit einem Pfeile verwundet, die Bote umwirft. Dahero bekommt es, wo
es entgegenkommt, Geschenke und wird mit einem besonderen Spruche persuadirt, daß es gute Freund-
schaft halten und keinen Schaden zufügen wolle."

So vielen und so übereinstimmenden Berichten gegenüber dürfen wir kaum wagen, die Angaben
für Fabeln zu halten. Das unglaublich Klingende scheint wirklich wahr zu sein.

Ueber die Fortpflanzung fehlen uns zur Zeit noch alle Nachrichten. Man weiß nicht einmal,
wann die Weibchen Junge zur Welt bringen.

Obgleich der Schwertfisch, wie Steller sagt, fast gar kein Fleisch besitzt, sondern aus lauter
flüssigem Fette besteht, wird doch nirgends regelmäßig auf ihn Jagd gemacht. Einzelne fängt man
zuweilen in Flüssen. So kennt man drei Beispiele, daß Schwertfische in der Themse harpunirt
wurden. Banks, welcher beim Fang des einen zugegen war, erzählt, daß der bereits mit drei
Harpunen bespickte Schwertfisch das Fischerbot zwei Mal von Blackwal bis Greenwich und ein Mal
bis Deptford mit sich nahm. Er durchschwamm den Strom selbst, als er schon sehr schwer ver-
wundet war, noch mit einer Schnelligkeit von acht Meilen in der Stunde, und behielt seine volle
Kraft lange bei, obgleich er bei jedem Auftauchen eine neue Wunde erhielt. Niemand wagte, so-
lange das Thier am Leben war, sich ihm zu nähern. Von einem anderen Schwertfische, welcher
auf den Strand gerathen war, wird berichtet, daß die Fischer, welche ihn auffanden, große Mühe
hatten, ihn mit den langen Messern und scharfen Ruderstangen zu tödten. Jm Todeskampfe gab
er seinen Schmerz durch klägliches Aechzen und Stöhnen zu erkennen. Erst im Jahre 1841 wurde
die genaue Beschreibung des Schwertfisches entworfen. Bei dem holländischen Dorfe Wyk op Zee

Die Delfine. — Der gemeine Schwertfiſch oder Butskopf.
an, ängſtigen ihn und reißen ganze Stücke aus ſeinem Leibe, wodurch er dermaßen entſetzt und abge-
mattet wird, daß er die Zunge herausreckt. Um dieſe iſt es den Mordfiſchen am meiſten zu thun,
und ſowie er den Nachen aufreißt, machen ſie ſich über ihn her und reißen ihm die Zunge heraus.
Daher kommt es, daß die Fänger dann und wann einen todten Walfiſch antreffen, welcher die Zunge
verloren und davon geſtorben iſt. Pontoppidan, der ſchon oft genannte Biſchof von Norwegen,
beſchreibt ihn unter dem Namen Speckhauer. „Jhrer zehn oder mehrere beißen ſich in den Seiten des
Walfiſches ſo feſt ein, daß ſie daran wohl eine Stunde lang hängen und nicht eher loslaſſen, als bis
ſie einen Klumpen Speck von der Größe einer Elle herausgeriſſen haben. Unter ihrem Angriff brüllt
der Walfiſch jämmerlich, ja er ſpringt wohl manchmal klafternhoch übers Waſſer in die Höhe; dann
ſieht man, daß ſein Bauch ebenfalls von dieſen ſeinen Feinden beſetzt iſt. Zuweilen tummeln ſich
dieſe ſolange um ihr Schlachtopfer herum, bis ſie es faſt ganz abgehäutet und ihm den Speck abge-
riſſen haben. Die Fiſcher finden dann eine Menge Speck zu ihrem Vortheil im Meere; denn die
Speckhauer ſelbſt freſſen davon Nichts, ſondern haben blos ihre Luſt daran, den großen Fiſch zu
plagen.‟

„Es iſt dieſes Thier,‟ ſagt der ſo gewiſſenhafte Steller, „ein abgeſagter Feind vom Wal-
fiſch und ſtellt dieſem Tag und Nacht nach. Verbirgt er ſich an einer Bucht an dem Lande, ſo
lauern ſie auf ihn, bis noch mehrere herzukommen, alsdann führen ſie ſolchen in der Mitte wie einen
Gefangenen unter entſetzlichem Aechzen und Stöhnen nach der See, wo ſie ſich untertauchen und ihn
mit ihrem ſchrecklichen Gebiß und Zähnen anfallen, und hat man niemals an den ausgeworfenen
Walfiſchen wahrgenommen, daß Etwas von ihnen gefreſſen worden, daß alſo dieſes eine Natur-
feindſchaft iſt.‟

Wie aus der Steller’ſchen Beſchreibung hervorgeht, glaubte man früher, daß der Schwertfiſch
in der Rückenfinne die Hauptwaffe beſäße. „Doch ſolches,‟ ſagt unſer Gewährsmann, „iſt falſch,
weil dieſelbe, ungeachtet ſie zwei Ellen hoch und ſehr ſpitzig, auch in der See wie ein ſchneidiges
Horn oder Knochen anzuſehen, doch weich iſt|, aus lauter Fett beſteht und überdies, um zu verwun-
den, nicht einen einzigen Knochen hat.‟

Steller iſt es auch, welcher die Angabe des Plinius beſtätigt. „Alle Diejenigen,‟ ſagt er,
„welche in der See fiſchen, fürchten ſich ungemein vor dieſem Thiere, weil ſolches, wenn man ihm
zu nahe kommt oder es mit einem Pfeile verwundet, die Bote umwirft. Dahero bekommt es, wo
es entgegenkommt, Geſchenke und wird mit einem beſonderen Spruche perſuadirt, daß es gute Freund-
ſchaft halten und keinen Schaden zufügen wolle.‟

So vielen und ſo übereinſtimmenden Berichten gegenüber dürfen wir kaum wagen, die Angaben
für Fabeln zu halten. Das unglaublich Klingende ſcheint wirklich wahr zu ſein.

Ueber die Fortpflanzung fehlen uns zur Zeit noch alle Nachrichten. Man weiß nicht einmal,
wann die Weibchen Junge zur Welt bringen.

Obgleich der Schwertfiſch, wie Steller ſagt, faſt gar kein Fleiſch beſitzt, ſondern aus lauter
flüſſigem Fette beſteht, wird doch nirgends regelmäßig auf ihn Jagd gemacht. Einzelne fängt man
zuweilen in Flüſſen. So kennt man drei Beiſpiele, daß Schwertfiſche in der Themſe harpunirt
wurden. Banks, welcher beim Fang des einen zugegen war, erzählt, daß der bereits mit drei
Harpunen beſpickte Schwertfiſch das Fiſcherbot zwei Mal von Blackwal bis Greenwich und ein Mal
bis Deptford mit ſich nahm. Er durchſchwamm den Strom ſelbſt, als er ſchon ſehr ſchwer ver-
wundet war, noch mit einer Schnelligkeit von acht Meilen in der Stunde, und behielt ſeine volle
Kraft lange bei, obgleich er bei jedem Auftauchen eine neue Wunde erhielt. Niemand wagte, ſo-
lange das Thier am Leben war, ſich ihm zu nähern. Von einem anderen Schwertfiſche, welcher
auf den Strand gerathen war, wird berichtet, daß die Fiſcher, welche ihn auffanden, große Mühe
hatten, ihn mit den langen Meſſern und ſcharfen Ruderſtangen zu tödten. Jm Todeskampfe gab
er ſeinen Schmerz durch klägliches Aechzen und Stöhnen zu erkennen. Erſt im Jahre 1841 wurde
die genaue Beſchreibung des Schwertfiſches entworfen. Bei dem holländiſchen Dorfe Wyk op Zee

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[844/0892] Die Delfine. — Der gemeine Schwertfiſch oder Butskopf. an, ängſtigen ihn und reißen ganze Stücke aus ſeinem Leibe, wodurch er dermaßen entſetzt und abge- mattet wird, daß er die Zunge herausreckt. Um dieſe iſt es den Mordfiſchen am meiſten zu thun, und ſowie er den Nachen aufreißt, machen ſie ſich über ihn her und reißen ihm die Zunge heraus. Daher kommt es, daß die Fänger dann und wann einen todten Walfiſch antreffen, welcher die Zunge verloren und davon geſtorben iſt. Pontoppidan, der ſchon oft genannte Biſchof von Norwegen, beſchreibt ihn unter dem Namen Speckhauer. „Jhrer zehn oder mehrere beißen ſich in den Seiten des Walfiſches ſo feſt ein, daß ſie daran wohl eine Stunde lang hängen und nicht eher loslaſſen, als bis ſie einen Klumpen Speck von der Größe einer Elle herausgeriſſen haben. Unter ihrem Angriff brüllt der Walfiſch jämmerlich, ja er ſpringt wohl manchmal klafternhoch übers Waſſer in die Höhe; dann ſieht man, daß ſein Bauch ebenfalls von dieſen ſeinen Feinden beſetzt iſt. Zuweilen tummeln ſich dieſe ſolange um ihr Schlachtopfer herum, bis ſie es faſt ganz abgehäutet und ihm den Speck abge- riſſen haben. Die Fiſcher finden dann eine Menge Speck zu ihrem Vortheil im Meere; denn die Speckhauer ſelbſt freſſen davon Nichts, ſondern haben blos ihre Luſt daran, den großen Fiſch zu plagen.‟ „Es iſt dieſes Thier,‟ ſagt der ſo gewiſſenhafte Steller, „ein abgeſagter Feind vom Wal- fiſch und ſtellt dieſem Tag und Nacht nach. Verbirgt er ſich an einer Bucht an dem Lande, ſo lauern ſie auf ihn, bis noch mehrere herzukommen, alsdann führen ſie ſolchen in der Mitte wie einen Gefangenen unter entſetzlichem Aechzen und Stöhnen nach der See, wo ſie ſich untertauchen und ihn mit ihrem ſchrecklichen Gebiß und Zähnen anfallen, und hat man niemals an den ausgeworfenen Walfiſchen wahrgenommen, daß Etwas von ihnen gefreſſen worden, daß alſo dieſes eine Natur- feindſchaft iſt.‟ Wie aus der Steller’ſchen Beſchreibung hervorgeht, glaubte man früher, daß der Schwertfiſch in der Rückenfinne die Hauptwaffe beſäße. „Doch ſolches,‟ ſagt unſer Gewährsmann, „iſt falſch, weil dieſelbe, ungeachtet ſie zwei Ellen hoch und ſehr ſpitzig, auch in der See wie ein ſchneidiges Horn oder Knochen anzuſehen, doch weich iſt|, aus lauter Fett beſteht und überdies, um zu verwun- den, nicht einen einzigen Knochen hat.‟ Steller iſt es auch, welcher die Angabe des Plinius beſtätigt. „Alle Diejenigen,‟ ſagt er, „welche in der See fiſchen, fürchten ſich ungemein vor dieſem Thiere, weil ſolches, wenn man ihm zu nahe kommt oder es mit einem Pfeile verwundet, die Bote umwirft. Dahero bekommt es, wo es entgegenkommt, Geſchenke und wird mit einem beſonderen Spruche perſuadirt, daß es gute Freund- ſchaft halten und keinen Schaden zufügen wolle.‟ So vielen und ſo übereinſtimmenden Berichten gegenüber dürfen wir kaum wagen, die Angaben für Fabeln zu halten. Das unglaublich Klingende ſcheint wirklich wahr zu ſein. Ueber die Fortpflanzung fehlen uns zur Zeit noch alle Nachrichten. Man weiß nicht einmal, wann die Weibchen Junge zur Welt bringen. Obgleich der Schwertfiſch, wie Steller ſagt, faſt gar kein Fleiſch beſitzt, ſondern aus lauter flüſſigem Fette beſteht, wird doch nirgends regelmäßig auf ihn Jagd gemacht. Einzelne fängt man zuweilen in Flüſſen. So kennt man drei Beiſpiele, daß Schwertfiſche in der Themſe harpunirt wurden. Banks, welcher beim Fang des einen zugegen war, erzählt, daß der bereits mit drei Harpunen beſpickte Schwertfiſch das Fiſcherbot zwei Mal von Blackwal bis Greenwich und ein Mal bis Deptford mit ſich nahm. Er durchſchwamm den Strom ſelbſt, als er ſchon ſehr ſchwer ver- wundet war, noch mit einer Schnelligkeit von acht Meilen in der Stunde, und behielt ſeine volle Kraft lange bei, obgleich er bei jedem Auftauchen eine neue Wunde erhielt. Niemand wagte, ſo- lange das Thier am Leben war, ſich ihm zu nähern. Von einem anderen Schwertfiſche, welcher auf den Strand gerathen war, wird berichtet, daß die Fiſcher, welche ihn auffanden, große Mühe hatten, ihn mit den langen Meſſern und ſcharfen Ruderſtangen zu tödten. Jm Todeskampfe gab er ſeinen Schmerz durch klägliches Aechzen und Stöhnen zu erkennen. Erſt im Jahre 1841 wurde die genaue Beſchreibung des Schwertfiſches entworfen. Bei dem holländiſchen Dorfe Wyk op Zee

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 844. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/892>, abgerufen am 23.11.2024.